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Verfahren zur Herstellung von Melamin Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur industriellen Herstellung von Melamin aus wäßrigen Lösungen von Cyanamid und/oder
Dicyandiamid, bei welchem in ausgezeichneter Ausbeute Melamin völlig frei von Kondensationsprodukten,
wie Melam oder Melem, und Substitutionsprodukten, wie Ammelin oder Ammelid, in einer
Form erhalten wird, die für die Erzeugung von plastischen Stoffen, insbesondere
durch Kondensation mit Formaldehyd, geeignet ist.
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Es ist bekannt, Melamin durch Polymerisation von Cyanamid oder Dicyandiamid
herzustellen. Jedoch ist es praktisch fast unmöglich, die Polymerisationinfolge
des stark exothermen Reaktionsablaufs im Stadium des Melamins aufzuhalten; es bilden
sich, wie bereits oben erwähnt, zahlreiche Nebenprodukte.
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Deshalb läßt man im allgemeinen die Hitze auf eine feine Verteilung
oder eine Lösung dieser Produkte in wasserfreier Flüssigkeit einwirken, wobei die
Verdünnung durch die inerte Flüssigkeit die Reaktion zu dämpfen vermag.
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In der Praxis jedoch erlauben allein die Polymerisationsverfahren
unter Druck und in Gegenwart
von wasserfreiem Ammoniak die Herstellung
eines ziemlich reinen Melanins.
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Im Gegensatz hierzu erhält man durch feine Verteilung des Cyanamids
oder des Dicyandiamids in kochender Flüssigkeit, vorteilhaft in der Nähe der Reaktionstemperatur,
ein weniger reines Produkt.
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Bei der Polymerisation einer Cyanamid- oder Dicyandiamidlösung in
einem Lösungsmittel wie Anilin bilden sich beträchtliche Mengen substituierter Melanine.
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Es ist auch schon die Polymerisation einer Cyanamid- oder Dicyandiamidlösung
unter Verwendung eines Lösungsmittels bei Zoo bis 300° vorgeschlagen worden, wobei
Glykol und Äthanolamin als Beispiele genannt werden.
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Es ist auch schon vorgeschlagen worden, geschmolzenes Cyanamid bzw.
Dicyandiamid in einem Strom inerten Gases zu einem Nebel zu zerstäuben, wobei die
Gase mit den Ausgangsstoffen oder dem Polymerisationsprodukt nicht reagieren sollen,
und es wurden hierfür Ammoniak, Stickstoff und Methan genannt, wobei Abwesenheit
von Wasser zur Bedingung gemacht wurde. Soweit bisher organische Lösungsmittel für
das Dicyandiamid vorgeschlagen wurden, hatten diese dem weiteren Zweck, den Schmelzpunkt
des Dicyandfamids herabzusetzen.
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Erfindungsgemäß werden die Mängel und Nachteile der bekannten Verfahrensweisen
dadurch beseitigt, daß man eine wäßrige Lösung von Cyanamid und/oder Dicyandiamid
in einem erhitzten Gasstrom von Verbrennungsgasen, die vorzugsweise mit Wasserdampf
beladen sind, fein zerstäubt und Reaktionstemperaturen von 275 bis 300° anwendet.
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Es wurde festgestellt, daß die Ausgangsprodukte ebenso wie das gebildete
Melanin in Gegenwart trockenen und sehr heißen Wasserdampfes keine merkbare Hydrolyse
eingehen, im Gegensatz dazu, wenn man dieselben Produkte bei gleicher Temperatur
Wasser oder gesättigtem Dampf aussetzt.
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Da nun aber der Wasserdampf auf Grund seiner relativ hohen spezifischen
Wärme einen Wärmespeicher bildet, führt die Polymerisation einer sehr feinen Zerstäubung
von Cyanamid und/oder Dicyandiamid im Gasmedium zu einem von Kondensationsprodukten
freien Melanin, wobei die Polymerisationshitze leicht abgefangen werden kann, je
weiter die Reaktion fortschreitet.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann in der Weise ausgeführt werden,
daß in eine einzige Reaktionskammer gleichzeitig und kontinuierlich einerseits eine
sehr fein zerstäubte wäßrige Lösung von Cyanamid und/oder Dicyandiamid und andererseits
Verbrennungsabgase eingeführt werden. Diese Verbrennungsabgase können unter Umständen
mit Wasserdampf beladen sein und müssen die Kalorienmenge mitbringen, die. nötig
ist, um die zu polymerisierenden Produkte auf die erforderliche Temperatur von 275
bis 300° zu bringen.
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Man kann aber auch in zwei gesonderten Arbeitsgängen vorgehen: zunächst
Zerstäubung und Trocknung in einer ersten Kammer, in die man kontinuierlich eine
feinzerstäubte wäßrige Lösung von Cyanamid und/oder Dicyandiamid und Heizgasen einführt,
die die Temperatur der Kammer zwischen ioo und 2oo° halten; anschließend dann die
Reaktion in einer zweiten Kammer, in die man gleichzeitig und kontinuierlich das
getrocknete Zerstäubungsprodukt aus der ersten Kammer und dann die Heizgase einführt,
die die Produkte auf eine Temperatur von 275 bis 3oo° bringen.
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In jedem Fall kann die Konzentration der wäßrigen Lösung des Cyanamid
und/oder Dicyandiamid zwischen der äußersten Verdünnung bis zur völligen Sättigung
und ihre Temperatur zwischen o und 70° variieren, je nach der gewünschten Konzentration.
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Man kann besonders vorteilhaft die durch Umsetzung einer wäßrigen
Kalkstickstoffaufschlämmung mit Kohlensäure stammenden Filtrate benutzen.
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Die Zerstäubung der wäßrigen Lösung des Cyanamids und/oder Dicyandiamids
kann durch alle bekannten Mittel erreicht werden, wie z. B. Zerstäubung mit und
ohne Druck usw.
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Ein vorteilhaftes und erfindungsgemäßes Verfahren besteht darin, daß
man die Flüssigkeit, die die zu polymerisierenden Produkte enthält, bei normaler
Temperatur mit Preßluft oder Preßgas zerstäubt. Dieser Hilfsstrom hält dann das
Zerstäuberrohr relativkühl und verhindert Kristallisationen und Verstopfungen, die
sich bei einer anormalen Erwärmung dieses Rohres bilden könnten.
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Man kann aber ebenfalls das bekannte Verfahren der direkten Zerstäubung
der Flüssigkeit unter Druck verwenden, wobei man jedoch vorteilhaft das Einführrohr
durch einen Kühlwassermantel abkühlt, um dieses Rohr auf normaler Temperatur zu
halten.
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Erfindungsgemäß können alle bekannten Zerstäubungsverfahren angewandt
werden, unter der Bedingung, daß die wäßrige Lösung fein genug zerstäubt wird (feiner
als ioo,u). In dem wie vorstehend hergestellten Melanin ist nicht die geringste
Spur von Melam oder Melem enthalten.
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Die Heizgase, die sowohl zur Heizung der einen Kammer im zuerst beschriebenen
Verfahren als auch zur Heizung der beiden Kammern (Zerstäubungs- und Trocknungskammer
und keaktionskammer) im zweiten Verfahren dienen, können durch alle bekannten Mittel
erzeugt werden. Man kann eine I-Tilfsheizung der Kammer bzw. Kammern ausführen oder
auch mehrere Heizverfahren kombinieren.
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Ein vorteilhaftes und erfindungsgemäßes Vorgehen besteht darin, däß
man in die Kammer bzw. Kammern ein Gas schickt, das von der totalen Verbrennung
von Methan oder anderen gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen herrührt.
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Die heißen Gase, die in die Kammer bzw. Kammern eintreten, können
auch einen Teil ihrer Kalorien aus einem Wärmeaustausch mit den austretenden Gasen
empfangen.
Wenn man die Zerstäubung in einer einzigen Reaktionskammer
durchführt, muß der Kalorienbetrag der Heizgase groß genug sein, um die Zerstäubung
in dieser Kammer auf eine Temperatur von 275 bis 3oo° zu bringen; arbeitet man aber
in zwei getrennten Arbeitsgängen, so muß der Kalorienbetrag der Heizgase in der
Trocknungskammer groß genug sein, um die dort befindlichen Zerstäubungsprodukte
auf eine Temperatur von ioo bis 2oo° zu bringen. In beiden Fällen ist der Nebel
der wäßrigen Lösung augenblicklich verdampft, was jeden längeren Kontakt der Reaktionsprodukte
mit flüssigem Wasser verhindert. Andererseits ist dieser Nebel in eine feste Dispersion
allergrößten Feinheitsgrades umgewandelt worden.
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Die Polymerisation der derart erhaltenen festen Partikel geht im allgemeinen
sehr schnell vor sich. Jedoch muß man folgendes beachten, um einen hohen Umwandlungserfolg
des Dicyandiamid in Melamin zu erreichen: a) Die -Polymerisationsgeschwindigkeit
wächst mit der Temperatur der Reaktionskammer, gleichgültig, ob es sich um eine
einzige oder um eine von der Zerstäubungstrocknungskammer getrennte Kammer handelt;
jedoch kann man über 300° einen Zerfallsbeginn des Produktes feststellen.
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b) Bei gleicher Temperatur steht der Umwandlungsgrad des Dicyandiamids
in Melamin etwa in genauem Verhältnis zur Zeit des Aufenthaltes des Produktes in
der Reaktionskammer. Im allgemeinen genügt ein Aufenthalt von einer Minute in der
Reaktionskammer, um einen normalen Reaktionssatz zu erreichen.
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Man kann die in laufendem Strom aus der Reaktionskammer austretenden
Produkte durch alle bekannten Mittel auffangen. Es genügt dabei, daß dieses Auffangen
bei einer Temperatur geschieht, die über der Kondensationstemperatur des Gasstromes
liegt, um jede Berührung flüssigen Wassers mit den heißen Reaktionsprodukten zu
vermeiden. Darüber hinaus kann man jedes bekannte Mittel zum Auffangen sublimierter
Produkte verwenden, da ja die Reaktion bei einer Temperatur vor sich gehen kann,
unter der das entstandene Melamin sich sogleich zum größten Teil sublimiert.
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Wenn die Temperatur und/oder die Aufenthaltszeit ungenügend sind,
um die Ausgangsprodukte vollständig in Melamin zu verwandeln, das Reaktionsprodukt
aber doch einen mehr oder weniger starken-Anteil von Dicyandiamid enthält, benutzt
man eines der bekannten Mittel zur Trennung dieser beiden Produkte, wie z. B. Auflösung
in Wasser und fraktionierte Kristallisation.
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In diesem Falle ist es angezeigt, die Reaktion durch eine heiße Wäsche
des Melamins zu beenden und die nicht polymerisiertes Dicyandiamid enthaltende Lösung
wieder in den Kreislauf zu schicken.
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In den Zeichnungen, die lediglich ein Beispiel darstellen, sind schematisch
zwei Apparaturen dargestellt, die der Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
dienen können.
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Im Beispiel der Fig. i besteht die Apparatur aus einer einzigen Reaktionskammer
i, die einen vertikalen Zylinder, der wärmeisoliert ausgeführt ist und beispielsweise
i,5o m Durchmesser und 22,50 m Höhe hat, aufweist. Die cyanamidhaltige Lösung,
die polymerisiert werden soll, wird im oberen Teil dieser Kammer mittels einer Zerstäuberdüse2
unter Preßluft eingeführt, wobei der Druck z. B. bei 700 g/cm2 liegen kann;
3 ist das die Lösung zur Düse führende Rohr und q. die Preßluftleitung.
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Die Heizgase, die z. B. von einem Naturgasbrenner herkommen, treten
ebenfalls im oberen Teil der Kammer i ein, und zwar derart, daß sie durch einen
Ventilator 5 verteilt werden. Die Reaktionsprodukte, die im unteren Teil der Kammer
i anfallen, werden durch ein Rohr 6 abgeführt, an das eine Leitung 7 angeschlossen
ist, durch die Kühlluft zur Abkühlung auf etwa ioo° der Produkte eintritt. Die Reaktionsprodukte
werden darauf in eine Zyklonbatterie 8 geführt, die mit Filtern 9 versehen ist und
die übrigen Gase werden durch einen Ventilator io ins Freie geführt.
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Das gebildete Melamin wird unter den Zyklonen aufgefangen. Bei der
Durchführung des Verfahrens gemäß Fig. 2 ist die Apparatur derart ausgeführt, daß
das Verfahren erfindungsgemäß in zwei getrennten Gängen ausgeführt wird. Diese Anordnung
besteht aus einer Zerstäubungs- und Trocknungskammer i i, die aus einem vertikalen,
wärmeisolierten Zylinder gebildet wird und wie im vorstehenden Beispiel einen Durchmesser
von i,5o m und eine. Höhe von 2.5o m aufweist. Die zu polymerisierende Lösung wird
wie vorstehend im oberen Teil mittels einer Zerstäuberdüse 12 unter Preßluft eingeführt,
wobei der Druck z. B. bei 700 g/crn2 liegen kann. Dieser Düse wird die Lösung
mittels des Rohres 13 und die Preßluft mittels der Leitung 1q. zugeführt.
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Die Heizgase, die der Trocknung der Lösung dienen sollen und beispielsweise
von einem Naturgasbrenner kommen, werden an derselben Seite der Kammer ii durch
einen Ventilator 15 eingeführt, und zwar derart, daß sie sich leicht verteilen.
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Die getrockneten Produkte, die im unteren Teil der Kammer i i anfallen,
werden dort aufgefangen und durch ein Rohr 16 in die Reaktionskammer 17
geführt,
die wieder aus einem vertikalen Zylinder besteht, der wärmeisoliert ausgeführt ist
und z. B. 2 m Durchmesser und 3 m Höhe aufweist. Die zur Polymerisation dienenden
Heizgase werden hier ebenfalls auf derselben Seite der Kammer 17 durch einen Ventilator
18 eingeführt und dies derart, daß sich umgehend ein Temperaturgleichgewicht einstellt.
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Die Reaktionsprodukte werden schließlich in einem Rohr i9 aufgefangen,
---i das eine Kühlluftleitung 2o angeschlossen ist, und in eine Zyklonbatterie 21
geführt, die mit Filtern 22 versehen ist; die restlichen Gase werden bei 23 ins
Freie geführt.
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Unter Benutzung verschiedener Ausgangsprodukte, unter verschiedenen
Stundenleistungen und unter verschiednen Temperaturen hat man die in der folgenden
Tabelle enthaltenen Mischungswerte erhalten.
Stunden- Temperatur Erhaltenes Produkt |
Behandelte Lösung Leistung in der Aufenthalts- Dic an- Ausbeute |
in Liter Kammer zeit MeLamin I diamid in (r) |
Dicyandiamid, =oo g/1 . . . . . . . . . . 30 23o° 1o"
2=,0 78,9 99#9 |
Dicyandiamid, Zoo g/1 . . . . . . . . . . 40 2q.5° 16"
32,0 68,o 9919 |
Cyanamid, 8o g/1 . . . . . . . . . . . . . . . 35 24o° 25"
40,1 59,9 9919 |
Dicyandiamid, Zoo g/1 . . . . . . . . . . 25 275° 50" 75,4
24,5 99.9 |
Dicyandiamid, Zoo g/1 . . . . . . . . . . 50 285° 2' 96,o 4,0
9919 |
Cyanamidlauge, 12o g/1. . . . . ... . . 6o 28o° 3' 98,o 1,g
99.9 |
°/o des gefundenen Melamins |
(1) Definition der Ausbeute: R = X |
o/o des errechneten Melamins 100 |
im Verhältnis zum umgesetzten Dicyandiamid |
Alle diese Mischungen sind in Wasser und Formaldehyd vollständig löslich.