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Verfahren zur Herstellung wenig dehnbarer Kautschukvulkanisate W.
B. W i e g a n d hat in einem Vortrage vor der Institution of Rubber Industry in
London (»Rubber Age«, London, Dezemberheft i925, S. 492) ausgeführt, in den Vereinigten
Staaten von Amerika hätten Kautschukvulkanisate, welche durch Zusätze von 7o bis
9o % Gasruß auf je i oo Kautschuk etwa zwei- bis dreimal so steif gemacht wären
wie die Laufstreifen von Kraftwagenreifen, die versteifenden Gewebeeinlagen bei
Kautschukschläuchen und Kautschukfußzeug verdrängt, und eine ebensolche Verdrängung
der Gewebeeinlagen erschiene auch möglich bei pneumatischen Bereifungen. Bisher
sind aber im Handel weder Kautschukschläuche noch Kautschukfußzeug noch pneumatische
Bereifungen anzutreffen, bei denen--die starren Gewebeeinlagen ersetzt sind durch
Kautschukvulkanisate, welche auf ioo Gewichtsteile Kautschuk 7o bis 9o Gewichtsteile
Gasruß enthalten. Hierbei ist unter Gasruß im Sinne Wiegands lediglich der aktive
Gasruß, »Channel Gasblack«, zu verstehen, nicht aber der durch thermische Aufspaltung
von Erdgas erhaltene inaktive Gasruß, anfänglich als »Thermatomic Carbon« bezeichnet,
später in zwei verschiedenen Gradierungen als »Thermax« bzw. »P-33« in den Handel
gebracht.
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Allerdings hat man schon damals unter sehr hohem Pressendruck Platten
vulkanisiert, die als- Ersatz für Ledersohlen dienten, beispielsweise aus
Kautschuk.............-........... =oo |
aktivem Gasruß Handelsmarke»Arrow« 82,5 |
Zinkoxyd ........................r2,5 |
Mineral-Rubber-Asphalt . . .. . . . . . . . . 47,5 |
Aldol-a naphthylaminharz . . . . . . . . . . 2 |
Diphenylguanidin.................. i |
Schwefel.......................... 4,5 |
zusammen ... 250 |
Solche Sohlenplatten erlangten aber im Höchstfalle eine Shorehärte von 9o, während
Laufstreifen von Kraftwagenreifen etwa eine Shorehärte von
62 besitzen. Man
hat in den nachfolgenden Jahren unter Aufwand recht hoher Energie beim Mischen und
beize Kalandern und recht hohen Pressendrucks sogar ein solches Gummileder mit i
i o kg aktivem Gasruß auf iookg Kautschuk herstellen können, allerdings hur durch
eine verhältnismäßig langwierige Vulkanisation (3o Minuten bei 3,5 atü), während
die gebräuchlichen Vull;anisiermaschinen für pneumatische Fahrradbereifungen auf
nur 7 Minuten hulkanisation bei 6 atü eingestellt sind. Infolge der mechanischen
Schtvierigkeiten, der erheblichen inneren Reibung bei der Herstellung und Weiterverarbeitung
solcher an aktivem Gasruß reichen Kautschukmischungen
blieb dieses
sogenannte Gummileder auf Preßvulkanisate,wie Sohlenplatten und Damenschuhabsätze,
beschränkt.
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Erst die. sehr gesunkenen Preise für Kautschule, dessen spezifisches
Gewicht bekanntlich o,93 ist, im Vergleich zu Baumwolle, deren spezifisches Gewicht
1,4.5 ist, spornten zu Versuchen an, bei starren Kautschukschläuchen und bei den
starren Decken für pneumatische Bereifungen das die starr machende Einlage bildende
gummierte Gewebe zu ersetzen durch eine Art Gummileder. Die Aufgabe umfaßte dabei
auch, daß die gesuchte Kautschukmischung auf der zum Spritzen der Schläuche üblichen
Spindelstrangpresse, ohne anzubrennen, verarbeitbar sein, andererseits aber auf
den gebräuchlichen Vulkanisiermaschinen für Fahrraddecken binnen 7 Minuten bei 6
atü ausreichend vulkanisiert sein müßte; ferner müßte das Vulkanisat eine entsprechend
sehr erhebliche Zerreißfestigkeit, sehr hohe Einreißfestigkeit und sehr geringe
Dehnbarkeit besitzen.
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Zu einer Grundmischung aus ioo Kautschuk, i Stearinsäure, i Alterungsschutzmittel,
i Vulkanisationsbeschleuniger, 3 Schwefel, 5 Zinkoxyd wurden zugemischt: a) ioo
aktiver Gasruß Handelsmarke »Arrow«, b) ioo inaktiver Gasruß Handelsmarke »P-33«,
c) loo inaktiver Gasruß Handelsmarke »Thermax«. Das Vulkanisat a) ergab Zoo kg/qcm
Zerreißfestigkeit bei 390 % Dehnung, b) 209,5 kg/qcm Zerreißfestigkeit
bei 670 % Dehnung, c) 139,9 kg/qcm Zerreißfestigkeit bei 555 Dehnung. Die
Messungen wurden an Streifenproben aus Preßvulkanisaten vorgenommen. Mischung a)
ließ sich nur sehr langwierig und schwierig mischen, aber nicht auf der üblichen
Schlauchmaschine spritzen; b) und c) ließen sich leicht mischen und anstandslos
auf der Schlauchmaschine spritzen, besaßen aber viel zu große Dehnbarkeit. Bei:
einer weiteren Mischung d) wurden zur gleichen Grundmischung Zoo inaktiver Gasruß
Handelsmarke »P-33«, bei einer weiteren Mischung e) Zoo inaktiver Gasruß Handelsmarke
»Thermax« zugesetzt. Nach der gleichen Vulkanisationszeit ergab d) 127,3 kg/qcm
bei ¢.15 % Dehnung, e) lo3,q.kg/qcm bei 39o oho Dehnung. Es gelang also wohl, die
Dehnbarkeit herabzusetzen, aber zugleich fiel leider die Zerreißfestigkeit zu stark
ab. Die Verarbeitung auf der Schlauchmaschine machte, da der Gasruß weicher, inaktiver
Gasruß war, keine Schwierigkeiten. Ersichtlich ergaben hierbei also ioo Gasruß Handelsmarke
»Arrowcc die gleiche geringe Dehnung wie Zoo Gasruß Handelsmarke »Thermaxcc, aber
dabei rund die doppelte Zerreißfestigkeit, verhinderten aber eben das Spritzen auf
der Schlauchmaschine. Es zeigte sich nun, daß die gleitfähig machende Zugabe von
inaktivem Gasruß Handelsmarke »Thermtixcc die starr machende Zugabe von aktivem
Gasruß Handelsmarke »Arrow« so weit ausgleicht, daß man eine zwar sehr gasrußreiclic
Kautschukmischung bekommt, die sich aber dennoch anstandslos auf der Schlauchmaschine
spritzen läßt und obendrein in sehr kurzer Zeit ausvulkanisieren läßt, wenn man
auf ioo Kautschuk bis zu 35 Gasruß Handelsmarke »Arrow« zugeben kann bei gleichzeitiger
Zugabe von mindestens 7o, besser 75 bis So Gasruß Handelsmarke »Thermax«. Das Verhältnis
von aktivem zu inaktivem Gasruß soll daher 1 zu 2 oder etwas über 2 sein. In diesem
Falle können behufs Erzielung sehr kurzer Vulkanisationen noch reichliche Schwefel-
und Beschleunig erzugaben erfolgen, ohne daß die Spritzbarkeit der Mischung zu sehr
leidet. Die Vulkanisate bekommen dann die gewünschte geringe Dehnbarkeit und lederartigen
Charakter.
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Als besonders günstig -wurden folgende Kautschukmischungen"für Fahrraddecken
ohne Gewebeeinlage und für Saug- und Druckschläuche ohne Gewebeeinlage 'erprobt:
Kautschuk.................. zoo ioo |
Mineral-Rubber-Asphalt ...... zo 10 |
Zinkweiß .. ............ 12 12 |
Bleiglätte . ... . . . . . . . . . . . . . . . 0,1 - |
Schwefel.................... :1,3 S |
Selen....................... 0,4 - |
Pheny 1-ß-naphthylamin ...... i 2 |
Diphenylguanidn............ 1,5 3 |
. - |
Tetramethylthiuramdisulfid ... 0,5 |
aktiver Gasruß Handelsmarke |
»Arrow« .................. 35 35 , |
inaktiver Gasruß Handelsmarke |
»Thermax;c . . . . . . . . . . . . . . . . So
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Aus diesen Kautschukmischungen lassen sich sowohl die Profilstreifen für Bereifungsdecken
spritzen und dann gewebelose Bereifungsdecken in den gebräuchlichen Vulkanisiermaschinen
vulkanisieren, wobei sich die üblichen Gleitschutzmusterungen einwandfrei ausprägen,
wie auch gewebelose Saug- und Druckschläuche völlig blasenfrei spritzen, welche
dann frei in strömendem Dampf oder auf V ulkanisierdornen, und zwar sogar ohne Umwicklung
vulkanisiert werden können. Die bisherigen kostspieligen Gewebeeinlagen, deren kostspielige
und umständliche Vorgummierung, das übereinanderlegen der entsprechenden Anzahl
gummierter Gewebeeinlagen, das Einlegen besonderer Wulststreifen und das Auflegen
besonderer Laufstreifenmischungen bei den Bereifungsdecken, fallen fort. Die
Herstellung
von Sang- und Druckschläuchen wird gegen früher sehr vereinfacht. Dabei ist der
Abreibwiderstand der neuen Vulkanisate außerordentlich groß. Wird für Kraftrad-
und Kraftwagenbereifungen ein besonders widerstandsfähiger Laufstreifen verlangt.
so kann auf einen aus derartiger Kautschukledermischung gespritzten Profilstrang,
welcher der bisherigen Gewebekarkasse samt Wulst entspricht, ein solcher aus sehr
abnutzfester Mischung bestehender Laufstreifen aufgebracht und mit dem Gummileder
zusammen vulkanisiert werden, daß in der gleichen Zeit, in welcher die Laufstreifenmischung
ausvulkanisiert, auch die Gummilederkarkasse ausvulkanisiert ist. Die Gummilederkarkasse
besitzt auch eine im Vergleich zu Karkassen aus gummierten Geweben recht gute Wärmeleitung;
weil Lufteinschlüsse fehlen, während das Gewebe stets Luft einschließt.