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Anwendung und Ausbildung eines Schneidwerkzeuges mit Hartmetallschneide
Die Erfindung betrifft eine neuartige Anwendung eines Schneidwerkzeuges mit einer
Hartmetallschnei:de, die unter einem negativen Spanw inkel abgefast ist, sowie eine
für diese Anwendung geeignete Ausbildung eines solchen Schneidwerkzeuges. Sie ist
aus dem Bestreben entstanden, die Standzeit dieser Schneidwerkzeuge zu verbessern
und damit den Verbrauch an Hartmetallplättchen entsprechend zu senken.
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Bevor auf den Stand der Technik und die Erfindung näher eingegangen
wird, werden - idie für das Verständnis notwendigen Begriffe an Hand der Fing. i
bis 3 der Zeichnung erläutert bzw. festgelegt. Fig. i veranschaulicht den Drehvorgang
schematisch. Der Drehstahl i .dreht von dem Werkstück 2 den Span 3 ab. Zwischen
seiner Schneidkante 4 unid dem Werkstück 2 tritt dabei,die Kraft 5 auf; senkrecht
.dazu steht die Drehgeschwindigkeit 6. Der Winkel zwischen ihr unddem Stahl i ist
der Freiwinkel a; die seinen einen Schenkel bildende Stahlfläche ist die Freifläche
7. Zwischen der Brust des Stahls i und -dem ablaufenden Span 3 wirkt die Kraft 8;
senkrecht dazu steht die Ablaufgeschwindigkeit 9 des Spans 3. Der Winkel, unter
dem die Stahlbrust gegen die Waagerechte io geneigt ist, heißt der Spanwin!kel y,
die Brustfläche des Stahls i die Spanfläche i i. Bei dem Spanwinkel
y
unterscheidet man zwischen positivem (-f-) und negativem (-). Positiv ist der Sparwinkel
y, wenn wie in Fig. i die Sparfläche i i von der Schneidkante 4 aus unterhalb der
Waagerechten verläuft. Der Sparwinkel y ist negativ, wenn wie in Fig. 2 die Sparfläche
i i oberhalb der durch die Schneidkante 4 gelegten Waagerechten io liegt. Der Winkel
zwischen Sparfläche i i und Freifläche 7 ist der Keilwinkel ß. a, ,B und
y ergeben stets zusammen 9o°: Der Winkel in Fig. 3, unter dem die Schneidkante
4 gegen fdie Umfangsfläche des Werkstücks :2 geneigt eingestellt wird, ist der Einstellwinkel
x. Von ihm und dem Vorschub s (der in mm je Umdrehung angegeben wird) ist die Spardicke
h abhängig; sie ist nämlich h=s - sin x. Bei, gebräuchlichen Werten von x zwischen
30 und 9o° 'schwankt daher,die Spardicke h ungefähr zwischen und s.
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Die Hartmetallwerkzeuge zeigen bekanntlich
bei der Bearbeitung von Werkstücken aus Eisen drei verschiedene Ver.schleißersdheinungen,
nämlich a),den Freiflächenverschleiß, b) den Kolkverschleiß und c) das Ausbröckeln.
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In .den perspektivischen Fig. 4 bis 6 der Zeichnung sind diese Erscheinungen
dargestellt. Der Freiflächenverschleiß a ist in Fig. 4 veranschaulicht. Die Schneidkante
4 wird in dem Bereich, der dauernd -mit dem Werkstück in Berührung ist, abgenutzt,
so. daß sie in diesem Bereich im Vergleich zur neuen, ge,striehelt eingezeichneten
Schneidkante 4, vom Werkstück aus gesehen, sich entfernt. Es bildet sich die in
Fig. 4 schraffiert dargestellte sogenannte Verschleißmarke 12, .deren Breite 13
dort :gleichfalls eingetragen ist. Der Druck 8 des ablaufenden Spans 3 (Feg. i)
auf die Spanfläche ii nutzt idiese ab und bewirkt den in Fig. 5 veranschaulichten
Kolkverschleiß b. Der dritte Grund für das Unbrauchbarwerden des Werkzeuges ist
das in Fig. 6 dargestellte Ausbröckeln c der Schneidkante 4.
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Der Freiflächenverschleiß a hängt von (der Drehgeschwindigkeit 6 (Feg.
i) und von der Kraft 5 ab. Der Kolkverschleiß b ist eine Funktion der Kraft 8 und
.der Ablaufgeschwindigkeit 9 ,des Spans 3. Das Ausbröckeln c schließlich, das die
unangenehmste Verschleißerscheinung darstellt, weil es zu plötzlich eintretenden
Brüchen des Hartmetallplättchens führen kann, hängt von noch nicht vollständig geklärten
Faktoren ab. Erkannt ist jedoch, .daß :es bei negativem Spanwinkel-y (Fi,g. 2) praktisch
nicht auftritt. Festgestellt wurde ferner, daß der Freiflächenverschleiß a mit größer
werdendem Sparwinkel y abnimmt, daß .dagegen der Kolkverschleiß-b mit kleiner werdendem
Sparwinkel y abnimmt (dabei ist ein Winkel y von -5° als kleiner als -o oder -I-
5° :angesehen und ein Winkel y von z. B. -25o kleiner als - 15 ader - 5°). Daß im
obigen Sinne kleine Sparwinkel von z. B. - 25`°, ,die Gefahr des Ausbröckelns c
herabsetzen, wurde schon oben erwähnt. Mit größer werdendem Sparwinkel y würde daher
zwar der Freiflädhenverschleiß a kleiner, dafür aber der Kolkverschleiß b und die
Gefahr des Ausbröckelns c größer. Umgekehrt würde edier Kolkverschleiß b und ,die
Gefahr .des Ausbröckelns c kleiner, wenn der Sparwinkel kleiner gemacht würde. Dann
müßte aber ein größerer Freiflächenverschleiß a in Kauf genommen werden.
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In ähnlicher Weise, wie bei einer Kette ihr schwächstes Glied. für
ihre Tragfähigkeit entscheidend ist, ist für die sogenannte Standzeit T eines Sdhneidwerkzeuges
diejenige Verschleißart entscheiidend, die am :schnellsten zur Unbrauchbarkeit führt.
Wenn jeweils nur eine der drei Verschleißarten a, b, c auftreten würde, ergäbe
sich für jede Verschleißart eine eigene Standzeit. Da die Verschleiß:arten a, b,
c jedoch in .der Praxis gleichzeitig auftreten, tritt nur die niedrigste in die
Erscheinung. Diese niedrigste Standzeit wird (daher gemeinhin als die Standzeit
des Werkzeuges bezeichnet. DieStandzeit T ist dabei dieZeit zwischen zwei Anschliffen,
während der das Werkzeug ununterbrochen gearbeitet 'hat. Eine Maßnahme, die einen
sehr geringen Freiflächenverschleiß a bewirkte, nutzte daher gar nichts, wenn sie
zwangsläufig einen hohen Kolkverschleiß b oder die erhöhte Gefahr des Ausbröckelns
c zur Folge hätte.
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Man hat schon vorgeschlagen, bei Werkzeugen mit positivem Sparwinkel
y die Schneidkante 4 mit einem Abziehstein abzuziehen, so daß gewissermaßen vor
der Spanflädhe i(i mit dem positiven Winkel y eine solche mit negativem Winkel-y'
entsteht. Die Breite der so gebildeten Fase betrug höchstens o,o5 mm. Das Abfasen
der Schneidkante hat zweifellos Verbesserungen .der Standzeit T gebracht. Es ist
jedoch nicht bekanntgeworden, ob und wie auf diesem Wege weitergegangen wurde. Bekanntgeworden
sind lediglich in England durchgeführte Versuche .darüber, wie -sich verschiedene
Faserschliffe auf die Verringerung der Schnittkräfte auswirken.
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Fig.7 zeigt die Abfasung eines Schneidwerkzeuges mit positivem Sparwinkel
-h y. Die Sparfläche i i schneidet die Waagerechte io an der Stelle 14. Die abigefaste
Fläche ist unter (dem negativen Sparwinkel - y' gegen die Waagerechte io geneigt
und bildet mit der Spanfläohe i i eine Gipfelkante 15, mit der Freifläche 7 die
Schneidkante 4. Die Entfernung der Gipfelkante 15 von der Schneidkante 4 ist die
Rasenbreite 16. Die Projektion 17 der Rasenbreite 16 auf die Waagerechte io schneidet
diese an den Stellen i8 und @i9.
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Versuche haben gezeigt, daß bei konstanter Spardicke der Freiflächenverschleiß
ca mit zunehmender Rasenbreite ,16 wächst. Die Fig. 8 bis io zeigen diese Verhältnisse
bei kleiner, mittlerer und großer Faserbreite 16. Die Fig. (i i bis 13 veranschaulichen
dazu den Einfluß des Kolkverschleißeis b. Man sieht aus dem Querschnitt von Fig.
1'i, .daß dieser Verschleiß b an der Stelle 2o einsetzt und sich in konzentrischen
Kreisbögen, tderen Mittelpunkte auf der durch die Stelle 2ö gehenden Mittelsenkrechten
21 zur ISpanfläche i i liegen, weiterentwickelt. Mit zunehmendem Kolkverschleiß
b wird der an der Schneide verbleibende Werkstoff so geschwächt, daß die Kraft 8,des
ablaufenden Spans ihn aibzubrec'hen
droht. Bei (der mittleren Faserbreite
16 von Fig. 12 setzt -der Kolkverschleiß etwa an der Gipfelkante 15 ein und vertieft
:sich unter gleichzeitigem Wandern in Richtung des Pfeiles x von der Schneide 4
weg. Die Kraft 8 des ablaufenden Spans beansprucht die Schneide `hier nicht ungünstig.
Bei der großen Faserbreite 16 von Fig. 13 beansprucht zwar die Kraft 8 den stehenbleibenden
Werkstoff an der Schneide nicht ungünstig, aber ,da-s Werkzeug erliegt vorzeitig
wegen des sehr hohen Freiflächenverschleißes a.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, herauszufinden, unter welchen
Bedingungen die geringste Standzeit T bei jeder der drei Verschleißarten
a, b und c möglichst groß wird. Sie knüpft an die Schneidwerkzeu@ge mit unter
negativem Spanwinkel abgefasster Hartmetallschneide an und besteht in erster Linie
in der Anwendung eines solchen Werkzeugs bei derartiger Albstimmung zwischen den
Bearbeitungsbedingungen (Schnittgeschwindigkeit, Vorschub, Spartiefe u. dgl.) und
der Faserbreite, diaß .der ablaufende Span auf die Gipfelkante ;i5 der Fase trifft.
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Versuche halben die Richtigkeit der erfindungsgemäßen Erkenntnis bestätigt.
Sie haben weiterhin zu der Feststellung geführt, daß zur Lösung der Erfindungsaufgabe
die Faserbreite 16 in ein bestimmtes Verhältnis zur Spardicke h treten muß. Der
Werkstoff des Werkstückes spielt zwar auch eine Rolle, beeinflußt aber das Ergebnis
nicht entscheidend, so daß er nicht besonders berücksichtigt zu werden braucht.
Günstigste Werte für die Standzeit T erhält man @mit einem für die geschilderte
Anwendung geeigneten Sdhneidwerkzeug, bei dem in weiterer Ausgestaltung der Erfindung
die Proj ektion 17 der Faserbreite t16 auf die Waagerechte io etwa .das Doppelte
bis Vierfache der senkrecht zur Schneid-kante 4 gemessenen Spardicke h ausmacht.
Da der Vorschub s und die Spardicke h durch die Bedingung h = s - sin
x miteinander verbunden sind, läßt sich die Lehre auch so ausdrücken, daß
die Projektion @i7 der Faserbreite 16 etwa .doppelt .so groß :gewählt werden muß
wie der Vorschub s, wenn der Einstellwinkel x = 6o° beträgt.
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Fig. 14 zeigt perspektivisch ein Ausführungsbeispiel eines Drehstahles
mit Hartmetallplatte, deren Schneide erfindungsgemäß geschliffen ist. Der neue Zustand
ist mit gestrichelten, der abgenutzte mit vollen Linien dargestellt. Die ,abgefaste
Fläche 22 ist unter einem negativen Spanwikel -y' gegen die Waagerechte io geneigt,
die anschließende Sparfläche i i unter positivem Winkel -h y. Die Winkelbeträge
y' und! y brauchen aber nicht gleich groß zu sein.
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Der negative Sparwinkel - y' schließt das Erliegen des Werkzeuges
durch Ausbröckeln c praktisch aus. Die Faserbreite 16, deren Projektion auf die
Waagerechte io etwa doppelt so ,groß wie der Vorschub s gewählt ist, ergibt etwa
gleiche Standzeiten T hinsichtlich des Freiflächenverschleißes a und des Kolkverschleißes
b. Die Fasen'breite 16 und der Werkstoff sind so aufeinander abgestimmt, daß der
Kolkverschleiß b auf der Gipfelkante 15 zwischen .der Fase 22 und der anschließenden
positiven Sparfläche i i einsetzt und nur geringfügig nach Breite und Tiefe wächst.
Kolkverschleiß b und Freiflächenverschleiß a sind bis zurr Ende der Standizeit T
durch d,1-n stehenbleibenden Schneiderwerkstoff 23 mit Sicherheit räumlich getrennt.
Die geringste Standzeit m-it Bezug auf jede der ,drei Verschleißarten
a, b und c ist damit erfindungsgemäß auf einen Höchstwert gebracht.
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Gemäß einem weiteren Gedanken der Erfindung werden Richtung und Form
.des uublaufenden Spans günstig beeinflußt, wenn die Verlängerungen der Längskanten
4, 1,5 der abgefasten Fläche 22 sich schneiden. Vorteilhaft läßt man die Längskanten
4, 15 in Richtung auf das Werkstück ein wenig auseinanderstreben (divergieren).
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Für die Erfindung spielt es übrigens keime Rolle, oh die Schneide
mit dem Stähl hart verlötet oder durch Klemmen mit ihm fest verbunden ist oder ob
das Hartmetall durch Auftragsschweißen auf den Stahl aufgebracht ist. Unter Hartmetall
sind nicht nur die im Handel unter dieser Bezeichnung erhältlichen Legierungen zu
verstehen, sondern alle Stoffe, z. B. keramische, die infolge ihrer besonderen Härte
sich in gleicher oder ähnlicher Weise verhalten. Wenn auch besonders an Drehstähle
gedacht ist, so ist die Erfindung doch :auf alle Arten von Schneidwerkzeugen, z.
B. auf Hobel-, Stoß-, Fräs- oder Räumwerkzeuge, sinngemäß anwendbar.