STADA ARZNEIMITTEL AG
PHARMAZEUTISCHE ZUSAMMENSETZUNGEN UMFASSEND NEBIVOLOL UND EIN HYDROPHILES POLYMER
Die vorliegende Erfindung betrifft feste pharmazeutische Zusammensetzungen umfassend den Wirkstoff Nebivolol oder eines seiner pharmazeutisch annehmbaren Salze.
Nebivolol, dessen chemische Bezeichnung (±)-[R*[S*[S*-(S*)]]]-α, αΛ-[Imino- bis(methylen) bis-[6-fluoro-3,4-dihydro-2H-l-benzopyran-2-methanol] lautet, ist ein hochselektiver ßr Rezeptorantagonist, der auch vasodilatatorische Eigenschaften aufweist. Gegenüber anderen kardioselektiven Betablockern führt Nebivolol nicht zu einer nennenswerten Verengung der Bronchien, so dass er für die Herstellung von Antihypertonika besonders geeignet ist.
BESTATIGUNGSKOPIE
Nebivolol und Verfahren zu dessen Herstellung werden in den europäischen Patentanmeldungen EP 0 145 067 A und vor allem EP 0 334429 A beschrieben. Nebivolol enthaltende pharmazeutische Zusammensetzungen werden in Deutschland derzeit unter der Kennzeichnung „Nebilet®" in Form von Tabletten vertrieben.
Ein wesentliches Problem bei der Entwicklung fester pharmazeutischer Zusammensetzungen umfassend Nebivolol oder eines Salzes davon liegt in deren schlechten Löslichkeit und, damit einhergehend, der schlechten Freisetzung und geringen Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes. Li der europäischen Patentanmeldung EP 0 145 067 A wird eine Tablettenformulierung be- schrieben, die neben dem Wirkstoff und anderen üblichen Hilfsstoffen zwingend Natrium- dodecylsulfat (auch als „SDS" bezeichnet) umfassen müssen. Bei SDS handelt es sich um eine oberflächenaktive Substanz, also ein Netzmittel, durch dessen Zusatz die Löslichkeit des Wirkstoffes erhöht werden soll. Auch die im Handel befindlichen „Nebilet®"-Tabletten enthalten mit Polysorbat 80 ein solches Netzmittel.
In der internationalen Patentanmeldung WO 95/22325 wird diskutiert, dass vorbekannte Zusammensetzungen umfassend Nebivolol noch immer eine inadäquate Freisetzung und Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes zeigen. Um die Wirkstofffreisetzung zu erhöhen wurde gemäß diesem Stand der Technik zunächst versucht, den Wirkstoff (dort Nebivololhydro- chlorid) in mikronisierter Form in Tablettenformulierungen einzuarbeiten. Auch bei Verwendung von mikronisiertern Wirkstoff zeigte sich jedoch eine nicht zufriedenstellende Auflösung beziehungsweise Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes. Erst durch den Zusatz von Netzmitteln in einem speziellem Gewichtsverhältnis von Netzmittel zu Wirkstoff im Bereich zwischen 0,025 und 0,5 können gemäß EP 0 744 946 A pharmazeutische Formulierungen erhalten werden, die eine zufriedenstellende Freisetzung und eine adäquate Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes gewährleisten. Aus den dort exemplifizierten Zusammensetzungen wurde der Wirkstoff nach 45 Minuten zu etwa 75% freigesetzt, während für Zusammensetzungen um-
fassend ein Netzmittel und den Wirkstoff in nicht mikronisierter Form eine Wirkstofffreisetzung von weniger als 50% nach 45 Minuten berichtet wird.
Die Verwendung von Netzmitteln ist mit verschiedenen Nachteilen verbunden. So zeigen sie aufgrund ihres hohen Irritationspotentials, besonders gegenüber Schleimhäuten, eine schlechte Verträglichkeit. Ferner können sie die Stabilität von Arzneiformen negativ beeinträchtigen, da sie mit Wirkstoffen und/oder Hilfsstoffen interagieren können. Schließlich kann die Herstellung von Netzmitteln enthaltenden Arzneiformen, insbesondere durch Feuchtgranulation, problematisch sein, da eine Schaumbildung auftreten kann.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, pharmazeutische Zusammensetzungen umfassend Nebivolol oder ein pharmazeutisch akzeptables Salz davon anzugeben, die eine verbesserte Freisetzung des Wirkstoffes gewährleisten. Insbesondere sollen Nebivolol oder dessen Salze enthaltende Formulierung angegeben werden, bei denen auf den Zusatz von Netzmitteln voll- ständig verzichtet werden kann, um die damit verbundenen Nachteile zu umgehen.
Diese Aufgaben werden gelöst durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche. Die abhängigen Ansprüche definieren vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung.
Im Rahmen der der vorliegenden Erfindung zugrunde liegenden Untersuchungen wurde gefunden, dass bei Verwendung eines hydrophilen Polymers zur Herstellung von Nebivolol oder dessen Salzen enthaltenden festen Formulierungen auf den Zusatz eines Netzmittels verzichtet werden kann. Überraschend hat sich dabei gezeigt, dass die Freisetzung des Wirkstoffes aus derartigen Formulierungen gegenüber vorbekannten Formulierungen gesteigert werden kann. Die Untersuchungen zur vorliegenden Erfindung haben gezeigt, dass die Verwendung eines hydrophilen Polymers dazu führt, dass sich Nebivolol oder dessen Salze besser lösen.
Die erfmdungsgemäßen Formulierungen sind feste Darreichungsformen wie zum Beispiel Suppositorien, Granalien, Pellets oder, besonders bevorzugt, Tabletten. Diese Formulierungen können mittels dem Fachmann an sich bekannter Verfahren und Techniken hergestellt werden. Die erfmdungsgemäßen Tablettenformulierungen können zum Beispiel mittels Direkt- verpressung, Trockengranulation oder Feuchtgranulation hergestellt werden. Besonders bevorzugt ist die Herstellung der erfindungsgemäßen Tabletten mittels Feuchtgranulations- verfahren.
Erfindungsgemäß zu verwendende hydrophile Polymere sind insbesondere solche Polymere, die lösungsvermittelnde beziehungsweise hydrotrope Eigenschaften aufweisen, wie zum Beispiel Polyvinylpyrrolidone, Polyvinylalkohole oder Polyethylenglycole.
Bevorzugte Polyvinylpyrrolidone sind die unter den Handelsbezeichnungen Kollidon 12, 17, 25, 30 bzw. 90 erhältlichen Produkte. Erfindungsgemäß zu verwendende Polyvinylalkohole sind unter den Handelsbezeichnungen Elvanol, Gelvatol, Lemol, Mowiol, Pe-ve-gel, Polyviol, Vinaviol, Vinol 125 und Vinylon erhältlich. Bevorzugte Polyethylenglycole sind die aus der Macrogol-Reihe, insbesondere Macrogol 200, 300, 400, 600, 1000, 1500, 3000, 3350, 4000, 6000, 8000, 20.000 bzw. 35.000.
Erfmdungsgemäß besonders bevorzugte hydrophile Polymere sind die unter den Handelsbezeichnungen Kollidon 25 und Kollidon 30 erhältlichen Polyvinylpyrrolidone, der unter der Handelsbezeichnung Mowiol 04/Ml erhältliche Polyvinylalkohol sowie Polyethylenglycol 4000.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird das hydrophile Polymer als Bindemittel der für die Granulation verwendeten Granulationsflüssigkeit zugesetzt. Der Gehalt an hydrophilem Polymer liegt bevorzugt zwischen 0,5 und 25 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der Formulierung. Neben dem hydrophilen Polymer enthalten die erfindungsgemäßen Formu-
lierungen weitere Hilfsstoffe, die dem Fachmann für die Herstellung der gewünschten Arzneiform an sich bekannt sind. Im Falle von Suppositorien sind dies zum Beispiel Wachse und Triglyceride, im Falle von Tabletten zusätzliche Bindemittel wie zum Beispiel Hydroxypro- pylmethylcellulose, Schmier- und Gleitmittel wie Magnesiumstearat oder Siliciumdioxid, Füllstoffe wie etwa Lactose oder mikrokristalline Cellulose, Farbstoffe sowie, im Falle be- filmter Tabletten, an sich übliche Beschichtungsmaterialien. Besonders bevorzugt enthalten die erfindungs gemäßen Tabletten mindestens ein übliches Sprengmittel, durch dessen Zusatz die Freisetzung des Wirkstoffes aus der Zubereitung noch zusätzlich begünstigt wird. Der Sprengmittelgehalt der Zusammensetzung liegt zwischen 0,5 bis 35 Gew.-%, wiederum bezo- gen auf das Gewicht der Formulierung. Sofern die Tabletten mittels Granulationsverfahren hergestellt werden, kann das Sprengmittel intra- und/oder extragranular eingearbeitet werden. Bevorzugte Sprengmittel sind insbesondere Natriumstärkeglycolat, Caboxymethylcellulose- Natrium (Croscarmellose-Natrium) und Crospovidon, es können jedoch auch andere dem Fachmann bekannte Sprengmittel wie mikrokristalline Cellulose oder Stärke verwendet werden.
Der Wirkstoff Nebivolol ist in seiner freien Form oder in Form eines pharmazeutisch annehmbaren Säureadditionssalzes in den erfindungsgemäßen Formulierungen enthalten. Als Säureadditionssalze kommen das Hydrochlorid, das Hydrobromid, das Sulfat, das Nitrat, das Phosphat sowie Salze organischer Säuren, wie das Acetat, Mesylat, Besylat und andere in Betracht. Besonders bevorzugt enthalten die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen Nebi- vololhydrochlorid.
Der Wirkstoff ist bevorzugt in mikronisierter Form enthalten, wobei die Mikronisierung mittels üblicher Verfahren erfolgen kann, wie zum Beispiel mittels Mahlen in geeigneten Mühlen oder Sieben durch geeignete Siebe. Vorzugsweise haben höchstens 50% der Wirkstoffpartikel einen Durchmesser von mehr als 10 μm, vorzugsweise von mehr als 8 μm, wobei höchstens 10% der Teilchen einen Durchmesser von mehr als 20 μm haben. Die spezifische
Oberfläche des mikronisierten Wirkstoffes beträgt vorzugsweise mindestens 2x 10 m J- /Ikg, bevorzugter mindestens 3 x 103 m2/kg.
Der Wirkstoffgehalt der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen liegt vorzugsweise zwi- sehen 0,5 und 25 Gew.-% bezogen auf das Gewicht der Gesamtformulierung; bevorzugt sind in den Formulierungen zwischen 0,1 und 50 mg Wirkstoff enthalten. Besonders bevorzugt enthält eine erfindungsgemäße Dosiseinheit 1, 5 oder 10 mg des Wirkstoffes, berechnet auf der Grundlage der freien Nebivololbase.
Ein wesentliches Merkmal der erfindungsgemäßen Zusammensetzung ist, dass sie keinen
Gehalt an einem Netzmittel wie Polysorbaten aus der TWEEN®-Reihe oder anderen Tensiden aus der SPAN®-Reihe oder SDS aufweisen. Ein weiteres wesentliches Merkmal der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen ist, dass der Wirkstoff sehr viel schneller freigesetzt wird als aus vorbekannten Zusammensetzungen. Der Wirkstoff wird aus den erfϊndungs- gemäßen Zusammensetzungen nach 30 Minuten zu mehr als 80% freigesetzt. Vorzugsweise wird der Wirkstoff nach 15 Minuten zu mindestens 75%, bevorzugter nach 10 Minuten zu mindestens 75% und besonders bevorzugt nach 5 Minuten zu mindestens 75% aus den erfindungsgemäßen Tabletten freigesetzt (gemessen nach Ph.Eur., Methode 2.9.3, Blattrührapparatur, 0, 1 N HCl, 50 U/min.).
Die folgenden Beispiele erläutern die vorliegende Erfindung weiter.
Beispiel 1 Es werden Tabletten folgender Zusammensetzung hergestellt:
Die Herstellung erfolgt, indem mikronisiertes Nebivolol HCl (mindestens 90 % < 20 μm, spezifische Oberfläche > 2000 m2/kg), Lactose Monohydrat, partiell pregelatinierte Maisstärke und ein Teil des Croscarmellose Natriums gesiebt und gemischt werden. Parallel wird Polyvinylpyrrolidon (Kollidon 25) in Wasser gelöst. Dann wird die Mischung mit der Polyvinylpyrrolidonlösung granuliert und das feuchte Granulat gesiebt. Das Granulat wird getrocknet und anschließend gesiebt. Croscarmellose Natrium, Crospovidon und Siliciumdioxid hochdispers werden gesiebt und mit dem erhaltenen Granulat gemischt; der erhaltenen Mischung wird Magnesiumstearat zugesetzt. Schließlich wird die resultierende Mischung zu Tabletten verpresst.
Beispiel 2
Es werden Tabletten folgender Zusammensetzung hergestellt:
Die Herstellung erfolgt, indem mikronisiertes Nebivolol HCl, Lactose Monohydrat, partiell pregelatinierte Maisstärke und ein Teil des Croscarmellose Natriums gesiebt und gemischt werden. Parallel wird Polyvinylpyrrolidon (Kollidon 30) in Wasser gelöst. Dann wird die Mischung mit der Polyvinylpyrrolidonlösung granuliert und das feuchte Granulat gesiebt. Das Granulat wird getrocknet und anschließend gesiebt. Croscarmellose Natrium und Siliciumdioxid hochdispers werden gesiebt und mit dem erhaltenen Granulat gemischt; der erhaltenen Mischung wird Magnesiumstearat zugesetzt. Schließlich wird die resultierende Mischung zu Tabletten verpresst.
Beispiel 3
Es werden Tabletten folgender Zusammensetzung hergestellt:
Die Herstellung erfolgt, indem Nebivolol HCl, Lactose Monohydrat und partiell pregelatinierte Maisstärke gesiebt und gemischt werden. Parallel wird Polyvinylpyrrolidon (Kollidon 90) in Wasser gelöst. Dann wird die Mischung mit der Polyvinylpyrrolidonlösung granuliert und das feuchte Granulat gesiebt. Das Granulat wird getrocknet und anschließend gesiebt. Natriumstärkeglykolat und Siliciumdioxid hochdispers werden gesiebt und mit dem erhaltenen Granulat gemischt; der erhaltenen Mischung wird Magnesiumstearat zugesetzt. Schließlich wird die resultierende Mischung zu Tabletten verpresst.
Beispiel 4
Es werden Tabletten folgender Zusammensetzung hergestellt:
Die Herstellung erfolgt, indem Nebivolol HCl, Lactose Monohydrat, partiell pregelatinierte Maisstärke und ein Teil des Croscarmellose Natriums gesiebt und gemischt werden. Parallel wird Polyvinylalkohol (Mowiol 04/Ml ) in Wasser gelöst. Dann wird die Mischung mit der Polyvinylpyrrolidonlösung granuliert und das feuchte Granulat gesiebt. Das Granulat wird getrocknet und anschließend gesiebt. Croscarmellose Natrium und Siliciumdioxid hochdispers werden gesiebt und mit dem erhaltenen Granulat gemischt; der erhaltenen Mischung wird Magnesiumstearat zugesetzt. Schließlich wird die resultierende Mischung zu Tabletten verpresst.
Beispiel 5
Es werden Tabletten folgender Zusammensetzung hergestellt:
Die Herstellung erfolgt, indem Nebivolol HCl, Lactose Monohydrat und partiell pregelatinierte Maisstärke gesiebt und gemischt werden. Parallel wird Polyethylenglykol 4000 (Macrogol 4000) in Wasser gelöst. Dann wird die Mischung mit der Polyethylenglycol 4000- Lösung granuliert und das feuchte Granulat gesiebt. Das Granulat wird getrocknet und anschließend gesiebt. Croscarmellose Natrium und Siliciumdioxid hochdispers werden gesiebt und mit dem erhaltenen Granulat gemischt; der erhaltenen Mischung wird Magnesiumstearat zugesetzt. Schließlich wird die resultierende Mischung zu Tabletten verpresst.
Beispiel 6
Zur Bestimmung der Wirkstoff freisetzung aus den erfindungsgemäßen Tabletten wurde die Rezeptur gemäß Beispiel 1 gemäß dem im Europäischen Arzneibuch in der gültigen Fassung, Methode 2.9.3, Blattrührapparatur bzw. in der U.S. Pharmacopeia (USP) in der gültigen Fassung, Chapter (711) Dissolution, Apparatur 2, definierten Test unterzogen. Als Medium wurde 0,1 N Salzsäure verwendet; die Umdrehungsgeschwindigkeit betrug 50 U/min.
Es wurden die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Werte gemessen:
Beispiel 7 (Vergleichsbeispiel)
Gemäß dem in Beispiel 1 beschriebenen Verfahren wurden Tabletten mit folgender Zusammensetzung hergestellt.
Die Freisetzung des Wirkstoffes aus diesen Tabletten wurde mit dem in Beispiel 6 beschriebenen Verfahren bestimmt, wobei sich die in der nachfolgenden Tabelle aufgelisteten Werte ergeben: