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Abscheidung leicht kondensierbarer Stoffe aus Fernleitungs-Brenngasen
mittels Tiefkühlung In Brenngasen, die zum Zwecke der Fernleitung auf höheren Druck
gebracht werden, sind infolge der Verdichtung und der anschließenden üblichen Ableitung
der Verdichtungswärme durch mittelbare Kühlung mit Rückkühl- und Frischwasser beim
Eintritt in das Fernleitungsnetz Stoffe, insbesondere Wasser und Naphthalin, im
dampfförmig gesättigten Zustand enthalten:. Während der Fernleitung der Gase wird
dann bei gleichbleibendem Druck jede Abkühlung ein Unterschreiten derTaupunkte und
eine Kondensation dieser Stoffe herbeiführen. Bei Druckabnahme in der Fernleitung
kann eine entsprechende Abkühlung ebenfalls zum Unterschreiten der Taupunkte führen,
Zwar kann das ausgeschiedene Wasser an sich aus den an den Ferngasleitungen vorgesehenen
Wassertöpfen von Zeit zu Zeit entfernt werden; da aber die Wasserkondensate aus
dem Gas Schwefel- und Zyanverbindungen, Sauerstoff und Kohlensäure aufnehmen, so
entstehen Lösungen, die zu Korrosionen der Stahlleitungen führen können. Die Eigenschaft
des Naphthalins, sich an den kältesten Stellern der Leitung kristallinisch abzuscheiden,
führt zur Verengung, unter Umständen zur völligen Sperrung der Rohrquerschnitte.
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Das älteste Mittel zur Beseitigung der Naphthalinstörungen ist die
Belassung von Naphthalinlösungsmitteln im Gas oder die Beladung des Gases mit solchen
Lösungsmitteln, die dann zusammen mit dem gelösten Naphthalin längs der Leitung
als Kondensat abgezogen werden. Dieses Verfahren ist sehr kostspielig und bei der
Knappheit an Teerölen und anderen Naphthalinlösungsmitteln nicht zu vertreten.
Man
hat daher vielfach zur Entfernung des Naphthalins das bereits komprimierte Gas einer
Wäsche mit einem Naphthalinlösungsmittel, z. B. einem Teeröl oder einem hydrierten
Naphthalnn, unterzogen.; auch hierbei aber wird ein demDampfdruck entsprechender
Anteil des Waschmittels vom Ferngas mitgeführt. Zur Ausscheidung des Wassers behandelte
man das Gas mit hygroskopischen Stoffen, wie Calcumchlarvd: Als wirtschaftlicher
hat es sich in manchen Fällen erwiesen, das bereits gereinigte Gas nach der Kompression,
einer sogenannten Tiefkühlung zu unterwerfen. worunter msan in diesem Falle eine
Kühlung bis dicht über den Gefrierpunkt des Wassers versteht. Dabei werden Naphthalin
und Wasser so weitgehend abgeschieden, daß ein Auskondensieren dieser Stoffe längs
der im allgemeinen auf höherer Temperatur befindlichen und - unter einem niedrigeren
als dem Anfangsdruck stehenden Leitung nicht mehr zu befürchten ist. Zur Kühlung
des komprimierten Gases auf Temperaturen von -f- 5'°' C und tiefer verwendete man
Kälteanlagen,. die entweder nach dem Kompressions- oder nach dem Absorptionsverfahren
arbeiten, in der Einrichtung nicht billig sind, einer besonderen Wartung bedürfen
und im übrigen ein im Kokereibetrieb etwas fremdartiges Element darstellen.
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Die Aufgabe, um die es sich handelt, besteht darin, aus Gasen, aus
denen die Wertrstoffgewinnung, sei es unter gewöhnlichem, sei es unter erhöhtem
Druck, bereits abgeschlossen, also insbesondere der Teer und; das Benzol in dem
durch die Wirtschaftlichkeit gegebenen Maße bereits -gewonnen wurde, diejenigen
verhältnismäßig geringen Mengen wertloser oder wertarmer Stoffe, insbesondere Wässer
und Naphthalin, abzuscheiden, die im Fernleitungsnetz Störungen. verursachen können,
ohne daß aus der Gewinnung dieser Stoffe nennenswerte Erträge zu erwarten sind.
Es handelt sich also um ein Reinigungs-, nicht um ein. Wertstoffgewinnungsverfahren;
die Kosten dieses Verfahrens bedeuten eine reine Belastung des Ferngaspreises. -Gemäß
der Erfindung wird nun bei Brenngasen, die zur Fernleitung unter höherem Druck bestimmt
sind, die Tiefkühlung in dem vorhin genannten Sinne, d. h. die Abkühlung nur bis
dicht über den Gefrierpunkt des Wassers zum Zwecke der Ausscheidung der leicht kondensierbaren
Stoffe, insbesondere des Wassers und Naphthalins, in dier Weise durchgeführt, daß
die Gase auf einen höheren als den Fernleitungsdruck gebracht, alsdann auf dem üblichen
Wege durch mittelbare Kühlung mit Rückkühl- und Frischwasser von der Verdichtungswärme
befreit und unter Arbeitsleistung derart auf den Fernleitungsdruck entspannt werden,
daß der Gefrierpunkt des Waissers nicht unterschritten wird; der Betriebsdruck,
auf den die Gase über den Fernleitungsdruck hinaus verdichtet werden, wird gerade
so groß bemessen, daß bei der nachfolgenden adiabatischen oder polytropen Ausdehnung
die gewünschte Tieftemperätur erreicht wird. Die bei der Expansion, des Gases geleistete
Arbeit kann zur Stromerzeugung oder zu anderen Zwecken ausgenutzt, insbesondere
kann sie durch kraftschlüssige Kupplung,der Expansionsmaschine mit dem Kompxessor
unmittelbarandiesenzurückgegebenwerden, wobei durch Wärmeaustausch zwischen dem
expan.-dierten .und idem noch zu expandierenden Gas das Expansionsverhältnis sbzw.
der zur Durchführung des Verfahrens erforderliche zusätzliche Energieaufwand am
Gasverdichter erheblich herabgesetzt wird.
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Die Anwendung dieses Wärmeaustausches ist auch (deshalb! geboten,
weil das Gas in. die Ferngasleitung nicht mit Temperaturen eingespeist werden soll,
die unter der Leitungs-, d. h. der Erdreichtemperatur liegen, damit Aufwärmung dieses
Gases und gegebenenfalls Abkühlung anderer ihm in der Fernleitung zugemischten gesättigten
Gasse unld damit Kondensatausfall vermieden wird.
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Da im Falle der Kupplung Expansionsmaschine und Kompressor synchron
laufen, erübrigt sich bei Schwankungen der Gasmenge ein Nachregeln des Expansionsverhältnisses,
das 'tim übrigen- durch Füllungsregelung an der Expansionsmaschine veränderlichen
Betriebsbedingungen angepaßt werden kann. Diese Füllungsregelung wiederum kann gemäß
der weiteren Erfindung mittels eines automatischen Reglers erfolgen, der seine Impulse
von der Temperatur des. entspannten Gases erhält.
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Eine Reinigung, gegebenenfalls auch eine Wertstoffgewinnung, der 'bereits
unterdem Fernleitungsdruck oder einem noch darüber liegenden Druck befindlichen
Gase durch physikalische Lösungsmittel für die -auszuwaschenden Stoffe oder durch
Stoffe, die mit den Gä.sbestandteilen chemisch reagieren, vorzunehmen, ist bereits
bekannt; es wurde auch erkannt, daß infolge der größeren Dichte des Gases die physikalischen
und chemischen Prozesse wirksamer verlaufen und in kleineren Apparaturen durchgeführt
werden können. Auch das Auskondensieren von Stoffen aus Gasen durch Entspannen derselben
ist ein geläufiges Verfahren. Man hat es bei unter normalem Druck stehenden Brenngasen
schon zur Gewinnung .des darin enthaltenen Benzols an2uwend,en versucht, in der
Weise, daß die Gase auf einen -Überdruck von etwa 3 bis 6 atü gebracht, alsdann
zunächst auf Außentemperatur gekühlt und schließlich wieder auf Normaldruck entspannt
werden. Vor der Entspannung ist dabei ein Wärmeaustausch mit dem bereits entspannten
Gas vorgesehen, und die bei der Entspannung gewonnene Arbeit soll unmittelbar zur
vorherigen Verdichtung des Gases herangezogen werden, indem Kompressor und Kompressionsmaschine
gekuppelt werden. Lassen sich die Gefahren einer Leitungsverstopfung bei einem.
solchen Verfahren schon nur durch Einführung von Benzollösungsmitteln, wie Toluol,
in die Kühlstufen und durch periodisches Abschalten und Auftauen -der Wärmeaustawscher
vermeiden, so erwies sich dieses Verfahren bei der Gewinnung des Benzols den üblichen
Waschverfahren gegenüber als wirtschaftlich bei weitem deswegen unterlegen, weil
infolge des niedrigen Dampfdruckes des Benzols sehr tiefe Endtemperaturen und die
genannten
hohem Absolutdrücke (es handelt sich um Kompressionsverhältnisse
von 4 bis 7) verwendet werden mußten, die hohe Anlagen- und Betriebskosten bedingen.
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Demgegenüber ist daran zu erinnern, daß die Kosten der Kompression
auch auf höheren Verdichtungsstufen bei sonst gleicher Verdichtungsart nur von .dem
Kompressionsverhältnis abhängig sind, und es ist festzustellen, daß die für den
vorliegenden Zweck erforderliche Druckerhöhung in vielen Fällen noch nicht die Hälfte
des sowieso aufzuwendenden. Fernleitungsdruckes beträgt. Es ergibt sich, daß unter
Berücksichtigung der in der Expansionsmaschine wiedergewonnenen Leistung bei einem
Verhältnis Betriebsdruck : Ferngasdruck von 1,4: 1,0 bei Fernleitungsdrücken von
io bis -;i ata die theoretische effektive Kompressormehrleistung bei etwa 4% derjenigen
Kompres,s-orle-i:stung liegt; die zur Verdichtung auf Fernleitungsdruck erforderlich
ist.
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Die Durchführung der Erfindung erfolgt in einfachster Weise so, daß
.bei 2- oder 3stufiger Gasverdichtung die Expansionsmaschine als weitere Stufe in
das Kompressortriehwerk eingebaut wird. In diesem Falle sind außer den an sich erforderlichen
Kühlern und Wärmeaustauschern überhaupt keine betriebsfremden oder eine besondere
Wartung benötigenden Aggregate in der Ferngaszentrale vorhanden.
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In der Zeichnung ist schematisch die Kompression mit zugehöriger Tiefkühlung
dargestellt. Das durch die Leitung i zur Ferngaszentrale gelangende Brenngas wird
in einem in der Regel mehrstufigen, mit Zwischenkühlung versehenen Kompressor 2
auf den Betriebsdruck verdichtet und im Kühler 3 mittels rückgekühlten Wassers von
der Verdichtungswärme der letzten Stufe befreit. Nach Passieren des Kondensatabscheiders
4 erfolgt gegebenenfalls eine Kühlung mit Frischwasser im Kühler 5, dem ein weiterer
Konde@nsatabscheider 6 nachgeschaltet ist. Nunmehr durchströmt das Gas zwecks weiterer
Kühlung den Wärmeaustauscher 7 mit nachgeschaltetem Konden@satabschender 8, um dann
in der Expansionsmaschine 9 auf die angestrebte Tiefsttemperatur gebracht zu werden.
Dias expandierte Gas wird im Abscheider io vom Kondensat befreit, nimmt im Wärmeaustauscher
7 einen Teil der fühlbaren Wärme des noch zu expandierenden Gases auf und tritt
bei ii in das Fernleitungsnetz ein.
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Kann z. B. bis zum Kondensatabscheiider 6 eine Kühlung des Gases nur
auf 3,5'°'C erreicht werden und wird eine Tiefsttemperatur des Gases von 5° C angestrebt,
so muß durch das Tiefkühlverfahren `ineTemperaturerniedrigung von 30°C = etlva io%
der absoluten Anfangstemperatur herbeigeführt werden. Wird angenommen, daß im Wärmeaustauscher
7 das zu expandierende Gas durch das expandierte Gas, auf 2o° C gekühlt werden kann,
so muß in der Expansionsmaschine noch um 15° C = etwa 5 0/0 der absoluten Anfangstemperatur
gekühlt werden. Dazu ist theoretisch und bei adiabatischer Entspannung ein Druckverhältnis
von 1,2 erforderlich. Ist z. B. der Fernleitungsdruck io ata; so muß das Gas von
12 auf io ata expandieren. Um statt auf io ata Fernleitungsdruck auf 12 ata Be triebsdruck
zu komprimieren, ist theoretisch eine um 9% höhere Verdichtungsleistung erforderlich,
von der bei der Expansion etwa 77'/o wiedergewonnen werden können, so daß zur Durchführung
ds Verfahrens insgesamt nur 2% der Verdichtungsleistung auf Fernleitungsdruck zusätzlich
erforderlich sind.
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iooms des bei ioata und 315`°°C in das FernleitungsnetzeintretendenGasesenthaltennoch396og
Wasser und 1409 Naphthalin. Bei einer durch das erfindungsgemäße Verfahren erreichbaren
- Tiefkühlung auf -I- 5'" C kann die gleiche Gasmenge nur noch enthalten 68o g ;Wasser
und 7,4 g Naphthalin, so daß etwa 83 %, des Wassers und etwa 95 % des Naphthalins
entfernt worden sind.
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Die Erkenntnis, daß mit so geringem Kraftverbrauch und ohne Verwendung
betriebsfremder Apparaturen und Betriebsstoffe eine Ausscheidung der zur Kondensation
neigenden Bestandteile aus dem Ferngas möglich ist, ist zweifellos überraschend.
Es muß darauf hingewiesen -,verdien, daß die erfindungsgemäß bewirkte Kühlung und
Kondensation der kondensierbaren Bestandteile grundsätzlich ariderer Art ist als
die :bisher übliche, durch eine Wand hindurch mittelbar herbeigeführte.. Diese letztere
geschieht nur in Grenzschichten, nämlich an der von der anderen Seite gekühlten
Wand. Durch Turbulenz der Gasströmung und den damit verbundenen Wärme- und Stoffaustausch
muß man die Abkühlung der gesamten Gasmasse erzwingen. Erfindungsgemäß wird aber
die Gaskühlung durch eine innere Zustandsänderung erzwungen, an der alle Gasbestandteile
gleichartig, gleichzeitig und gleichmäßig teilnehmen, so daß die Kondensation des
Wasserdampfes und die Kristallisation des Naphthalins in allerkleinsten Teilchen
und, in vollkommen homogener Durchmischung erfolgt, wobei wiederum die Naphthälinkristalle
als Kerne der Wasserdampfkondensation wirken. In der Expansionsmaschine können keinerlei
feste Ablagerungen entstehen, und die in dem der Expansionsstufe nachgeschalteten
Kbndensatabscheider anfallenden Kondensate stellen eine außerordentlich stabile
Emulsion dar, die mühelos aus dem Abscheider abgeleitet werden kann. Angesichts
der allerfeinsten Verteilung der Kondensate im Gas bedarf allerdings der Abscheider
einer besonders sorgfältigen Ausbildung, um die Kondensate restlos aus dem Gas niederzuschlagen.
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Die in der Gasmasse allerfeinst verteilten Kondensate müssen sogar
eine Absorptionswirkung gegenüber .anderen dampfförmigen Gasbestandteilen haben,
denn einerseits wird Naphthalin mit dem erfindungsgemäßen Verfahren schon bei Kühlung
auf Temperaturen, die erheblich über seinen Taupunkten liegen, z. B. bei Kühlung
auf 8° C und be-i einem Druck von io atü, @so vollständig entfernt, daß es durch
die übliche Methode der Bestimmung von Naphthalin im Gas mittels Pikrinsäure nicht
mehr nachgewiesen werden kann, und andererseits enthalten
die im
Abscheider nach der Ekpansionsstufe anfallenden Kondensate erhebliche ölmengen,
die zum großen Teil aus Benzolkohlenwasserstoffen bestehen, deren Taupunkte weit
unter d°' C liegen. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet also die Möglichkeit der
vollständigen Entfernung des Naphthalins aus Ferngas durch Kühlung auf höher als
5° C liegende Temperaturen. Die Kühlung auf etwa 5"'C wird nur notwendig, wenn gleichzeitig
ein Wasserdampftaupunkt .in dieser Temperaturhöhe gefordert wird.