-
Verfahren und Einrichtung zum elektrischen Erhitzen, flüssiger Lebensmittel
Man hat vorgeschlagen, flüssige Lebensmittel, wie Fruchtsäfte, Bier, Milch usw.,
die zur Vernichtung schädlicher Keime einem Pasteurisierungsprozeß unterzogen werden
müssen, statt, wie bisher üblich, mit Dampf oder Warmwasser zweckmäßiger mit Hilfe
elektrischer Energie zu erhitzen. Insbesondere sollten dadurch die umfangreichen,
teuren und oft schlecht ausgenutzten Kesselanlagen erspart werden.
-
Verschiedene derartige Lösungen sind auch schon praktisch versucht
worden, ohne daß sich eine derselben in nennenswertem Maße eingeführt hat. Man hat
beispielsweise mit Hilfe üblicher Elektrowarmwasserbereiter erst heißes Wasser erzeugt
und dieses zur Erhitzung der Flüssigkeit in üblichen Platten- oder Röhrenerhitzern
verwendet. Dieses Verfahren ist eine unbefriedigende Notlösung und hat einen schlechten
Wirkungsgrad. Man hat ferner versucht, die Heizfläche von Platten- oder Röhrenerhitzern,
die sich an die üblichen Konstruktionen anlehnten, durch elektrischen Strom zu erhitzen,
den man z. B. induktiv in den Heizflächen erzeugte, und dann die Wärme durch Wärmeübergang
auf die Flüssigkeit zu übertragen. Auch dieses Verfahren konnte sich nicht durchsetzen,
da es einerseits ebenfalls einen begrenzten Wirkungsgrad hat, andererseits mit den
bekannten Nachteilen dieser Erhitzer, dem beschränkten Wärmeübergang an der Berührungsfläche
der Flüssigkeit mit der Heizfläche und dem dort entstehenden Temperatursprung, behaftet
ist.
-
Schließlich wurden auch Konstruktionen vorgegeschlagen, bei denen
elektrischer Strom unmittelbar durch die einen Widerstand bildende Flüssigkeit geleitet
wurde
und sie auf diese Weise erhitzte. Insbesondere ist dieses Verfahren für Fruchtsäfte
benutzt worden, ohne sich jedoch endgültig durchzusetzen. Der Grund hierfür lag
einmal darin, daß die vorgeschlagenen Apparate, die mehr für Haushalt und Kleinbetrieb
gedacht waren, nicht ohne weiteres den Vorteil eines Wärmeaustausches zwischen ablaufender
erhitzter und zulaufender kalter . Flüssigkeit ausnutzen konnten, so daß ein hoher
Aufwand an teurer elektrischer Energie das Verfahren unwirtschaftlich machte. Noch
empfindlicher war ein anderer Nachteil dieser Konstruktionen: Der elektrische Widerstand
aller in Frage kommender Flüssigkeiten ist stark temperaturabhängig. je höher die
Temperatur ist, um so kleiner wird der Widerstand. Nun ist es auch bei noch so sorgfältiger
Konstruktion eines sclchen Apparates nicht möglich, ihn so zu bauen, daß der elektrische
Strom den gesamten Flüssigkeitsquerschnitt völlig gleichmäßig durchdringt. Es gibt
immer bevorzugte Strombahnen, in denen eine etwas größere Stromdichte herrscht als
im übrigen Querschnitt. In diesen bevorzugten Strombahnen steigt die Flüssigkeitstemperatur
schneller an als in der übrigen Flüssigkeit, was zur Folge hat, daß der Widerstand
in der bevorzugten Strombahn noch weiter sinkt und die Stromdichte sich noch mehr
erhöht. Durch diese Labilität wird die Erhitzung der Flüssigkeit ungleichmäßig.
Wenn nach der Erhitzung die Flüssigkeitstemperatur z. B. 85' betragen soll, so müssen
notwendigerweise Teile der Flüssigkeit auf z. T. erheblich über 85° erwärmt werden.
Dies kann für die meisten flüssigen Nahrungsmittel ein erheblicher Nachteil sein,
denn eine Überhitzung kann eine Geschmacksverschlechterung und Schädigung von Nähr-
und Wirkstoffen zur Folge haben.
-
Zur Erläuterung ist nachstehend eine Tabelle wiedergegeben, in der
der gemessene spezifische Widerstand von Milch angegeben ist, die von 17° auf 88°
erwärmt wurde:
Temperatur °C . ..... . . . 17 2I 33 42 53 5915
70,8 '@I 80 88 |
Spezifischer Widerstand |
Ohm cm/cm$........... I55 I46 I25,3 113,4 ; I00 93,5
85 777 72,1. |
Von 17° bis 88° sinkt der spezifische Widerstand um über 53°/0. Diese Schwierigkeiten
werden erfindungsgemäß dadurch auf einfache Weise vermieden, daß man die zu erhitzende
Flüssigkeit durch einem langgestreckten Kanal verhältnismäßig engen Querschnitts
mit so großer Geschwindigkeit strömen läßt, daß in diesem Kanal eine htichturbulente
Strömung entsteht. An dem Kanal sind Elektroden angebracht, mit deren Hilfe Wechselstrom
durch die turbulent strömende Flüssigkeit geleitet wird. Dadurch wird erreicht,
daß die bevorzugten Strombahnen infolge der raschen intensiven Mischvorgänge sofort
wieder aufgelöst werden, selbst wenn die geometrische Form des Kanals und der Elektroden
derart ist, daß nicht überall dieselbe Stromdichte herrscht.
-
Für die Stärke der turbulenten Mischbewegung gibt die Rey-noldzahl
Re ein Maß. Sie errechnet sich für kreisrunde Rohrleitungen zu
wobei w die Strömungsgeschwindigkeit in cm /sek, d der Rohrdurchmesser in Zentimeter,
v die kinematische Zähigkeit der Flüssigkeit in Stock ist.
-
Die Grenze für Turbulenz liegt bei etwa 25oo = Re, d. h. bei Verhältnissen,
bei denen Re diesen Grenzwert übersteigt, ist mit Turbulenz zu rechnen. Es empfiehlt
sich, die Verhältnisse so zu wählen, daß Re größer als 5ooo wird.
-
Man kann dem Erfindungsgedanken verschiedene konstruktive Formen geben.
Beispielsweise kann man nach Fig. I (Querschnitt) derfi Erhitzungskanal kreisrunde
Form geben, indem man ihn aus einem Rohr I aus elektrisch isolierendem Material
herstellt, in dem z. B. zwei einander gegenüberliegende Elektroden 2 und 3 angeordnet
sind, die an Wechselspannung gelegt werden., Man kann auch drei um 12o° versetzte
Elektroden verwenden, die an den drei Phasen eines Wechselstromnetzes liegen.
-
Eine andere Lösung zeigt Fig. 2 (Querschnitt). Der Kanal wird hier
von zwei isolierenden Seitenwänden 4 und 5 und zwei Elektroden 6 und 7 gebildet.
Die Elektroden werden beispielsweise wiederum an das normale Wechselstromnetz angeschlossen,
entweder zwischen zwei Phasen oder zwischen einer Phase und dem Nulleiter.
-
Um alle drei Phasen möglichst gleichmäßig zu belasten, kann, wie Fig.3
andeutet, die einen Längsschnitt eines Kanals ähnlich Fig. 2 darstellt, die eine
Elektrode der Länge nach in drei Teile R, S, T unterteilt werden, die mit den drei
Phasen verbunden sind, während die Gegenelektrode 0 am Sternpunkt des Netzes liegt.
-
Man kann) auch nach Fig. 4 (Querschnitt) den Kanal mit dem Querschnitt
eines regelmäßigen Sechsecks ausführen und die drei Elektroden R, S und T um I20°
gegeneinander versetzt anordnen. Während man bei den bisher bekannten Konstruktionen
dafür Sorge tragen mußte, daß die Stromdichte in der Flüssigkeit verhältnismäßig
klein blieb, um Überhitzungen zu vermeiden, ist es bei der erfindungsgemäßen Ausführung
mit turbulenter Flüssigkeitsführung möglich, sehr hohe Strombelastungen zuzulassen
und somit sehr kleine und billige Erhitzer zu bauen. Um beispielsweise 3001 Milch
je Stunde mit einer normalen Wechselspannung von 220 V um 25° zu erwärmen, wie es
in der Praxis bei Hocherhitzung üblich ist (die Milch wird im Wärmeaustauscher auf
6o° vorgewärmt und im Erhitzer auf 85° erhitzt), genügt ein Kanal mit quadratischem
Querschnitt von 8 X 8 mm und eine gesamte Elektrodenlänge von nur etwa 15 cm.
-
Die Reynoldzahl beträgt hierbei, nach der Formel für kreisförmigen
Querschnitt berechnet, Re = 17300 (w = 130 cm/sek; d = o,8 cm;
v = o,oo6 St). Die
Strömung ist also hochturbulent. Die eine
Elektrode wird man hierbei zweckmäßig in drei Längen von je 5 cm aufteilen und an
die drei Phasen legen, während die andere, allen drei Teilelektroden gemeinsame
gegenüberliegende Gegenelektrode mit dem Nulleiter verbunden wird.
-
Diese überraschend einfache und wenig Aufwand benötigende Erhitzeranordnung
kann in eleganter Weise mit den in der Praxis der Süßmostereien, Molkereien, Brauereien
usw. bewährten Plattenapparaten kombiniert werden, indem z. B. der Erhitzerkanal
in ein plattenförmiges Konstruktionselement eingebaut wird, das mit dem Wärmeaustausch-und
gegebenenfalls auch mit dem Heißhalteteil des Plattenapparates zu einer Einheit
kombiniert wird. Fig. 5 gibt z. B. eine solche Konstruktion einer elektrischen Erhitzerplatte
in der Draufsicht wieder, Fig. 6 im Querschnitt. Sie besteht aus einer Platte 8
aus elektrisch isolierendem Material, z. B. Keramik. Die Flüssigkeit strömt aus
dem Vorwärmerteil des Plattenapparates durch die Öffnung 9 ein, durchströmt den
Erhitzerkanal io mit drei Elektroden ii, 12 und 13, die an die drei Netzphasen angeschlossen
sind, während die genullte Gegenelektrode durch die in Fig. 6 zu erkennende Platte
15 gebildet wird. Nach der Erhitzung verläßt die Flüssigkeit den Erhitzerteil durch
die Öffnung 1.1 und gelangt von dieser wieder in den Wärmeaustauscher, gegebenenfalls
nach Durchströmen eines Heißhalteteils.
-
Statt der kreisrunden Ausführung der Erhitzerplatte kann auch eine
rechteckige (oder beliebig andere) Form derselben gewählt werden, wie sie insbesondere
bei Apparaten großer Stundenleistung auch bei den Pasteuren bisheriger Bauart üblich
ist. Bei großer Stundenleistung kann man entsprechend Fig. 7 die Flüssigkeit durch
mehrere parallele Erhitzungskanäle strömen lassen. Die hochturbulente Strömung in
den Kanälen hat einen gewissen, in allen parallel liegenden Kanälen gleich großen
Druckabfall der Flüssigkeit zur Folge, so daß die einzelnen Teilströme praktisch
gleich groß sind und keine unterschiedliche Wärmezunahme in den einzelnen Kanälen
eintritt. In Fig. 7 ist ein Beispiel mit vier Teilströmen 16, 17, i8 und i9 gezeichnet,
die aus einem gemeinsamen Einlauf 20 gespeist werden und die erhitzte Flüssigkeit
in einen gemeinsamen Auslauf 21 abgeben.
-
Die gekrümmte Führung des Kanals io der Fig. 5 hat allerdings gegenüber
der geraden Führung der Kanäle 16 bis ig der Fig. 7 einen grundsätzlichen Vorteil.
Eine genaue strömungstechnische Untersuchung ergibt nämlich, daß bei geraden Kanälen
unmittelbar an den Wandungen eine, wenn auch dünne laminare Randstörmung entstehen
kann, auch wenn im Innern des Kanals hohe Turbulenz herrscht. Diese am Rand laminar
strömenden Flüssigkeitsteile mischen sich kaum mit den im Kern turbulent strömenden
Teilen, so daß trotz der Turbulenz eine Überhitzung der Randzone denkbar ist, um
so mehr, als die Strömungsgeschwindigkeit im laminaren Randgebiet im Mittel niedriger
ist als im turbulenten Kerngebiet. Durch eine Krümmung des Erhitzerkanals ähnlich
Fig. 15 wird nun eine Sekundärströmung erzeugt, die die Flüssigkeit der laminaren
Randschicht mit der des turbulenten Kerns rasch und innig vermischt, so daß letzten
Endes das gesamte Volumen an dem intensiven Mischvorgang teilnimmt. Man kann .diese
erwünschte Sekundärströmung natürlich bei jeder beliebigen erfindungsgemäßen konstruktiven
Ausführung der Erhitzerkanäle dadurch erzielen, daß man die Kanäle nicht geradlinig,
sondern gebogen führt. So kann man auch den Kanälen der Fig. 7 eine gebogene Form,
z. B. die Form eines Kreisbogens oder einer Wellenlinie geben.
-
Die Erfindung bedeutet gegenüber allen bisher bekannten Pasteuren
für flüssige Nahrungs- und Genußmittel einen enormen Fortschritt, denn sie ermöglicht
es, solche Flüssigkeiten mit sehr kleinen und billigen Apparaten, die sich zwanglos
an vorhandene Konstruktionen von Wärmeaustauschern und Heißhaltern anpassen lassen,
mit Hilfe elektrischer Energie bei einem Wirkungsgrad von nahezu ioo°/o ' zu erhitzen,
so daß die Erhitzungskosten selbst in Großbetrieben mit Kesselhäusern und selbst
unter Berücksichtigung der-heute in Deutschland meist noch hohen Strompreise niedriger
werden als bei den bisherigen Erhitzungsverfahren: Besonders eindeutig aber. sind
die Vorteile des neuen Apparates in mittleren und kleinen Betrieben, kleinen Süßmostereien,
kleinen Meiereien, Milchküchen auf Gütern usw., wo die Aufstellung und Bedienung
einer Kesselanlage, abgesehen von sonstigen Schwierigkeiten, die Festlegung eines
schlecht ausgenutzten Kapitals bedeutet, da solche Betriebe oft nur kurze jährliche
Betriebszeit aufweisen.
-
Zu diesem wirtschaftlichen kommt noch ein besonderer technischer Vorteil
der Erfindung. Die Erhitzung durch den Durchgang elektrischen Stroms durch eine
hochturbulent strömende Flüssigkeit schafft insofern ideale Verhältnisse, als keine
Wärmestauung, keinerlei Temperatursprung an Heizflächen usw. auftritt, daß vielmehr
in bisher kaum denkbar kurzer Zeit (im obigen Beispiel für einen Erhitzer für 300
1 Stundenleistung befindet sich die Flüssigkeit nur o,ii5 Sek. im Erhitzer) die
Flüssigkeit völlig gleichmäßig erwärmt wird. Die Flüssigkeit wird daher viel mehr
geschont als bei allen bekannten Erhitzerkonstruktionen, insbesondere, wenn man
sie durch entsprechende hochturbulente Kühler wieder ebenso schnell unter eine kritische
Grenze abkühlt. Es ist daher möglich, mit diesen Apparaten Flüssigkeitstemperaturen
zu erreichen und ohne Schaden zuzulassen, die die bisher beim Pasteurisieren üblichen
erheblich übersteigen (eventuell über ioo°), und dadurch die Keime sicherer und
vollständiger zu töten, -als es bisher möglich war.