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Thermische Erzeugung von Phosphor bzw. Phosphorsäure aus Rohphosphaten
Für die Erzeugung von Phosphor bzw. Phosphorsäure auf thermischem Wege war man bisher
so gut wie ausschließlich auf elektrisch beheizte Öfen angewiesen. Diese Arbeitsweise
gewährleistet zwar infolge Anwendbarkeit hoher und höchster Temperaturen einen glatten
Verlauf des Prozesses; sie bietet aber den Nachteil, daß sie den Einsatz verhältnismäßig
teurer elektrischer Energie erfordert. Hierzu kommt noch der störende Umstand, daß
der für eine technisch und wirtschaftlich brauchbare Durchführung des Verfahrens
erforderliche Strom an den Fundstätten der Phosphate im allgemeinen nicht oder doch
nicht zu angemessenem Preis zur Verfügung steht.
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Dem Bedürfnis nach einer anderen Arbeitsweise entsprechend liegen
eine größere Zahl von Vorschlägen vor, welche die Durchführung des Verfahrens der
Phosphorgewinnung aus Mineralphosphaten unter Anwendung anderer Ofentypen, z. B.
von Schachtöfen, zum Gegenstand haben. Die Übertragung dieser Vorschläge in die
Praxis ist aber bis jetzt daran gescheitert, daß die bis jetzt bekannt gewordenen
Verfahren an mehr oder weniger großen Betriebsschwierigkeiten kranken und nur unzureichende
Ausbeuten an Phosphor liefern.
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Nach vorliegender Erfindung gelingt die Gewinnung von Phosphor bzw.
Phosphorsäure aus Rohphosphaten in glatt verlaufendem Betrieb und unter Erzielung
hoher Ausbeuten in Schachtöfen vom Typ des Eisenhochofens.
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Nach der Erfindung wird - zur Durchführung des Prozesses gesintertes
Mineralphosphat, und zwar in Stückform, angewendet. Es hat sich gezeigt, daß derartiges
Material eine große Standfestigkeit auch in hohen Schachtöfen besitzt und im Feuer
des Schachtofens nicht merklich zerfällt. Andererseits hat gesintertes Material
die Eigenschaft, infolge seiner grobporösen Struktur den beim Schachtofenbetrieb
unvermeidlichen Koksstaub im oberen Teil des Ofens wirksam zurückzuhalten, die gleichförmige
Windverteilung im Schachtofen zu begünstigen und damit maximale Gasbelastung sowie
beste Spüleffekte und gute Ofendurchsätze, somit höchste Ofentemperaturen zu ermöglichen.
-Zwecks Herstellung geeigneter Sinter kann man z. B. derart verfahren, daß man natürliches
Phosphatmaterial, z. B. Florida Matrix, Marokkophosphat u. dgl., in passender Korngröße,
z. B. bis zu 5 bis iomm, gegebenenfalls unter Zuschlag von Sand oder Silikaten o.
dgl., mit Wasser und geringen Mengen von Kohlenstoff, z. B. 6 bis io °1o, am besten
in Form von Koksstaub, zweckmäßig von i bis 3111111 Korngröße, vermischt- und darauf
in einem geeigneten Apparat, z. B. einer Dwight
Lloyd-Sintermaschine,
auf Sintertemperatur erhitzt. Das gesinterte Gut kann man alsdann in für die Durchführung
des Hochofenprozesses geeignete Stückgrößen, z. B. solche von z bis io cm Durchmesser
und mehr, überführen.
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Da das vorgesinterte Material den Vorzug besitzt, im Feuer des Schachtofens
nicht merklich zu zerfallen, kann ein Schachtofen mit einer Charge von z. B. 3 bis
2 Gewichtsteilen Sinterphosphat auf i Gewichtsteil Stückkoks mit hohen Windgeschwindigkeiten
bzw. Koksdurchsätzen belastet werden, wie sie z. B. in der Eisenhüttenpraxis beim
Hochofenbetrieb zur Anwendung kommen. Die Durchsätze können z. B. Zoo bis ßoo kg
Koks pro Stunde und pro qm Herdfläche bei etwa 2,5 m Herddurchmesser betragen.
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Gegenüber der Anwendung von natürlichen Phosphatstücken bietet Sinterphosphat,
wie gefunden wurde, den Vorteil, daß die pro Zeiteinheit durch den Schachtofen durchsetzbaren
Phosphatmengen um etwa 20 bis 40 °Jo höher sind.
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Die Bedingungen der Phosphatreduktion können, wie weiterhin gefunden
wurde, noch dadurch verbessert werden, daß man das Phosphatmaterial mit einer kohlenstoffhaltigen,
z. B. staubförmigen oder körnigen Schicht überzieht. Bei Verwendung von vorgesintertem
Material kann man infolge der Grobporigkeit desselben nicht unerhebliche Mengen
von Koksstaub aufbringen, ohne daß hierdurch ein störender Rückgang der Porosität
bewirkt wird. Mit Vorteil kann man z. B. derart verfahren, daß man das auf dem Sinterapparat
erzeugte Produkt in noch heißem Zustand mit einer Mischung von z. B. Kohlenstaub
mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten, z. B. wässerigen Lösungen oder Suspensionen,
welche noch organische oder anorganische Bestandteile enthalten können, berieselt,
wobei die Koksstaubmenge zweckmäßig so gewählt wird, daß eine genügende Porosität
des Sintermaterials erhalten bleibt, die angewendete Wassermenge jedoch unter der
Einwirkung des heißen Sinters verdampft.
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Mit Vorteil verwendet man zur Herstellung der Koksstaubmischung solche
Flüssigkeiten, welche Bestandteile, wie z. B. Melasserückstände, enthalten, die
das Haften auf den Phosphatstücken begünstigen.
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Die Erfindung beruht weiterhin auf der Erkenntnis, daß der Ablauf
der Reaktion im Sinne einer raschen und vollständigen Phosphorentwicklung aufs wirksamste
dadurch begünstigt werden kann, daß die Umsetzung unter Bedingungen erfolgt, die
es ermöglichen, eine .energische Spülwirkung mittels großer Gasmengen auszuüben,
wodurch die bei der Umsetzung entstehenden gasförmigen Reaktionsprodukte, vor allem
der gebildete Phosphordampf, verdünnt und rasch aus dem Reaktionsraum abgeführt
wird. Hierbei muß die Durchspülung des Systems bei einer Temperatur erfolgen, die
hoch genug ist, um einen genügend raschen Reaktionsablauf unter dem Einfluß der
Spülung zu gewährleisten. Gerade für diese Arbeitsweise hat sich die Verwendung
von Phosphatstücken aus vorgesintertem Material als besonders vorteilhaft erwiesen,
da dieses Material unter den praktisch in Betracht kommenden Umsetzungsbedingungen
stückig bleibt und hierdurch eine wirksame, gleichmäßige Durchspülung des Ofenraums
ermöglicht.
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Die zur Umsetzung erforderliche Kieselsäure kann, soweit sie nicht
bereits in dem Rohphosphat enthalten ist; bereits vor dem Sinterprozeß zugeschlagen
werden. Man kann aber erforderlichenfalls auch noch nachträglich Kieselsäure in
geeigneter Form, vorzugsweise als Gangart des natürlichen Phosphatmaterials, den
bereits hergestellten Sinterstücken zuschlagen.
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Die Kohle, welche einerseits als Reduktionsmittel, andererseits zur
Wärmeerzeuguxig dient, wird zweckmäßig ebenfalls in Stückform, vorzugsweise in Form
von Koksstücken, dem Hochofen zugeschlagen. Der Zuschlag an Stückkoks über die zur
'Reduktion des Phosphats benötigte Menge wird praktisch so bemessen, daß die bei
der Reaktion der Gebläseluft mit dem Koks im Schachtofen erzeugte Wärme ausreicht,
um die zum raschen Ablauf der Reaktion unter der Spülwirkung erforderliche Temperatur
in der Umsetzungszone zu erzeugen. Die Beschikkung des Ofens erfolgt vorteilhaft
so, daß abwechselnd Ladungen von Phosphatstücken und Ladungen von Stückkoks chargiert
werden, z. B. derart, daß auf jede Phosphatschicht eine Koksschicht aufgebracht
wird.
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Der Gebläsewind, zweckmäßig hoch vorgewärmte Luft, wird durch passende
Windformen in den Unterteil des Schachtofens eingeführt, die mit Phosphordampf beladenen
Gase werden im Schachtofenkopf abgezogen und den Kühl- und Kondensationseinrichtungen
zugeführt. Das stückige Gut wird durch den aufsteigenden Gasstrom vorgewärmt; alsdann
schmelzen die Phosphatstücke langsam oberflächlich ab und erzeugen hierbei zusammen
mit dem Stückkoks ein großoberflächiges Reaktionssystem in der Schachtofenreaktionszone,
welches den Spülgasen glatten und gleichmäßigen Durchlaß gewährt. Die Schlacke wird
in üblicher Weise am Boden des Ofens abgestochen..
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Man kann gegebenenfalls auch derart arbeiten, daß dem Hochofen Wärmeenergie
mittels
einer Hilfsfeuerung, z. B. einer im Unterteil des Schachtofens vorgesehenen Ölfeuerung,
zugeführt wird. Hierdurch kann man einen Teil des sonst erforderlichen Kokses, z.
B. bis zu 20 bis 30 °/°, durch 01
(auf gleichen Heizwert bezogen) ersetzen.
Die Spülwirkung der bei der Ölverbrennung erzeugten Verbrennungsgasmengen unterstützt
hierbei den Reaktionsablauf. Auf Grund der Erkenntnis, daß sich die Reaktion beim
Arbeiten nach vorliegendem Verfahren zum größten Teil im Schachtraum selbst abspielt,
wird der Hochofen so betrieben, daß die Umsetzungsreaktion praktisch vollendet ist,
bevor das Gut völlig zusammengeschmolzen in den Sumpf gelangt. Es hat sich als vorteilhaft
erwiesen, in Öfen mit verhältnismäßig hohen Schichten zu arbeiten, z. B. solchen
Öfen, deren Höhe das 6- bis 7fache des größten Durchmessers beträgt. Hierdurch gelingt
es, den Prozeß unter ausgezeichneter Vorwärmung des Materials derart zu führen,
daß dem Gut während seiner Wanderung durch den Schacht der Phosphor praktisch quantitativ
entzogen wird. Die Wände des aus hochfeuerfestem keramischem Material gebauten Hochofens
werden in den Gebieten der hohen Temperaturzonen vor dem Angriff der Phosphatschlacke
zweckmäßig durch Wasserkühlung. geschützt.
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Die Erfindung ermöglicht ein Ausbringen des in den Ofen eingeführten
Phosphors mit Ausbeuten von 9o bis 951/o. Bei richtigem Betrieb des Ofens enthält
der Sumpf (die Schlacke) nur noch ganz geringen Gehalt an P,05 (im allgemeinen weniger
als 3 bis 4.°/°). Dabei ist die Schlacke frei von (Reduktions-) Kohlenstoff. Die
Erfindung ermöglicht die Phosphorgewinnung an der Fundstelle der Phosphate unabhängig
von dem Vorhandensein elektrischen Stroms; sie erspart also den umständlichen und
teuren Transport des Phosphatgesteins. Der Erfolg war nicht voraussehbar. Bei einem
bekannten Verfahren, bei welchem die Reduktion von Stückphosphat mit stückigem Koks
unter Verwendung von fast reinem Sauerstoff als Gebläsewind, also bei sehr hoher
Temperatur, durchgeführt wurde, gelang es, nur ganz unzureichende Ausbeuten an Phosphor
zu erzielen, Im Vergleich mit dem elektrischen Phosphorofen, bei. welchem die Reaktion
sich im wesentlichen in der Schmelze (Sumpf) abspielt, besitzt die Verarbeitung
von vorgesintertem Phosphatmaterial in Stückform für den Schachtofenbetrieb, bei
dem die Reaktion sich im wesentlichen im Schacht abspielt und der Erfolg wesentlich
bedingt ist durch die gute und gleichmäßige Durchspülbarkeit des Schachtes, eine
ganz besondere Bedeutung.