-
BESCHREIBUNG
DER ERFINDUNG
-
Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren für die selektive und effiziente
Alkylierung von -SH-Gruppen in Proteinen. Das erfindungsgemäße Verfahren
ist bei einer Anzahl verschiedener analytischer Techniken für die Proteinanalyse
und -charakterisierung nützlich.
-
HINTERGRUND
DER ERFINDUNG
-
In
der postgenomischen Ära
ist die „Proteomics" genannte Wissenschaft
ein neues Gebiet, d.h. ein Forschungsbereich mit dem Ziel der globalen
Analyse der Genexpression durch eine Kombination von Verfahren für das Lösen, Identifizieren,
Quantifizieren und Charakterisieren aller Proteine, die in einem
Gewebe, in einem Zelllysat, in einem biologischen Fluid, in einem
gesamten Organismus vorliegen (Wilkins, M.R., Williams, K.L., Appel,
R.D., Hochstrasser, D.F., Verfasser, Proteome Research: New Frontiers
in Functional Genomics (Proteomforschung: Neuland auf dem Gebiet
der funktionellen Genomik), Springer, Berlin, 1997). Der Begriff „Proteom" ist ein kürzlich eingeführtes Wort,
das genau den kompletten Satz von Proteinen bedeutet, die durch
das Genom exprimiert werden. Da das Proteom, selbst eines einfachen
Zelllysats, äußerst komplex sein
kann (mehrere tausend Proteine umfasst), hat man für dessen
Analyse wirkungsvolle Trennungsmethoden, zweidimensionale (2-D-)
Karten genannt, eingeführt,
bei denen in der ersten Dimension eine Trennungsmethode auf Ladungsbasis
(isoelektrisches Fokussieren, IEF) mit einer Trennungsmethode auf
Massenbasis (SDS-PAGE, Polyacrylamidgelelektrophorese in Gegenwart
von Natriumdodecylsulphat) in der zweiten Dimension gekoppelt wird.
Diese Methode, die schon im Jahre 1975 eingeführt worden ist (O'Farrell, P.H., J.
Biol. Chem, 250, 1975, 4007-4021) ist im Laufe der Jahre durch das
Einführen
immobilisierter pH-Gradienten (Righetti, P.G., Immobilized pH Gradients:
Theory and Methodology (Immobili sierte pH-Gradienten: Theorie und Methodologie)
Elsevier, Amsterdam 1990), neuer Tenside (Chevallet, M. Et al.,
T., Electrophoresis (Elektrophorese) 19, 1998, 1901-1909), neuer
Färbemethoden
(Rabilloud, T. Anal. Chem. 72, 2000, 48A-55A) verfeinert worden.
-
Die
Hauptprobleme bei der Analyse komplexer Proteinmischungen umfassen:
(a) die vollständige
Löslichmachung
der Probe; (b) das Eliminieren von Artefakten während der verschiedenen Elektrophoreseschritte.
Um ersteres Problem zu lösen,
sind neue Tenside des Amidosulfobetaintyps in Kombination mit chaotropen Mitteln
wie Harnstoff/Thioharnstoff (Rabilloud, T. et al., J. Electrophoresis
18, 1997, 307-316) beschrieben worden. Was die Eliminierung von
Artefakten anbetrifft, ist kürzlich
gezeigt worden, dass die Reduktion und Alkylierung von Disulfidbrücken ein
grundlegender Schritt zum Verhindern der Bildung falscher Proteinzonen
in der 2-D-Karte ist. Die Reduktion von Disulfidbrücken in
naiven Proteinen (typischerweise mit einem Überschuss an 2-Mercaptoethanol
von Dithiothreitol erhalten) als solcher kann Artefakte besonders
in der ersten IEF-Dimension nicht verhindern. In der Tat reoxidieren
sich die reduzierten -SH-Gruppen während der IEF-Trennung insbesondere
in einem alkalischen Milieu spontan unter Bildung von Artefaktbanden
aufgrund von Homo- und Heterooligomeren unter denselben oder verschiedenen
Polypeptidketten (Herbert, B. et al, Electrophoresis (Elektrophorese)
22, 2001, 2046-2057). So ist vorgeschlagen worden, Proteine vor
irgendeinem Trennungsschritt als grundsätzliche Vorbehandlung der Probe
zu reduzieren und zu alkylieren. Das Standardalkylierungsmittel
hat schon immer aus Iodoacetamid bestanden, das seit den Fünfziger
Jahren durch Proteinchemiker empfohlen und in allen Analyseprotokollen
universell adoptiert worden ist. Vor Kurzem erhaltene Daten haben jedoch
bei diesem Alkylierungsmittel starke Einschränkungen ans Licht gebracht:
- (a) erstens ist es unmöglich, eine 100 %-ige Alkylierung
aller reduzierten -SH-Gruppen zu erzielen (Galvani, M. et al, Electrophoresis
22, 2001, 2058-2065), wodurch eine Anzahl freier -SH-Gruppen intakt
gelassen werden, die potentiell in der Lage sind, falsche Banden
zu bilden. Wenn der Alkylierungsvorgang sich über längere Zeit (> 6 Stunden) erstreckt,
schreitet nicht nur die Reaktion freier -SH-Gruppen nicht fort, sondern es erfolgt
die nichtselektive Alkylierung anderer reagierender Gruppen, insbesondere
von ε-Aminogruppen von
Lys;
- (b) außerdem
wird die Alkylierungsreaktion durch das Vorliegen zahlreicher Tenside,
die für
das Löslichmachen
komplexer Proteinmischungen eingeführt worden sind, stark gehemmt;
- (c) schließlich
hat man kürzlich
davon berichtet, dass Iodoacetamid schnell mit einem der Löslichmacher reagiert,
die universell bisher bei der Proteinanalyse eingeführt worden
sind, und genau gesagt mit Thioharnstoff. Die Addition von Iodoacetamid
an Thioharnstoff (der in starkem Überschuss vorliegt) erfolgt
sogar noch schneller als die Addition an die -SH-Gruppen in Proteinen,
wobei es sich um eine parasitische Reaktion handelt, die die Reaktionsausbeute
stark reduziert (Galvani, M. et al., Electrophoresis 22, 2001, 2066-2074).
-
BESCHREIBUNG
DER ERFINDUNG
-
Es
ist nun ein Verfahren gefunden worden, das alle die obigen Nachteile überwindet.
-
Das
erfindungsgemäße Verfahren
basiert auf der Erkenntnis, dass Vinylpiridin mit den reduzierten -SH-Gruppen
von Proteinen quantitativ und selektiv (z.B. durch Vermeiden der
Nebenreaktion mit anderen Proteingruppen wie Lysinen, Tyrosinen,
endständigen
-NH2-Gruppen) reagiert. Außerdem führt Vinylpiridin
zu keinen falschen Reaktionen mit anderen Komponenten der löslichmachenden
Mischung wie Thioharnstoff und wird durch die Tenside, die typischerweise
in den löslichmachenden
Mischungen verwendet werden, nicht gehemmt.
-
Erfindungsgemäß wird ein
Vorbehandlungsverfahren zur Verwendung bei der Vorbehandlung einer vom
Proteom derivierten Proteinmischung zur Verwendung bei einer Trennungstechnik
bereitgestellt, umfassend elektrophoretische zweidimensionale Karten,
wobei die Karten eine erste Dimension durch isoelektrisches Fokussieren
(entweder auf herkömmliche
Weise oder in immobilisierten pH-Gradienten) gefolgt von einer zweiten
SDS-PAGE-Dimension umfassen, wobei das Verfahren die selektive Alkylierung
von -SH-Gruppen in einem Protein durch Reaktion des Proteins in
neutralem oder alkalischem Medium in einer Mischung umfassend mindestens
ein chaotropes Mittel und mindestens ein zwitterionisches, neutrales
oder anionisches Tensid mit einem Vinylpyiridin umfasst, wobei der
Prozentsatz der Alkylierung der gesamten -SH-Gruppen höher als
90 % liegt.
-
BESCHREIBUNG
DER FIGUREN
-
1 Alkylierungskinetik
von reduziertem Rinder-α-Lactalbumin
nach der Inkubation mit 100 mM IAA bei einem pH-Wert von 9,0. Die
Zeitpunkte sind über
einen Zeitraum von 24 Stunden bestimmt worden. Abschnitt a: Kontrolle
(m/z = 14191); Abschnitt b: 2 min Inkubation (m/z 14653 stellt den
octaalkylierten Peak dar); Abschnitt c: 2 Stunden Inkubation; Abschnitt
d: 24 Stunden Reaktionszeit (der m/z 14707 Peak stellt die nichtalkylierten
Spezies dar; das erwünschte
Produkt m/z = 14652 ist nun die geringeren Komponenten in einer äußerst heterogenen
Reihe von Produkten). Analyse durch Massenspektometrie im MALDI-TOF-Modus.
-
2 MALDI-TOF-Massenspektren
von Rinder-α-Lactalbumin
nach 1 h langer Inkubation mit DMA (Abschnitt a) oder 4-Vinylpyridin
(Abschnitt b), beide in Anwesenheit des Tensids 2 % Triton X-100.
Man beachte, dass im Abschnitt b der Peakt bei m/z 15248 ein Addukt
von LCA mit der MALDI-Matrix Sinapinsäure darstellt.
-
3 MALDI-TOF-Massenspektren
von Rinder-α-Lactalbumin
nach 1 h langer Inkubation mit 2 % Amidosulphobetain-14 und: (a)
Acrylamid, (b) 2-Vinylpyridin und (c) 4-Vinylpyridin. In allen Fällen ist
die Reaktion bei einem pH-Wert von 7,0 durchgeführt worden. Man beachte, dass
in beiden Abschnitten b und c ein einziger Reaktionskanal von LCA
mit 2VP bzw 4VP vorliegt. Die Peaks höherer Ordnung (m/z 15248 und 15468
in b und c) stellen LCA-Addukte mit der MALDI-Matrix Sinapinsäure dar.
-
4 Reaktion
von 4-Vinylpyridin (Abschnitte a und b) und von Acrylamid (Abschnitt
c) mit den -SH-Gruppen von Lysozym. In (a) ist die Reaktion bei
einem pH-Wert von 9,0 durchgeführt
worden, während sie
in den Abschnitten (b) und (c) bei einem pH-Wert von 7,0 erfolgt.
-
5 Isotopisches
Verhältnis
der Peptide von a1-Säureglycoprotein
(aus Rattensera), mit entweder leichtem oder schwerem (hepta-deuteriertem)
2-Vinylpyridin gelabelt. Nach dem Labeln wurden die beiden Rattensera
in einem Verhältnis
von 70:30 (schwer/leicht) gemischt und durch zweidimen sionale Karten
fraktioniert. Die Zone des α1-Säureglycoproteins
(Mr 21546, pI 5,0) wurde eluiert, mit Trypsin
digeriert und durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus analysiert.
Die Insertion zeigt zwei Fragmente bei m/z 1235,0 und 1241,9. Der
Unterschied in m/z von 6,9 entspricht dem Unterschied zwischen dem
2-d7-VP und dem nicht-deuterierten 2-VP. Diese Beobachtung,
zusammen mit dem Verhältnis
der relativen Intensitäten
der beiden Signale (etwa 68:32) bestätigt, dass dieses Peptid einen
einzigen Cys-Rest enthält,
der das Verhältnis
der beiden isotopen Marker (70:30) in der Originalproteinmischung
widerspiegelt.
-
GENAUE BESCHREIBUNG
DER ERFINDUNG
-
Beispiele
von Vinylpyridinen zur Verwendung im erfindungsgemäßen Verfahren
sind 2- und 4-Vinylpyridin, die die folgenden Formeln aufweisen: 2-Vinylpyridin
4-Vinylpyridin
-
3-Vinylpyridin
kann ebenfalls verwendet werden, obwohl Vorsicht geboten ist wegen
seiner Neigung zur Autopolymerisation.
-
Die
Verwendung eines Vinylpyridins als Alkylierungsmittel für -SH-Gruppen
in Proteinen ist oberbegriffsmäßig von
M.J. Dunn (in: Gel Electrophoresis: Proteins (Gelelektrophorese:
Proteine) Bio. Sci. Publ. Oxford 1993) erwähnt worden. Die Alkylierung
von Hordeinfraktionen mit 4-Vinylpyridin vor der 2-d-Trennung ist von
Shewry et al (Journal of Exp. Botany, Band 28, Nr. 104, Seite 597-606,
Juni 1977) offenbart worden, jedoch gibt es keine derartige Offenbarung
einer derartigen Verwendung in Anwesenheit von zwitterionischen,
neutralen und anionischen Tensiden vor der 2-d-Trennung einschließlich isoelektrischer Fokussierung.
-
Das
erfindungsgemäße Verfahren
gestattet die Alkylierung von mehr als 90 % der -SH-Gruppen eines vorgegebenen
Proteins, bevorzugt mehr als 95 % und sogar noch bevorzugter etwa
100 %.
-
Außerdem kann
das erfindungsgemäße Verfahren
für die
Proteinalkylierung sowohl bei alkalischen als auch neutralen pH-Werten
angewendet werden, es ist mit dem Vorhandensein der Proteinprobe
von Tensiden vom zwitterionischen (z.B. CHAPS, Amidosulphobetainen),
neutralen (Triton X-100, Nonidet P-40), vom anionischen (z.B. SDS-)
Typ kompatibel. Vinylpyridine sind außerdem vollständig mit
den chaotropen Mitteln kompatibel, die gewöhnlich für das Löslichmachen komplexer Proteinmischungen
wie Harnstoff und Thioharnstoff verwendet werden, da sie mit diesen
Verbindungen unter den gewöhnlichen
Versuchsbedingungen nicht reagieren.
-
Nach
der Reduktion mit einem geeigneten Reduktionsmittel wie Dithiotreitol
wird das Protein mit Vinylpyridin erfindungsgemäß bei einer Temperatur im Bereich
von etwa 15 bis etwa 30°C,
gewöhnlich
etwa 20 bis etwa 25°C
für eine
Zeitspanne von 30 Minuten bis etwa 6 Stunden, gewöhnlich etwa
45 Minuten bis 2 Stunden reagiert. Das Reaktionslösungsmittel
ist nicht kritisch und besteht im Allgemeinen aus einem wässrigen
Puffermittel wie einem Phosphat- oder einem Tris-HCl-Puffer. Ein Überschuss
der schwach alkalinischen Verbindung, beispielsweise 100 mM, wird
im Allge meinen für
eine 50 μm-Lösung des
zu analysierenden Proteins verwendet.
-
Die
Vinylpyridine können
wahlweise entweder vollständig
(hepta-deuteriert) oder teilweise (dem Vinylanteil oder dem Pyridinring
entsprechend) für
die quantitativen Studien der Proteinsynthese in einer biologischen
Probe der von Gygi, S.P., Aebersold, R. In Proteomics: A Trend Guide,
Blackstock, W. Mann, M., Verfasser, Elsevier, London, 2000, Seite
31-36 offenbarten Methode gemäß deuteriert
werden.
-
Die
Erfindung wird in den folgenden Beispielen noch in weiteren Einzelheiten
im Vergleich mit Iodoacetamid und neutralen Derivaten von Acrylamid,
einschließlich
N-substituierten Acrylamiden, veranschaulicht.
-
Vergleichsbeispiel Nr.
1
-
Alkylierungskinetic
von Rinder-α-Lactalbumin
(LCA) mit Iodoacetamid (IAA). Eine 50 μm-Lösung von LCA in 50 μm Tris-Acetat,
pH-Wert 9,0, und 7 M Harnstoff wird mit 50 mM Dithiothreitol (DTT)
1 Stunde lang bei 25°C
reduziert. Nach der Reduktion wird das Protein mit 100 mM IAA inkubiert
und die Alkylierungskinetik wird bis zu 24 Stunden lang durch Massenspektrometrie
im MALDI-TOF- (Matrix-unterstützten,
Laserdesorptionionisiation – Fluchtzeit-)
Modus inkubiert. LCA enthält
8 Cysteinreste in der Polypeptidkette und deshalb 8 SH-Gruppen,
die potentiell eine Alkylierung durchmachen könnten. Wie in 1 gezeigt,
stellen die octa-alkylierten Derivate schon nach 2 min nur 60 %
aller Reaktionsprodukte dar (Abschnitt b, Peak bei m/z 14653), wobei
die übrigen
40 % hepta-, hexa- und penta-alkylierte Spezies, in dieser Reihenfolge,
darstellen. Jedoch kann man feststellen, dass nach 2 Stunden langer
Reaktion das octa-alkylierte
Derivat kaum auf 70 % gestiegen ist (Abschnitt c, Peak bei m/z 14656),
wobei die restlichen 30 % durch Derivate eines niedrigeren Alkylierungsgrads
dargestellt sind. Die Reaktion scheint bei längeren Inkubationszeiten nicht
weiter fortzuschreiten: nach 24 Stunden werden andere im Protein
vorliegende Gruppen (insbesondere die ε-Aminogruppen von Lysin)statt
dessen alkyliert (Abschnitt d; z.B. ist der Peak bei m/z 14707 ein
nichtalkyliertes Derivat und stellt den Hauptpeak dar; außerdem sind
Peaks zu beobachten, die decasubstituiert sein oder sogar noch einen
höheren Substitutionsgrad
aufweisen könnten;
das Endreaktionsprodukt ist auf jeden Fall stark heterogen und das
erwünschte
Produkt stellt bei m/z 14652 nun die geringere Komponente dar).
Der Mangel an quantitativer Reaktion und die Anzahl von Nebenreaktionen
an anderen Aminosäureresten
erschweren eine richtige Proteomanalyse stark, da sie das richtige
Identifizieren von Proteinen schwierig machen, die zur Zeit meistens
durch massenspektrometrische Analyse erfolgt. Außerdem führen die zusätzlichen
Reaktionen an Lysinen und anderen Resten zu falschen Stellen in
2-D-Karten, indem
sie neue Proteinisoformen bilden, die einen anderen isoelektrischen
Punkt (pI) aufweisen.
-
Beispiel Nr. 2
-
Alkylierung
von Rinder-α-Lactalbumin
(LCA) mit Dimethylacrylamid (DMA) und 4-Vinylpyridin in Anwesenheit
neutraler Tenside. Eine 50 μm-Lösung von
LCA in 50 μm
Tris-Acetat, pH-Wert
9,0, und 7 M Harnstoff wird mit 50 mM Dithiothreitol (DTT) 1 Stunde
lang bei 25°C
reduziert. Nach der Reduktion wird das Protein mit 100 mM von entweder
DMA oder 4-Vinylpyridin (4VP) 1 Stunde lang bei 25°C inkubiert.
Beide Reaktionen werden in Anwesenheit von 1 % Triton X-100, einem der möglichen
Tenside, die bei der Proteomanalyse angewendet werden, durchgeführt. Die
Reaktionsprodukte werden durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus überwacht.
Während
im Falle von 4VP, wie in 2 gezeigt, nur ein Reaktionsprodukt
vorliegt (m/z 15083), das dem LCA-Addukt mit 8 4VP-Resten entspricht,
liegen im Falle von DMA immer noch einige Mengen an unreagiertem
Produkt (m/z 14213) vor, die von einer ganzen Reihe von Reaktionsspezies
begleitet sind, wobei die in größten Mengen
vorliegenden Komponenten derselben tri- und tetraalkyierte Spezies
sind. 4VP erweist sich als das bei Weitem effizienteste Reagenz,
das in der Lage ist, die Reaktion bis zum vollständigen Abschluss durchzuführen, wobei
es durch die Hemmungswirkung der Tenside nicht beeinflusst wird.
-
Beispiel Nr. 3
-
Alkylierung
von Rinder-α-Lactalbumin
(LCA) mit Acrylamid und mit 2- oder 4-Vinylpyridin in Gegenwart von
zwitterionischen Tensiden bei neutralem pH-Wert. Die Proteinalkylierung
wird typischerweise bei pH-Werten zwischen 8,5 und 9,0 durchgeführt, einem
pH-Wert, der die Reaktion zwischen der -S–-Gruppe
(pK 8,3), die negativ geladen ist, und neutralen Mitteln wie IAA
und Acrylamid erleichtert. Bei diesem pH-Wert erfolgt jedoch über längere Reaktionszeiten
eine falsche Reaktion wie beispielsweise die Alkylierung der ε-Aminogruppen
von Lysin. Im Gegensatz dazu sind 2- und 4-Vinylpyridine schwache
Basen (pK etwa 5,2 bis 5,6), die bei einem pH-Wert von 5 in protonierter
Form vorliegen, wodurch sie mit deprotonierten -SH-Gruppen äußerst reaktiv
gemacht werden. So könnte
ein interessanter Reaktions-pH-Wert
bei einem pH-Wert um die Neutralität herum, d.h. in der Mitte
zwischen den pK-Werten der beiden reagierenden Spezies liegen. Bei
einem pH-Wert von etwa 7 würden
sowohl das Alkylierungsmittel als auch die -SH-Gruppe eine teilweise
positive und negative Ladung tragen, die sie für einander äußerst reaktiv machen würde. Eine
50 μM-Lösung von
LCA in 50 mM Phosphatpuffermittel, pH-Wert 7,0 und 7 M Harnstoff
wurde mit 50 mM Dithiothreitol (DTT) 1 Stunde lang bei 25°C reduziert.
Nach der Reduktion wurde das Protein mit 100 mM von entweder Acrylamid
oder 2-(2VP) oder 4- (4VP) Vinylpyridin 1 Stunde lang bei 25°C inkubiert.
Beide Reaktionen wurden in Gegenwart von 1 % Amidosulphobetain (ASB),
einem zwitterionischen Tensid, das heutzutage bei der Proteomanalyse
sehr in Mode ist, durchgeführt.
Die Reaktionsprodukte wurden durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus überwacht.
Während
in den Fällen
von 2 VP und 4 VP (Abschnitte b und c) nur ein Reaktionsprodukt
bei m/z 15038 vorliegt, das dem Addukt von LCA mit 8 Rückständen von
2VP oder 4VP entspricht, verbleibt, wie in 3 gezeigt
im Falle von Acrylamid immer noch eine beträchtliche Menge an unreagiertem
Produkt, das von einer Reihe von Reaktionsprodukten begleitet ist,
von denen die am reichlichsten vorhandenen Spezies die tri- und tetraalkylierten
Verbindungen sind. Dies zeigt deutlich, wie 2VP und 4VP bei Weitem
die effizientesten Reagentien darstellen, die in der Lage sind,
die Reaktion bis zum Abschluss durchzuführen, während sie durch die Hemmungswirkung
von Tensiden nicht beeinflusst werden.
-
Beispiel Nr. 4
-
Alkylierung
von Lysozym mit Acrylamid oder 4-Vinylpyridin bei alkalischen und
neutralen pH-Werten. Wir haben auch untersucht, ob der isoelektrische
Punkt (pI) des Proteins die Alkylierungsreaktion der -SH-Gruppen
beeinflussen könnte.
Dies könnte
besonders im Falle von 2VP und 4VP (aufgrund ihrer schwach basischen
Charakteristiken) ein Nachteil sein, da der Überschuss an positiven Ladungen
an derartigen alkalischen Proteinen ihren Zugang zu den Reaktionsstellen
inhibieren könnte.
Wir haben so das Verhalten von Hühnereilysozym,
einem Protein mit einem pI von etwa 10, studiert, die auch 8 Cysteinreste
in der Polypeptidkette enthalten. Eine 50 μM-Lösung von Lysozym in 50 mM Phosphatpuffer,
pH-Wert 7,0, oder in Trisacetat-Puffermittel, pH-Wert 9,0, beide
in Gegenwart von 7 M Harnstoff, wurde mit 50 mM Dithiothreitol (DTT)
1 Stunde lang bei 25°C
reduziert. Nach der Reduktion wurde das Protein mit 100 mM von entweder
Acrylamid oder 4 VP 1 Stunde lang bei 25°C inkubiert. Die Reaktionsprodukte
wurden durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus überwacht.
Wie in 4 gezeigt, liegt im Falle von 4VP (Abschnitt a
für Reaktionen
bei einem pH-Wert von 9,0, Abschnitt b für die Reaktionen bei einem
pH-Wert von 7,0) nur ein einziges Reaktionsprodukt (m/z 15164) vor,
was dem Addukt von Lysozym mit 8 Resten von 4VP entspricht, während im
Falle von Acrylamid der Hauptpeak m/z 14893 (entsprechend dem Addukt
mit 8 Acrylamidresten) ist, dieser Peak ist jedoch durch beträchtliche
Mengen von m/z 14750 und m/z 14822 kontaminiert, die jeweils den
hexa- und heptaalkylierten Produkten entsprechen. Hier ist es wiederum äußerst klar,
wie 4VP (und dessen Analog 2VP) in der Lage sind, auch basische
Proteine bei ungünstigen
pH-Werten wie beispielsweise pH 7,0 100 %-ig zu alkylieren, wobei
es sich um einen pH-Wert handelt, bei dem die positive Ladung von
Lysozym im Vergleich mit dem pH-Wert von 9,0 beträchtlich
erhöht
würde.
-
Beispiel Nr. 5
-
Alkylierung
von Proteinen mit hohen Mr-Werten mit einem hohen Cysteingehalt,
mit IAA oder 2VP oder 4VP bei neutralem pH-Wert. In den obigen Beispielen
haben wir die Alkylierung von Proteinen geringer Größe (13-15000
Da) und mit einem durchschnittlichen Gehalt an -SH-Gruppen (8 Cys-Reste) verfolgt.
Es war interessant, die gleiche Reaktion an Proteinen mittlere bis
hoher Masse und mit einem höheren
Gehalt an Cys-Resten zu verfolgen. Zwei interessante Fälle sind
menschliches Serumalbumin (MSA) (M
r 66472,
pI 5,7, enthaltend 35 Cys-Reste) und Kaninchenphosphorylase (Mr
97158, pI 6,8, enthaltend 36 Cys-Reste). Fünfzig μM-Lösungen von MSA oder Phosphorylase
in 50 mM Phosphatpuffer, pH-Wert 7,0, und 7 M Harnstoff wurden mit
50 mM Dithiothreitol (DTT) 1 Stunde lang bei 25°C reduziert. Nach der Reduktion
wurden die Proteine mit 100 mM von entweder Acrylamid oder 2- (2VP)
oder 4- (4VP) Vinylpyridin 1 oder 6 Stunden lang bei 25°C inkubiert.
Die Reaktionsprodukte wurden durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus überwacht.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 gezeigt. Tabelle
1. Alkylierung mit 2- oder 4-VP oder mit IAA von Proteinen mit mittleren
bis hohen Mr-Werten
- * Der Alkylierungsprozentsatz in den drei
Fällen
ist durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus der intakten Proteine
gemessen worden.
-
In
diesem Falle ist ebenfalls zu beobachten, wie im Falle von IAA für beide
Proteine Werte für
eine Alkylierung von etwa 68 % nach einer Stunde Reaktion und von
fast kaum etwa 80 % nach sechs Stunden erreicht werden; umgekehrt
werden im Falle von 4VP (und dessen Analog 2VP) Reaktionswerte von
100 % nach nur einer Stunde Inkubation erreicht.
-
Beispiel Nr. 6
-
Alkylierung
von Proteinen mit normalem oder deuteriertem 2VP oder 4VP für die quantitative
Analyse der Proteinexpression. Für
die Studie der Variation der Proteinexpression in Kontrollzellen
im Vergleich mit Zellen, die mit einer Reihe verschiedener Chemikalien
(z.B. Arzneimitteln, Inhibitoren, Promotoren usw.) behandelt worden
sind, ist es wichtig, in der Lage zu sein, die beiden Zellpopulationen
getrennt mit einem normalen („leichten") oder mit einem
deuterierten („schweren") Mittel zu labeln.
Die beiden Proben werden dann in einem Verhältnis von 1:1 gemischt und
die Probe wird der 2-D-Kartenanalyse unterworfen. Die Proteinzonen,
die über die
Analyse mit einem Quantifizierungsprogramm (wie PDQuest oder Melanie)
ihre Expression variiert zu haben scheinen (indem sie Erhöhungen oder
Reduzierungen der Färbeintensität zeigen,
die möglicherweise
die Auf- oder Herunterregulierung bei der Proteinsynthese widerspiegeln)
werden dann aus dem Polyacrylamidgel eluiert und mit Trypsin digeriert.
Die so gebildeten Peptide werden dann durch Massenspektrometrie
im MALDI-TOF-Modus analysiert. An diesem Punkt werden alle Peptide,
die mit 2VP oder 4VP markiert sind, in zwei Peaks, den leichten
und den schweren (wobei letztere mit dem deuterierten Isotop markiert
sind) gespalten, die 7 Da (im Falle von hepta-deuterierten Pyridinen)
oder 4 Da (in dem Fall, in denen nur der Pyridinring und nicht der
Vinylanteil deuteriert ist) oder 5 Da (im Falle einer teilweisen
Deuterierung des Vinylanteils) voneinander entfernt sind. Ein Einheitsverhältnis zwischen
den Bereichen der beiden monoisotopen Peaks bedeutet, dass keine
Variation in der Proteinsynthese zwischen der Kontrolle und den
behandelten Zellen stattgefunden hat. Wenn andererseits dieses Verhältnis höher (oder
geringer) als eins ist, so bedeutet dies, dass in den behandelten
Zellen eine Induktion oder Repression der Proteinsynthese stattgefunden
hat. Dieses Verfahren erlaubt es damit, auf genaue und eindeutige
Weise zu beurteilen, welche Effektoren die Proteinsynthese induzieren
oder unterdrücken
und dadurch für
das Beurteilen aller biologischen Effekte, die durch Arzneimittel
induziert werden, oder das Auftreten genetisch induzierter Krankheiten,
das Einsetzen von Krebs usw. fundamental ist. Die Verwendung von
isotopen Verhältnissen
für diese
quantitativen biologischen Studien ist in der Literatur schon beschrieben
worden (Gygi, S.P., Aebersold, R., in Proteomics: a Trend Guide
(Proteomik: ein Tendenzführer),
Blackstock, W., Mann, M., Verfasser, Elsevier, London, 2000, Seite
31-36), das Alkylierungsmittel ist jedoch ein sehr komplexes Molekül, dessen
eigentliche Reaktivität
nicht erwiesen worden ist und das nicht in der Lage ist, -SH-Gruppen
auf quantitative, wie im Falle von 2VP und 4VP, zu alkylieren. Außerdem wird
das obige Mittel (ICAT, Isotop-kodiertes Affinitätslabel genannt) biotinyliert,
da dieses Affinitätslabel
zum Erfassen, durch Affinitätschromatografie,
ausschließlich
der markierten Peptide unter einer äußerst heterogenen Peptidpopulation
benötigt
wird. Dies ist bei der Standard-2-D-Kartenanalyse nicht erforderlich,
da nur intakte Proteine und nicht ihr Peptiddigest getrennt werden.
Wir haben so ein 2-Vinylpyridin, das entweder teilweise oder vollständig deuteriert
ist, durch Anwendung als Ausgangsmaterial von hepta-deuteriertem
2-Methylpyridin hergestellt, aus dem das entsprechende Picolyllithium
hergestellt und dann durch Reaktion mit Paraformaldehyd das 2-(2-Hydroxyethyl)pyridin
J. Finkelstein et al., Journal of Organic Chemistry 4 (1939) 374-380
gemäß erhalten
werden kann. Von dieser letzteren Verbindung kann man (I.C. Ivanov
et al., Arch. Pharm. 322, 1989, 181-190) hepta-deuteriertes 2-Vinylpyridin,
wenn d2-Paraformaldehyd verwendet wird,
oder penta-deuteriertes 2-Vinylpyridin, wenn nicht deuteriertes
Paraformaldehyd verwendet wird, und so also mit Massenunterschieden
von 7 und 5 Da im Vergleich mit „leichtem" (nicht-deuteriertem) 2-Vinylpyridin
erhalten. Die Synthese der anderen beiden (3VP und 4VP) deuterierten
Vinylpyridinen kann durch geeignete deuterierte Vorläufer der
z.B. in der US-Patentschrift 2,556,845 beschriebenen Synthese gemäß im Falle
von 4-Vinylpyridin oder in Tetrahedron Letters 1993, 8329 und im
Journal of the American Chemical Society 75, 1953, 4738, im Falle
von 3-Vinylpyridin erhalten werden.
-
5 zeigt
ein Beispiel dieses Typs Analyse. Sera aus normalen Ratten wurden
getrennt mit „leichtem" und „schwerem" (hepta-deuteriertem)
2-Vinylpyridin markiert, in einem 70 %-igen deuterierten/30 %igen leichten
Label gemischt und durch 2-D-Kartierung getrennt. Die Zone des α1-Säureglycoproteins
(Mr 21546, pI 5,0) wurde eluiert, mit Trypsin
digeriert und durch Massenspektrometrie im MALDI-TOF-Modus analysiert.
Diese Analyse ergab das Massenspektrum von 5. Eine
Anzahl von Peptidfragmenten wird bei verschiedenen m/z-Werten beobachten,
einschließlich
der beiden Fragmente bei m/z 1235,0 und 1241,9. Der Unterschied
des m/z von 6,9 entspricht dem Unterschied zwischen dem 2-d7-VP und dem nicht deuterierten 2VP. Diese
Beobachtung, zusammen mit dem Verhältnis der relativen Intensitäten der
beiden Signale (etwa 68:32) bestätigt, dass
dieses Peptid einen einzigen Cys-Rest enthält, was das Verhältnis der
beiden isotopen Marker (70:30) in der ursprünglichen Proteinmischung widerspiegelt.