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Elektrisches Viskosimeter für beliebige Flüssigkeiten Die Zähigkeit
ist eine stoffliche Eigenschaft, die insbesondere zur Charakterisierung des Verhaltens
von Flüssigkeiten herangezogen wird. Bei komplizierteren Systemen, wie Emulsionen,
Suspensionen, Lösungen u. dgl., ist die Zähigkeit oftmals die einzige MeBgröl3e,
die zur Beurteilung des Stoffes dienen kann. Bei den hohen Ansprüchen, die heutzutage
an die Fertigprodukte gestellt werden, ist es unerläßlich, die Produktion laufend
zu überwachen, damit bei Abweichungen vom normalen Wert regelnd eingegriffen werden
kann. So gewinnt in der Lack-, 01-, Papier- und Kunststoffindustrie, überhaupt in
der gesamten chemischen Industrie die Messung der Zähigkeit immer größere Bedeutung.
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Viele Flüssigkeiten zeigen ein normales Zähigkeitsverhalten, sogenannte
Newtonsche Flüssigkeiten, d. h. der Quotient aus Schubspannung T und Geschwindigkeitsgefälle
quer zur Strömungsrichdv tung dn ist eine Konstante, die Zähigkeit oder der Koeffizient
der inneren Reibung,
# dv oder # = , wenn D = bedeutet.
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D dn häufig zeigen aber Flüssigkeiten keinen normalen Verlauf; dann
ist der Quotient aus Schubspannung und Geschwindigkeitsgefälle nicht mehr konstant,
sondern von der Schubspannung bzw. dem Ge-
schwindigkeitsgefälle
abhängig. Man spricht in diesem Fall von Strukturviskosität. Für solche nicht Newtonschen
Stoffe genügt daher nicht die Messung bei einer einzigen Fließgeschwindigkeit, sondern
es sind die zusammengehörigen Werte von Schubspannung und Fließgeschwinldigkeit
aufzunehmen, welche die Fließkurve ergeben. Alle SIessungen müssen daher darauf
hinauslaufen, die Funktion F (#, D) zu ermitteln. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll,
einmal die Schubspannung # als abhängige und das Geschwindigkeitsgefälle D als unahhängige
Größe aufzufassen und zum anderen Male umgekehrt vorzugehen.
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Mathematisch bedeutet das die Ermittlung der Funktionen t = f (D)
und D = g (t).
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Älanchmal zeigen kompliziertere Flüssigkeitssysteme die Phänomene
der sogenannten Thixotropie und Dilatanz. Das bedeutet dann noch eine Abhängigkeit
der Zähigkeit von der Vorgeschichte, so daß in diesem Fall auch zeitliche Änderungen
der Viskosität berücksichtigt werden müssen.
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Zur Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten ist eine Reihe von Viskosimetern
bekanntgeworden.
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Ein wichtiger Typus ist das Rotationsviskosimeter, welches theoretische
und praktische Vorzüge gegenüber anderen Viskosimetern aufweist. Ein äußerer Hohlzylinder,
der die Meßflüssigkeit enthält, wird zur Rotation gebracht (Antriebskörper) und
das auf den inneren Zylinder (Folgekörper) infolge der Zähigkeit übertragene Drehmoment
ermittelt, z. B. aus der Torsion des Fadens, an dem der kleinere Zylinder aufgehängt
ist. Für Rotationsviskosimeter werden die Schubspannung # aus dem Drehmoment und
das Geschwindigkeitsgefälle D aus derRelativgeschwindi.gkeit n der Rotation der
Meßflächen ermittelt; es wird also eine Funktion G (M, n) bestimmt.
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Man hat diese einfachen Viskosimeter technisch dadurch verbessert,
daß man den inneren Drehkörper umlaufen läßt, so daß das äußere Gefäß in Ruhe bleibt
und daher leichter thermostasiert werden kann. Auch die Drehmomentmessung ist in
verschiedener Weise abgeändert worden. Trotzdem sind die meisten dieser Geräte modernen
An forderungen hinsichtlich Meßbereich, Thermostasierung, Registrierung u. dgl.
nicht gewachsen und erlaubten vor allem weder selbsttätige Messung noch ltegelung
der Zähigkeit im Fal>rikationsprozeß oder Steuerung eines von der Zähigkeit abhängigen
Vorgangs.
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Die Erfindung betrifft ein Viskosimeter, das für laufende automatische
Messung, Fernanzeige, Registrierung und Regelung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
in internationalen Einheiten geeignet ist.
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Das Gerät kann ferner sowohl bei einmaliger Füllung als auch in kontinuierlichem
Durchströmungsprozeß verwendet werden. Geringer Flüssigkeitsbedarf, gute Reinigungsmöglichkeit
und hervorragende Thermostasierbarkeit sind Zusatzleistungen. Man erreicht alle
diese Vorteile durch Umwandlung der Zähigkeit, die ursprünglich eine mechanischeNeßgröße
ist, in eine elektrische. Dabei werden unter Abwandlung l)elallnter Elemente die
beiden folgenden Meßprinzipien aufgestellt.
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I. Zugrundelegung der Funktion T = f (D) Das bei der Bewegung, z.
13. Rotation, der einen Viskosimeterfläche (.\ntriel)skörper) infolge der Zähigkeit
der Meßflüssigkeit an der anderen Viskosimeterfläche (Folgekörper) erzeugte mechanische
Drehmoment (Koppelmoment wird unter Verwendung praktisch trägheitsfreier Steueranordnungen
automatisch vollständig kompensiert, so daß der Folgekörper in Ruhe bleibt. Im einzelnen
besteht die Steueranordnung aus einem I)rehspul- oder einem magnetischen Momentengeber,
welcher durch eine lichtelektrisch gesteuerte Anordnung l>etätigt wird. Für größere
Momente kann eine lichtelektrisch gesteuerte Elektronen oder Ionenröhrenanordnung
benutzt werden. Selten dem photoelektrischen Abgriff kommen auch kapazitive oder
induktive Methoden in Frage.
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Es sind bereits Viskosimeter bekanntgeworden, die auf den Folgekörper
ein Gegenmoment einwirken lassen, dessen Größe aller von Hand eingestellt wird.
zeigen der dazu l)enötigten Zeit können mit solchen Geräten rasch wechselnde Zähigkeiten
nicht l)estimmt werden; auch scheidet hierbei die selbsttätige Registrierung aus.
Alan hat auch Verfahren erdacht, l)ei denen durch Wirbelstromeinwirkung eines Systems,
welches in umgekehrter Richtung wie der Antriebskörper rotiert, auf den Folgekörper
das zähigkeitsabhängige Drehmoment teilsweise oder ganz kompensiert wird.
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Selbst wenn diese Anordnung etwa durch einen vom Folgekörper letätigten
Widerstandsgeber selbsttätig arbeitend gemacht wird, ist man wegen der hohen Trägheit
des rotierenden Gegenmomentenerzeugers nicht in der Lage, schnelle Änderungen der
Zähigkeit zu verfolgen und muß noch den Nachteil in Kauf nehmen, daß Widerstandsabgriffe
Reibungsverluste aufweisen und die Charakteristik von Wierbelstromelementen nicht
linear ist.
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Das wesentliche Merkmal der Erfindung ist, daß durch Verwendung eines
trägheitslosen Abgriffsystems in Verl>indung mit ruhenden elektrischen oder magnetischen
Momentenerzeugern das Gegenmoment praktisch sofort in voller 1 lölle vorhanden ist,
so- daß jede Änderung der Zähigkeit unmittel-I)ar eine Änderung des das Gegenmoment
erzeugenden Stromes l>ewirkt. l)ieser ist der Zähigkeit direkt proportional.
Man hat auf diese Weise eine mechanische Nteßgröße automatisch in die einfachste
elektrische Meßgröße umgewandelt und gewinnt dadurch alle Vorteile der hohen Anpassungsfähigkeit
elektrischer Messungen, wie Fernanzeige, Registrierung mit den bekannten elektrischen
Schreiben, Regelung und Steuerung von Produktionsprozessen u. dgl.
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Das Meßprinzil) soll am Beispiel einer Gerätekonstruktion erläutert
werden (Abb. 1).
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In einem gut thermostasierten Gefäß, welches die Meßflüssigkeit Fl
enthielt. l)efinden sich zwei konzentrische Zylinder / und Z2. I)ie Flüssigkeit
kann
auch in dauerndem Zu- und Abfluß A, B durch das Gerät hindurchströmen. Die äußere
Zylinderfläche Z1 wird mit konstanter Geschwindigkeit von außen angetrieben. Durch
Variation der Antriebsdrehzahl läßt sich die Fließkurve in sehr großem Bereich aufnehmen.
Auf die innere Zylinderfläche Z2 wird infolge der Zähigkeit der Flüssigkeit ein
Drehmoment ausgeübt. Diesem Drehmoment wird durch ein elektrisch erzeugtes Gegenmoment
das Gleichgewicht gehalten, so daß der Zylinder Z2 in Ruhe bleibt. Die Erzeugung
des Gegenmomentes geschieht durch einen magnetischen oder elektrischen LIomentengeher.lI,
wobei die automatische Einstellung trägheitslos durch eine lichtelektrische Zelle
P mit Verstärker V oder für größere Momente durch ein photozellengesteuertes Thyratron
erfolgt.
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Das von der Lichtquelle Lq kommende Licht wird über einen Spiegel
Sp auf die Photozelle umgelenkt.
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Durch Verwendung eines astatischen Magnetsystems a wird der Einfluß
des erdmagnetischen Feldes ausgeschaltet. Die Größe des Stromes J durch die SpuleS
ist ein Maß für die Zähigkeit.
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Ein einfaches Dämpfungsglied D, bestehend aus einer Widerstands-Kondensator-Kombination
R, C, verhindert eine Selbsterregung des Systems. Die innere Zylinderfläche Z2 wird
zweckmäßigerweise durch die äußere Fläche eines Hohlzylinders mit geringer Wandstärke
gehildet, so daß das Trägheitsmoment klein bleibt. Daher können auch schnelle zeitliche
Änderungen der Zähigkeit, wie sie bei manchen Substanzen vorkommen, sauber gemessen
werden. Gerade in dieser Hinsicht ist das hier beschriebene Gerät allen bisherigen
überlegen, da Viskositätsänderungen unter Zuhilfenahme eines Registriergeräts unmittelbar
aufgeschrieben werden können, so daß sul>jektive Fehler vermieden werden.
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Um das Gerät auch für höhere Temperaturen (einige hundert Grad) verwenden
zu können, ist dafür zu sorgen, daß die Wärmeabgabe in mäßigen Grenzen gehalten
wird (Abb. 2). Durch einen haubenförmigen Deckel H, der das Spulensystem S und das
ol,ere Lager b trägt, erreicht man in Verbindung: mit dem gekapseltell astatischen
Magnetsystem a einen guten Al)scl1luR des Geräts nach oben. Leitbleche c im Thermostasiergefäß
Th sorgen für gute lXespülullg mit der Thermostatenflüssigkeit, die l>ei tl ein-
und l>ei e austritt. Der innere Zylinder Z ist unten in dem Lager f gelagert;
der äußere Zylinder Z1 dreht sich in der Lagerplatte g, angetrieloen über das Zahnrad
lt. Für kontinuierlichen DurchfluR der Meßflüssigkeit sind die Anschlußstutzen k,
l vorgesehen.
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An Stelle der prinzipiell möglichen Steuerung der Photozelle ül)er
einen auf der Achse sitzenden Spiegel ist eiiie einfache Lichtschleuse Ls getreten,
die durch den mit zwei Stutzen versehenen Schutzzylinder des astatischen Systems
gel>ildet wird. Das Licht einer im Kaum festen Quelle tritt bei m ein und verleimt,
je nach der Drehung der Lichtschleuse, diese bei >i mehr oder weniger geschwächt,
um auf die Photozelle zu treffen. Nian begegnet auf diese Weise der Gefahr der leichten
Zerstörl>arkeit des Spiegels durch mechanische Berührung oder Hitzeeinwirkung.
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2. Zugrundelegung der Funktion D = g (1).
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In Abwandlung des Meßprinzips nach I. kommt bei der zweiten Methode
überhaupt nur eine einzige bewegte Meßfläche zur Anwendung. Durch Induktion nach
dem Ferrarisprinzip wird auf den frei rotierenden Teil ein bestimmtes, jedoch verschieden
einstellbares Drehmoment ausgeübt. Die Meßflüssigkeit, die zwischen der rotierenden
und der festen Meßfläche steht, übt ein von der Zähigkeit abhängiges Bremsmoment
(Koppelmoment) aus.
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Es sind Methoden bekannt, nach denen auf einen drehbaren Rotationskörper
ein Drehmoment ausgeübt wird, etwa dadurch, daß ein fallender Gewicht über einen
Seilzug angreift. Die Zähigkeit wird hierbei aus der Fallzeit des Gewichtes ermittelt.
Der Nachteil solcher Anordnungen ist die zeitliche Begrenzung der Momenteinwirkung,
so daß laufende Messungen nicht möglich sind.
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Das Charakteristische des neuen Meßprinzips besteht darin, daß ohne
Mitwirkung bewegter Teile von einem feststehenden Triebsystem dauernd ein konstantes
Antriebsmoment auf den rotierenden Körper ausgeübt wird, dessen Rotationsgeschwindigkeit-
ein Maß für die Zähigkeit ist. Die Messung erfolgt leistungslos etwa durch Abtasten
einer mitrotierenden Lochscheibe mittels Photozelle.
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Auch hier soll am Beispiel eines ausgeführten Geräts das Meßprinzip
erläutert werden (Abb. 3).
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In ein gut thermostasiertes, doppelwandiges, zylindrisches Gefäß
(Eintritt der Thermostatenflüssigkeit bei d, Austritt bei e), dessen innere Wandung
die eine Meßfläche Z1 des Viskosimeters darstellt, ragt 'koaxial von oben ein frei
drehbarer Zylinder Z2 hinein, dessen Mantel die zweite Meßfläche bildet. Im Spalt
zwischen den Flächen steht die Meßflüssigkeit Fl. Der innere Zylinder muß leicht
drehbar gelagert sein, damit der Reibungseinfluß gering wird. Durch Verwendung besonderer
Lageranordnungen kann die Reibung sehr klein gehalten werden. Beispielsweise setzen
sogenannte Schwinglager L, bei denen die Lagerschale periodisch hin und her bewegt
wird, die Anfangsreibung auf nahezu Null herab. Auch eine magnetische Auflängung
oder Lagerung kann mit Vorteil verwendet werden.
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Auf den Zylinder Z2 wird durch Induktionswirkung ein bestimmtes Drehmoment
übertragen.
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Dies geschieht dadurch, daß auf der Achse des inneren Zylinders eine
Metallscheibe U (Aluminium, Kupfer) angebracht ist, die nach Art der bekannten Wirkverbrauch-Ferraris-Zähler
T angetrieben wird. Bei dieser Antriebsart wird die Stromzuführung zu beweglichen
Teilen des Geräts vermieden. Die Störanfälligkeit wird hierdurch verringert, Bedienung
und Reinigung werden erleichtert. lie sich einstellende Rotationsgeschwindigkeit
des Zylinders Z2 ist ein Maß für die Zähigkeit. Ihre Messung kann entweder direkt
mit der Stoppuhr oder durch elektrische Mittel erfolgen, heispielsweise durch Abtasten
einer auf der Achse
sitzenden Lochscheibe Z mittels eines von der
Lichtquellen, kommenden Lichtstrahlsy und Photozelle P. Auch hier kann im kontinuierlichen
Zu-und Abfluß k, I der Flüssigkeit dieZähigkeit laufend registiert und die elektrische
Meßgröße für Fernanzeige, Regel- und Steuerzwecke verwendet werden.
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PATENTANSPROCHE: I. Viskosimeter mit zwei in Relativdrehung befindlichen
Meßflächen unter Benutzung des zwischen diesen bestehenden Koppelmomentes und der
Relativbewegung als Meßgrößen, dadurch gekenrzeidinet, daß dem durch konstante Rotation
des Antriebskörpers am Folgekörper infolge der Zähigkeit der Meßflüssigkeit auftretenden
mechanischen Drehmoment durch ein rein elektrisch erzeugtes Gegenmomentohne Mitwirkung
bewegter Massen das Gleichgewicht gehalten wird, wobei die Einstellung voll automatisch
üher einen praktisch trägheitslosen Abgriff (photoelektrisdhen Abgriff, kapazitiven
oder induktiven Abgriff) erfolgt, so daß ein der Zähigkeit proportionaler, das Gegenmoment
erzeugender Strom unmittelbar für Messung, Fernanzeige oder selbsttätige Registrierung
der Zähigkeit und sogar für Regelzwecke verwendet werden kann.