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Eine
chronische Abstoßung
ist die Hauptursache für
Misserfolge bei Nierentransplantationen, abgesehen vom Tod des Patienten.
Eine chronische Allotransplantat-Nephropathie (CAN) ist durch eine
Funktionsstörung
der Niere gekennzeichnet. Zu ihren pathologischen Merkmalen gehören tubuläre Atrophie,
interstitielle Fibrose und fibröse
Intimaverdickung. Zu beteiligten Faktoren können vorliegende chronische
Zustände
beim Spender, eine akute Schädigung
im Zusammenhang mit dem Transplantationsvorgang und Immunstress
gehören.
Ein Anzeichen für
CAN ist eine Veränderung
des Serum-Kreatininspiegels. Bei bis zu 40 % der Nierentransplantate
entwickelt sich eine progressive Dysfunktion, und zwar trotz der
Anwendung von immunosuppressiven Arzneistoffen (L. C. Paul, Kidney
International, Bd. 56 (1999), S. 783–793).
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Eine übliche immunosuppressive
Arzneistofftherapie umfasst Cyclosporin A, Tacrolimus und Corticosteroide.
Zu weiteren immunosuppressiven Therapien gehören Azathioprin, Mycophenolat-mofetil,
Sirolimus, Rapamycin, Rapamycin-Analoge und Prednison.
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Ein
Zentralpunkt der gegenwärtigen
Transplantationsforschung besteht in der Verringerung der verwendeten
Menge an immunosuppressiven Arzneistoffen nach einer Nierentransplantation.
Es ist bekannt, dass sich bei mit Cyclosporin behandelten Patienten
Nephrotoxizität
und Hochdruck entwickeln. Diabetes mellitus tritt bei etwa 15 %
der Patienten mit einer Nierentransplantation auf. Ferner haben
immunosuppressive Arzneistoffe häufig
negative kosmetische Nebenwirkungen.
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Auf
dem Gebiet der Nierentransplantation besteht ein Bedürfnis nach
einer verbesserten Therapie zur Stabilisierung der Nierenfunktion
nach einer Transplantation und zur Verringerung der Menge an immunosuppressiven
Therapeutika, die für
ein stabilisiertes Nierentransplantat erforderlich ist. Erfindungsgemäß wird die Verwendung
einer Vitamin D-Verbindung bei der Herstellung eines Arzneimittels
zur Behandlung von chronischer Allotransplantat-Nephropathie bei
einem Nieren-Transplantationspatienten bereitgestellt, wobei der Transplantationspatient
einer immunosuppressiven Therapie unterliegt. Nieren-Transplantationspatienten,
die eine immunosuppressive Therapie erhalten, werden mit einer ausreichenden
Menge einer Vitamin D-Verbindung versorgt, wobei sich die Nierenfunktion
stabilisiert oder die Geschwindigkeit, mit der die Nierenfunktion verloren
geht, abnimmt. Die Nierenfunktion wird vorzugsweise durch den Serum-Kreatininspiegel
gemessen.
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Bei
einem bevorzugten Verfahren der vorliegenden Erfindung handelt es
sich bei der Vitamin D-Verbindung um 1,25-Dihydroxyvitamin D3 und beim Behandlungsverfahren um eine orale
Abgabe.
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Eine
Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Stabilisierung
der Nierenfunktion nach einer Nierentransplantation. Eine weitere
Aufgabe der Erfindung besteht in einer Verlangsamung des Verlustes
der Nierenfunktion nach einer Nierentransplantation. Ein Vorteil
der vorliegenden Erfindung besteht darin, dass diese Stabilisierung
oder diese Verlangsamung des Nierenfunktionsverlustes in Gegenwart
einer üblichen
immunosuppressiven Therapie stattfindet.
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Weitere
Ziele, Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung ergeben
sich für
den Fachmann beim Studium der vorliegenden Beschreibung und der
Ansprüche.
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A. Allgemeines
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Eine
Nierentransplantation ist die häufigste
Form einer Transplantation von festen Organen in den Vereinigten
Staaten. Interessanterweise liegt bei Patienten mit einer Nierentransplantation
häufig
eine fehlerhafte Regulierung ihrer hormonellen Vitamin D-Achse als
Folge von Nierenversagen vor. Die Bildung von Vitamin D fällt in einem
frühen
Stadium der Niereninsuffizienz ab und eine ergänzende Behandlung mit Vitamin
D ist bei zahlreichen Patienten mit Endstadien von Nierenkrankheiten
(ESRD) erforderlich, um die Funktion der Nebenschilddrüsen und
den Calciumstatus zu stabilisieren.
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Kleine
klinische Studien lassen darauf schließen, dass bald nach einer Nierentransplantation
ein geringer bis mäßiger Mangel
an Vitamin D noch bei bis zu 40 % der Patienten vorliegen kann (P.
I. Lobo, et al., Clin. Transplant., Bd. 9 (4) (1995), S. 277–281; R.
Carter, et al., Transplantation, Bd. 67 (1999), S. 168). Dies kann
auf Abnormalitäten
im Vitamin D-Stoffwechsel, der im neuen Allotransplantat vorliegt,
zurückzuführen sein,
z. B. auf eine verminderte Nierentransplantatfunktion und auf eine
nicht erkannte Nieren-Epithelzellenschädigung.
Diese Abnormalitäten
machen sich durch erhöhte
Werte von Serum-Kreatinin bemerkbar (P. I. Lobo et al., a.a.O.,
1995; R. Carter et al., a.a.O., 1999). Die Folgen selbst eines relativen
Vitamin D-Mangels bei diesem Zustand wurden in der Transplantatpopulation
nicht eingehend untersucht.
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Ein
weiterer Aspekt der Vitamin D-Aktivität, die in signifikanter Weise
durch eine fehlerhafte Vitamin D-Erzeugung und -Stoffwechsel beeinflusst
werden kann, sind potentielle immunosuppressive Effekte in Verbindung
mit Vitamin D. Bei Verabreichung verschiedener Vitamin D-Verbindungen wurden
die Überlebenszeiten
bei Hauttransplantaten (P. Veyron, et al., Transplant Immunol.,
Bd. 1 (1993), S. 72–76),
bei Herztransplantaten (J. M. Lemire, et al., Transplantation, Bd.
54 (1992), S. 762–763)
und Nierentransplantaten (E. Lewin und K. Olgaard, Calcif. Tissue
Int., Bd. 54 (1994), S. 150–154;
M. T. Cantorna, Transplantation, Bd. 66 (7) (1998), S. 828–831; D.
A. Hullett et al., Transplantation, Bd. 66 (7) (1998), S. 824–828) durchweg
verlängert.
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B. Überprüfung von Calcitriol als Transplantat-Therapeutikum
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Wir
waren an der Feststellung interessiert, ob Vitamin D-Verbindungen, vorzugsweise
der gebräuchlichste
Vitamin D-Ersatz, nämlich
1,25-Dihydroxyvitamin D3 (Calcitriol), eine
günstige
Wirkung auf die Nieren-Transplantatfunktion ausübt. Zu diesem Zweck prüften wir
alle Patienten, die in der Universität Wisconsin nach einer Nieren-
oder Nieren-Pankreas-Transplantation Calcitriol erhielten, um festzustellen,
ob mit der Verabreichung von Calcitriol eine Veränderung der Transplantatfunktion
verbunden war. Die nachstehenden Beispiele belegen unseren Befund,
dass keine nachteiligen Ereignisse in Verbindung mit einer Therapie
unter Verwendung einer Vitamin D-Verbindung identifiziert wurden
und dass die Vitamin D-Therapie offensichtlich für den Erhalt der Nierentransplantatfunktion
bei der Durchführung
einer Nieren- oder Nieren-Pankreas-Transplantation günstig ist.
Die Zufuhr der Vitamin D-Verbindung
während
eines Transplantationsverlaufs mit abnehmender Nierenfunktion war
mit einer Stabilisierung und einem Erhalt der Nierenfunktion zusammen
mit einer erheblichen Verlangsamung der Geschwindigkeit des Funktionsverlustes
verbunden. Calcitriol, das in einem frühen Stadium nach der Transplantation
während
der Behandlungsperiode mit den höchsten
Dosierungen an Calcineurin-Inhibitoren
verwendet wird, war ebenfalls mit einer stabilen Nierentransplantatfunktion
ohne irgendwelche festgestellte Funktionsverluste verbunden.
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Bei
einer Ausführungsform
besteht die vorliegende Erfindung in der Behandlung eines Nieren-Transplantationspatienten
mit einer wirksamen Menge einer Vitamin D-Verbindung, wobei der
Patient auch mit einem Immunosuppressivum behandelt wird. Unter
einem "Nieren-Transplantationspatienten" sind alle Patienten
zu verstehen, die Nierentransplantate oder Nieren-Pankreas-Transplantate
erhalten haben.
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In
einer besonders bevorzugten Ausführungsform
handelt es sich bei der verabreichten Verbindung um 1α,25-Dihydroxyvitamin
D3 (1,25-(OH)2D3), 19-Nor-1,25-dihydroxyvitamin D2 (19-nor-1,25-(OH)2D3), 24-Homo-22-dehydro-22E-1α, 25-Dihydroxyvitamin D3 (24-homo-22-dehydro-22E-1,25-(OH)2D3), 1,25-Dihydroxy-24(E)-dehydro-24-homo-vitamin
D3 (1,25-(OH)2-24-homoD3) oder
19-Nor-1,25-dihydroxy-21-epivitamin D3 (19-nor-1,25-(OH)2-21-epi-D3).
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In
einer weiteren Ausführungsform
der Erfindung hat die Vitamin D-Verbindung
die folgende Formel
wobei X
1 und
X
2 jeweils aus Wasserstoff und Acyl ausgewählt sind;
wobei
Y
1 und Y
2 H bedeuten
können
oder einer dieser Reste O-Aryl, O-Alkyl, Aryl, C
1-4-Alkyl
bedeuten kann oder diese Reste zusammen ein Alken
bilden, wobei B
1 und
B
2 aus H, C
1-4-Alkyl
und Aryl ausgewählt
sind und eine β-
oder α-Konfiguration
aufweisen können;
Z
1=Z
2=H oder Z
1 und Z
2 zusammen
die Bedeutung =CH
2 haben; und wobei R eine
Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder
Fluoralkylgruppe bedeutet oder R die folgende Seitenkette bedeuten
kann
wobei (a) eine S- oder R-Konfiguration
aufweisen kann, R
1 Wasserstoff, Hydroxy
oder O-Acyl bedeutet, R
2 und R
3 aus
Alkyl, Hydroxyalkyl und Fluoralkyl ausgewählt sind oder zusammen die
Gruppe -(CH
2)
m-
bedeuten, wobei m eine ganze Zahl mit einem Wert von 2 bis 5 ist,
R
4 aus Wasserstoff, Hydroxy, Fluor, O-Acyl,
Alkyl, Hydroxyalkyl und Fluoralkyl ausgewählt ist, wobei dann, wenn R
5 Hydroxyl oder Fluor bedeutet, R
4 Wasserstoff oder Alkyl sein muss, R
5 aus Wasserstoff, Hydroxy, Fluor, Alkyl,
Hydroxyalkyl und Fluoralkyl ausgewählt ist oder R
4 und
R
5 zusammen doppelt gebundenen Sauerstoff
bedeuten, R
6 und R
7 zusammen
eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung bedeuten, R
8 H
oder CH
3 sein kann und wobei n eine ganze
Zahl mit einem Wert von 1 bis 5 ist und wobei der Kohlenstoff in
einer der Positionen 20, 22 oder 23 in der Seitenkette durch ein
O-, S- oder N-Atom ersetzt sein kann.
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Eine
als Kandidat in Frage kommende Vitamin D-Verbindung kann auf ihre
Eignung für
die vorliegende Erfindung bewertet werden. Die als Kandidat in Frage
kommende Verbindung kann zunächst
einem anfänglichen
Mäusemodell-Screeningvorgang
unterzogen werden. Eine erfolgreiche Verbindung führt zu einer
stabilisierten Nierenfunktion oder zu einer Verlangsamung des Verlustes
der Nierenfunktion, vorzugsweise in dem Ausmaß, wie es in den Beispielen
für 1,25-(OH)2D3 gezeigt wird.
Jedoch wird eine erfolgreiche Verbindung allgemein als eine solche
Verbindung beschrieben, die den Serum-Kreatininspiegel eines Patienten
stabilisiert. Der Patient soll mindestens 500 Tage nach der Transplantation
eine signifikante Stabilisierung von Serum-Kreatinin zeigen, wobei
der Spiegel vorzugsweise < 3,0
mg/dl und insbesondere < 2,6
mg/dl beträgt.
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Bei
einer weiteren Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung wird der Anstieg des Serum-Kreatininspiegels
(als Anzeichen für
einen Abfall der Nierenfunktion) im Vergleich zu Patienten, die
nicht mit einer Vitamin D-Verbindung behandelt werden, vermindert.
In einer bevorzugten Ausführungsform
steigt der Serum-Kreatininspiegel des Patienten nicht um mehr als
1,5 mg/dl, verglichen mit dem Spiegel vor der Transplantation, und
zwar für
einen Zeitraum von 500 Tagen nach der Transplantation. Bei einer
weiteren bevorzugten Ausführungsform
verdoppelt sich der Spiegel innerhalb von 500 Tagen nach der Transplantation
nicht.
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Bei
einer bevorzugten Dosis einer erfindungsgemäßen Vitamin D-Verbindung handelt
es sich um die maximale Dosis, die für einen Patienten verträglich ist
und die keine Hyperkalzämie
entwickelt. Wenn es sich bei der Vitamin D-Verbindung um Calcitriol
handelt, liegt eine besonders vorteilhafte Tagesdosis der Verbindung
im Bereich von 0,50 bis 0,75 μg
pro Tag pro Patient mit 72,6 kg (160 lb). Im allgemeinen liegt die
bevorzugte Dosis der Vitamin D-Verbindung im Bereich von 0,1 bis
50 μg pro
Tag pro Patient mit 72,6 kg (160 lb).
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1,25-Dihydroxyvitamin
D3 (1,25-(OH)2D3) wird derzeit in einer Menge von 0,5 μg/Tag pro
Patient mit 72,6 kg (160 lb) verabreicht, üblicherweise in zwei Viertel-Mikrogramm-Kapseln
morgens und abends, und zwar zur Behandlung von Osteoporose oder
renaler Osteodystrophie.
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Daher
beträgt
die bevorzugte Dosis von 1,25-(OH)2D3 offensichtlich 0,5–0,75 μg/Tag. Andere, weniger aktive
1α-Hydroxy-vitamin
D-Verbindungen können
in sicherer Weise in höheren
Dosen verabreicht werden. Beispielsweise erfolgt in Japan die Behandlung
von Osteoporose mit 1,25-(OH)2D3 in einer Dosis
von 0,5 bis 1,0 μg/Tag.
Das gleiche gilt für
andere Länder,
wie Italien, wo eine hohe Dosis von 1 μg/Tag von 1,25-(OH)2D3 mit Erfolg von Dr. Caniggia verabreicht
wird (A. Caniggia, et al., Metabolism, Bd. 39 (1990), S. 43–49).
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Eine
bevorzugte Verabreichungsart besteht in einer täglichen oralen Verabreichung,
vorzugsweise mit einer Zubereitung mit langsamer Freisetzung oder
durch Verabreichung einer Verbindung mit langsamer Freisetzung.
Die Dosierung erfolgt vorzugsweise auf oralem Wege, kann aber auch
auf andere Weise erfolgen, z. B. durch Injektion. Die Anmelderin
nimmt speziell an, dass eine einigermaßen kontinuierliche Dosierung
der Vitamin D-Verbindung bei einer Verringerung von Symptomen der
SLE-Krankheit vorteilhaft ist.
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Die
nachstehenden Beispiele beschreiben bevorzugte Dosierungen einer
Vitamin D-Verbindung im Bereich von 0,5 μg pro Woche bis 0,75 μg pro Tag.
Die Nierenfunktion wird vorzugsweise bewertet, indem man die Werte
von Serum-Kreatinin ermittelt, vorzugsweise gemäß den nachstehenden Angaben
in den Beispielen. Die nachstehenden Beispiele führen aus, dass die durchschnittlichen
Serum-Kreatininspiegel beim Patienten ohne Behandlung mit einer
Vitamin D-Verbindung ansteigen, was ein Anzeichen für eine abfallende
Nierenfunktion darstellt. Die Daten weisen darauf hin, dass nach
Einleitung einer Therapie mit Calcitriol sich die Serum-Kreatininspiegel
stabilisieren. Als "stabilisierten" Spiegel definieren
wir einen Spiegel von < 3,0
mg/dl für einen
Zeitraum von 500 Tagen nach der Transplantation. Eine "Verlangsamung des
Verlustes der Nierenfunktion" ist
als die Verlangsamung der Geschwindigkeit des Verlustes der Nierenfunktion
definiert, die sich durch eine ausbleibende Veränderung oder eine minimale
Fluktuation der Serum-Kreatininwerte oder in anderen Messungen der
Nierenfunktion, wie der Kreatinin-Clearance oder der glomerulären Filtrationsgeschwindigkeit, widerspiegelt.
Wir erwarten eine Veränderung
des Serum-Kreatininspiegels von weniger als 1,5 mg/dl/500 Tage nach
der Transplantation.
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Eine
Therapie mit Vitamin D beginnt vorzugsweise unmittelbar nach der
Transplantation oder zu einem anderen Zeitpunkt im klinischen Verlauf
nach der Transplantation.
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Bei
einem geeigneten Patienten handelt es sich um einen Patienten mit
einer Nieren- oder Nieren-Pankreas-Transplantation, der einer üblichen
Therapie gegen Transplantatabstoßung unterliegt, z. B. durch
Verabreichung von Cyclosporin A. Eine typische immunosuppressive
Therapie umfasst Corticosteroide, Cyclosporin A oder Tacrolimus,
Mycophenolatmofetil und/oder die Verwendung von Rapamycin oder Rapamycin-Analogen
und/oder Azathioprin.
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Beispiele
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Wir
prüften
sämtliche
Patienten, die im Anschluss an eine Nieren- oder Nieren-Pankreas-Transplantation
an der Universität
von Wisconsin Calcitriol erhielten, um festzustellen, ob die Verabreichung
von Calcitriol mit einer Veränderung
der Transplantatfunktion verbunden war.
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Methodik – retrospektive
Analyse:
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Die
Transplantationsdatenbank der Universität von Wisconsin wurde durchsucht,
um alle Nieren- und/oder Nieren-Pankreas-Transplantationsempfänger zu
ermitteln, die nach der Transplantation 1,25-Dihydroxyvitamin D3 (Calcitriol) erhielten. Klinische und demographische
Variable wurden aus der Datenbank abstrahiert. In die Analyse wurden
Patienten mit angemessenen Nachuntersuchungsdaten aufgenommen (≤ 1 Jahr Nachuntersuchungsdaten
im Anschluss an den Behandlungsbeginn mit Calcitriol). Demographische
Variable umfassten Rasse, Alter und eine etwaige vorherige Parathyroidektomie,
da bei diesen Patienten die Verabreichung von Calcitriol zum Zeitpunkt
der Transplantation wahrscheinlich ist. Der Einfluss einer Calcitriol-Behandlung
auf die Nierenfunktion wurde unter Anwendung eines allgemeinen linear
gemischten Modells der Veränderung
des Gefälles
der Nierenfunktion vor und nach Beginn der Calcitriol-Therapie analysiert.
Der Einfluss von Calcitriol auf die Serumspiegel von Cyclosporin
A (CsA) und Tacrolimus (FK506) wurde analysiert, indem die Milligramm-Dosierungen
dieser Mittel auf einen Mittelwert von 0 mit einer Standardabweichung
von 1 standardisiert wurden. Ungünstige
Ereignisse und Hyperkalzämie
wurden durch Markierungen in der Datenbank und durch Serum-Calciumspiegel gemäß den Aufzeichnungen
in der Datenbank vermerkt. Hyperkalzämie wurde als Serum-Calcium > 10,5 mg/dl definiert.
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Datenermittlung – demographische
Daten:
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Die
mit Calcitriol behandelten Patienten wurden in folgende Gruppen
eingeteilt:
- Gruppe 1: Patienten, bei denen mit der Calcitriol-Therapie
mehr als 1 Jahr nach der Transplantation begonnen wurde.
- Gruppe 2: Patienten, bei denen innerhalb von 2 Wochen nach der
Transplantation die Calcitriol-Therapie beibehalten oder eingeleitet
wurde.
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(Ferner
wurde eine dritte Gruppe von Patienten identifiziert: Bei diesen
Patienten wurde mit der Calcitriol-Therapie in einem Zeitraum zwischen
15 Tagen und 1 Jahr nach der Transplantation begonnen. Diese Patienten
sind derzeit noch nicht vollständig
ausgewertet.) Die demographischen Eigenschaften für die Patienten der
Gruppe 1 und der Gruppe 2 sind in Tabelle 1 aufgeführt. Gegebenenfalls
sind diese Daten als Mittelwerte ± Standardabweichung angegeben.
Der Großteil
der Patienten beider Gruppen gehörte
der kaukasischen Rasse an.
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Tabelle
1 Demographische
Eigenschaften der mit Calcitriol behandelten Patienten
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- *Spenderalter verfügbar
für n =
15 in Gruppe 1;
- **Daten verfügbar
für n =
24 in Gruppe 1, nicht verfügbar
für Patienten
der Gruppe 2
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Diabetes
mellitus vom Typ 1 war die häufigste
Ursache oder Ätiologie
einer Nierenerkrankung im Endstadium (ESRD) bei den Patienten der
Gruppe 1 (n = 9) (Tabelle 2). Eine Vielzahl anderer Ätiologien
war für
ESRD bei den restlichen Patienten verantwortlich. Alle diese Punkte
ergaben sich auch bei Patienten der Gruppe 2, jedoch mit unterschiedlicher
Häufigkeit
(Tabelle 2).
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Tabelle
2 Ätiologien
für ESRD
bei den mit Calcitriol behandelten Patienten der Gruppe 1 und der
Gruppe 2
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Die
Calcitriol-Dosierungen lagen im Bereich von 0,5 μg pro Woche bis 0,75 μg pro Tag,
wobei sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Dosierungsbereichen
der Gruppe 1 und der Gruppe 2 ergaben.
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Datenermittlung – Folgezustand
der Patienten der Gruppe 1:
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Die
Nierenfunktion wurde durch Ermittlung der seriellen Serum-Kreatininwerte
bestimmt. Dieser Serumwert stellt ein übliches und anerkanntes Maß für die Nierenfunktion
dar. Der Beginn der Calcitriol-Therapie wurde als Tag 0 definiert.
Die Zeitspanne vor Beginn der Calcitriol-Therapie wurde mit einem
negativen Wert bezeichnet. Die durchschnittlichen Serum-Kreatininspiegel
stiegen bei Patienten der Gruppe 1 offenbar an (Anzeichen für einen
Abfall der Nierenfunktion), und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem
mit der Calcitriol-Therapie begonnen wurde (Tabelle 3).
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Tabelle
3 Serum-Kreatininwerte
bei Patienten der Gruppe 1 vor und nach Beginn der Calcitriol-Therapie
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Im
Anschluss an die Calcitriol-Therapie stabilisierten sich die Serum-Kreatininspiegel.
Diese Ergebnisse wurden durch Wiederholungsmessungen und Varianzanalyse
der Steigungen der Kreatinin-Trends
im Laufe der Zeit belegt. Diese Analyse zeigte, dass die Geschwindigkeit
der Zunahme des Serum-Kreatinins im Zeitraum unmittelbar vor der
Calcitriol-Therapie am höchsten
war (0,007 mg/Tag) (p = 0,009, gegenüber dem Zeitraum der Calcitriol-Therapie).
Nach einer Calcitriol-Therapie
von 300 Tagen nahm das Kreatinin ab, was sich durch eine negative
Steigung zeigte. Dies stellt einen Hinweis auf eine signifikante
Stabilisierung oder Verlangsamung der Geschwindigkeit des Verlustes
der Nierentransplantatfunktion bei der Therapie dar. Dies wird in Tabelle
4 belegt, bei der die "Differenz" als die Veränderung
der Steigung des gegen die Zeit aufgetragenen Serum-Kreatininwerts
des Patienten definiert ist. Ein negativer Wert für diese
Steigung bezeichnet eine abnehmende Steigung und eine verbesserte
Nierenfunktion.
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Tabelle
4 Veränderung
der Steigung des Kreatininwerts im zeitlichen Verlauf bei Patienten
der Gruppe 1
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Letztlich
traten bei 6 Patienten dieser Gruppe Transplantat-Fehlschläge auf (Verlust
des Transplantats).
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Datenermittlung – Therapieverlauf
bei Patienten der Gruppe 2:
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Der
Beginn der Calcitriol-Therapie wurde wieder als Tag 0 definiert.
Die durchschnittlichen Serum-Kreatininspiegel blieben bei dieser
Patientengruppe für
die ersten 600 Tage im Anschluss an den Beginn der Calcitriol-Therapie
stabil (Tabelle 5).
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Tabelle
5 Serum-Kreatininwerte
bei Patienten der Gruppe 1 vor und nach Beginn der Calcitriol-Therapie
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Die
Analyse der festgestellten Steigungen ergab weder Intervallsteigungen,
die sich signifikant von 0 unterschieden, noch Intervallsteigungen,
die sich signifikant voneinander unterschieden. Diese Daten lassen darauf
schließen,
dass die Calcitriol-Therapie mit einer Stabilisierung der frühen Nierentransplantatfunktion
bei der Durchführung
einer Nieren- und Nieren-Pankreas-Transplantation verbunden war.
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Letztlich
kam es bei dieser Gruppe zu zwei Transplantationsfehlschlägen.
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Datenermittlung – Einfluss
von Calcitriol auf immunosuppressive Mittel:
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Die
Calcineurin-Inhibitoren Cyclosporin A (CsA) und Tacrolimus (FK506)
stellen übliche
immunosuppressive Mittel für
Empfänger
von Nieren- und Nieren-Pankreas-Transplantaten dar. Diese beiden
Mittel haben günstige
Einflüsse
auf die Verlängerung
der Fremdtransplantatfunktion, indem sie die Fähigkeit von aktivierten T-Zellen
zur Erzeugung von Interleukin-2 (IL-2) verändern. Jedoch waren diese beiden
Mittel auch mit einer arzneistoffbezogenen Nephrotoxizität verbunden,
die sich durch charakteristische histologische Veränderungen
im Allotransplantat, z. B. durch tubulointerstitielle Fibrose und
einen Verlust der Langzeit-Allotransplantatfunktion,
zeigte. Somit war bei dieser retrospektiven Analyse die Feststellung
von Bedeutung, ob Calcitriol die CsA- oder FK506-Serumspiegel verändert und
möglicherweise
deren immunosuppressive Einflüsse
auf das Immunsystem und deren mögliche
nephrotoxischen Langzeitwirkungen verändert.
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Sieben
der 26 Patienten der Gruppe 1 wiesen im Anschluss an den Beginn
der Calcitriol-Therapie serielle CsA-Spiegel auf. Trends wurden
weder in den durchschnittlichen CsA-Spiegeln noch in der Variabilität der CsA-Spiegel
festgestellt.
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Um
für die
Zwecke der statistischen Analyse die Calcineurin-Inhibitoren relativ vergleichbar zu
machen, wurden die Milligramm-Dosierungen
jeweils auf einen Mittelwert von 0 und eine Standardabweichung von
1 standardisiert. Sämtliche
Patienten der Gruppe 2 wurden mit CsA oder FK506 behandelt. Daher
wurden sie in Kombination mit den CsA-behandelten Patienten der
Gruppe 1 analysiert, um einen etwaigen Einfluss von Calcitriol auf
die Arzneistoff-Dosierungserfordernisse festzustellen. Eine Calcitriol-Therapie
hatte keinen signifikanten Einfluss auf die CsA- oder FK506-Dosierungen
oder die Serum-Arzneistoffspiegel
bei einer kombinierten Analyse sämtlicher
Patienten der Gruppe 1 und der Gruppe 2 und es ergaben sich keine
Trends, die durch Calcitriol beeinflusst wurden, bei den CsA- oder
FK506-Dosierungserfordernissen
oder den Serum-Arzneistoffspiegeln.
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Datenermittlung – Calcitriol
und abträgliche
Ereignisse:
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In
Verbindung mit der Calcitriol-Therapie wurden keine abträglichen
Ereignisse festgestellt. Der durchschnittliche Serum-Calciumwert
bei den Patienten der Gruppe 1 und der Gruppe 2 betrug < 10 mg/dl (9,6 ± 0,9 mg/dl).
Es gab keine Episoden einer anhaltenden Hyperkalzämie (> 2 serielle hyperkalzämische Werte
festgestellt) noch für
hyperkalzämische
Ereignisse, die eine Einlieferung ins Krankenhaus erforderlich machten. Es gab
keine Episoden einer anhaltenden Hämaturie, die direkt einer Hyperkalzämie zugeordnet
werden konnten.
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Zusammenfassung – Calcitriol-Therapie
bei Nieren- und Nieren-Pankreas-Transplantation:
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Eine
Calcitriol-Therapie erweist sich offensichtlich als günstig in
Bezug auf einen Erhalt der Nierentransplantatfunktion bei Durchführung einer
Nieren- oder Nieren-Pankreas-Transplantation,
wie in dieser retrospektiven Studie festgestellt wird. Die Zufuhr
von Calcitriol bei einem Transplantationsverlauf mit abnehmender Nierenfunktion
war mit einer Stabilisierung und einem Erhalt der Nierenfunktion
zusammen mit einer signifikanten Verlangsamung der Geschwindigkeit
des Verlustes der Nierenfunktion verbunden. Die Verwendung von Calcitriol
in einem frühen
Stadium nach der Transplantation während der Behandlungsperiode
mit den höchsten
Dosierungen an Calcineurin-Inhibitoren war ebenfalls mit einer stabilen
Nierentransplantatfunktion ohne Feststellung eines Funktionsverlustes
verbunden.