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Technisches Gebiet der
Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf den Transfer von Genen in
dem Nervensystem mit Hilfe von pseudotypisierten Viren und insbesondere
mit Hilfe von pseudotypisierten unvollständigen (defekten) lentiviralen
Vektoren mit einer Tollwut(Lyssa)-Virus-Hülle. Ziel der Erfindung ist
es, eine Zellpopulation oder eine Zellsubpopulation des Nervensystems
anzusteuern. In der vorliegenden Anmeldung werden Verfahren und
Zusammensetzungen beschrieben, die bestimmt sind für den selektiven
Transfer von Ziel-Genen in speziellen Nervenzellen-Populationen,
insbesondere in den Astrozyten, in vitro, ex vivo und in vivo, und
darin wird auch ihre Verwendung bei der Behandlung von Störungen des
Zentralnervensystems und/oder des Augensystems beschrieben.
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Der
Transfer von Genen in dem Nervensystem hat viele Anwendungen auf
dem experimentellen, therapeutischen Gebiet, dem Gebiet der Forschung
und dgl. Dieser Transfer erlaubt somit die Durchführung von Studien
auf dem Gebiet der Markierung, der Toxizität, der Qualität, des Aufbaus
von pathologischen Modellen, der Restauration (Wiederherstellung)
von Defiziten, der Expression von therapeutischen Produkten (wie
z.B. Proteinen, RNAs und dgl.) und dgl.
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In
dem Stand der Technik sind bereits verschiedene Versuche zur Durchführung eines
solchen Transfers unternommen worden, wie z.B. die Verwendung von
viralen Vektoren (von Retrovirus, AAV (Adeno-assoziiertem Virus),
Adenovirus und dgl.), die Injektion von Plasmiden, das Okulieren
(Transplantieren) von Zellen, die Implantation von eingekapselten
Zellen und dgl. Jeder dieser Versuche weist Vorteile und Nachteile
auf in Bezug auf die Wirksamkeit, die Sicherheit, die industrielle
Anwendbarkeit, die Selektivität,
die Stabilität
und dgl.
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So
ist die Verwendung von viralen Vektoren vorteilhaft in Bezug auf
den Wirkungsgrad des Transfers, der an die natürlichen Eigenschaften einer
Infektion mit diesen Viren gebunden ist. Unter den verwendeten Viren
sind für
den Anmelder insbesondere die Retroviren interessant.
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In
den ersten Stufen der Infektion führen die Retroviren ihre Nucleoproteinkörper in
das Cytoplasma der Zielzelle ein. Darin entsteht dann die inverse
Transkription des Virus-Genoms, während der Körper sich in einen Präintegrations-Komplex
umwandelt. Der Komplex muss den Kern erreichen, um die Integration
der Virus-DNA in die Chromosomen der Wirtszelle zu erlauben.
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Zahlreiche
retrovirale Vektoren, die von Onkoretroviren abgeleitet sind, ermöglichen
die Integration eines Transgens in das Genom von Zielzellen, diese
Vektoren sind jedoch nur in der Lage, während der Teilung in die Zellen
einzudringen. Diese Einschränkung
beschränkt
ihre Verwendung auf den Gen-Transfer ex vivo oder auf Organe, deren
Zellen mitotisch aktiv sind.
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Eine
Möglichkeit,
dieses Hindernis zu umgehen, besteht darin, von Lentiviren abgeleitete
Vektoren zu verwenden. Bei den Lentiviren handelt es sich um komplexe
Retroviren, die sich in das Genom von nicht mitotisch aktiven Zellen
integrieren können.
Zu diesen Viren zählen
insbesondere das Human-Immundefizit-Virus vom Typ 1 (HIV-1), das
Human-Immundefizit-Virus vom Typ 2 (HIV-2), das Affen-Immundefizit-Virus
(SIV), das Katzen-Immundefizit-Virus (FIV), das Rinder-Immundefizit-Virus (BIV), das
VISNA-Maedi-Virus (VISNA), das Ziegen-Arthritis-Enzephalitis-Virus
(CAEV) und das Pferde-Infektionsanämie-Virus (EIAV).
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Was
die Spezifität
der Vektoren angeht, so lehrt der Stand der Technik, dass eine bevorzugte,
wenn nicht gar spezifische Ansteuerung bestimmter Subpopulationen
von Nervenzellen mit pseudotypisierten Vektoren möglich ist.
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AURICCHIO
et al. beschreiben in "IOVS", Band 42, Nr. 1,
15. März
2001, Seite S 125, die Verwendung von lentiviralen Vektoren, die
mit der MOKOLA-Virus-Hülle pseudotypisiert
worden sind, für
den Transfer in Zellen des Netzhaut(Retina)-Pigment-Epithels nach einer subretinalen
Injektion bei der Maus zum Zwecke der Netzhaut(Retina)-Gentherapie.
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MOCHIZUKI
et al. beschreiben im "JOURNAL
OF VIROLOGY", Band
72, Nr. 11, November 1998, Seiten 8873–8883, die Herstellung von
unvollständigen
(defekten) lentiviralen Vektoren, die aus HIV-1 stammen, die mit
den Hüllen-Proteinen
G des Tollwut-Virus und des MOLOKA-Virus pseudotypisiert worden
sind, in einer Zellkultur und die Durchführung einer Transduktion von
HOS- und Ratten-2-Zellen. Die Möglichkeit
der Transduktion von Astrozyten ist darin nicht erwähnt.
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In
WO 99/61 639 ist die Verwendung von unvollständigen (defekten) lentiviralen
Vektoren, die von Humanimmundefizit-Viren vom Typ 1 (HIV-1) und
vom Pferde-Infekt-Anämie-Virus
(EIAV) abgeleitet sind, die mit dem Hüllenprotein G des Tollwut-Virus
pseudotypisiert worden sind, zum Zwecke der Gentherapie beschrieben,
und darin wird vermutet, dass der Tropismus der Pseudotypen identisch
sein muss mit dem Tropismus, von dem die Hülle abgeleitet ist. Es wird
darin angenommen, dass der Tropismus von Retroviren, die mit dem Tollwut-Protein
pseudotypisiert worden sind, neuronal sein muss und darin sind die
Astrozyten genannt, ohne dass jedoch genaue Angaben enthalten sind über die
Zellen-Ansteuerung der Pseudotypen als Zielzellen der Vektoren.
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K.A.
MITROPHANOUS et al. beschreiben in "Gene therapy", Band 6, Nr. 11, 1999, Seiten 1808–1818, die
Verwendung des unvollständigen
(defekten) lentiviralen Vektors, der von dem Pferde-Infekt-Anämie-Virus (EIAV)
abgeleitet ist, das mit dem Hüllenprotein
G des Tollwutvirus pseudotypisiert worden ist, für den Gentransfer, ohne jedoch
Angaben über
die zelluläre
Ansteuerung der Pseudotypen zu machen.
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V.
ZENNOU et al. zeigen in "NAT.
BIOTECHNOL." 19(5),
2001, Seiten 446–450,
dass die Insertion einer Flap-Sequenz in lentivirale Vektoren, die
von HIV abgeleitet sind, die genetische Transduktion (Umwandlung)
in den Nervenzellen ex vivo und in vivo in dem Ratten-Gehirn verbessert.
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Es
bleibt jedoch eine Nachfrage (Bedarf) in dem Stand der Technik für die Entwicklung
von Vektoren für
die Ansteuerung von Astrozyten, die eine eventuelle Therapie bestimmter
Erkrankungen, wie z.B. der Parkinson-Krankheit, erlauben.
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Die
Nachteile, die mit der Verwendung der Retroviren verbunden sind,
beruhen jedoch insbesondere auf dem Fehlen einer Spezifität, den potentiellen
Risiken und den Herstellungsschwierigkeiten. Diese Nachteile haben
bisher die Verwendung dieses Vektor-Typs für den Transfer von Genen in
vivo eingeschränkt.
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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Lösung dieses Problems und liefert
neue Werkzeuge und lentivirale Vektoren, die mit MOKOLA-Virus-Hüllen pa seudotypisiert
worden sind, für
den selektiven Transfer von Genen in die Astrozyten des Zentralnervensystems
in vivo, in vitro und ex vivo.
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In
der vorliegenden Erfindung wird außerdem ein ähnlicher Vektor, der mit dem
Protein G des Tollwut-Virus pseudotypisiert worden ist, beschrieben,
der für
den gleichen Zweck verwendet werden kann. Dieser Vektor ist lediglich
zur Erläuterung
der Erfindung beschrieben und ist nicht Teil der Erfindung.
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Detaillierte
Beschreibung der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Pseudotypisierung von rekombinanten
lentiviralen Vektoren durch eine MOKOLA-Virus-Hülle, welche die selektive Zellenansteuerung
in vivo in den Glia-Zellen vom Astrozyten-Typ erlaubt. Diese pseudotypisierten
viralen Vektoren sind verwendbar für den Transfer und die Expression
in vivo von Nucleinsäure-Sequenzen
im Innern von Astrozyten.
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Generelle
Struktur der Vektoren
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Wie
andere Retroviren besitzen die Lentiviren gag-, pol- und env-Gene,
die von zwei LTR (langen terminalen Wiederholungs)-Sequenzen flankiert
sind. Jedes dieser Gene codiert zahlreiche Proteine, die anfänglich in
Form eines neuartigen Vorläufer-Peptids
exprimiert werden. Das gag-Gen codiert die inneren Struktur-Proteine (Capside
und Nucleocapside). Das pol-Gen codiert die inverse Transkriptase,
die Integrase und die Protease. Das env-Gen codiert das virale Hüllen-Glycoprotein
und enthält
außerdem
ein Element RRE (ein reverses Antwort-Element), das in cis verantwortlich
ist für
den Export der Virus-RNA aus dem Kern heraus. Die 5'-LTR- und 3'-LTR-Sequenzen dienen der Förderung
der Transkription und der Polyadenylierung der Virus-RNA. Das LTR
enthält
jedoch alle anderen Sequenzen, die in cis reagieren, die erforderlich
sind für
die Virus-Replikation. Sequenzen, die für die inverse Transkription
des Genoms (Bindungsstelle für
den tRNA-Starter) und für
die Einkapselung der Virus-RNA in Teilchen (Stelle Ψ) erforderlich
sind, sind benachbart zu 5'-LTR
angeordnet. Wenn die für
die Einkapselung (oder das Verpacken) der Retrovirus-RNA in die
infektiösen
Virionen erforderlichen Sequenzen in dem Virus-Genom fehlen, wird die Genom-RNA nicht
aktiv eingekapselt.
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Die
Herstellung von lentiviralen Vektoren für Gen-Transfer-Anwendungen
ist beispielsweise beschrieben in den US-Patenten Nr. 5 665 577,
5 981 276 und 6 013 516, in dem Patent
EP 0 386 882 oder in der Patentanmeldung
WO 99/58 701.
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Diese
Vektoren enthalten ein unvollständiges
(defektes) lentivirales Genom, d.h. in dem mindestens eines der
Gene gag, pol und env inaktiviert oder deletiert (gelöscht) worden
ist. Diese werden in einem Protein-Teilchen eingekapselt, das besteht
aus lentiviralen Struktur-Proteinen und insbesondere in dem Hüllen-Glycoprotein.
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Die
in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen rekombinanten Lentiviren
werden auf diese Weise genetisch modifiziert, sodass bestimmte Gene,
die das native infektiöse
Virus aufbauen, unterdrückt
und ersetzt werden durch eine Nucleinsäure-Sequenz, die in die Ziel-Zellen
eingeführt
werden soll. Nach der Fusion des Virus mit der Zellmembran injiziert
es seine Nucleinsäure
in die Zelle, die nach der reversen Transkription in das Genom der
Wirtszelle eingebaut werden kann. Das auf diese Weise transferierte
genetische Material wird anschließend transkribiert und gegebenenfalls
translatiert in Proteine im Innern der Wirtszelle.
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Die
erfindungsgemäßen Lentiviren
können
aus unterschiedlichen Serotypen, insbesondere aus HIV-1, HIV-2,
SIV, FIV, BIV, VISNA, CAEV und EIAV hergestellt werden. Besonders
bevorzugte Serotypen sind HIV, FIV und EIAV.
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Pseudotypisierung
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Wie
weiter oben angegeben, beruht die Erfindung auf dem Nachweis von
Eigenschaften zur Ansteuerung von pseudotypisierten Lentiviren mit
speziellen Hüllen.
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Der
hier verwendete Ausdruck "Pseudotypisierung" bezeichnet ein rekombinantes
Virus, das eine Hülle
trägt,
die von der Wild-Hülle
verschieden ist, und das daher einen modifizierten Tropismus aufweist.
Im Falle der pseudotypisierten Lentiviren handelt es sich um Lentiviren,
die eine heterologe Hülle
nicht-lentiviralen Ursprungs aufweisen, die beispielsweise aus einem
anderen Virus oder aus einer Zelle stammt.
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Die
in dem Stand der Technik beschriebenen pseudotypisierten HIV-1-Vektoren enthalten
das Hüllen-Glycoprotein
des Virus der Stomatitis vesiculosa (VSV). Diese Hülle weist
vorteilhafte Eigenschaften auf, wie z.B. eine Beständigkeit
gegen Ultrazentrifugieren und einen sehr starken Tropismus. Im Gegensatz
zu anderen Hüllen,
wie z.B. denjenigen von klassischen Retroviren (von amphotropen
und ekotropen Retroviren von MLV oder gp120 von HIV, aber auch anderen)
ist das Glycoprotein von VSV nach der Ultrazentrifugierung nicht labil.
Dies ermöglicht
es, die Virus-Überstände einzuengen
und hohe Infektionstiter zu erhalten. Diese Hülle ver leiht außerdem den
Virionen einen sehr starken Tropismus, insbesondere in vitro, sie
erlaubt die Infektion von sehr zahlreichen Zelltypen. Der Empfänger dieser
Hülle wäre eine
Phosphatidylserin-Einheit, die an der Oberfläche von zahlreichen unterschiedlichen
Zellenarten vorliegt.
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Eine
spezielle Charakteristik, die in der vorliegenden Anmeldung beschrieben
wird, besteht darin, dass man verwendet eine Hülle (das Glycoprotein) des
Lyssa- bzw. Tollwut-Virus
und insbesondere des Virus der Serengruppe des Tollwut-Virus: Rabies
(PV) (C. Tuffereau, J. Benejean, D. Blondel, B. Kieffer, A. Flamand, "Lowaffinity nerve-growth
factor receptor (P75NTR) can serve as a receptor for rabies virus", abgedruckt in "EMBO J.", 15. Dezember 1998;
17 (24): 7250–7259);
Duvenhague (DUV), European bat Typ 1 (EB-1 ), European bat Typ 2
(EB-2), Lagos bat (LB), Mokola (MOK) (H. Bourhy, B. Kissi, N. Tordo, "Molecular diversity
of the Lyssavirus genus.",
abgedruckt in "Virology", Mai 1993; 194 (1):
70–81);
(H. Badrane, C. Bahloul, P. Perrin, N. Tordo "Evidence of two Lyssavirus phylogroups
with distinct pathogenicity and immunogenicity", abgedruckt in "J. Virol.", April 2001; 75 (7): 3268–3276),
Kotonkan (KOT), Obodhiang (OBD) und Rochambeau (RBU) (A. J. Della-Porta, F. Brown, "The physico-chemical
characterization of bovine ephemeral fever virus as a member of
the family Rhabdoviridae",
abgedruckt in "J.
Gen. Virol.", Juli
1979; 44 (1): 99–112)
oder jede Chimären-Zusammensetzung
dieser Hüllen.
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Im
Unterschied zu VSV zeigt die vorliegende Erfindung, dass die Tollwut-
und Mokola-Viren bei Tieren einen Tropismus aufweisen, der sehr
spezifisch für
das Nervensystem ist. Das Eintrittssystem dieser Viren hängt außerdem von
spezifischen Rezeptoren ab. Für
die Tollwut wurden mehrere Kandidaten als Rezeptoren vorgeschlagen:
die Rezeptoren mit Acetylcholin (insbesondere Nicotin), die Moleküle NCAM
(140 und 180 kDa) sowie die Rezeptoren mit niedriger Affinität für NGF (p75).
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Bei
einer bevorzugten Ausführungsform
beschreibt die vorliegende Anmeldung die Verwendung von Lentiviren,
beispielsweise vom HIV-Typ, die mit einer Hülle vom Typ PV (Tollwut-Virus)
oder vom Typ MOK (Mokola-Virus) pseudotypisiert worden sind.
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Die
vorliegende Anmeldung zeigt nämlich,
dass dieser Hüllen-Typ
eine Zellen-Ansteuerung,
insbesondere die Ansteuerung der Glia-Zellen vom Astrozyten-Typ
erlaubt.
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Die
Pseudotypen MOK und PV können
außerdem
wie VSV ultrazentrifugiert werden und erlauben somit die Konzentration
der Flüssigkeitsüberstände. Sie
erlauben außerdem
auf überraschende
Weise die Erzielung eines eingeschränkten Tropismus gegenüber VSV
und somit die zelluläre
Ansteuerung in vivo in der SNC. Es ist auch möglich, stabile Klone herzustellen
ohne Induktionssystem für
die Glycoproteine von PV und MOK. Diese stabilen Klone sind verwendbar
für die
Entwicklung von stabilen Einkapselungs-Linien, welche die Herstellung
von lentiviralen Vektoren erlauben, die mit einer dieser beiden
Hüllen
pseudotypisiert worden sind.
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Die
vorliegende Erfindung beschreibt somit die Pseudotypisierung von
lentiviralen Vektoren durch Lyssa-Virus-Hüllen (insbesondere PV und/oder
MOK) für
die spezifische Transduktion der Astrozyten.
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Sie
beschreibt auch die Verwendung dieser pseudotypisierten lentiviralen
Vektoren für
die Herstellung einer Zusammensetzung, die für den Transfer von Genen in
die Astrozyten in vivo bestimmt ist. Bei einer besonders vorteilhaften
Ausführungsform
der Erfindung handelt es sich bei dem verwendeten unvollständigen (defekten)
Lentivirus um das Human-Immundefizit-Virus. Bei einer anderen besonders
vorteilhaften Ausführungsform
der Erfindung enthält
das verwendete Lentivirus ein oder mehrere virale Proteine, die
unter TAT und REV selektioniert worden sind.
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Herstellung von rekombinanten
pseudotypisierten lentiviralen Vektoren
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Die
in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen lentiviralen Vektoren
können
auf unterschiedliche Weise hergestellt werden durch vorübergehende
Transfektion(en) in stabile Linien und/oder mittels eines Helfer-Virus.
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Das
in der vorliegenden Anmeldung beschriebene Verfahren umfasst gemäß einer
besonders bevorzugten Ausführungsform
die Kombination von mindestens drei Vektoren für die Herstellung eines rekombinanten
Virions oder eines rekombinanten Retrovirus.
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Ein
erster Vektor liefert den lentiviralen Vektor, der virale Sequenzen
aufweist, die in cis wirken und erforderlich sind für einen
guten Ablauf des Virus-Zyklus. Diese Sequenzen enthalten eine oder
mehrere LTRs des Lentivirus, eine Verpackungs-Psi-Sequenz lentiviralen
Ursprungs, inverse Transkriptions-Signale, einen Promotor und/oder
einen Verstärker
und/oder Polyadenylierungs-Sequenzen. Der erste Vektor enthält außerdem eine
Klonierungs-Stelle für
eine heterologe Nucleinsäure-Sequenz, die in eine
nicht-proliferative Zelle transferiert werden soll. In diesem Vek tor
können
die LTR außerdem
modifiziert werden zur Verbesserung der Expression des Transgens
oder der Sicherheit der Vektors. Auf diese Weise ist es möglich, beispielsweise
die 3'-LTR-Sequenz
durch Suppression der U3-Region zu modifizieren (WO 99/31 251).
Bei einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung handelt es sich um ein Vektor-Plasmid, das ein rekombinantes
lentivirales Genom mit der Sequenz LTR-psi-RRE-flap-Promotor-tansgen-LTR
enthält,
welche die Expression der Vektor-RNA erlaubt, die in die Virionen
eingekapselt wird. Das Transgen kann beispielsweise die folgenden
trophischen Faktoren codieren: CNTF, NGF, NT3, NT4, FGF, PDGF und
dgl., oder es kann Enzyme codieren, die eine unvollständige Stoffwechselaktivität restaurieren
(wieder herstellen), wie z.B.: TH, AADC, GTPC, B-Glucuronidase und dgl. Das Transgen
steht in der Regel unter der Kontrolle eines Transkriptions-Promotors,
der gegenüber
dem Transgen homolog oder heterolog sein kann, wie z.B. ein viraler,
zellulärer,
synthetischer Promotor und dgl. Der verwendete Promotor kann konstitutiv
oder reguliert (induziert) sein, er kann schwach oder stark sein,
er kann spezifisch für
das Gewebe oder ubiquitär
sein und dgl. In der Regel verwendet man einen viralen Promotor,
wie z.B. CMV, LTR, TK und dgl. oder einen zellulären Promotor, wie z.B. PGK,
Rho und dgl., Promotoren, die für
Gewebe spezifisch sind, können
auch dann verwendet werden, wenn die erfindungsgemäßen Vektoren
bereits einen selektiven Expressionscharakter verleihen.
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Ein
zweiter Vektor der Trans-Komplementierung liefert eine Nucleinsäure, die
ein lentivirales gag-Protein und ein lentivirales pol-Protein codiert.
Diese beiden Proteine sind abgeleitet von einem Lentivirus und sie stammen
vorzugsweise aus VIH. Der zweite Vektor ist frei von einer Einkapselungs-Sequenz,
der Sequenz, die für
eine Hülle
codiert, und er ist zweckmäßig auch
frei von lentiviralen LTRs. Deshalb werden die Sequenzen, welche
die gag- und pol-Proteine codieren, zweckmäßig unter die Kontrolle eines
heterologen Promotors gestellt, beispielsweise eines viralen, zellulären Promotors
und dgl., der konstitutiv oder reguliert (induziert), schwach oder
stark sein kann. Es handelt sich dabei vorzugsweise um ein transkomplementierendes
Plasmid, das eine Sequenz CMV-Δpsi-gag-pol-Δenv-PolyA
enthält.
Dieses Plasmid erlaubt die Expression aller Proteine, die für die Bildung
von leeren Virionen erforderlich sind, mit Ausnahme der Hüllen-Glycoproteine.
Selbstverständlich
können
die gag- und pol-Gene auch von unterschiedlichen Plasmiden getragen
werden.
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Ein
dritter Vektor liefert eine Nucleinsäure, welche die Herstellung
des ausgewählten
Hüllen
Glycoproteins (env) erlaubt.
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Diese
Hülle kann
ausgewählt
werden unter den oben genannten Hüllen, sie kann insbesondere
sein eine Rabdovirus-Hülle,
besonders bevorzugt eine Lyssa-Virus-Hülle und
ganz besonders bevorzugt eine MOK- oder PV-Hülle. Dieser Vektor ist frei
von einer Einkapselungs-Sequenz, von Sequenzen, die gag oder pol
codieren und zweckmäßig auch
frei von lentiviralen LTRs.
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Zweckmäßig enthalten
die drei verwendeten Vektoren keine homologe Sequenz, die ausreicht,
um eine Rekombination zu ermöglichen.
Die codierenden Nucleinsäuren
gag, pol und env können
zweckmäßig cDNA
sein, die nach konventionellen Verfahren herstellt sind aus Sequenzen
von Virusgenen, die im Stand der Technik verfügbar sind, und auf der Basis
der Angaben, wie sie in den weiter unten folgenden Beispielen enthalten
sind.
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Für die Herstellung
von unvollständigen
(defekten) rekombinanten Viren für
die Replikation werden die weiter oben beschriebenen Vektoren in
kompetente Zellen eingeführt
und die darin gebildeten Viren werden geerntet. Die verwendeten
Zellen können
irgendeine kompetente Zelle, vorzugsweise eine Säugetierzelle, beispielsweise
eine nicht-pathogene tierische oder menschliche Zelle, sein. Beispielsweise
können
genannt werden die Zellen 293, Embryonen-Zellen, Fibroblaste, Muskelzellen
und dgl.
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In
der vorliegenden Anmeldung wird somit ein Verfahren zur Herstellung
eines pseudotypisierten defekten rekombinanten Lentivirus beschrieben,
das die Transfektion einer Population von kompetenten Zellen mit
einer Kombination von Vektoren, wie sie vorstehend beschrieben worden
sind, und die Gewinnung der gebildeten Viren umfasst.
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In
der vorliegenden Anmeldung wird auf diese Weise ein besonders vorteilhaftes
Verfahren zur Herstellung von Lentiviren beschrieben, die in der
Lage sind, die Expression in vivo eines Transgens in Human-Astrozyten
zu ermöglichen,
das die Transfektion von kompetenten Zellen umfasst:
- a) durch ein Vektor-Plasmid, das eine Sequenz LTR-psi-RRE-flap-Promotortransgen-LTR(ΔU3),
- b) durch ein trans-komplementierendes Plasmid, das eine Sequenz
CMV-Δpsi-gag-pol-Δenv-PolyA
umfasst, und
- c) durch ein Hüllen-Plasmid,
das eine Sequenz CMV-env-PolyA umfasst, wobei die Hülle eine
Hülle des Mokola-Virus
oder des Tollwut-Virus ist.
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Die
in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Lentiviren können auch
aus einer Einkapselungs-Zelllinie hergestellt werden, die ein oder
mehrere Proteine gag, pol und env bildet.
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Bei
einer speziellen Ausführungsform
verwendet man eine Zelllinie, die das Protein env auf stabile Weise
exprimiert (d.h. ausgehend von einer in ihrem Genom integrierten
Sequenz). Im Gegensatz zu den lentiviralen Hüllen weisen nämlich die
MOK- oder PV-Hüllen
beispielsweise keine signifikante Toxizität für die Zellen auf und können auf
stabile und konstitutive (oder regulierte bzw. induzierte) Weise
in einer Zelllinie exprimiert werden.
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Daher
umfasst das in der vorliegenden Anmeldung beschriebene Verfahren
bei einer speziellen Ausführungsform
die Transfektion von nur zwei Vektoren (dem lentiviralen Vektor
und dem Transkomplementations-Vektor) in eine Zelllinie, welche
das ausgewählte
Protein env exprimiert. Die für
die Herstellung einer Zelllinie verwendeten Zellen sind beispielsweise
die oben genannten kompetenten Zellen. Eine solche Zelllinie ist auch
in der vorliegenden Anmeldung beschrieben.
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Bei
einer anderen Ausführungsform
exprimiert die verwendete Zelllinie auch die lentiviralen Proteine gag
und pol. In diesem Fall umfasst das Verfahren einfach die Transfektion
des lentiviralen Vektors.
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Diesbezüglich ist
es möglich,
eine lentivirale Einkapselungs-Zelle zu verwenden, wie sie in der
Patentanmeldung WO 99/58 701 beschrieben ist, in der die Gene gag
und pol von HIV auf getrennten Konstrukten vorliegen.
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Die
gebildeten Lentiviren sind vorzugsweise abgeleitet von dem Virus
HIV-1, HIV-2, SIV, FIV, BIV, VISNA, CAEV oder EIAV.
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Die
vorliegende Anmeldung zeigt auf überraschende
Weise, dass die so erhaltenen pseudotypisierten lentiviralen Vektoren
in der Lage sind, bestimmte Subpopulationen von Nervenzellen, insbesondere
die Astrozyten, in vivo bevorzugt zu infizieren. Unter dem Ausdruck "bevorzugt" ist zu verstehen,
dass die erfindungsgemäßen Viren
die im Wesentlichen die Astrozyten ansteuern, aber dennoch in der
Lage sind, auch andere Zelltypen, wie z.B. andere Glia-Zellen oder
Nervenzellen zu transfektieren. Andere (weitere) Subpopulationen von
Nervenzellen, die durch die in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen
Vektoren angesteuert werden können,
sind beispielsweise Mikroglia-Zellen, Endothel-Zellen oder Oligodendrozyten.
Bei einer speziellen Anwendung, die den Transfer von Genen im Auge
betrifft, erlauben die in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen
Vektoren, die mit der Mokola-Hülle
pseudotypisiert worden sind, einen selektiven Transfer in die Pigment-Epithel-Zellen.
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Die
in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Lentiviren können auch
für die
Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung verwendet werden,
die bestimmt ist für
die Behandlung einer Erkrankung des Nervensystems oder einer neurodegenerativen
Erkrankung und insbesondere der Alzheimer-Krankheit, der Parkinson-Krankheit,
der Chorea Huntington-Krankheit, der SLA oder SMA, von Augen-Degenerationserscheinungen
oder auch Traumata des Zentralnervensystems (Hirnschlag, Epilepsie,
Verletzungen des Rückenmarks
und dgl.), von Erkrankungen, die das Zentralnervensystem angreifen
(MPS und dgl.), Glioblastomen oder Astrozytomen oder von Stoffwechsel-Erkrankungen,
die das Nervensystem angreifen (Mucopolysacharidosen, Charcot-Marie-Krankheit
und dgl.).
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Ein
anderer Gegenstand, der in der vorliegenden Anmeldung beschrieben
ist, betrifft die kombinierte Verwendung von mehreren Lentiviren,
die mit einer anderen Hülle
von Lyssaviren pseudotypisiert worden sind, um eine Nucleinsäure in die
Zellen des Nervensystems zu transferieren und darin zu exprimieren.
Die kombinierte Verwendung kann umfassen die sequentielle Verabreichung
von unterschiedlichen Viren oder eine gleichzeitige Verabreichung.
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Wie
oben angegeben, können
die in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Vektoren den Transport
und die Expression von mehreren Nucleinsäuren in den Nervenzellen, wie
z.B. von katalytischen Nucleinsäuren
(Antisense, Ribozomen und dgl.), und Nucleinsäuren erlauben, die Wachstumsfaktoren,
trophische Faktoren, Cytokine, Faktoren zur Stimulierung von Kolonien,
Antikrebs-Mittel, Toxine, Enzyme, Neurotransmitter oder ihre Vorläufer und
dgl. codieren.
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Die
pharmazeutische Zusammensetzung, die den in der vorliegenden Anmeldung
beschriebenen Lentivirus enthält,
kann auf intrazerebralem oder systemischem Wege einem Patienten
verabreicht werden unter Berücksichtigung
des speziellen Tropismus der pseudotypisierten lentiviralen Vektoren,
insbesondere für
die Astrozyten. Es kann sich somit handeln um eine Verabreichung
auf intrazerebralem, intrastriatalem, intravenösem, intraarteriellem Wege,
in den Hohlraum unter der Netzhaut (Retina) und dgl. Bevorzugte
Injektionsarten sind die intrazerebrale Injektion und die Injektion
in den Hohlraum unter der Netzhaut (Retina). Für die Verwendung für den Transfer
von Genen in dem Auge bevorzugt man insbesondere Viren, die mit
einer Mokola-Hülle pseudotypisiert
worden sind.
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Die
Zusammensetzung wird zweckmäßig in einer
Menge von 102 bis 109 Teilchen
pro Dosis, in der Regel von 103 bis 108 Teilchen pro Dosis, verabreicht. Die Lentiviren
können
in jeder geeigneten Lösung,
beispielsweise in einer Kochsalzlösung, in einer isotonischen,
gepufferten Kochsalzlösung
konditioniert werden, die gegebenenfalls assoziiert ist mit Stabilisierungsmitteln,
wie z.B. isogenem Albumin oder irgendeinem anderen stabilisierenden
Protein, Glycerin und dgl., sowie mit Adjuvans-Faktoren, wie Polypren
oder DEAE-Dextran und dgl.
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Weitere
Vorteile der Erfindung werden in den folgenden Beispielen im Detail
erläutert,
die jedoch lediglich der Erläuterung
der Erfindung dienen.
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Beschreibung der Zeichnungen
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1 gibt
die mittlere Intensität
von GFP in den transduzierten Zellen an;
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2 gibt
den Prozentsatz der transduzierten Zellen an;
-
3 zeigt
den Ablauf des Versuchs und die Immunantwort (CD4/CD8);
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4:
zeigt eine Angiographie der Augäpfel,
in die unter die Netzhaut (Retina) ein Vektor injiziert worden ist,
der von HIV-1 abgeleitet ist und das GFP unter der Kontrolle des
Promotors CMV exprimiert. Auf der linken Seite ist der durch das
Protein VSV-G pseudotypisierte Vektor angegeben und auf der rechten
Seite ist der durch das Mokola-G-Protein pseudotypisierte Vektor
angegeben;
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5 zeigt
das Pigmentepithel der Augäpfel,
in die unter die Netzhaut (Retina) ein Vektor injiziert worden ist,
der von HIV-1 abgeleitet ist und der GFP unter der Kontrolle des
Promotors CMV exprimiert. (A) zeigt die Gesamtheit der transduzierten
Zone, (B) zeigt den durch das Protein VSV-G pseudotypisierten Vektor;
(C) zeigt den durch das Mokola-G-Protein pseudotypisierten Vektor.
In der transduzierten Zone exprimieren 100 % der Zellen das GFP.
Das hexagonale und zweikernige Aussehen der Zellen erlaubt die Bestätigung,
dass es sich um das Pigment-Epithel handelt;
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6 zeigt
die Anti-GFP-Immunhistochemie auf feinen Netzhaut (Retina)-Schnitten. Mit dem
durch VSV-G pseudotypisierten Vektor (A) werden markierte Zellen
in der Photorezeptor-Schicht (Pfeile) nachgewiesen. Mit dem durch
Mokola-G pseudotypisierten Vektor (B) werden nur die Pigment-Epithel-Zellen (ep) markiert.
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Beispiele
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1. Herstellung von pseudotypisierten
Viren (VSV, MOK und PV)
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Zur
Herstellung der pseudotypisierten Viren wurden die Sequenz-Vektoren LTR-Ψ-RRE-flap-CMV-GFP-LTR
oder LTR-Ψ-RRE-flap-PGK-GFP-LTR(ΔU3), das
Transkomplementierungs-Plasmid Δ8,71
und die Hüllen-Plasmide
CMV-VSV-G, CMV-MOK-G oder CMV-Rab-G verwendet.
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Am
Tage 0 wurden Behälter
von 160 cm2, die mit Zellen 293T mit einer
geringen Konfluenz (etwa 50 %) gefüllt wurden, hergestellt.
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Am
Tage 1 wurde das Kulturmedium durch frisches Medium ersetzt und
die Transfektion wurde mit den drei Plasmiden durchgeführt.
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Am
Tage 2 wurde das Medium erneut ausgetauscht.
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Am
Tage 3 wurde die überstehende
Flüssigkeit
gesammelt, dann mit der DNAse 15 min lang bei 37 °C behandelt.
Anschließend
wurde 5 min lang mit 3000 UpM zentrifugiert, um die Zellbruchstücke zu eliminieren
und dann wurde 1 1/2 h lang bei 4 °C ultrazentrifugiert (Rotor
SW28), dann in PBS1X resuspendiert. Die Rückstände wurden anschließend durch
kurzes Zentrifugieren für
30 s mit 8000 UpM eliminiert. Die auf diese Weise gereinigte überstehende
Flüssigkeit
wurde anschließend
portioniert und bei –80 °C gelagert.
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Die
Titration der Lagerbestände
erfolgte durch ELISA-Bestimmung des Capsid-Proteins (p24). Sie ist ausgedrückt in Nanogramm
Moleküle
p24 pro Mikroliter überstehender
Flüssigkeit.
- Lagerbestände
#1: CMV-GFP
VSV: 78 ng p24/μl
MOK:
19 ng p24/μl
PV:
29 ng p24/μl
- Lagerbestände
#2: CMV-GFP
VSV: 89 ng p24/μl
MOK:
30 ng p24/μl
PV:
64 ng p24/μl
- Lagerbestände
#3: PGK-GFP
VSV: 30 ng p24/μl
MOK:
56 ngp24/μl
PV:
21 ng p24/μl
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2. Transduktion von Zelllinien
in vitro durch pseudotypisierte Viren
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Die
Transduktion von Nervenzellen wurde getestet anhand von sieben unterschiedlichen
Zelllinien mit Vektoren, die eine CMV-GFP-Kassette enthielten. Die
getesteten Zelllinien waren die folgenden:
- – CHP212
und SKNSH: Human-Neuroblastome
- – PC12:
Ratten-Phäochromocytom
- – Cath.
a und Cath. b: catecholaminergische Maus-Zentral-Zelllinien, die
durch SV40 transformiert worden waren
- – Path.
1 und Path. 2: catecholaminergische Maus-Peripher-Zelllinien, die
durch SV40 transformiert worden waren.
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Eine
Gesamtmenge von 100 000 Zellen wurde in die Vertiefungen einer Platte
mit 24 Vertiefungen eingeführt.
Am folgenden Morgen wurden die Zellen mit dem Kulturmedium infiziert,
das 20 ng Vektor-p24 in 200 μl
Endlösung
enthielt. Die Zellen wurden mit dem Virus die gesamte Nacht inkubiert.
Am folgenden Morgen wurde das Medium gewechselt und durch ein frisches,
Virus-freies Medium ersetzt. Die Zellen wurden voneinander getrennt
und fixiert zur Durchführung
einer Analyse in einem Durchfluss-Zytometer (FACS) 48 h nach der
Entfernung der Viren.
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Die
Zellen SKNSH, CHP212 und PC12 wurden mit den Lagerbeständen (Vorratslösungen)
#1 infiziert. Die Zellen Cath und Path wurden mit den Lagerbeständen (Vorratslösungen)
#2 infiziert.
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Die 1A, 1B, 1C und 2A, 2B, 2C zeigen
eine sehr wirksame Transduktion durch die Pseudotypen VSV bei allen
getesteten Zelllinien (in %). Die Intensitäts-Schwankungen zeigen die
relative Aktivität
des Promotors CMV in den getesteten verschiedenen Zelllinien (GFP
X-Mittelwert).
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Dagegen
waren die Pseudotypen PV lediglich wirksam bei den Human-Zelllinien
CHP212 und SKNSH (mehr als 10 %).
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Die
Pseudotypen MOK zeigen die Wirksamkeit bei den Zelllinien CHP212,
SKSNH, Cath. b, Path. 1 und Path. 2.
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Es
ist somit klar, dass die Pseudotypen MOK und PV eine Wirts-Beschränkung aufwiesen,
die bei VSV in den getesteten Zelllinien nicht vorhanden war.
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3. In vivo-Transduktion
in dem Gehirn einer C57B16-Maus
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Für jeden
Pseudotyp wurde 3 Mäusen
C57B16 (8 Wochen alt) eine Injektion in das Striatum verabreicht.
Eine Dosis von 20 ng p24 (Vektoren CMV-GFP) wurde in ein Volumen
von 2 μl
injiziert. Die verwendeten stereotaktischen Koordinaten im Verhältnis zu
Lambda sind: A: +4,6; L: +2,2; V1: –3,5 (1 μl) und V2: –3,3 (1 μl). Die Geschwindigkeit der
Injektion betrug 0,25 μl/min.
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Eine
Woche nach der Injektion wurden die Mäuse getötet. Die Gehirne von zwei Mäusen wurden
perfundiert (PFA 4 %) und das dritte Gehirn wurde ohne Perfusion
tiefgefroren. Die Gehirne wurden in Cryostaten in der Injektionszone
(Dicke 20 μm)
geschnitten.
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Die
Expression von GFP kann unter dem Fluoreszenzmikroskop direkt sichtbar
gemacht werden. Der Phänotyp
der transduzierten Zellen wird durch Immunmarkierung der Schnitte
mit einem anti-GFAP-Antikörper für die Astrozyten,
durch einen anti-NeuN-Antikörper
für die
Neuronen (Nenvenzellen) und durch einen anti-CNPase-Antikörper für die Oligodendrozyten
bestimmt.
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Die
Analyse der Coexpression von GFP und der verwendeten verschiedenen
Marker wurde mit Hilfe eines konfokalen Mikroskops durchgeführt.
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Die
erhaltenen Ergebnisse zeigen, dass die Pseudotypen VSV unterschiedliche
Zellpopulationen transduzieren, darunter die Astrozyten und die
Neuronen (Nervenzellen). Im Falle der pseudotypisierten MOK-Lentiviren
wurden dagegen Astrozyten spezifisch transduziert. Es scheinen sehr
seltene Neuronen transduziert zu werden. Für die Pseudotypen PV wurden
nur die Astrozyten transduziert.
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Andererseits
war die Menge der das GFP exprimierenden Zellen sehr groß bei den
Pseudotypen VSV und MOK (mit vergleichbaren Größenordnungen), selbst wenn
die Anzahl der transduzierten Zellen mit den Pseudotypen PV geringer
zu sein scheint.
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Um
diese Ergebnisse der bevorzugten Ansteuerung der Astrozyten mit
den unter Verwendung von MOK und PV hergestellten Pseudotypen zu
bestätigen,
wur den unter ähnlichen
Bedingungen Injektionen mit den Vektoren PGK-GFP durchgeführt. Bei
diesem Versuch wurde eine Dosis von 60 ng/p24 der Pseudotypen VSV
und MOK in die Gehirne von C57B16-Mäusen injiziert.
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Die
Versuche einer doppelten Markierung mit einem Neuronen-Marker (NeuN)
und einem Astrozyten-Marker (GFAP) zeigen einen neuartigen astrozytären Tropismus
für die
Pseudotypen MOK, während
zahlreiche Neuronen mit den Pseudotypen VSV transduziert wurden,
wodurch die Spezifität
der Infektion der Astrozyten mit MOK bestätigt wurde.
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In
der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der Phänotypisierung zusammengefasst.
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4. Untersuchung der Immunreaktion
(mehrfache Injektionen)
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Dieser
Versuch wurde durchgeführt
mit dem Ziel, die Möglichkeit
der Durchführung
von wiederholten Injektionen bei verschiedenen Pseudotypen zu untersuchen.
Mit dem gleichen Glycoprotein pseudotypisierte Vektoren wurden 2-
bis 3-mal in das Gehirn von C57B16-Mäusen injiziert. Die Kombination
von wiederholten Injektionen mit zwei unterschiedlichen Pseudotypen
wurde auch durchgeführt,
um die Überkreuz-Immun-Reaktionen
zwischen den verschiedenen Pseudotypen zu testen.
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Die
Expression von GFP wurde durch Fluoreszenz direkt sichtbar gemacht.
In allen Fällen
war es möglich,
GFP+ Zellen an der Stelle der letzten Injektion zu markieren, ein
Anzeichen für
eine geringe Immunreaktion.
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Eine
detailliertere Untersuchung der CTL-Reaktion (der Zellreaktion der
Lymphozyten T) wurde mit Immunmarkern durchgeführt, die gegen die Antigene
CD4 und CD8 gerichtet waren.
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Wenn
nur eine einzige Injektion durchgeführt wurde, war die CTL-Reaktion
(CD4 und CD8) sehr gering, d.h. praktisch Null im Bereich der Kontrolltiere,
denen nur eine Kochsalzlösung
verabreicht worden war.
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Wenn
zwei aufeinanderfolgende Injektionen durchgeführt wurden, war die beobachtete
Reaktion sehr mäßig (CD4
und CD8 waren höher
als PBS), jedoch sehr viel niedriger als diejenige, die durch eine
einfache Injektion beispielsweise des Adenovirus hervorgerufen wurde.
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Wenn
drei aufeinanderfolgende Injektionen durchgeführt wurden, waren die CD4-
und CD8-Reaktionen verhältnismäßig stark.
Die Vektoren wurden jedoch nicht vollständig neutralisiert, da man
eine Expression im Bereich der Stelle der dritten Injektion fand.
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Die
CD4/CD8 (Lymphozyten T)-Reaktion kann hervorgerufen werden entweder
durch den Vektor (insbesondere das Hüllen-Glycoprotein) oder durch
die Expression des Transgens GFP.
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Diese
Versuche bestätigen
das Fehlen einer Immunreaktion in vivo nach mehreren Injektionen
und zeigen die Möglichkeit
der Durchführung
von derartigen wiederholten Injektionen in therapeutischen oder
experimentellen Verfahren.
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5. Tropismus der lentiviralen
Vektoren, die von HIV-1 abgeleitet und durch VSV- oder Mokola-G pseudotypisiert worden
sind, für
die Netzhaut-Zellen
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Die
lentiviralen Vektoren, die von HIV-1 abgeleitet und durch VSV- oder
Moko-Ia-G pseudotypisiert worden
sind, wurden in den Hohlraum unter der Netzhaut einer ausgewachsenen
Ratte (Stamm rdy) injiziert. Für
jeden Pseudotyp wurden unterschiedliche Promotoren getestet, welche
die Expression des Übertragungs-Gens
Green Fluorescent Protein (GFP) erlauben: der Promotor CMV (ein
ubiquitärer
Virus-Promotor), der
Promotor PGK (ein ubiquitärer
Promotor des Gens des Kinase-Phosphoglycerats
der Maus) und der Promotor Rho (ein Fragment von 2,2 Kilobasen des
Promotors des Rhodopsin-Gens, ein Protein, das spezifisch in den
Netzhaut-Zellen
exprimiert wird). Eine Woche und drei Wochen nach den Injektionen
wurde das GFP an einem lebenden Tier durch Angiographie nachgewiesen.
Nach 4 Wochen wurde das Tier getötet
und das GFP wurde auf zwei unterschiedliche Arten sichtbar gemacht:
direkt in den Pigment-Epithelen der flach ausgelegten Netzhaut oder
durch Immunhistochemie bei feinen Netzhaut-Schnitten. Diese Versuche
erlaubten die Erzielung der folgenden Ergebnisse:
- 1.
die beiden Pseudotypen erlaubten eine starke Expression von GFP
im Bereich der Netzhaut, die mit dem Promotor CMV in vivo durch
Angiographie nachweisbar war (4);
- 2. die beiden Pseudotypen erlaubten die Transduktion der Pigment-Epithel-Zellen mit einem
hohen Wirkungsgrad. Etwa ein Viertel bis ein Drittel der Epithel-Oberfläche exprimierte
das GFP. In der Transduktions-Zone exprimierten 100 % der Zellen
das GFP. Dies ist bei den flach ausgelegten Pigment-Epithelzellen klar
erkennbar (5);
- 3. durch Immunhistochemie war die Expression von GFP nachweisbar
im Be reich der Photorezeptoren nach der Injektion unter die Netzhaut
der durch das Protein VSV-G pseudotypisierten Vektoren (6a). Diese Expression war stärker mit
dem spezifischen Promotor Rho als mit den ubiquitären Promotoren
CMV und PGK. Dagegen wurde nach der Injektion der mit dem Protein
Mokola-G pseudotypisierten Vektoren keine Expression von GFP im
Bereich der Schicht der Photorezeptoren nachgewiesen, und dies unabhängig von
dem für
die Kontrolle der Expression von GFP verwendeten Promotor (6b).
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Diese
Versuche zeigen, dass die lentiviralen Vektoren, die von HIV-1 abgeleitet
und durch die Mokola G-Hülle
pseudotypisiert sind, eine spezifische Transduktion der Pigment-Epithelzellen
der Netzhaut als Folge einer Injektion unter die Netzhaut erlauben.