Schnittschablone aus Keramik
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine Schnittschablone bzw. ein Sägeblock, vorzugsweise eine Schnittschablone bzw. ein Sägeblock zum Einsatz in der Medizintechnik.
Bei jeder Knie-TEP-Implantation wird eine so genannte Schnittschablone oder Sägeblock auf dem Femur fixiert. Mit dieser Schnittschablone werden im Normalfall drei Schnitte zur Anpassung der Femuroberfläche an die Geometrie der Fe- murkomponente durchgeführt. Für jeden Schnitt befindet sich in der Schnittschablone eine Führung (3 bzw. 4 Schnittführungen in 1 Schablone). In dieser Führung wird der Schnitt mit einem oszillierenden Sägeblatt durchgeführt. Die Sägeblätter sowie die Schnittschablonen sind heute grundsätzlich aus biokompatiblen Metalllegierungen gefertigt.
Die Führungsschienen im Sägeblock haben je nach Hersteller eine Breite von 1 ,2 - 1 ,5 mm. Bedingt durch das Oszillieren des Sägeblatts und die auftretende Reibung zwischen Sägeblatt und Führungsschiene tritt ein hoher Metallabrieb auf Seiten der Führungsschiene auf. Dieser Abrieb wird nicht bzw. kann nur un- zureichend intraoperativ aus der Wunde entfernt werden. Somit kann dieser Abrieb wiederum zur Ursache von Infektionen werden und vor allem zu allergischen Reaktionen des Patienten führen. Aus diesem Grund gilt es, diesen Abrieb grundsätzlich zu reduzieren, insbesondere jedoch, wenn durch den Einsatz einer keramischen Femurkomponente beim potentiellen Allergiker eine Implantatreak- tion vermieden werden soll.
Nach heutigem Kenntnisstand entsteht der überwiegende Teil des Metallabriebs durch den Verschleiß der Führungsschienen in der Schnittschablone. Nach ca. 20 - 40-maliger Verwendung einer Schnittschablone im Rahmen von Knie-TEP- Implantationen weisen die Führungsschienen um ca. 0,5 - 1 ,5 mm vergrößerte
Führungsspalte auf. Infolgedessen nimmt die Führungsgenauigkeit der Schnitt-
schablone erheblich ab. Die Folgen für den Chirurgen sind entsprechend, eine präzise Schnittführung des Sägeblattes ist nicht mehr möglich, Ausrichtung und Ebenheit der Schnittflächen des Femurs weisen zunehmend Abweichungen auf. Dies führt zu größeren Spalten zwischen Schnittflächen und Femurkomponente. Diese Spalte müssen intraoperativ durch ein größeres als sonst übliches Volumen an Knochenzement aufgefüllt werden, was einen negativen Einfluss auf die Standzeit des Systems haben kann.
Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe bestand darin, die Nachteile der Schnittschablonen / der Sägeblöcke des Standes der Technik zu beseitigen und insbesondere:
> den Metallabrieb zu reduzieren, wobei eine Reduzierung des Metallabriebs um bis zu 90% gegenüber den bisherigen Metalllösungen ange- strebt werden soll;
> die Standzeit einer Schnittschablone zu verlängern und damit Kosten einzusparen;
> das Allergierisiko sowie das Risiko von Infektionen zu reduzieren.
Die erfindungsgemäße Aufgabe wurde überraschenderweise durch eine Schnittschablone / einen Sägeblock aus Keramik (im Folgenden werden für die erfindungsgemäße Schnittschablone / den erfindungsgemäßen Sägeblock auch die Begriffe Sinterformkörper oder Sinterkörper verwendet) mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorzugsweise Ausgestaltungen finden sich in den Unteransprüchen. Es wurde überraschenderweise festgestellt, dass die Lösung der anstehenden Aufgaben Sinterformkörper mit einer ganz speziellen Zusammensetzung erfordert:
70 bis 90 Volumenanteile Aluminiumoxid mit Chromdotierung (AI2O3:Cr), 12 bis 22 Volumenanteile Zirkonoxid mit Y-Stabilisierung (ZrO2:Y) und
1 bis 5 Volumenanteile Strontiumaluminat der Formel SrAli2-χCrxOi9 mit variabler Cr-Dotierung enthält.
Mit der erfindungsgemäßen Lehre ist der Metallabrieb um bis zu 90% gegenüber den bisherigen Schnittschablonen bzw. Sägeblöcken aus Metall reduziert. Die
Standzeit der Schnittschablone bzw. des erfindungsgemäßen Sägeblocks im Einsatz ist deutlich verlängert, da nur geringer Verschleiß der Schnittschablone auftritt. Dies reduziert die Kosten. Außerdem sind das Allergierisiko bzw. die allergischen Reaktionen von Patienten sowie das Risiko von Infektionen reduziert.
In einer erfindungsgemäßen Ausgestaltung sind die Bestandteile Zirkonoxid und Strontiumaluminat in der Aluminiumoxidmatrix eingelagert.
Bevorzugt liegt das Strontiumaluminat in Form von plättchenförmigen Kristalliten und/oder Platelets vor.
In einer erfinderischen Ausgestaltung ist der Werkstoff der Schnittschablone zusätzlich mit Whiskern und/oder Fasern oder netzartigen Strukturen oder Geweben aus geeigneten Werkstoffen durchsetzt.
Bevorzugt wird die Schnittschablone in der Medizintechnik, insbesondere bei Operationen zur Bearbeitung eines Knochens verwendet. In bevorzugter Weise bei einer Knie-TEP-Implantation.
Die Vorteile der erfindungsgemäßen keramischen Schnittschablone bzw. die der
Keramik, aus der sie hergestellt ist, sind:
> Die Schnittschablone weist einen extrem geringen Abrieb auf.
> Das Material ist biokompatibel.
- A -
> Wenn die erfindungsgemäße Schnittschablone mit einem Laser beschriftet wird, ist diese sehr gut sichtbar und lesbar und kann somit Fehlhandhabungen beim Einsatz der Schnittschablone reduzieren.
> Die Schnittschablone besitzt gute tribologische Eigenschaften.
In überraschender Weise hat sich gezeigt, dass sich eine Schnittschablone mit der folgenden Zusammensetzung des Materials hervorragend für die Anwendung im medizintechnischen Bereich eignet.
Dominierender Gefügebestandteil einer solchen Schnittschablone ist das Aluminiumoxid. Daher liegen die eigenschaftsbestimmenden Merkmale wie Härte, Elastizitäts-Modul und Wärmeleitfähigkeit dicht an den Eigenschaften von reinem Aluminiumoxid. Die Bestandteile Zirkonoxid und Strontiumaluminat sind in der Aluminiumoxidmatrix eingelagert. Das Strontiumaluminat bildet charakteristische plättchenförmige Kristallite, Platelets, die wesentlich zur Festigkeitssteigerung beitragen.
Die Bestandteile Zirkonoxid und Strontiumaluminat tragen zur Steigerung der Risszähigkeit bei, die um etwa 60% höher liegt als bei reinem Aluminiumoxid. Durch diese Verstärkungskomponenten wird die Festigkeit fast um den Faktor 2 gesteigert, gleichzeitig steigt die Schadenstoleranz, das heißt die Eigenschaft der Schnittschablone, auch bei einer möglichen Beschädigung noch eine hohe Restfestigkeit zu behalten.
Bei hoher mechanischer Belastung der erfindungsgemäßen Schnittschablone werden überraschenderweise Mechanismen aktiviert, die beispielsweise eine Rissausbreitung hemmen oder stoppen. Der wichtigste Mechanismus ist dabei die spannungsinduzierte Umwandlung des Zirkonoxids von der tetragonalen zur monoklinen Phase. Die mit der Umwandlung einhergehende Volumenvergrößerung des Zirkonoxids bewirkt die Ausbildung lokaler Druckspannungen, die der äußeren Zugbelastung entgegenwirkt und somit das Risswachstum behindert.
Durch die eingelagerten Platelets wird überraschenderweise der Risspfad abge- lenkt, so dass zusätzliche Energie bei der Rissausbreitung absorbiert wird.
Als Besonderheit der erfindungsgemäßen Schnittschablone ist anzusehen, dass sich die beiden Mechanismen wechselseitig verstärken, so dass die effektive Steigerung der Risszähigkeit sogar größer ist, als es durch simple Addition der Einzelmechanismen zu erwarten wäre.
Die Herstellung der Schnittschablone erfolgt mittels konventioneller Keramiktechnologie.
Die wesentlichen Prozessschritte sind: a) Pulvermischung gemäß vorgegebener Zusammensetzung in Wasser ansetzen, Verwendung von Verflüssigern zur Vermeidung der Sedimentation. b) Homogenisieren im Dissolver (schnelllaufender Rührer). c) Mahlen in Rührwerkskugelmühle, dabei Erhöhung der spezifischen Oberfläche der Pulvermischung (= Zerkleinerung). d) Zugabe von organischen Bindern. e) Sprühtrocknen, dabei entsteht ein rieselfähiges Granulat mit definierten Eigenschaften. f) Befeuchten des Granulats mit Wasser, g) Axial oder isostatisch pressen.
h) Spanabhebende Grünbearbeitung, dabei wird unter Berücksichtigung der Sinterschwindung weitgehend die Endkontur abgebildet. i) Vorbrand, dabei Schwindung auf ca. 98% der theoretischen Dichte. Die noch verbleibenden Restporen sind nach außen geschlossen. j) Heißisostatisches Pressen unter hoher Temperatur und hohem Gasdruck, dadurch praktisch vollständige Endverdichtung. k) So genannter Weißbrand, dadurch wird das beim heißisostatischen Pressen erzeugte Ungleichgewicht der Sauerstoffionen in der Keramik ausgeglichen. I) Hartbearbeitung durch Schleifen und Polieren. m) Tempern.
Die Eigenschaften der Schnittschablone können noch durch Einlagerungen verstärkt werden. So ist es möglich, Whisker und/oder Fasern vor der Ausformung der Schnittschablone in den Werkstoff zu mischen oder netzartige Strukturen oder Gewebe in den Werkstoff im Grünzustand einzuarbeiten. Die Whisker, Fasern oder Netze oder Gewebe müssen aus einem Werkstoff sein, der nicht mit dem keramischen Werkstoff in der Weise in Wechselwirkung tritt, dass eine Verschlechterung seiner Eigenschaften eintritt. Außerdem darf sich der Werkstoff während des Sinterns nicht in einer Weise verändern, dass der Werkstoff geschädigt wird.
Die erfindungsgemäße Schnittschablone vereint überraschenderweise die jeweils besten Eigenschaften von reinem Aluminiumoxid und Zirkonoxid in sich: Härte, Alterungsbeständigkeit, Benetzungsverhalten gegenüber Wasser und hohe Wärmeleitfähigkeit sind Eigenschaften, die von Sinterform körpern aus Aluminiumoxid bekannt sind, hohe Festigkeit und hohe Risszähigkeit, das heißt Schadenstoleranz, sind Eigenschaften, die von Sinterform körpern aus Zirkonoxid bekannt sind.
Die Figuren 1 bis 4 zeigen eine erfindungsgemäße Sägeschablone 1 aus Keramik in verschiedenen Ansichten. Figur 5 zeigt Bilder zur Gestalt und zur intraoperativen Verwendung einer konventionellen Sägeschablone aus Metall.
In den Figuren 1 bis 4 ist eine erfindungsgemäße Sägeschablone 1 gezeigt, die auch als Sägeblock bezeichnet wird. Eine derartige Sägeschablone 1 dient zur Führung eines chirurgischen Sägeblatts bei der Implantation eines künstlichen Kniegelenks.
Die Sägeschablone besteht aus einem Grundkörper 2, welcher mit schlitzartigen
Ausnehmungen 3 zur Durchführung und passgenauen Führung eines platten- förmigen Sägeblatts versehen ist, wobei die schlitzartigen Ausnehmungen 3 einander gegenüberliegende Führungsflächen 4 aufweist. An diesen Führungsflächen 4 liegt das Sägeblatt (siehe Figur 5) beim Sägevorgang an. In den Grund- körper 2 sind Durchgangsbohrungen 5 eingebracht, die zur Verschraubung der
Sägeschablone 1 auf dem Femur dienen.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung bezeichnen die Begriffe Sinterform körper / Sinterkörper eine Keramik in Form von bzw. zur Verwendung als Schnitt- Schablone bzw. Sägeblock.