VERFAHREN ZUR DEKONTAMINATION VON CYANIDHALTIGEN BÖDEN/AQUIFEREN UND GRÜNDWÄSSERN
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Dekontamination von cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquiferen und/oder Grundwässer, insbesondere von cyanidhaltigen Böden. Die erfindungsgemäßen Verfahren umfassen den Schritt der Nitratbehandlung der kontaminierten Bereiche von sowohl kontaminiertem Wasser als auch kontaminiertem Erdreich. Bevorzugt umfasst das Verfahren zur Dekontamination von cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquiferen und Grundwässer die gleichzeitige Dosierung von Nitrat und Peroxiden, wie Wasserstoffperoxid zu dem zu dekontaminierenden Bereich.
Stand der Technik
Zahlreiche industrielle Prozesse, wie Prozesse in der Galvanotechnik, in der Kunststoffproduktion, in Kokereien, bei der Roheisenerzeugung, etc. setzen Cyanide, d.h. Blausäure und ihre Salze, frei. Diese Cyanide gelangen dann durch unsachgemäße Handhabung oder direktes Ablagern von Reststoffen auf dem Betriebsgelände in den Untergrund und kontaminieren somit den Bodenbereich dieser Standorte. Die Cyanide können dabei sowohl in freier als auch in komplexierter Form vorliegen. Ein typisches Beispiel kontaminierter Flächen sind ehemalige Gaswerkstandorte sowie Kokereien, z.B. durch verbrauchte Gasreinigermassen. Häufig kommen diese Cyanidkonzentrationen in Verbindungen mit anderen Verunreinigungen, wie organische, insbesondere polyzyklische und halogenierte Kohlenwasserstoffe vor.
Viele Kontaminationsgebiete befinden sich in einem Bereich dichter Bebauungen, so dass sich z.B. ein Bodenaushub oder Verfahren, die einen Schadstoffaustritt vom Boden in Aquifere, Abwässer oder die Atmosphäre verlagert, nicht geeignet sind. Gerade bei großflächig kontaminierten Gebieten ist ein Aushub nicht möglich, oder es sind aufgrund der Tiefe des dekontaminierten Bereichs aufwendige Maßnahmen,
wie die wasserdichte Eingrenzung, um ein Eindringen von Grundwasser zu verhindern, notwendig.
Aus der Abwasserreinigung ist bekannt, dass einige komplex gebundene Cyanide besonders stabil sind. So wird in der Literatur beschrieben, dass der Eisenkomplex von Cyaniden durch H2O2 praktisch nicht angreifbar ist. Die Eisen-Cyanid-Komplexe zählen zu den stabilsten Cyanid-Verbindungen, die jedoch in den eisenreichen Böden und ganz besonders in ehemaligen Gaswerksgeländen (Gasreinigung mittels Eisenerz-Filtern) regelmäßig vorherrschen. Dagegen sind die Cyanidbelastungen in Altstandorten in der Regel toxikologisch unproblematisch, da aus toxikologischer Sicht in erster Linie dem freien Cyanwasserstoff besondere Bedeutung zukommt. Allerdings sind die Cyanidbelastungen durch die Komplexierung und ihrer darin begründeten Stabilität außerordentlich persistent. Durch Veränderung der Umweltbedingungen, z.B. durch Photooxidation, Einfluss von sauren oder basischen Flüssigkeiten etc., kann eine spätere Freisetzung von Cyanwasserstoff aus diesen Komplexen aber nicht ausgeschlossen werden. Obwohl diese Kontaminationen zwar keine akute Gefährdung darstellen, weisen diese Böden ein hohes Gefahrenpotential dar und müssen folglich dekontaminiert werden.
Für die Aufbereitung cyanid-haltiger Industrieabwässer, d.h. für die Cyanid-Entgiftung sind grundsätzlich 6 Möglichkeiten bekannt:
1. Chemische Oxidation (z.B. Natriumhypochlorid)
Dieses Verfahren hat den Nachteil, dass chlorierte Verbindungen entstehen, die nun ebenfalls Böden, Aquifere oder Grundwässer kontaminieren. Außerdem sind sehr strenge oxidative Bedingungen zur Cyanidzerstörung notwendig. Diese Bedingungen in einem offenen Gelände zu erzeugen sind kostenaufwendig und risikoreich und mit den oben genannten Nachteilen der Kontamination mit chlorierten Verbindungen verbunden.
2. Elektrochemische Oxidation
Dieses Verfahren ist gerade in situ im offenen Gelände nicht einsetzbar und kostenintensiv.
3. Photochemische Oxidation
Auch dieses Verfahren ist im großtechnischen Maßstab im freien Gelände nicht einsetzbar und kostenintensiv.
4. Entgiftung durch Ausfällung
Die Cyanid-Fällung kann eine wirkungsvolle Technik zur Abreinigung des Grundwassers sein. Allerdings belässt sie den größten Teil der Cyanide in gefällter Form im zu dekontaminierenden Bereich, so dass weiterhin die Gefahr einer späteren Remobilisierung besteht.
5. Thermische Zersetzung
Die thermische Zersetzung kommt lediglich für kleinere Bodenmengen, wie z.B. ausgekoffertem Material, zum Einsatz. Für großflächige Anwendungen im offenen Gelände, insbesondere der in situ Anwendung, ist dieses Verfahren allerdings nicht geeignet.
6. Abscheidung mittels Ionenaustauscher
Die Cyanid-Abscheidung mittels Ionenaustauschern wird gelegentlich on site durchgeführt, ist aber extrem teuer, da die Anionenaustauscher unspezifisch alle Anionen des Geländes aufnehmen und deshalb nur eine geringe Aufnahmekapazität haben.
Die Verwendung von Nitrat bei der Dekontamination von organischen Verbindungen, beispielsweise BTEX, MKW und besonders Lösemittelkontaminationen, ist im Stand der Technik bekannt. Zum Beispiel wird Nitrat dem zu reinigendem Wasser zugesetzt, damit dieses als Elektronenakzeptor für den mikrobiellen anoxischen Abbau von aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen dient. Bei diesem Abbau von aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen dient das Nitrat auch als Stickstoffquelle für die Mikroorganismen. Nitrat wird insbesondere bevorzugt verwendet, da es einfach in großen Mengen einbringbar und sehr kostengünstig ist. Allerdings hat die Verwendung von Nitrat den Nachteil, dass bei der Umsetzung intermediär toxisches Nitrit entsteht. Dieses Nitrit kann wieder ein Problemstoff in dem Boden, Aquifer bzw. Grundwasser darstellen. Daher ist die Verwendung von Nitrat zur Denitrifikation eingeschränkt. Im Übrigen wird die Denitrifikation auch als anoxische Bioremediation bezeichnet. Eine Verwendung von Nitrat ist daher bisher nur zur Behandlung von organischen Verbindungen, wie halogenierte oder nitrierte Kohlenwasserstoffe in aufbereiteten Böden, wie Bödenmieten oder in on site Verfahren, z.B. DE 4117513, z.B. in einem Slurry-Reaktor, genannt. Allerdings erfordert das dort beschriebene Verfahren eine chemische-physikalische Vorbehandlung des Bodens. In dem DE 4117513 beschriebenen Verfahren ist weiterhin ein Zusatz von entsprechenden Kulturen notwendig, die der Denitrifizierung dienen. Ein solches Verfahren, wie in der DE 4117513 beschrieben, ist daher gerade in situ nicht anwendbar. In keinster Weise wurde aber bisher die Verwendung von Nitrat zur Dekontamination von Cyaniden in belasteten Massen beschrieben.
Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Problemstellung zugrunde, ein Verfahren zur Dekontamination von cyanidhaltigen Medien oder Substraten, wie Böden, Aquiferen und/oder Grundwässer bereitzustellen, das den Abbau von freien und komplex gebundenen Cyaniden erlaubt. Dieses Verfahren soll insbesondere eine in situ Dekontamination von cyanidhaltigen Böden, Aquiferen und/oder Grundwässern ermöglichen. Ferner soll das Cyanid-kontaminierte Gelände kostengünstig und nachhaltig soweit dekontaminiert werden, dass auch bei später geänderten Umweltbedingungen, wie z.B. nach einem Erdaushub, keine toxischen Verbindungen frei gesetzt werden können. Im Folgenden wird nur der Ausdruck „Medium oder Medien" für die verschiedenen Formen an Medien und Substraten verwendet.
Ferner muss das erfindungsgemäße Verfahren zum Abbau von Cyaniden so ausgestaltet sein, dass das Verfahren in bestehende Sanierungskonzepte ohne großen zusätzlichen Aufwand integriert werden kann, da die Cyanide in der Regel Bestandteil von komplexen Mischkontaminationen sind. Diese Mischkontaminationen beinhalten aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, z.B. Teerprodukte. Das Verfahren soll dabei sowohl die freien und leicht freisetzbaren Cyanide als auch die komplex gebundenen Cyanide soweit wie möglich zerstören, ohne dass eine Kontamination durch andere Stoffe erfolgt.
Ausgehend von dieser Problemstellung ist das erfindungsgemäße Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass zur Dekontamination von cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquiferen und/oder Grundwassern Nitrat in die cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquifere und/oder Grundwässer eindosiert wird. Überraschend wurde gefunden, dass durch das Eindosieren von Nitrat freie und leicht freisetzbare Cyanide abgebaut werden. Dies war insbesondere überraschend, da angenommen wurde, dass der Stickstoff aus den Cyaniden bei einem mikrobiellen Abbau als N-Quelle dient und daher das Nitrat, das üblicherweise bei der Bioremediation auch als Stickstoffquelle dient, hier nicht verwendbar wäre. Die Verwendung von Nitrat besitzt weiterhin erheblich ökonomische Vorteile gegenüber den bisher bekannten Verfahren.
Durch Kombination dieser chemischen Oxidation durch Peroxid mit der anoxischen Bioremediation (Denitrifikation) durch eindosiertes Nitrat ist es möglich, sowohl freie Cyanide als auch komplex gebundene Cyanide zu zerstören.
In einer bevorzugten Ausführungsform werden somit weiterhin Peroxide in die cyanidhaltigen Medien eindosiert. Beispielhaft seien hier Peroxide, wie Perborate, Percarbonate, organische Perverbindungen, wie Peressigsäure, sowie insbesondere bevorzugt Wasserstoffperoxid (H2O2) genannt.
Insbesondere vorteilhaft ist ein gleichzeitiges Eindosieren von Nitrat und Peroxid, insbesondere Wasserstoffperoxid, in die cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquifere und/oder Grundwässer. In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die Eindosierung des Nitrats in einem ersten Schritt alleine erfolgen,
um insbesondere freie und leicht freisetzbare Cyanide zu zerstören. In einem zweiten Schritt werden dann Nitrat und Peroxid, wie H2O2, gleichzeitig eindosiert, so dass auch komplexiertes Cyanid freigesetzt und anschließend sofort zerstört wird.
Der Einsatz des chemischen Oxidationsmittels Peroxid, wie H2O2, erlaubt die Zerstörung von freien Cyaniden als auch eines Teils der komplex gebundenen Cyanide. Der Nachteil des Peroxid-Einsatzes ist aber eine starke mobilisierende Wirkung auf unter anderem die komplexierten Cyanide aus den festen Anteilen der zu behandelnden Proben. Eine solche Möglichkeit der Mobilisierung von in komplexierte Form vorliegenden Cyaniden ist bisher nicht bekannt. Durch gleichzeitige Dosierung von Nitrat zur Denitrifikation kann diese stark mobilisierende Wirkung von Peroxiden, wie H2O2 auf die Cyanide kompensiert werden, so dass kein freies Cyanid z.B. in die Aquifere oder Abwässer freigesetzt wird.
Die gleichzeitige Dosierung von Peroxiden, wie H2O2, und Nitrat hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen, obwohl diese beiden Prozesse physiologisch in Konkurrenz stehen. Die Verwendung von Peroxiden, wie H2O2, führt zu einer aeroben Oxidation während die Verwendung von Nitraten eine anoxische Denitrifikation bewirkt. Die Simultandosierung von z.B. H2O2/Nitrat führt erstmals zu einer vollständigen Dekontamination des Grundwassers von freien und komplexierten Cyaniden und zugleich auch zu einer Abreinigung des Bodens bis unter die geforderten Grenzwerte. Die beiden Komponenten Peroxid, wie H2O2, und Nitrat ergänzen sich dabei in idealer Weise, so dass es weder zu Cyanid- Mobilisierung und Freisetzung noch zu Ausfällungen kommt. Stattdessen werden die chemisch mobilisierten Cyanide sofort und vollständig unter anoxischen Bedingungen abgebaut. Dabei stellte sich überraschend heraus, dass die Denitrifikation auch bei Vorhandensein von Peroxiden, wie H2O2, abläuft.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann so ausgestaltet sein, dass Nitrat in einem ersten Schritt eindosiert wird und in einem sich anschließenden Schritt das Nitrat simultan mit dem Peroxid, wie H2O2, eindosiert wird. In einer weiteren Ausführungsform kann die Eindosierung von Nitrat und Peroxid gleichzeitig erfolgen, ohne alleinige Eindosierung von Nitrat in einem vorgehenden Schritt. Das
erfindungsgemäße Verfahren ist zur in situ Dekontamination als auch zur on site Dekontamination, wie in Regenerationsmieten, geeignet. Dabei ist die in situ Dekontamination besonders bevorzugt.
Die bisher bekannten Verfahren zur Dekontamination von cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquiferen und/oder Grundwässern eigneten sich nicht zur Anwendung in situ, sondern erforderten meist ein Auskoffern oder Aushub der kontaminierten Bereiche, um diesen Aushub dann z.B. on site zu behandeln. Die kontaminierten Bereiche werden dabei im on site Verfahren einer chemisch-physikalischen Vorbehandlung unterzogen, die bei einem in situ Verfahren nicht möglich ist. Erfindungsgemäß ist eine solche chemisch-physikalische Vorbehandlung nicht notwendig. In einer bevorzugten Ausführungsform findet keine chemisch-physikalische Vorbehandlung der kontaminierten Medien statt.
Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich besonders zur Behandlung von kontaminierten Böden, Aquiferen und Grundwassern in situ. Aber auch Abwässer, die z.B. bei industriellen Herstellungsverfahren anfallen, können mit dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelt werden. Besonders bevorzugt wird das erfindungsgemäße Verfahren aber zur in situ Dekontamination von cyanidhaltigem Erdreich verwendet.
Es ist bekannt, dass die Stabilität von Eisencyanokomplexen sehr stark vom Redoxpotential und pH-Wert abhängt. Vorteilhafterweise können daher durch Zusatz einer Kohlenstoffquelle, wie von Glukose, Fructose oder Mannitol und deren anschließende fermentative Umsetzung die Redoxbedingungen in den reduktiven Bereich und den pH-Wert durch die gebildeten Fermentationsprodukte in einen sauren Bereich gezielt abgesetzt werden. Ebenso können auch andere Gäredukte als C-Quelle dosiert werden, als technisches Nebenprodukt ist dabei Melasse besonders wirtschaftlich. Alternativ können unter Verzicht auf die mikrobiellen Umsetzungen auch direkt die Fermentationsprodukte, im vorliegenden Fall beispielsweise Buttersäure, Butanol, ggf. Wasserstoff, u.a., zur Redox-/pH- gesteuerten Komplexzerstörung dosiert werden. Die erfolgreiche Komplexzerstörung
kann an der Zunahme von freiem CN" nachgewiesen werden, das wiederum mit Nitrat oxidativ entfernt werden kann.
Das Einbringen von Nitrat bewirkt insbesondere einen Abbau der leicht-freisetzbaren und freien Cyanide in den cyanidhaltigen Medien, wie Böden, Aquiferen und/oder Grundwässern. Durch gleichzeitige Verwendung von Nitrat und Wasserstoffperoxid ist es möglich, sowohl freies und leicht freisetzbares Cyanid als auch komplexiertes Cyanid abzubauen. Dabei wird der bei alleinigem Einsatz von Wasserstoffperoxid als Beispiel für ein Peroxid zu beobachtende Effekt der Cyanid-Mobilisierung vermieden und eine Cyanidfreisetzung nach nicht ausreichender hbOa-Dosierung oder zu frühem Absetzen der Dosierung durch das Vorhandensein von Nitrat verhindert. Dabei wird der stark kompiexierte Cyanid zerstörende Effekt des H2O2 nicht vermindert. Ein weiterer Vorteil der Verwendung von Peroxid, wie Wasserstoffperoxid, in Kombination mit dem Nitrat ist, dass die mikrobielle Biozoenose nicht geschädigt wird. D.h., die Bioremediation, die durch Einsatz von Nitrat bewirkt wird, wird durch die Gabe von Peroxid, wie Wasserstoffperoxid nicht beeinträchtigt.
Es können in dem erfindungsgemäßen Verfahren auch andere Elektronenakzeptoren für den oxidativen Schritt als Peroxid verwendet werden. Beispielhaft können als weitere Mittel zur aeroben Oxidation elementarer Sauerstoff und Ozon genannt werden. Dem Fachmann sind aberweitere Mittel wohl bekannt.
Das Eindosieren von Nitrat und Peroxid, wie Wasserstoffperoxid kann mit bekannten Verfahren geschehen. Beispielhaft kann das Lösen des Nitratsalzes, wie Kaliumnitrat, Natriumnitrat und Ammonniumnitrat und Wasserstoffperoxid in einzutragendem Wasser genannt werden. Der Eintrag kann dabei durch ein Einbrunnenverfahren oder ein Mehrbrunnenverfahren z.B. mit Infiltrations- und Förderbrunnen erfolgen.
Die Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen und der Ausführungsbeispiele näher erläutert, ist aber nicht auf diese beschränkt.
Es zeigen:
Figur 1 - eine schematische Darstellung der Einbringung von Nitrat und
Wasserstoffperoxid über ein Einbrunnenverfahren.
Figur 2 - Darstellung des Abbaus an Gesamtcyanid umfassend freies und komplexiertes Cyanid nach Nitratbehandlung gemäß Beispiel 1
Figur 3 - Darstellung des Abbaus an freien Cyaniden nach Nitratdosierung gemäß Beispiel 1
Figur 4 - Darstellung der Mobilisierung von Gesamtcyanid unter denitrifizierenden Bedingungen gemäß Beispiel 2
Figur 5 - Abbau von freiem Cyanid im Wasser von denitrifizierenden Versuchsanordnungen gemäß Beispiel 2
Figur 6 - Verlauf der Gesamtcyanidkonzentration unter anoxischen
Bedingungen im Wasserkörper gemäß Beispiel 2
Figur 7 - Abbau des freien Cyanids unter denitrifizierenden Bedingungen im Wasser körper gemäß Beispiel 2
Figur 8 - Gesamtcyanidgehalt bei H2θ2-Dosiemng im Wasserkörper gemäß Beispiel mit starkem Mobilisationseffekt auf die Cyanide
Figur 9 - freies Cyanid im Wasserkörper bei H2θ2-Dosierung gemäß Beispiel 2
Figur 10 - Gesamtcyanid im Wasserkörper bei H2O2-Dosierung und einmaliger Nitratzudosierung im Wasserkörper gemäß Beispiel 2 unter
Vermeidung von Mobilisationseffekten
Figur 11 - freies Cyanid im Wasserkörper gemäß Beispiel 2 bei Dosierung von H2O2 und Nitrat
Figur 12 - Cyanid-Abbau im Bodenkörper in Gegenwart von Wasserstoffperoxid/Nitrat
Figur 13 - Gesamt-Cyanidabbau im Wasserkörper bei Glukose-Dosierung
Figur 14 - Freies Cyanid im Wasserkörper bei Glukose-Dosierung
Figur 15 - (A) Veränderung des pH-Wertes im Wasserkörper bei Glukose- Dosierung;
(B) Veränderung des Redoxpotentials im Wasserkörper bei Glukose- Dosierung
Figur 16 - Analyse der Gärprodukte bei Glukose-Dosierung (A) Alkohole, (B) organische Säuren
In Figur 1 ist ein Einbrunnenverfahren mit den 3 Phasen: a) oxidative Aufladung, b) Kontaktzeit und c) reduktive Entladung, die einen Behandlungszyklus darstellen, aufgezeigt. Im Zumischbehälter 1 wird Wasserstoffperoxid bzw. Nitrat in Form seines
Salzes dem Grundwasser zugemischt, um mit H2O2 bzw. Nitrat angereichertes
Wasser zu erhalten. Dieses wird über die Zuleitung 2 in den Brunnen 4 eindosiert.
Die Bereiche 5 und 6 geben die Oxidationszone bei H2O2-Zugabe 5 bzw. Nitratzugabe 6 an. Grundwasser, das entweder kein H2O2 oder Nitrat enthält bzw.
H2O2 oder Nitrat abgereichertes Wasser wird aus dem Brunnen entnommen und über die Zuleitung 3 dem Zumischbehälter rückgeführt, in diesem Zumischbehälter 1 kann dann wieder durch Zugabe entsprechender Stoffe eine Anreicherung des
Wassers mit H2O2 bzw. Nitrat erfolgen.
Erfindungsgemäß kann das Verfahren aber auch durch ein Mehrbrunnenverfahren durchgeführt werden. Hierbei wird das H2O2 bzw. Nitrat angereicherte Wasser über einen Infiltrationsbrunnen in situ in die Bodenzone eingebracht und über einen
Förderbrunnen, werden die Fluide, wie das Grundwasser, aus der Bodenzone entnommen und dem Zumischbehälter zugeführt. Dies verbessert auch den Fluidstrom innerhalb der Bodenzone. Entsprechende Verfahren sind z.B. in der DE 196 06 379 und der WO 98/55241 beschrieben Weitere Verfahren sind in der DE 393 75 93 und der EP 988118 genannt.
Mit Hilfe der folgenden Beispiele wird die Erfindung näher erläutert, sie ist aber nicht hierauf beschränkt.
Beispiel 1 in situ Bioremediationsversuch auf einem Gaswerkgelände in Berlin
Als Versuchsanordnung wurde das in Figur 1 dargestellte Einbrunnenverfahren verwendet. Bei der Versuchsdurchführung wurde auf eine Wasserrezirkulation verzichtet, um Durchmischungen und Verdünnungseffekte in Aquiferen zu minimieren. Stattdessen wurden aus einem einzelnen Brunnen etwa 10 bis 30 m3 Wasser gefördert und nach Anreicherung mit den jeweiligen Elektronenakzeptoren wieder reinfiltriert. Als Nitrat wurde KNO3 mit einer Konzentration von 300 mg/l in das infiltrierte Grundwasser zudosiert. Am Ende des Feldversuches wurde 3 mal H2O2 mit jeweils ca. 1200 mg/l infiltriert. Die Messung der Gesamtcyanide und der freien Cyanide erfolgt wie folgt: a. Wasserproben: „Freies Cyanid" mit dem Cyanid-Test Spectroquant (Merck Nr. 9701), analog DIN 38405 D 13; Gesamtcyanid nach DIN 38405 D 13 b. Bodenproben: Extraktion nach ISO 11262; Cyanid-Analysen der Extrakte s. „Wasserproben".
In der Figur 2 ist der Verlauf der Gesamtcyanidmenge im Infiltrationswasser dargestellt. Mit Beginn der ersten Nitratzugaben kam es zunächst in den ersten 10 Tagen zu einem schnellen Absinken der Cyanidkonzentration und danach zu einem verlangsamten Abbau über den gesamten Untersuchungszeitraum von rund 195 Tagen. Am Ende konnte allein mit der Nitratdosierung ein Abbau der Gesamtcyanide um 57 % erreicht werden. Die Zeitpunkte der Nitratdosierung sind in der Abbildung mit Pfeilen dargestellt. Am Ende der Behandlung wurde schließlich H2O2 hinzudosiert. Dies führte zu einem weiteren schnellen Abbau der Gesamtcyanide. Da zu diesem Zeitpunkt sowohl Nitrat als auch H2O2 im Feld vorhanden war,
entsprachen die Abbaubedingungen einer gleichzeitigen Gabe von H2O2 und Nitrat. Es konnten bei diesem Versuch keine Mobilisierungseffekte durch das H2O2 beobachtet werden.
Die Figur 3 zeigt den Abbau der freien Cyanide nach Nitratdosierung. Bereits nach 60 Tagen ist ein sehr starker Abbau der freien Cyanide allein durch Nitratzugabe erkennbar.
Beispiel 2 Versuche zur Cyanideliminiation unter in situ ähnlichen Bedingungen in geschlossenen Versuchssäulen
Durchgeführt wurden verschiedene Säulenversuche zur Cyanidelimination mit je ca. 10 kg Bodenmaterial. Die dafür verwendeten Säulenanlagen mit hydraulischer Kreislaufführung sind vollständig geschlossen, wassergesättigt und in einer definierten Richtung durchströmt (vertikal von oben nach unten). Um eine photolytische Zersetzung von Hexacyanoferraten auszuschließen, sind die Säulen vollständig abgedunkelt. Die Säulen enthalten mit cyanidkontaminierten Boden und besitzen Probeentnahmestellen für Boden auf verschiedenen Höhen der Säule, über ein Mischgefäß und Zulaufgefäß wird die Dosierung der Stoffe geregelt. Weiterhin weist das System eine Pumpe auf, um eine definierte Richtung der Durchströmung zu gewährleisten. Die Bestimmung von Gesamtcyanid und freiem Cyanid sowohl im Wasserkörper der Säulen als auch im Bodenkörper wurde gemäß den Verfahren, wie in Beispiel 1 beschrieben, durchgeführt. Nitrat wurde einmalig zu Beginn in einer Menge von 300 mg/l zudosiert. Die H2θ2-Dosierung erfolgte kontinuierlich zunächst über 80 Tage mit 100-200 mg H2O2/! (Niedrigdosis-Phase) und später über 37 Tage mit 1000-1500 mg H2O2/! (Hochdosis-Phase; s. Figuren 8 bis 11). Die Glukose wurde punktförmig 7 mal in das Mischgefäß mit einer Konzentration von 800 mg/l in das Kreislaufwasser zugesetzt. Die einzelnen Dosierpunkte sind in der Abb. 13 markiert.
Der pH-Wert wurde potentiometrisch mit einer Einstabmesskette bestimmt. Das Redoxpotential wurde ebenfalls potentiometrisch gegen eine Ag/AgCI- Referenzelektrode gemessen und auf eine Standardwasserstoffelektrode umgerechnet.
In der Figur 4 erkennt man, dass bei Nitratbehandlung keine Mobilisierung von Gesamtcyanid unter denitrifizierenden Bedingungen erfolgt. Figur 5 zeigt aber, dass im Wasserkörper von denitrifizierenden Versuchssäulen ein 94 %tiger Abbau an freiem Cyanid zu beobachten ist.
In einem weiteren Säulenversuch wurde die Entwicklung der Gesamtcyanide im Wasserkörper (Kreislaufwasser) unter Zusatz von Nitrat als terminalem Elektronenakzeptor über 90 Tage beobachtet.
In diesem Fall wurde das Kreislaufwasser zunächst mit ca. 300 mg/l Nitrat versetzt. 83 % Cyanidabnahme konnte innerhalb von 30 Tagen beobachtet werden. Dieser Verlauf ist identisch zur unbehandelten Kontrollsäule. Allerdings bewirkte die Gabe von Nitrat eine deutliche Abnahme von freiem Cyanid im Wasserkörper. Dieses wird aus der Figur 7 deutlich. Während in der Kontrolle freies Cyanid in unveränderten Werten vorhanden ist, zeigte die Zugabe von Nitrat einen 97 %tigen Abbau der freien Cyanide.
Die Figur 8 zeigt die Ergebnisse bei Einsatz von Wasserstoffperoxid zunächst in geringer Dosierung von 100 bis 200 mg/l H2O2 und später in einer Hochdosisphase mit 1000 bis 1500 mg/l H2O2. Der Gesamtcyanidgehalt im Wasserkörper stieg nach Dosierung kurzfristig an, um anschließend wieder abzunehmen. Allerdings wird der mobilisierende Effekt des H2O2 nach Abschluss der Hochlastphase deutlich, siehe Verlauf der Kurve nach Tag 120. Freies Cyanid wird durch Eindosierung von Wasserstoffperoxid im Wasserkörper schnell abgebaut. Das mobilisierte Cyanid, das zu einer Erhöhung des Gesamtcyanidgehalts im Wasserkörper führte, stammt aus dem Bodenkörper der Säule. D.h., einerseits führt eine alleinige H2θ2-Behandlung zu dem gewünschten Effekt des Herauslösens von Cyaniden aus dem Bodenkörper; bei diesen Cyaniden handelt es sich überwiegend um komplexierte Cyanide. Andererseits tritt als Nebeneffekt das Problem einer verstärkten Mobilisierung von Gesamtcyanid im Wasserkörper auf (siehe Figur 8).
Bei gleichzeitiger Dosierung von Wasserstoffperoxid und Nitrat konnte dieses Problem überwunden werden. Wie gesagt, ist eine Schwierigkeit der H2θ2-Dosierung
die geringe Stabilität der Verbindung, d.h. nach Absetzen der Dosierung und bei Transport über längere Strecken zersetzt sich H2O2 relativ schnell und steht somit für einen späteren Abbau nicht mehr im vollen Umfang zur Verfügung. Dies kann zu einer Erhöhung der Gesamtcyanidkonzentration im Wasserkörper führen. Dieses Problem kann überraschend durch gleichzeitige Gabe von Nitrat und H2O2 gelöst werden, wie man deutlich in der Figur 10 erkennt. In der Versuchsanordnung wurde dabei das Nitrat einmal mit 300 mg/l am Start des Versuches zudosiert. Die Dosierung von H2O2 erfolgt wie oben beschrieben, d.h. innerhalb der ersten 80 Tage eine Niedrigdosierung und anschließend eine Hochdosisphase.
Figur 10 zeigt deutlich, dass keine unerwünschte Zunahme des Gesamtcyanids in dem Wasserkörper auftritt. Auch freies Cyanid wird rasch durch die vorhandenen Elektronen-akzeptoren abgebaut, siehe Figur 11. Beide Stoffe ergänzen sich also ideal bei der Behandlung von Cyanid-kontaminierten Böden. Während das Wasserstoffperoxid sowohl freies Cyanid als auch komplexiertes Cyanid freisetzt bzw. zerstören kann, erlaubt die Zugabe von Nitrat, das der Gesamtcyanidgehalt niedrig bleibt, und es wird angenommen, dass die Hauptaufgabe des Wasserstoffperoxids das Zerstören der komplexierten Cyanidverbindungen ist, während Nitrat für den Abbau der freien Cyanide sorgt. Die überraschende Wirkung des kombinierten Einsatzes von H2O2 und Nitrat ist auch in der Figur 12 zu erkennen. Die Figur 12 zeigt den Cyanidabbau im Bodenkörper in Gegenwart von Wasserstoffperoxid und Nitrat. Wie deutlich zu erkennen ist, erlaubt die gleichzeitige Gabe einen Abbau des Gesamtcyanidgehalts im Bodenkörper unter dem zulässigen Grenzwert.
Weiterhin stellte sich heraus, dass das H2O2 keinen negativen Effekt auf die Biozoenose des Bodens hat und somit die für Denitrifikation notwendige Mikroflora nicht durch die oxidativen Bedingungen des Wasserstoffperoxids geschädigt wird. Weiterhin konnte bei gleichzeitiger Gabe von Wasserstoffperoxid und Nitrat der Nitritgehalt gering gehalten werden. Die Bildung von Nitrit aus Nitrat stellt üblicherweise ein Problem bei der Verwendung von Nitrat dar. In den Figuren 13 und 14 ist der Einfluss der Eindosierung einer Kohlenstoffquelle, im vorliegenden Fall Glukose, gezeigt. Zu beachten ist, dass den Versuchen bereits
eine Phase aerober Oxidierung voranging. Wie man deutlich erkennen kann, erlaubt die Dosierung von Glukose unter aeroben Bedingungen eine starke Eliminierung der Gesamtcyanide im Wasserkörper. Ferner ist, wie man in der Figur 14 erkennen kann, eine Zunahme der freien Cyanide als Beweis für die Zerstörung der Cyanokomplexe zu erkennen. Die Figuren 15 A und 15 B zeigen die für den in den Figuren 13 und 14 dargestellten Versuch ermittelten pH-Werte und Redoxpotentiale im Wasserkörper. Wie man deutlich erkennen kann, nimmt im Verlauf der Behandlung mit einer Kohlenstoffquelle, wie Glukose, der pH-Wert über die Zeit ab. Das Redoxpotential verschiebt sich ebenfalls zu negativeren Werten. Aus diesen Abbildungen ist deutlich zu erkennen, dass einerseits eine Verringerung des pH-Wertes andererseits eine Verschiebung des Redoxpotentials einen positiven Effekt auf die Eliminierung der Gesamtcyanide hat.
Die Figuren 16 A und 16 B zeigen die Analyse der erhaltenen Gärprodukte nach Dosierung von Glukose unter anaeroben Bedingungen (siehe oben, entsprechend
Figuren 13 und 14). Wie man deutlich erkennt, entstehen große Mengen an
Buttersäure. Es handelt sich als um die sogenannte Buttersäurevergärung. Diese
Versäuerung führt zu einer Erniedrigung des pH-Werts. Daher können auch
Fermentationsprodukte, wie die in Figur 16 gezeigten Gärprodukte, eindosiert werden, um das erfindungsgemäße Verfahren zum Abbau von Cyaniden zu ermöglichen.