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Gewickelte Hohlkörper, insbesondere Rohre Bei hohen Temperaturen und
gleichzeitig hohen Betriebsdrücken, z. B. für Höchstdruckdampfleitungen, finden
üblicherweise warmfeste niedriglegierte Stähle, z. B. Stahl r3 Cr Mo 44 nach DIN-Blatt
t7 oo6, für Rohrwandtemperatüren bis 55o0 Verwendung. Für die Berechnung dieser
Rohre bei hohen Temperaturbeanspruchungen ist nach den heutigen Erkenntnissen die
Zeitstandfestigkeit und Dehngrenze maßgebend. Bei den üblicherweise verwendeten
warmfesten Stählen ist nach 5oooo bis 6o ooo Betriebsstunden mit einem zu beachtenden
Verlust des Dehnungsvermögens, d. h. mit einer Versprödung zu rechnen, so daß es
trotz rechnerisch ausreichender Dimensionierung zum Bruch kommen kann, insbesondere
dann, wenn auch Werkstoffehler, z. B. Schlackeneinschlüsse oder Doppelungen, welche
bei den dickwandigen Rohren mit wirtschaftlich vertretbaren Untersuchungsmethoden
nicht zu entdecken sind, auftreten. Die Dehnungsfähigkeit kann z. B. allein durch
die mechanische Beanspruchung als Zeitdehnung herabgesetzt sein; es können aber
auch andere, etwa zeitabhängige Einflüsse wirksam sein, wie z."B. inter- und intrakristalline
Spannungskorrosion oder Narben von Korrosions- und Erosionseinflüssen. Zu den üblichen
Betriebsbeanspruchungen treten vor allem bei der Inbetriebnahme oder beim Abstellen
des Betriebs erhebliche Wärmebeanspruchungen insbesondere bei dickwandigen Hohlkörpern
auf. Man hat daher z. B. Rohre von
größerem Durchmesser für sehr
hohe Temperaturen in ein Bündel Rohre kleinerer Abmessungen aufgelöst. Diese Anordnung
hat aber Nachteile, weil eine gleichmäßige Strömungsverteilung und damit eine gleichmäßige
Druck- und Temperaturbeaufschlagung schwierig oder überhaupt nicht zu erreichen
ist.
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Bekannt ist ferner, daß viele handelsübliche Stähle bei tiefer Temperatur,
z. B. schon in einem strengen Winter, spröde werden, so daß vor allem bei stoßartiger
Beanspruchung ein Bruch eintritt. Diese Versprödung geht im allgemeinen von selbst
zurück, wenn die Temperatur wieder steigt.
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Verwendet man nun an Stelle eines vollwandigen Hohlkörpers mit dicker
Wand einen durch wendelförmiges Aufwickeln von gegebenenfalls profilierten Metallbändern
auf ein Kernröhr aufgebauten Hohlkörper, so umgeht man die Auswirkung der hohen
Spannungsspitzen auf der Innenseite der Wandung. Man hat weiter-bei den zur Herstellung
von gewickelten Hohlkörpern zur Anwendung kommenden Abmessungen für Kernrohr und
Wickelband eine weit höhere Sicherheit, von Werkstoffehlern verschont zu bleiben
oder diese bei der Herstellung zu erkennen. Bei den üblicherweise verwendeten Wickelbandabmessungen
von z. B. 5 oder 8 mm Stärke sind Querrisse nicht zu erwarten bzw. würden solche
beim Aufbringen des Wickelbandes bemerkt werden. Auch bietet der tängentiale Faserverlauf
in den Wickellagen eine bessere Sicherheit gegenüber der rein axialen Orientierung
des Gefüges bei vollwandigen Hohlkörpern.
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Gewickelte Hohlkörper, insbesondere Rohre, ganz aus den obengenannten
Stahlsorten, z. B. Stahl i3 Cr Mo 4:q. nach DIN-Blatt i7 oo6 herzustellen, bringt
keine Vorteile, denn solche Wickellagen verspröden naturgemäß im gleichen Maß wie
solche Vollwandkörper, bieten also keine größere Sicherheit. Hohlkörper ganz aus
nicht zur Versprödung neigenden Werkstoffen zu wickeln, hat infolge der ge-ingeren
Streckgrenze dieser Werkstoffe den Nachteil, daß wesentlich größere Wandstärken
benötigt werden.
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Gemäß der Erfindung werden diese Nachteile vermieden. Der neue, durch
wendelförmiges Aufwickeln von gegebenenfalls profilierten Metallbändern auf ein
Kernrohr hergestellte Hohlkörper, der erhöhten Drücken und hohen oder tiefen Temperaturen,
bei denen die Gefahr der Versprödung vorliegt, ausgesetzt ist, besteht aus verschiedenen
Werkstoffen für die äußere und innere Zone, und zwar erfindungsgemäß derart, naß
im Verlauf langer Betriebszeiten das Dehnungsvermögen des Werkstoffes der einen
Zone nach. beispielsweise ioooo Stunden weitgehend oder ganz, z. B. auf 40'/o und
weniger, und das Dehnungsvermögen des Werkstoffes der anderen Zone nach etwa gleicher
Zeit höchstens bis auf etwa 5o11/a seines ursprünglichen Wertes sinkt.
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Das Dehnungsvermögen kann beispielsweise beurteilt werden durch Feststellung
der Warmversprödung, welche am kalten Werkstück durch Messung der Kerbschlagzähigkeit
nach voraus-' gegangener langandauernder Einwirkung der Betriebswärme nachgewiesen.-wird.
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Es ist damit möglich, einen z. B. mit Rücksicht auf hohe Druck- und
Temperaturbeanspruchung erwünschten warmfesten, aber zur Versprödung neigenden Sonderstahl
oder einen z. B. mit Rücksicht auf das Betriebsmittel ausgewählten, ebenfalls versprödenden
Sonderstahl zu verwenden: Das bei solchen Stählen häufig geringere anfängliche und
während des Betriebes erfahrungsgemäß aber erheblich weiter, auf 40"/o und- weniger,
abfallende Dehnungsvermögen wird nun durch die gleichzeitige Mitverwendung von Stahl
mit hohem, auch bei langen Betriebszeiten bleibendem bzw. bis auf höchstens 50"/o
des ursprünglichen Wertes absinkenden Dehnungsvermögens an ein und demselben Hohlkörper
ausgeglichen. Diese gleichzeitige Verwendung verschiedenartiger, aber bestimmter
Werkstoffe gestattet einerseits die Vorteile der Verwendung von versprödendenSonderstählen
und andererseits die der Verwendung von Stählen hohen Dehnungsvermögens auszunutzen,
wodurch ein weit höheres Maß von Sicherheit -als bisher erreichbar ist.
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Man kann beispielsweise das Kernrohr und gegebenenfalls noch eine
oder mehrere unmittelbar an das Kernrohr anschließende Wickellage aus Stahl mit
geringem Dehnungsvermögen herstellen, wobei diese vorzugsweise die axiale Beanspruchung
übernehmen, während die äußeren Wickellagen aus Stahl hohen Dehnungsvermögens vorzugsweise
die tangentialen Kräfte aufnehmen. Dabei werden die Wickellagen aus Stahl hohen
Dehnungsvermögens auch bei einem Anreißen des Kernrohres oder der inneren Lagen
aus einem zur Versprödung neigenden Sonderstahl eine plötzliche Zerstörung des gesamten
Rohres verhindern.
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Beispielsweise wird bei einem Heißdampfrohr für i 3o at Druck und
51o° das Kernrohr aus warmfestem Sonderstahl 13 Cr Mo q:q. nach DIN
17 oo6 mit 171 mm Außendurchmesser und r2 mm Wandstärke ausgeführt. Auf dieses
Kernrohr werden drei Wickellagen aufgebracht aus Stahl i9 Mn 5 nach DIN 17 oo6 mit
8 mm starkem Band. Dabei können glatte oder profilierte oder verzahnte Bänder Verwendung
finden.
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Ein weiteres -Beispiel sei aus der Hochdrucktechnik gegeben.
Betriebsmittel sei Wasserstoff mit einigen Prozent Schwefelwasserstoff unter einem
Druck von 7oo at und einer Temperatur von 52o°. Das Kernrohr besteht aus Stahl 2
1 Cr V Mo W 12 nach DIN i7oo6 mit i5o mm Außendurchmesser und 25 mm Wandstärke.
Auf dieses Kernrohr werden drei Wickellagen aus Bandstahl 24 Cr Mo V 55 mit den
Abmessungen 8o X 8 mm, profiliert und verzahnt, aufgebracht. Dadurch wird gegenüber
der aus dem Schrifttum bekannten Versprödungsneigung des Kernrohres eine erhebliche
Sicherheit durch das größere Dehnungsvermögen der Wickellagen gegeben.
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Man kann - auch umgekehrt das Kernrohr aus Stahl mit hohem Dehnungsvermögen,
z. B. Stahl St 35 8 nach DIN i7öo6, herstellen und für
die Wickellagen
z. B. warmfesten Sonderstahl 13 Cr MO ,44 verwenden. Diese Ausführung hat den besonders
bei der Herstellung wichtigen Vorteil, für die Anfertigung des Kernrohres einen
gut zu beherrschenden Stahl verwenden zu können. Beim Betrieb verhindert das hohe
Dehnungsvermögen des Kernrohres auch bei einem möglichen Bruch eines oder mehrerer
Wickelbänder eine verformungslose, plötzliche Zerstörung des gesamten Hohlkörpers,
wobei die zu erwartende, im Lauf der Zeit eintretende starke Aufweitung sich alarmierend
bemerkbar macht.
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Ferner sei noch ein Beispiel für die Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens bei tiefen Temperaturen gegeben. Bei der Zerlegung des Koksofengases
nach dem Verfahren von Linde wird der Wasserstoff durch flüssigen Stickstoff gewaschen.
Der Stickstoff wird dabei z. B. auf ioo at verdichtet und mittels einer Ammoniakkälteanlage
auf -q.5° vorgekühlt. Für solche Arbeiten kann für das Kernrohr beispielsweise ein
handelsübliches Rohr aus St 37 verwendet werden. Bei diesem Stahl vermindert sich
bei tiefen Temperaturen das Dehnungsvermögen in erheblichem Maß, das er allerdings
bei Rückkehr auf normale Temperatur wieder zurückgewinnt. Dieses während des Betriebes
spröde Rohr wird mit Bändern aus Armco-Eisen, das im Werkstoff-Handbuch »Stahl und
Eisen« auf Blatt A io5 und O 8i beschrieben ist, umwickelt. DiesesArmco-Eisen, das
nur sehr wenig Legierungsbestandteile enthält, bleibt auch bei tiefen Temperaturen
dehnungsfähig. Rohre aus Armco-Eis-en herzustellen ist zwar an sieh durchaus möglich,
erfordert aber eine teuere Sonderanfertigung von Fall zu Fall jeweils in der benötigten
Abmessung, während Bänder aus Armco-Eisen in einer einzigen Abmessung für beliebige
Rohrdurchmesser und Abmessungen Verwendung finden können.
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Da bei Temperaturen über etwa 55o° je nach Höhe der mechanischen Korrosionsbeanspruchung
auf die Verwendung von austenitischen Sonderstählen übergegangen werden muß, die
gegen Temperaturzerrungen wegen Auftretens hoher Wärmespannungen, z. B. bei der
Inbetriebnahme mit Heißdampf, weit empfindlicher als ferritische Werkstoffe sind,
ist die Auflösung eines vollwandigen Hohlkörpers in einen gewickelten unter Ausnutzung
unterschiedlichen Dehnungsvermögens für Kernrohr und Wickelbänder auch im Hinblick
auf die unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit wesentlich. Insbesondere dann, wenn
der in einem Hohlkörper von innen nach außen vorhandene Temperaturabfall in den
äußeren Lagen die Verwendung von niedriger legierten Stählen mit einem der jeweiligen
Höchsttemperatur angepaßten Dehnungsvermögen gestattet. Dabei unterstützt die bekannte
isolierende Wirkung der zwischen den einzelnen Lagen verbleibenden Spalte und Zwischenräume,
die gegebenenfalls an beliebiger Stelle zwischen Kernrohr und äußerster Wickellage
mit isolierenden Werkstoffen, wie z. B. Asbestpapier, Glimmer, ausgefüllt sein können,
die abgestufte Auswahl des Stahles nach seinem Dehnungsvermögen.
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Beispielsweise sei für ein Heißdampfrohr bei 13o at Betriebsdruck
und 565° für das Kernrohr austenitischer Stahl mit den Abmessungen 171 mm Durchmesser
und i2 mm Wandstärke vorgesehen, während der Temperaturabfall auf unter 56o° für
die drei nächsten Wickellagen die Verwendung von 13 Cr Mo q.4-Stahl in den Abmessungen
5o X 5 mm erlaubt und die beiden äußeren Wickellagen aus -Stahl i9 Mn 5 hergestellt
werden können.