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Strahlungsmeßgerät mit Zählrohrschaltung
ObwohI sich bereits eine ganze
Reihe brauchbarer Instrumente zur Messung von Ultra- und Gammastrahlern verschiedener
Intensität in der Praxis bewährt hat, besteht immer noch das dringende Bedürfnis
nach einem Meßgerät ganz universeller Verwendbarkeitbei einfachster Handhabung.
Dieses Bedürfnis ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, daß jedes der bisher
üblichen Instrumente nur für einen ganz bestimmten und meist sehr eng begrenzten
Wellenlängen- oder Intensitätsbereich bestimmt ist. Außerdem haben sie den Nachteil,
daß Messungen z. B. von Röntgenstrahlen sehr geringer Intensität (Streustrahlen)
nur unter mehr oder weniger großen Schwierigkeiten durchgeführt werden können. Geräte,
die auf Ionisationsmessung beruhen, werden in diesem Falle schon recht unzuverlässig,
wenn nicht sehr große Ionisationskammern und hochempfindliche Meßinstrumente (Elektrometer)
sowie eine größere Meßzeit in Kauf genommen werden. Sofort anzeigende Meßinstrumente
für Gammastrahlen geringster Intensität (Io-2 bis IOg r), die zuverlässig arbeiten
und einfach zu handhaben sind, konnten bisher wegen der großen technischen Schwierigkeiten
noch nicht hergestellt werden. Zur Messung von Ultrastrahlen werden eigene Geräte
verwendet, die nach dem Prinzip der Elektronen- bzw. Quantenzählung arbeiten und
sich demnach naturgemäß nicht zur
Messung von Strahlen höherer Intensität
eignen.
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Der Anwendungsbereich dieser Meßmethoden ist also ebenfalls sehr beschränkt.
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Ein neues Meßgerät, das sich sowohl zur Quantenzählung bzw. Elektronenzählung
als auch zur direkten Intensitätsmessung von Gammastrahlen geringster bis höchster
Intensität im Wellenlängenbereich von der Grenzstrahlung bis zur Radiumstrahlung
eignet und die Strahlungsintensitäten trägheitslos anzeigt oder photographisch zu
registrieren gestattet, wird wohl den meisten der noch bestehenden Forderungen der
Praxis gleichzeitig gerecht werden. Ein solches Gerät stellt das erfindungsgemäße
Strahlungsmeßgerät mit Zählrohrschaltung dar.
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Gegenstand der Erfindung ist die Anwendung eines bekannten Zählrohres
in Verbindung mit einer ebenfalls bekannten Anordnung zur direkten Messung von Gammastrahlen
geringster bis höchster Intensität in Kombination mit einer bereits bekannten Vorrichtung
zur Impulszählung mittels Zählrohr zur Messung von Strahlen geringster Intensität
nach dem Prinzip der Quantenzählung, wobei jeweils dieselbe Verstärkeranordnung
verwendet wird.
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In der Abb. I ist das Arbeitsprinzip des erfindungsgemäßen Strahlungsmeßgerätes
schematisch dargestellt. Das Zählrohr ist in üblicher Weise mit dem Hochspannungserzeuger
verbunden; dieser liefert die für den Betrieb des Zählrohres notwendige Gleichspannung
von etwa I500 Volt. Die Zählrohrimpulse werden zur Vorverstärkung einer einzigen
Verstärkerstufe V1 zugeleitet. Die dadurch im Anodenkreis der ersten Röhre erzeugten
Stromschwankungen bewirken über den tJbertragerkondensator C1 Ladungsänderungen
am Gitter der Röhre der Verstärkerstufe V2. Um nun zu verhindern, daß jeder einzelne
Impuls als solcher weiter verstärkt wird und damit im Anodenkreis der zweiten Röhre
wieder nur mehr oder weniger rasch aufeinanderfolgende Stromstöße auftreten, ist
an Gitter und Kathode der Röhre in der gezeichneten Weise ein Kondensator C2 geschaltet,
der sich über die W;derstände W1 und W2 entLaden kann.
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Letzterer gilt zugleich als Gitterableitwiderstand.
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Die Zeitkonstante dieser Anordnung soll etwa To-4 4 Sekunden betragen.
Diese Schaltung von Zählrohr, Elektronenröhre, Kondensator und Widerstand bewirkt,
daß der Kondensator C2 von den mehr oder weniger rasch aufeiiianderfolgetfden ver
stärkten Zählrohrimpulsen aufgeladen wird, bis sein Potential bei einer bestimmten
Impulsiahl pro Zeiteinheit infolge der dauernden Entladung über Fl und W2. konstant
geworden ist. Diese Einstdr lung geht jedoch in einer Zeit vor sich, die geringer
ist als die Konstante des Systems. Auf Grund elementarer physikalischer Gesetze
ist das Potential des Kondensators C2 direkt propsortional der Zahl der Zählrohrimpulse
pro Zeiteinheit. Diese Zahl ist jedoch wiederum eine lineareFunktion der Strahlenintensität,
d.h. wird mit der Röhre des Verstärkers V2 im linearen Teil derzRöhrenkennlinie
gearbeitet, so sind die Anderungen des Anoden stromes direkt proportional der auf
das Zählrohr fallenden Strahlenintensität. Dies hat sich, wie später noch eingehender
gezeigt werden soll, auf Grund sorgfältiger Untersuchungen als Tatsache erwiesen.
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Die Änderungen des Anodenstromes betragen z. B. bei Verwendung der
beiden Röhrentypen Asc 2 undAL4 I bis 4 mA. Sie können bequem mit einem Drehspul-Zeiger-Galvanometer
in Kompensationsschaltung (Komp), bestehend aus Batterie und Widerstand (s. Zeichnung),
gemessen werden. Da die Stromänderungen verhältnismäßig groß sind, kann ein ziemlich
robustes, aber dennoch genaues Präzisionsinstrument verwendet werden. Der Meßbereich
desselben wird mittels Widerstand W4 wahlweise eingestellt. Die Anordnung hat den
Vorzug, daß die Messungen auch direkt mittels eines Spiegelgalvanometers oder 5
chleifenoszillographen photographisch festgehalten werden können. Die entsprechenden
Registrierinstrumente sind einfach statt des Zeigergalvanometers an das Gerät anzuschließen
(Zeichnung!).
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Die Handhabung des Gerätes ist denkbar einfach.
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Nach Einschaltung der Röhrenheizung und der Anodenspannung wird durch
Verändern der Gittera!orspannung mittels Ws der Anodenstrom auf den Arbeitswert
(etwa 8 mA bei AL4), der am Milliamperemeter mA abgelesen werden kann, eingestellt.
Der Anodenstrom wird dann mit Hilfe der Kompensationseinrichtung (Komp) kompensiert,
bis das Galvanometer stromlos ist. Die bei den Strahlenmessungen auftretenden Anodenstromerhöhungen
werden dann am Galvanometer nach entsprechender Empfindlichkeitseinstellung desselben,
W4, in Skalenteilen abgelesen.
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Es ist für die Erfindung als solche belanglos, wie im Einzelfall
die Impulse auf den Kondensator übertragen werden oder wie das Potential desselben
gemessen wird. Die vorgeschlagene Anordnung zeigt eine Möglichkeit der praktischen
Durchführing. Das eine Prinzip der Meßmethode ist die direkte oder indirekte Übertragung
der Zählrohrimpulse auf einen Kondensator, der über einen entsprechenden Widerstand
mit genügend kleiner Zeitkonstante entladen wird, wobei das Potential des Kondensators
auf irgendeine Weise als Maß für die das Zählrohr treffende Strahlenintensität verwendet
wird.
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Die andere Einrichtung des Strahlungsmeßgerätes für Zählrohrbetrieb
ist die Kdnibiation der oben geschilderten Schaltung mit einer bereits eingeführten
und bekannten Einrichtung zur Impulszählung. Ist der zeitliche Abstand zwischen
den einzelnen Zählrohrimpulsen so groß, daß aer Kondensator bis zum nächstfolgenden~
seine Ladung bereits wieder verloren hat, so treten die Impulse als Stromschwankungen
im.;~nodenlireis von V2 einzeln auf und können auf eine bekannte Art registriert~
(z.B. mittels Schleifenoszillographen statt Galvanometer) oder gezählt werden. Durch
Schließen des Schalters S wird eine mit dem mechag nischen Feinrelais R in Reihe
geschaltete Neonglimmröhre G in Betrieb gesetzt. Solange der
Anodenstrom
die Höhe des Arbeitsweftes besitzt, findet eine Dauerentladung in der Glimmröhre
statt, und der Anker des Relais bleibt angezogen. Die durch jeden Impuls bewirkte
Stromerhöhung im Anodenkreis bringt für die Dauer derselben die elimmröhre zum Erlöschen,
der Anker von R fällt solange in den Ruhestand und betätigt einen Kontakt, der z.
B. zum Betrieb eines elektrischen Zählwerkes verwendet werden kann. Diese sAnordnung,
die auch auf beliebig andere bekannte Weise ausgeführt werden kann, gestattet die
Registrierung geringster Gammastrahlenmengen, der Höhen- und Erdstrahlung usw. Sie
bietet vor allem auch eine bequeme Einstellung der Zählrohrspannung und eine ständige
Kontrollmöglichkeit bei Messung mit integrierender Anzeige durch die einfache Umschaltung
auf Impulszählung.
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Um die Intensitätsproportionalität der Galvanometerausschläge bei
der Messung von Strahlen höherer Intensität experimentell zu beweisen, wurde versucht,
durch fortschreitende Filterung einer 70-kV-Röntgenstrahlung mit Aluminium den Schwächungskoeffizienten
dieses Elementes zu messen. Bei jeder Erhöhung der Filterschichtdicke wurde die
Strahlenintensität mit dem erfindungsgemäßen Strahlungsmeßgerät bestimmt.
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Abb. 2 zeigt die graphische Darstellung der Meßergebnisse, die nur
eine ganz geringe Streuung aufweisen. Aus der Neigung der Geraden errechnet sich
der Schwächungskoeffizient zu 0,235 cm.
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Nach Messungen von Allen (nach Landolt-B ö rn stei n) beträgt er so,238
cm.
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Die Abb. 3 stellt das Ergebnis desselben Versuches bei einer 9o4:V-Röntgenstrahlung
und Kupferfilterung dar. Gemäß der Natur des Kupfers ergibt sich hier eine gekrümmte
Kurve; die Tangenten T, und T2 geben die Schwächungskoeffizienten für die mittlere
und die maximale Wellenlänge an:
Tangente und kV Strahlungs- | Allen (Landolt- |
meßgerät | Börnstein) |
Cu: T1 wo kr 0,672 0,630 |
T2 0,3I2 o,295 |
andere Messungen: |
Cu: T1 70kV i,i8 1,14 |
T2 70kV 0,48 0,51 |
Al: T1 go kV o,I88 o,I88 |
Wie ersichtlich, stimmen die Meßergebnisse, die mit dem Strahlungsmeßgerät erhalten
wurden, recht genau mit den Werten aus der Literatur überein, die ja auch nicht
als absolut anzunehmen sind. Die angeführten Beispiele, die nur einen kleinen Teil
der mit dem neuen Gerät durchgeführten Messungen darstellen, zeigen eindeutig die
völlige Intensitätsproportionalität derGalvanometerausschläge. Gleichzeitig weisen
sie auf eine der vielen praktischen ETerwendungsmöglichkeiten hin. Die angeführten
Messungen wurden in kürzester Zeit, je etwa 3 bis 5 Minuten, durchgeführt, wobei
zur Erhöhung der Genauigkeit bei jeder etwa 40 einzelne Intensitätsbestimmungen
ausgeführt wurden. Da bei einer Filterdicke von 3 mm Cu auch eine go-kV-Strahlung
bereits sehr erheblich geschwächt ist, hätten diese Messungen mit anderen Methoden
nur mit erheblichem Zeitaufwand und unter Schwierigkeiten durchgeführt werden können.
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Statt die jeweiligen Intensitätswerte am Galvanometer abzulesen,
kann man sie auch mit einem Spiegelgalvanometer oder mit einem beliebigen anderen
Schreibgerät direkt registrieren. Auf diese Weise ist-es möglich, selbst kleinste
Röntgenintensitäten und deren zeitliche oder örtliche Variationen unmittelbar zu
erfassen. Gerade bei Untersuchungen im Bereich kleiner Röntgenintensitäten bewährt
sich die Kombination von Zähl- und Integrieranordnung zu einer Meßeinheit ganz besonders.
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Aus den wenigen angeführten Beispielen ist zu ersehen, daß das erfindungsgemäße
Strahlungsmeßgerät für Zählrohrbetrieb die gestellten Anforderungen voll erfüllt
und wegen seiner Uberlegenheit anderen Methoden gegenüber äußerst vielseitig verwendbar
ist. Neben der direkten Messung von Ultra-, Radium- und Röntgenstrahlen wird es
sich in der Dosimetrie, Röntgenspektroskopie, Streustrahlen-, Sekun därstrahlen-
und Strahlenschutzmessung mit Erfolg verwenden lassen und nebenbei auch noch die
Möglichkeit zur Messung von Alpha-und Betastrahlen und anderer Korpuskularstrahlen
geben, olme daß am Gerät Veränderungen, abgesehen von unter Umständen notwendigen
Anderungen der Zählrohrbetriebsspannung, vorgenommen werden müssen. Da die Einzelteile
des Strahlungsmeßgerätes für Zählrohrbetrieb (Hochspannungserzeuger, Verstärker,
Zählrohr, Meßinstrument) gegen robuste Behandlung nicht empfindlich sind und das
Gerät bequemerweise für Netzanschluß gebaut sowie in den Abmessungen verhältnismäßig
klein gehalten werden kann, dürfte es sich auch aus diesen Gründen, abgesehen von
seinen anderen Vorzügen, wie einfachste Handhabung, als ein Gerät der Praxis gut
bewähren. Betriebsstörungen treten bei dem<Gerätwegen seines einfachen und übersichtlichen
Aufbaues sowie wegen des Fehlens empfindlicher Einzelteile kaum auf. Es können mit
dem Gerät ferner nicht nur relative Messungen, sondern auch Absolutbestimmungen
durchgeführt werden, wenn immer ein bestimmter Anodenstrombetriebswert des Verstärkers
V2 auf schon geschilderte Weise eingestellt und das Gerät dann mit einem der jiblichen
Radiumstandardpräparate geeicht wird.
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Endlich ist noch zu bemerken, daß das Arbeiten mit dem Zählrohr gegenüber
den Ionisationsmessungen auch insofern äußerst bequem ist, als Temperatur- und Luftdruckänderungen
nicht berücksichtigt zu werden brauchen. Das Zählrohr arbeitet praktisch wellenlängenunabhängig,
und störende Wandwirkungseffekte, wie sie die Ionisationsmessungen zum Teil erheblich
erschweren, treten nicht auf. Außerdem kann zu Messungen selbst geringster Strahlenintensitäten
auch von sehr harten Strahlen ein recht kleines Zählrohr verwendet werden, da für
dile Messung nur notwendig ist, daß die Quanten das Zählrohr durchwandern,
ohne
daß dabei auf ihrem Weg durch das Zählrohr ihre ganze Energie an Photoelektronen
abgegeben werden müßte, wie dies bei Ionisationskammern zu fordern ist.
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Das Zählrohr muß keinesfalls ganz den Strahlen ausgesetzt werden,
sondern ein Längsschlitz in dem umhüllenden Bleipanzer von 0,I bis 1 mm Breite und
weniger genügt, um einwandfreie Messungen zu erzielen. Diese Tatsache ist dann von
besonderem Vorteil, wenn Messungen an räumlich eng begrenzten oder genau definierten
Stellen gemacht, also z. B. in der Röntgenspektroskopie die Lage und Intensität
der Linien bestimmt werden sollen.
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Gerade diese Anwendungsmöglichkeit des Strahlen; meßgerätes wird wegen
seiner ausgesprochenen Eignung dazu von besonderer Bedeutung sein. Ein einfaches
Abtasten des Spektralbereiches mit dem Zählrohr im längs geschlitzten Panzer unter
gleichzeitigem Registrieren der Anodenstromänderungen ergibt in kürzester Zeit (in
wenigen Minuten) den kontinuierlichen Verlauf der Strahlenintensität im ganzen Spektralbereich
mit der Lage und der Intensität aller Linien. Eine derartig umfassende Messung in
solch kurzer Zeit kann mit keiner der bisherigen Methoden durchgeführt werden.