DE69819346T2 - Verfahren zum messen der eigenschaften von polymerfasern - Google Patents

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Description

  • Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Messung eines oder mehrerer Strukturparameter oder mechanischer Eigenschaften von Polymerfasern oder zur Bestimmung ihrer Farbstoffaufnahme.
  • Beim Spinnen von Polymerfasern aus einer Polymerschmelze oder aus einer Lösung wird die Schmelze oder die Lösung durch eine Spinndüse gepresst. Dann werden die gebildeten Fasern abgekühlt und/oder gewaschen und optional gestreckt, um Fasern oder ein Garn mit Eigenschaften zu erzeugen, welche die Fasern für textile oder technische Anwendungen besonders geeignet machen. Beispiele für verschiedene Spinnverfahren finden sich z. B. in Fundamentals of Fibre Formation (The science of Fibre Spinning and Drawing), A. Ziabicki, Wiley Interscience Publication, London, 1976, oder in Synthesefasern (Grundlagen, Technologie, Verarbeitung und Anwendung), B. von Falkai, Verlag Chemie, Weinheim, 1981.
  • Nach Beendigung des Spinnprozesses werden die gebildeten Fasern aufgewickelt oder auf andere Weise aufgenommen und die mechanischen Eigenschaften und Strukturparameter der Fasern gemessen.
  • Die Messung der Fasereigenschaften findet nach fest vorgegebenen Verfahren unter den Bedingungen einer sorgfältig kontrollierten Temperatur und Luftfeuchte statt, damit die Ergebnisse verschiedener Messungen miteinander verglichen werden können. Im Allgemeinen werden solche Messungen in einem speziell dafür ausgestatteten Labor durchgeführt. Deshalb kann man das Ergebnis dieser Messungen nicht während des Spinnprozesses selbst verwenden, z. B. um Fasern mit besonderen Eigenschaften wie etwa einer bestimmten Bruchfestigkeit oder Bruchdehnung oder einem bestimmten Schrumpfungsgrad bzw. aufgrund ihrer Eignung für die Farbstoffaufnahme auszuwählen.
  • Ein bekanntes und seit langem verwendetes Verfahren zur Ermittlung der Farbstoffaufnahme von Textilfasern besteht in der Anwendung eines Vergleichstests, bei dem die unterschiedliche Aufnahme eines Standardfarbstoffs durch verschiedene Faserproben bestimmt wird. Hierzu wird aus kleinen Garnstücken verschiedener Proben ein Schlauch gewirkt. Dann wird der Schlauch unter kritischen Bedingungen mit einem für das Material kritischen Farbstoff angefärbt, d. h. die Kontaktzeit des gewirkten Schlauchs mit der Flüssigkeit, in der der Farbstoff gelöst ist, ist zu kurz, um eine vollständige Sättigung des Schlauchs mit dem Farbstoff oder eine vollständige Farbstoffaufnahme aus dem Bad zu bewirken. Außerdem werden bei einem solchen Test Farbstoffe verwendet, die von dem betreffenden Fasermaterial nur langsam aufgenommen werden, und die Bestimmung wird bei einer relativ niedrigen Temperatur durchgeführt. Die Farbstoffaufnahme wird dann visuell bewertet, indem man angibt, ob die Farbstoffaufnahme einer Garnprobe besser, schlechter oder gleich gut ist wie bei einer benachbarten Garnprobe.
  • Dieses bekannte Verfahren weist die folgenden großen Nachteile auf:
    • – die erhaltenen Ergebnisse sind relativ
    • – die Ermittlung hängt von der Person ab, welche den Test durchführt
    • – das Verfahren ist komplex und zeit-/arbeitsaufwendig
    • – nur verhältnismäßig starke Unterschiede in der Farbstoffaufnahme können sichtbar gemacht werden.
  • Zwar kann man die bei dieser Bestimmung vorhandenen subjektiven Einflüsse durch Verwendung fotometrischer Geräte (z. B. eines HunterLab-Spektrometers) beseitigen, allerdings zeigt sich in diesem Fall, dass sich die Wirkstruktur des Schlauchs stark auf die Bestimmung auswirkt.
  • Demzufolge besteht ein dringender Bedarf an einem Verfahren, durch das die mechanischen und/oder strukturellen Eigenschaften der gebildeten Fasern während des Spinnprozesses oder kurz danach ermittelt werden können, sowie an einem Verfahren zur schnellen und einfachen Ermittlung der Farbstoffaufnahme von Textilfasern, das einen absoluten Vergleich zwischen den Faserproben ermöglicht.
  • Das Verfahren gemäß der Erfindung stellt einen Prozess zur Verfügung, der den oben erwähnten Anforderungen genügt.
  • Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Messung eines oder mehrerer Strukturparameter oder mechanischer Eigenschaften von Polymerfasern oder zur Ermittlung ihrer Farbstoffaufnahme, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
    • a) Erstellen eines Modells durch Ausführen einer Anzahl von aus dem Gebiet der Chemometrik bekannten Behandlungsschritten an einer Gruppe von Raman-Spektren von Fasermaterialien, deren Farbstoffaufnahme und mechanische oder strukturelle Eigenschaften bekannt sind, und die dieselbe chemische Zusammensetzung wie die zu untersuchenden Fasern aufweisen,
    • b) Messen eines Raman-Spektrums der zu untersuchenden Fasern durch Bestrahlen der Fasern mit hochintensivem monochromatischem Licht, Auffangen des gestreuten Lichtes und Weiterleiten desselben zu einem lichtempfindlichen Sensor,
    • c) Bearbeiten des in Schritt b) gemessenen Spektrums, und
    • d) Anwenden des in Schritt a) erstellten Modells auf das in Schritt c) erhaltene bearbeitete Spektrum, um einen Wert für die entsprechenden Strukturparameter oder mechanischen Eigenschaften der zu untersuchenden Fasern zu erhalten oder deren Farbstoffaufnahme zu ermitteln.
  • In der vorliegenden Patentanmeldung bezieht sich der Begriff „Fasern" auf Stapelfasern, Kurzfasern und Filamente sowie auf Garne (eine Kombination von Filamenten).
  • Das Verfahren gemäß der Erfindung ist von der Form des vorliegenden Fasermaterials unabhängig. Dadurch ist es möglich, den/die Strukturparameter und/oder die mechanische(n) Eigenschaften) zu messen und die Farbstoffaufnahme einer Gruppe von Kurzfasern sowie Stapelfasern aus nichttransparentem sowie mattem Fasermaterial und von Fasermaterial zu ermitteln, welches aufgewickelt oder weiter verarbeitet wurde. Es spielt keine Rolle, ob die Fasern Bestandteil eines Gewebes oder eines Vlieses sind.
  • Die einzige vom vorliegenden Fasermaterial zu erfüllende Bedingung besteht darin, dass es in ausreichender Menge vorliegen muss, damit anhand des Streulichts auf reproduzierbare Weise ein genaues Raman-Spektrum gemessen werden kann. Wenn nur eine kleine Menge des Fasermaterials zur Verfügung steht, muss eine längere Messdauer gewählt werden, damit man ein hinreichend genaues Raman-Spektrum erhält.
  • Das Verfahren gemäß der Erfindung hängt weder von der chemischen Zusammensetzung der Polymerfasern noch von der Art und Weise ab, in der das Polymer gesponnen wird. Das Verfahren kann daher eingesetzt werden, wenn die Fasern durch Schmelzspinnen aus thermoplastischen Polymeren wie z. B. Polyester, Polyamid, Polyolefin und alternierenden Copolymeren von Kohlenmonoxid und Olefinen, so genannten Polyketonen, hergestellt werden. Das Verfahren kann auch eingesetzt werden, wenn die Fasern aus einer Polymerlösung gesponnen werden, zum Beispiel beim Spinnen aus einer Lösung, die Cellulose, (aromatische) Polyamide, Polyketone, (aromatische) Polyester oder Polyolefine enthält.
  • Dem Fachmann sind verschiedene Arten zur Erzeugung von hochintensivem monochromatischem Licht bekannt. Bei dem Ermittlungsverfahren gemäß der Erfindung wird das eingesetzte monochromatische Licht vorzugsweise mittels eines Lasers erzeugt, da solches Licht nicht nur monochromatisch ist, sondern je nach der Laserleistung auch eine hohe Intensität aufweist.
  • Bei der Auswahl der Wellenlänge des zur Bestrahlung des Fasermaterials verwendeten Lichts sind zwei Erscheinungen zu berücksichtigen, und zwar die zunehmende Dämpfung der Streulichtintensität mit steigender Wellenlänge des Bestrahlungslichts und die durch die Bestrahlung erzeugten Lumineszenzerscheinungen des Fasermaterials. Diese beiden Erscheinungen stören insofern, als sie sich negativ auf die Genauigkeit der Ermittlung auswirken. Die Streulichtintensität (d. h. das Ramansignal) nimmt ungefähr proportional mit 1/λ4 ab, wobei λ die Wellenlänge des Bestrahlungslichts ist. Die Wellenlängenbereiche, in denen es zu Lumineszenzerscheinungen kommt, hängen von der chemischen Zusammensetzung des Fasermaterials ab. So kommt es bei Bestrahlung der meisten Fasermaterialien zu einer zu starken Schwächung des Streulichts, wenn die Lichtwellenlänge größer als 900 nm ist, während man eine starke Lumineszenz beobachtet, wenn die Lichtwellenlänge kleiner als 600 nm ist.
  • Für die meisten Fasermaterialien liegt der optimale Wellenlängenbereich des Bestrahlungslichts bei Verwendung eines einfachen Raman-Spektrometers bei 600 bis 900 nm.
  • Das Fasermaterial kann alternativ mit Licht einer Wellenlänge von mehr als 900 nm bestrahlt werden. In diesem Fall ist zum Nachweis des Streulichts jedoch ein spezielles Gerät (FT-Raman-Spektrometer) erforderlich, das gegenwärtig nur unter Laborbedingungen eingesetzt werden kann.
  • Beim Verfahren gemäß der Erfindung wird ein Teil des Streulichts, zum Beispiel mittels einer Linse, aufgefangen und das Licht bei der Bestrahlungswellenlänge des Fasermaterials herausgefiltert. Das gestreute und gefilterte Licht gelangt dann zu einem lichtempfindlichen Detektor, der so mit peripheren Geräten verbunden ist, dass ein Raman-Spektrum aufgezeichnet werden kann. Um gleichzeitig einen Teil des Spektrums messen zu können, wird das Licht vorzugsweise (zur Abtrennung der Streulichtwellenlänge) über ein dispersives Medium zum lichtempfindlichen Detektor geleitet. Beispiele eines zur Verwendung in diesem Verfahren geeigneten dispersiven Mediums sind ein Prisma und ein Gitter, wobei ein holografisches Gitter besonders geeignet ist. Als lichtempfindlicher Detektor kann z. B. eine CCD-Kamera oder ein SEV (Sekundärelektronenvervielfacher) dienen. Dem Fachmann ist bekannt, wie diese verschiedenen Komponenten miteinander zu verbinden sind, um ein Raman-Spektrum aufzuzeichnen. Im Hinblick auf die spektrale Auflösung und die Lichtempfindlichkeit verwendet man vorzugsweise ein holografisches Gitter zusammen mit einer CCD-Kamera.
  • Die genaue Kenntnis der Wellenlänge des zur Bestrahlung des Fasermaterials verwendeten monochromatischen Lichts ist von großer Bedeutung. Ferner ist es sehr wichtig, dass die Wellenlängenskala der zur Aufzeichnung des Raman-Spektrums verwendeten Messgeräts korrekt kalibriert ist.
  • Bei einem bevorzugten Verfahren gemäß der Erfindung werden kompakte und interterenzfreie dispersive Medien und lichtempfindliche Detektoren verwendet, da die Erfindung eingesetzt werden soll bei der Produktion von Fasermaterialien im großen Maßstab.
  • Bei einem besonders bevorzugten Verfahren wird eine Geräteanordnung zur Erzeugung der Laserstrahlen und zur Messung des Raman-Spektrums verwendet. Ein Beispiel für eine solche Anordnung zur Messung von Raman-Spektren ist das von Kaiser Optical Systems, Inc. hergestellte HoloProbe VPT SystemTM. Bei einer solchen Geräteanordnung wird das Laserlicht von der Anordnung, z. B. mittels eines Lichtwellenleiterkabels, zu dem zu messenden Fasermaterial und das (gefilterte) Streulicht, z. B. mittels eines Lichtwellenleiterkabels, vom Fasermaterial zur Anordnung geleitet, wobei die Anordnung auch ein dispersives Medium, einen lichtempfindlichen Detektor und diverse Geräte zum Verbinden dieser Bauteile enthält.
  • Zur Verbesserung der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wird das Ramangerät vorzugsweise in einem Raum untergebracht, in dem die Temperatur und die Luftfeuchte innerhalb vorgegebener Grenzwerte gehalten werden. Bei einem solchen Aufbau kann mit Hilfe von Lichtwellenleiterkabeln (Faseroptik) das Laserlicht zum Fasermaterial und das reflektierte Licht zurück geleitet werden, da es nicht erforderlich ist, dass sich das zu messende Fasermaterial ebenfalls in einem Raum befindet, dessen Temperatur und Luftfeuchte innerhalb vorgegebener Grenzwerte gehalten werden.
  • Zur Ermittlung der mechanischen und/oder strukturellen Eigenschaften von Fasern reicht es aus, wenn das erhaltene Raman-Spektrum ein Signal-Rausch-Verhältnis von mehr als 2000 aufweist, wobei das Rauschen als Standardabweichung der Differenzen zwischen den Spektren vor und nach der Glättung durch Wavelet-Transformation und das Signal als der größte Wert im Wellenlängebereich von 600 bis 2000 cm–1 definiert ist. Im Fall der „Wavelet-Glättung" wird davon ausgegangen, dass das Raman-Spektrum aus einem Informationssignal und einem Rauschsignal besteht. Die Modellierung des Spektrums beruht auf einer Linearkombination so genannter Wavelet-Basen. Diese Basen sind orthonormal. Die Standardabweichung der Differenz zwischen dem gemessenen Spektrum und dem mittels der Wavelet-Basen modellierten Informationsspektrum wird als Rauschen bezeichnet. Das Signal-Rausch-Verhältnis ist als Verhältnis des höchsten Peaks im Informationsspektrum im Wellenlängenbereich von 600 bis 2000 cm–1 zum Rauschen definiert. Als Wavelet-Basen können Coifilet-Funktionen dienen. Zur Modellierung des Spektrums kann man sich z. B. der Waveshrink-Funktion in der Coiflet-Funktion C12 des Statistik-Softwarepakets Splus und der „weichen Schwellenwertbildung" (soft thresholding) bedienen. Eine ausführliche Beschreibung der verwendeten mathematischen Operationen ist zu finden bei D. Donoho und I. Johnstone, Ideal spatial adaptation by wavelet shrinkage (Technical Report, Department of Statistics, Stanford University, 1992), bei G. Strang und N. Truong, Wavelets and Filter Banks (Wellesley-Cambridge Press, 1996) und bei B. Walczak und D. L. Massart, Chemometrics and Intelligent Laboratory Systems, 36 (1997), S. 81–94.
  • Um aus einem gemessenen Raman-Spektrum quantitative Berechnungen ableiten zu können, muss das gemessene Spektrum einer Reihe u. a. in der Chemometrik bekannter Behandlungsschritte unterzogen werden. Diese Schritte lassen sich entsprechend ihrer jeweiligen Funktionen als Vorbereitung, Skalierung, Datenreduktion und Kalibrierung klassifizieren.
  • Für jeden dieser Bearbeitungsschritte sind verschiedene arithmetische Operationen bekannt, wie nachfolgend aufgeführt:
    Figure 00070001
    wobei
  • ANN
    Künstliches neuronales Netz (Artificial Neural Network)
    FSQ
    Quantisierung des Gesamtspektrums (Full Spectrum Quantisation)
    MLR
    Multiple lineare Regression (Multiple Linear Regression)
    MSC
    Multiple Streulichtkorrektur (Multiple Scattering Correction)
    PCA
    Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis)
    PCR
    Hauptkomponentenrägression (Principal Component Regression)
    PLS
    Methode der kleinsten Fehlerquadrate (Partial Least Squares)
    PPREG
    Projektionsfolgeregression (Projection Pursuit Regression)
    Wavelet Tr.
    Wavelet-Transformation
  • Es hat sich herausgestellt, dass man nach Durchführung einiger der oben erwähnten Bearbeitungsschritte eine Anzahl mechanischer Eigenschaften und Strukturparameter des unbekannten Materials ermitteln kann, indem man das erhaltene Spektrum mit den Spektren bekannter Fasermaterialien derselben chemischen Zusammensetzung vergleicht. Bei Textilpolyester wurde eine deutliche Korrelation zwischen der Dichte des Fasermaterials und der Farbstoffaufnahme gefunden.
  • Als Maß für die Farbstoftaufnahme kann man den so genannten Farbstoffaufnahme-Index (DI) verwenden, der wie folgt definiert ist:
    Figure 00080001
    wobei
    D = aus dem Raman-Spektrum ermittelte Dichte des Fasermaterials
    Dmin = kleinste Dichte des Fasermaterials, z. B. Dmin = 1355 kg/m3 für PET-Fasermaterial
    Dmax = größte Dichte des Fasermaterials, z. B. Dmin = 1405 kg/m3 für PET-Fasermaterial
  • Um aus einem erhaltenen Raman-Spektrum ein quantitatives Maß für die Farbstoffaufnahme oder für die gewünschten mechanischen oder strukturellen Eigenschaft berechnen zu können, muss zuerst der Zusammenhang zwischen den Raman-Spektren einer Anzahl von Fasermaterialien und ihrer Farbstoftaufnahme oder bestimmten mechanischen oder strukturellen Eigenschaften hergestellt werden. Diese Kollektion von Fasermaterialien, deren Farbstoffaufnahme, mechanische oder strukturelle Eigenschaften und Raman-Spektren bekannt sind, wird auch als Kalibrierungsgruppe bezeichnet.
  • Diese Kalibrierungsgruppe wird vorzugsweise so ausgewählt, dass in ihr alle Varianten enthalten sind, die in den Proben vorkommen können, deren mechanische und/oder strukturelle Eigenschaften mittels des Raman-Spektrums quantifiziert werden sollen. In der Praxis besteht eine solche Kalibrierungsgruppe aus 20 bis 100 Proben.
  • Damit man die Kalibrierungsgruppe zum Quantifizieren einer oder mehrerer mechanischer und/oder struktureller Eigenschaften der unbekannten Proben verwenden kann, müssen für jede Probe der Kalibrierungsgruppe das Raman-Spektrum sowie die Farbstoffiaufnahme oder die gewünschten mechanischen und/oder strukturellen Eigenschaften bekannt sein.
  • Zum Quantifizieren der Farbstoffaufnahme oder einer oder mehrerer mechanischer und/oder struktureller Eigenschaften wird vorzugsweise im Bereich von 600 bis 2000 cm–1 ein Raman-Spektrum mit einer Auflösung von ≤ 5 cm–1 und einem Signal-Rausch-Verhältnis von ≥ 2000 aufgezeichnet, wobei die Grundlinie des Spektrums in Bezug auf die Hintergrundstrahlung korrigiert wird.
  • Zur Berechnung einer oder mehrerer mechanischer und/oder struktureller Eigenschaften einer unbekannten Garnprobe anhand des gemessenen Raman-Spektrums können verschiedene Kombinationen der oben erwähnten chemometrischen Behandlungsschritte dienen.
  • Zum Beispiel kann man die gemessenen Daten reduzieren und skalieren, indem man die Fläche unterhalb des gemessenen Spektrums im Wellenlängenbereich von 1600 bis 1800 cm–1 normiert und die mechanischen und/oder strukturellen Eigenschaften der Kalibrierungsgruppe und das reduzierte und skalierte Spektrum mittels der PLS-1-Analyse (einer PLS-Analyse mit einer Ergebnisvariablen) oder der PLS-2-Analyse (einer PLS-Analyse mit mehr als einer Ergebnisvariablen) kalibriert. Durch wiederholte Verwendung der Daten von 80% der Proben der Kalibrierungsgruppe, wobei die Proben für jede Validierung zufällig ausgewählt werden, können die Daten der restlichen 20% der Proben zur Validierung des Modells verwendet werden. Dieses Verfahren ist auch unter Bezeichnung „Kreuzvalidierung" bekannt.
  • Außerdem kann man das gesamte Spektrum mit Hilfe der Fourier-Transformations-Analyse quantifizieren, bei der zur Kalibrierung des Spektrums (mittels PLS-Analyse) die 60 kleinsten Fourier-Koeffizienten der Analyse verwendet werden. Die oben beschriebene „Kreuzvalidierung" des Modells kann auch bei diesem Verfahren eingesetzt werden. Alternativ kann man die Daten des gemessenen Spektrums durch Normieren der Fläche des Spektrums im gesamten Wellenlängenbereich skalieren und reduzieren, wodurch man mit Hilfe der Hauptkomponentenanalyse (PCA) die Daten weiter reduzieren kann; in diesem Fall wird das Spektrum mittels eines multivarianten Analyseverfahrens wie z. B. ANN kalibriert. Auch bei diesem Verfahren kann man sich der oben beschriebenen „Kreuzvalidierung" des Modells bedienen.
  • Es hat sich herausgestellt, dass man auf die oben beschriebene Weise aus einem gemessenen Raman-Spektrum einer Polymerfaser einen Wert für die mechanischen und strukturellen Parameter ermitteln kann, die durch die Molekülstruktur der Faser festgelegt sind. So kann man bei durch Schmelzspinnen von Polyethylenterephthalat erzeugten Fasern aus dem Raman-Spektrum einen Wert für die Bruchfestigkeit, die Bruchdehnung, den Anfangsmodul, den Endmodul und die Schrumpfung ermitteln. Bei durch Spinnen aus einer Lösung von Polyaramid und Schwefelsäure erzeugten Fasern ist es z. B. möglich, aus dem Raman-Spektrum einen Wert für den Anfangsmodul zu ermitteln.
  • Um den Wert einer oder mehrerer mechanischer und/oder struktureller Eigenschaften oder die Farbstoffaufnahme aus einem gemessenen Raman-Spektrum möglichst genau ermitteln zu können, sollten die zum Erstellen des Modells verwendeten Eigenschaften der Faserproben der so genannten Kalibrierungsgruppe vorzugsweise so weit wie möglich mit den Eigenschaften der zu messenden Polymerfasern übereinstimmen. Das bedeutet zum Beispiel, dass bei Verwendung dieses Verfahrens zur Ermittlung eines oder mehrerer struktureller Parameter und/oder einer oder mehrerer mechanischer Eigenschaften) oder der Farbstoffaufnahme verstreckter Fasern für die Kalibrierungsgruppe Fasern ausgewählt werden, die dieselbe chemische Zusammensetzung aufweisen und unter vergleichbaren Bedingungen gesponnen wurden.
  • Wenn das Modell erstellt und auf das bearbeitete Spektrum der betreffenden Polymerfaser angewendet wird, reicht es im Allgemeinen aus, die Daten des Raman-Spektrums im Spektralbereich zwischen 600 und 2000 cm–1 zu verwenden. In diesem Fall kann man sich für die Verwendung eines kontinuierlichen Spektralbereichs innerhalb der beiden oben genannten Grenzen entscheiden. Alternativ kann man jedoch auch die Daten einer Anzahl von Spektralbereichen innerhalb des Spektralbereichs zwischen 600 und 2000 cm–1 verwenden.
  • Die gemessenen Eigenschaften können zur Steuerung des Prozesses verwendet werden. Wenn zum Beispiel eine Messung während des Spinnens der Faser(n) oder unmittelbar nach dem Aufnehmen/Aufwickeln der gesponnenen Faser(n) durchgeführt wird und diese Messung zeigt, dass eine bestimmte Eigenschaft der Polymerfaser ein vorgegebenes Kriterium nicht mehr oder möglicherweise nicht erfüllt, kann man den Spinnprozess so einstellen, dass die betreffende Eigenschaft der Polymerfaser das jeweilige Kriterium wieder erfüllt. Somit kann man die Messung z. B. einsetzen, um in einem Spinnprozess Fasern herzustellen, deren Bruchfestigkeit sich innerhalb sehr enger Grenzen bewegt.
  • Alternativ kann die Messung verwendet werden, um Fasern mit bestimmten Eigenschaften auszuwählen. Wenn man die Eigenschaften der hergestellten Fasern nach einem Spinnprozess ermittelt, kann man die hergestellten Fasern anhand dieser Eigenschaften gruppieren oder sortieren. Nach Abschluss eines Spinnprozesses, bei dem eine große Anzahl von Garnspulen hergestellt wurde, können die erhaltenen Spulen daher nach der Bruchfestigkeit, dem Modul oder dem Schrumpfungsgrad des betreffenden Materials ausgewählt werden.
  • Mit Hilfe des Verfahrens gemäß der Erfindung können die Raman-Spektren sowohl während eines Spinnprozesses als auch im Anschluss daran aufgezeichnet werden. Wenn die Raman-Spektren zur Messung der Eigenschaften von Fasern verwendet werden, die durch einen Spinnprozess erzeugt wurden, zeichnet man die Spektren vorzugsweise während des Spinnprozesses unmittelbar vor dem Aufwickeln oder Aufnehmen der Fasern auf, oder man zeichnet die Raman-Spektren der aufgewickelten/aufgenommenen Fasern auf.
  • Wenn die Raman-Spektren zur Messung der Eigenschaften von Fasern an einem beliebigen Punkt des Spinnprozesses verwendet werden, z. B. wenn die Spektren zur Messung der Eigenschaften ungestreckten Fasermaterials in einem Spinnprozess verwendet werden, bei dem das ungestreckte Material anschließend gestreckt wird, zeichnet man die Raman-Spektren vorzugsweise während des Spinnprozesses auf, und zwar an einem solchen Punkt des Spinnprozesses, bei dem man die Spektren der ungestreckten Fasern erhält.
  • Die Erfindung wird im Folgenden unter Bezug auf drei Beispiele veranschaulicht. Es versteht sich von selbst, dass der Geltungsbereich der Erfindung sich nicht auf die speziellen Einzelheiten der Beispiele beschränkt.
  • BEISPIELE
  • Beispiel 1
  • Es wurden 60 Spulen mit nichttexturierten Polyester-Textilgarnen unterschiedlicher Titer ausgewählt, die durch unterschiedliche Herstellungsprozesse erzeugt wurden. Ein Teil des Garns jeder Spule wurde dazu verwendet, mittels des in der Beschreibung angegebenen Farbstoffaufnahme-Verfahrens die Farbstoffaufnahme zu bewerten. Nachdem ein Teil des Materials von den Spulen abgenommen wurde, wurde das Raman-Spektrum des restlichen Materials gemessen, indem die Garnoberfläche auf der Spule mit Laserlicht (Leistung 120 mW) abgetastet wurde, das mittels eines Kaiser HoloProbe 785TM erzeugt wurde. Ein Teil des Streulichts wurde aufgefangen und nach Filterung bei 785 nm wieder zurück in das Kaiser HoloProbe 785TM geleitet, um das Raman-Spektrum zu messen.
  • Ferner wurde eine Anzahl von Strukturparametern dieser 60 Garnproben gemessen. Nur drei Garnproben dieser Gruppe wiesen Schwankungen der gemessenen strukturellen Parameter auf. Mittels statistischer Analyse der Daten konnte die Schwankung der Farbstoffaufnahme der Proben auf die Schwankung einer Hauptkomponente zurückgeführt werden. Die Dichte der gemessenen Proben wurde als Parameter für diese Hauptkomponente gewählt. Mittels chemometrischer Verfahren konnte aus den Raman-Spektren eine sehr genaue Abschätzung der Dichte der Proben und damit ihrer Farbstoffaufnahme gewonnen werden.
  • Es zeigte sich ferner, dass man mittels des oben beschriebenen Verfahrens auch eine sehr genaue Abschätzung der Farbstoffaufnahme von texturierten Polyestergarnen erhalten kann.
  • Beispiel 2
  • Mit Hilfe eines integrierten Spinnstreckverfahrens wurden aus Polyester auf bekannte Weise gestreckte Polyestergarne hergestellt. Bei diesem Verfahren betrug die Spinngeschwindigkeit 500, 1150 und 1800 m/min. Die gesponnenen Garne wurden in einem zweistufigen Prozess gestreckt. Während des Streckens wurde das Streckverhältnis so eingestellt, dass das erhaltene Garn eine Bruchlänge von 11, 14 oder 17% aufwies. Außerdem wurde die Galettentemperatur auf Werte von 205, 225 und 245°C eingestellt. Auf diese Weise wurden insgesamt 27 verschiedene Einstellungen der Prozessparameter erreicht. Eine Situation wurde im Verlauf des Experiments dreimal wiederholt, um die Reproduzierbarkeit zu überprüfen. Insgesamt wurden 30 Proben erhalten. Direkt vor der Aufwickelvorrichtung wurde von allen erhalten Garnen ein Raman-Spektrum gemessen, wobei ein HoloProbe 785 VPT-SystemTM von Kaiser Optical systems, Inc. verwendet wurde. Die Integrationszeit betrug 20 s, während der die Filterung kosmischer Strahlen eingeschaltet war, und für ein Spektrum wurden insgesamt vier Messungen durchgeführt. Die gesamte Integrationszeit für ein Spektrum betrug somit 160 s. Bei jeder Prozessparametereinstellung wurden drei Raman-Spektren mit einer Auflösung von 4 bis 5 cm–1 aufgezeichnet. Die Laserleistung auf dem Garn betrug 70 mW. Das Laserlicht wurde mit Hilfe einer Linse fokussiert und das Garn wurde durch den Brennpunkt der Linse geführt.
  • Von allen erhaltenen Proben wurden mechanische Eigenschaften wie z. B. die Bruchfestigkeit (breaking tenacity, BT), die Bruchlänge (elongation at break, EaB), die Festigkeit bei vorgegebener Dehnung von 2% (tenacity at specified 2 elongation, TASE 2) und die Festigkeit bei vorgegebener Dehnung von 5% (TASE 5) ermittelt. Ferner wurden solche Strukturparameter wie der Kristallinitätsgrad (Vc), die mittlere Größe der amorphen Bereiche (G), der Faktor der amorphen Orientierung (Fas) und die Randlängenverteilung (Fad = Fas/Fab) ermittelt. Eine Beschreibung dieser Strukturparameter ist zu finden bei N. M. Heuvel, L. J. Lucas, C. J. M. van den Heuvel und A. P. de Weijer in „Experimental relations between physical structure and mechanical properties of a huge number of drawn poly(ethylene terephthalate) yarns", Journal of Applied Polymer Science, Bd. 45, S. 1649–1660 (1992).
  • Es hat sich gezeigt, dass alle aufgezeichneten Spektren ein Signal-Rausch-Verhältnis von über 2000 aufwiesen. Die drei für jede Einstellung der Prozessparameter aufgezeichneten Raman-Spektren wurden gemittelt. Diese gemittelten Spektren wurden anschließend verwendet.
  • Das Modell wurde mittels einer fünfsegmentigen Kreuzvalidierung anhand der 30 gemittelten Spektren erprobt. Zu diesem Zweck wurde die Ableitung des Spektrums im Bereich zwischen 600 und 1800 cm–1 ermittelt, anschließend eine multiple Streulichtkorrektur (MSC) durchgeführt und die Fläche der Spektren normiert. Dieses reduzierte und skalierte Spektrum wurde mit Hilfe des PLS-1-Verfahrens unter Verwendung von 3 bis 4 PLS-Faktoren kalibriert.
  • Durch Anwendung des Modells konnten die mechanischen und strukturellen Parameter der Proben abgeschätzt werden, wobei die mittlere Abweichung der Schätzwerte der Parameter aus den gemessenen Parameterwerten etwa gleich dem Messfehler der entsprechenden gemessenen Parameter war.
  • In 1 ist der an den entsprechenden Proben in einem Belastungs-Dehnungs-Experiment gemessene Wert der Bruchfestigkeit gegenüber dem Wert aufgetragen, der anhand des Raman-Spektrums gemäß dem oben beschriebenen Verfahren ermittelt wurde.
  • Beispiel 3
  • Das Spinnverfahren aus Beispiel 1 wurde wiederholt, wobei die Maschineneinstellung sechs Stunden lang unverändert blieb. Auf diese Weise wurde Garn bei einer Spinngeschwindigkeit von 1150 m/min und einer Galettentemperatur nach dem Strecken von 225°C hergestellt. Das Garn hatte eine Bruchdehnung von etwa 14%.
  • Während des Experiments wurde das Raman-Spektrum wie in Beispiel 1 beschrieben unmittelbar vor der Aufwickelvorrichtung aufgenommen. Diese Raman-Spektren wurden genauso bearbeitet wie bei der Erstellung des Modells in Beispiel 1. Anhand dieses Modells wurde während des Experiments auf Basis der gemessenen Raman-Spektren die Bruchdehnung ermittelt. Anschließend wurde eine Anzahl von Kontrollmessungen durchgeführt.
  • 2 zeigt die aus den Raman-Spektren berechnete Bruchfestigkeit im Verlauf des Experiments. Diese Figur zeigt auch die Werte der Kontrollmessungen.
  • Es hat sich gezeigt, dass man in ähnlicher Weise anhand der Raman-Spektren auch die Schrumpfung eines Garns in einem zweistufigen Spinnstreckprozess abschätzen kann.

Claims (10)

  1. Verfahren zur Messung eines oder mehrerer Strukturparameter oder mechanischer Eigenschaften von Polymerfasern oder zur Ermittlung ihrer Farbstoffaufnahme, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst: a) Erstellen eines Modells durch Ausführen einer Anzahl von aus dem Gebiet der Chemometrik bekannten Behandlungsschritten an einer Gruppe von Raman-Spektren von Fasermaterialien, deren Farbstoffaufnahme und mechanische oder strukturelle Eigenschaften bekannt sind und die dieselbe chemische Zusammensetzung wie die zu untersuchenden Fasern aufweisen, b) Messen eines Raman-Spektrums der zu untersuchenden Fasern durch Bestrahlen der Fasern mit hochintensivem monochromatischem Licht, Auffangen des gestreuten Lichtes und Weiterleiten desselben zu einem lichtempfindlichen Sensor, c) Bearbeiten des in Schritt b) gemessenen Spektrums und d) Anwenden des in Schritt a) erstellten Modells auf das in Schritt c) erhaltene bearbeitete Spektrum, um einen Wert für die entsprechenden Strukturparameter oder mechanischen Eigenschaften der zu untersuchenden Fasern zu erhalten oder deren Farbstoffaufnahme zu ermitteln.
  2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zum Erstellen des Modells gemäß Schritt a) der Spektralbereich der Raman-Spektren von 800 bis 2000 cm–1 verwendet wird.
  3. Verfahren nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Fasern mit hochintensivem monochromatischem Licht bestrahlt werden, das mittels eines Lasers erzeugt wird.
  4. Verfahren nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das monochromatische Licht eine Wellenlänge im Bereich von 600 bis 900 nm aufweist.
  5. Verfahren nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Raman-Spektren eine Auflösung von ≤ 5 cm–1 und ein Signal-Rausch-Verhältnis von ≥ 2000 aufweisen.
  6. Verfahren nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Raman-Spektren mit einem dispersiven Raman-Spektrometer aufgezeichnet werden.
  7. Verfahren nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Fasern Polyesterfasern sind.
  8. Verfahren nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Raman-Spektren während eines Spinnprozesses aufgezeichnet werden.
  9. Verwendung des Verfahrens nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche zum Auswählen/Gruppieren von Fasern nach Abschluss eines Spinnprozesses.
  10. Verwendung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8 zum Einstellen eines Spinnprozesses.
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