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Verfahren zur Beheizung von Siemens-1VIartinöfen mit Koksofengas Zur
Beheizung von Siemens-Martinöfen wurde Koksofengas bisher in der Weise verwendet,
daß entweder das Koksofengas, mit Hochofengas bzw. Generatorgas vermischt, unter
Vorwärmung des Gases und der Verbrennungsluft oder das Xoksofengas allein ohne Vorwärmung
des Gases zur Verbrennung gebracht wurde.
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Es ist bekannt, daß es bei der Beheizung mit Mischgas aus Koks- und
Hochdfengas für einen befriedigenden Verlauf der Schmelze notwendig ist, den Zerfall
der Kohlenwasserstoffe des Mischgases in festen Kohlenstoff und Wasserstoff durch
eine genügend hohe .Vorwärmung des Gases herbeizuführen, damit die bei der Verbrennung
frei werdende Wärme des Gases mit Hilfe der Strahlung des abgeschiedenen Kohlenstoffes,
also mit Hilfe einer leuchtenden Flamme, auf das Bad übertragen wird. Es wird weiter
in der Literatur hervorgehoben, daß die genügende Wärmeübertragung auf das Bad trotz
Zerfalls der Kohlenwasserstoffe nicht gelingt, wenn der Wasserdampfgehalt des Mischgases
eine bestimmte, jedoch schon verhältnismäßig geringe Höhe überschreitet, weil dann
der abgeschiedene Kohlenstoff durch den Wasserdampf unter Bildung von Kohlenoxyd
und Wasserstoff vergast. In gleich schädlicher Weise wirkt sich auch ein hoher Kohlensäuregehalt
des Mischgases aus, Es ist weiter bekannt, daß sowohl die Zersetzung der Kohlenwasserstoffe
als auch die Vergasung des abgeschiedenen Kohlenstoffes durch Wasserdampf oder Kohlensäure
wärmebindend ist, daß infolgedessen der Ablauf dieser Reaktionen in den Regeneratoren
des Siemens-Martinofens den Wärmerückgewinn aus der Abhitze steigert und somit den
wärmetechnischen Wirkungsgrad verbessert. Die in Betracht zu ziehenden Reaktionen
sind: im3SKW = 1320 g C.+ 2,45 m3 Hz- 25o kcal _ im3CH¢=536gC+2m3H2-88okcal
im3H20+536gC = i m3 C O + i m3 H 2 - i 275 kcal im3C0,+536gC=2m3C0-i76ikcal. Unter
Beachtung dieser Erkenntnisse - genügende Vorwärmung des Gases und *geringerer Wasserdampfgehalt
- ist die Beheizung der Siemens-Martinöfen mit Mischgas in einwandfreier Weise gelungen.
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Die Beheizung mit nichtvorgewärmtem Koksofengas hat ebenfalls, vom
Standpunkt der Leistung des Ofens aus gesehen, befriedigende Ergebnisse erzielt.
Der wärmetechnische Wirkungsgrad bei gleicher Leistung muß jedoch infolge des verhältnismäßig
hohen Abgasverlustes hinter dem des Mischgasbetriebes zurückstehen. Als Abgasverlust
erhält man selbst unter Voraussetzung einer hohen Luftvorwärmung rd. 35% der zugeführten
Wärme. Zwar kann die Abwärme noch zur Dampferzeugung verwendet werden, doch wird
einerseits die Ofenanlage durch den Kessel belastet, andererseits der Dampf letzten
Endes mit der hochwertigen Wärme des Koksofengases erzeugt.
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Es liegt deshalb der Gedanke nahe, den
wärmetechnischen
Wirkungsgrad auch bei Beheizung mit-reinem Koksofengas durch Vorwärmung zu steigern.
Bei niedrigerer Vorwärmung unterhalb der Spaltungstemperatur der Kohlenwasserstoffe
vermag freilich das Koksofengas nur wenig Wärme aufzunehmen. Der Nutzen der Vorwärmung
gegenüber der Verwendung von kaltem Gas erscheint deshalb fragwürdig. Erhitzt man
jedoch das Gas so hoch, daß die Kohlenwasserstoffe gespalten werden, so ergibt sich
schon ein bedeutender Nutzen, wenn man voraussetzt, daß der abgeschiedene Kohlenstoff
des Gases auf dem Herde vollständig zur Verbrennung gelangt. Wird x Nm3 Koksofengas
mit einem unteren Heizwert von 4 Zoo kcal/Nm3 auf z Zoo ° bei vollständiger Abspaltung
der Kohlenwasserstoffe erhitzt, so werden dem Herd 5 o2z kcal zugeführt, und zwar
als Heizwert des ent- |
standenen Gases ... 2 ggo kcal = 59,6°/o |
als Heizwert des Koh- |
lenstoffes . . . . . . . . . . 1434 = = 28,5% |
als fühlbare Wärme des |
Gases...... .... 533 - = =o,60/6 |
als fühlbare Wärme des |
Kohlenstoffes ...... 64 - = =,3% |
Zusammen .... 5 o2x kcal = aoo,o0/0 |
_ Durch die Vorwärmung ist die Wärmezufuhr um 5
021 - 4 200 = 82x kcal/Nm@
Koksofengas erhöht. An den Kohlenstoff sind
1498 kcal = 2g,80/0 der gesamten
Wärme des Gases und
der durch Vorwärmung erzielten Steigerung der Wärmezufuhr gebunden. Es ist aber
aus Krakvorgängen'ekannt, daß sich meist ein beträchtlicher Teil des abgespaltenen
Kohlenstoffes im Gitter festsetzt und bei der folgenden Aufheizung der Kammer mit
dem Abgas verlorengeht. Die Gefahr liegt also nahe, daß der Nutzen der Vorwärmung
teilweise oder vollständig durch den Verlust an Kohlenstoff aufgehoben wird, daß
in ungünstigen Fällen sogar der Nutzen der Vorwärmung in das Gegenteil sich umkehren
kann. Beim Vergleich mit dem Mischgasbetrieb ist zu beachten, daß bei diesem die
Menge des abgeschiedenen Kohlenstoffes absolut als auch erst recht im Verhältnis
der jeweiligen Gasmengen beträchtlich kleiner ist als bei der Beheizung mit Koksofengas.
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Um diese Kohlenstoffverluste, die den Nutzen der Gasvorwärmung stark
beeinträchtigen oder vernichten können, zu beheben und andere weiter unten angeführte
Vorteile zu erzielen, wird nun erfindungsgemäß dem Gase so viel Wasserdampf zugesetzt,
daß der über dass notwendige Maß hinaus äbgeschiedene Kohlenstoff nach der oben
angegebenen Reaktion H,0 + C = C O + H 2 bei seiner Entstehung wieder vergast wird.
Das notwendige Maß des Kohlenstoffrestes wird hierbei durch die Leuchtkraft der
Flamme, d. h. durch die notwendige Höhe der Wärmeabgabe an das Bad, bestimmt. Der
beim Mischgasbetrieb als schädlich bekannten Reaktion wird hierdurch eine Wirkung
erteilt, die die nutzbringende Vorwärmung des reinen Koksofengases erst ermöglicht.
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Einen weiteren Vorteil erhält man dadurch, daß man durch die Veränderung
des Wasserdampfzusatzes einerseits eine Veränderung der Leuchtkraft der Flamme,
also eine Anpassung der Wärmeabgabe an die erforderliche Höhe, andererseits bei
-Störungen des Wärmegleichgewichts des Ofens einen Ausgleich ohne Leistungsstörung
erzielen kann. Der Wasserdampfzusatz dient also zur Regelung' der Leistung. Ist
in bestimmten Zeiten des Schmelzvorganges, z. B. beim Einschmelzen sperrigen Schrottes,
genügende Wärmeübertragung auch ohne leuchtende Flamme zu erzielen, so kann die
Vergasung des abgeschiedenen Kohlenstoffes weitergetrieben werden, wodurch der Rückgewinn
aus der Abhitze vermehrt, der Wirkungsgrad verbessert wird. Ist andererseits z.
B. der Ofen nach Stillständen noch nicht auf die normale Arbeitstemperatur gekommen,
so kann die Flamme durch zweckmäßige Bemessung des Dampfzusatzes dem Bedürfnis des
Betriebes angepaßt werden, die Leistung also erhöht werden.
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Schließlich erhöht die Vergasung des Kohlenstoffes infolge der endothermen
Wärmetönung den wärmetechnischen Wirkungsgrad. Vergast man etwa 7o0/, des abgeschiedenen
Kohlenstoffes, _ so erhöht sich die Wärmezufuhr zum Herd auf 5 443 kcal/Nm3 Koksofengas
gegenüber 5 o2z kcal/Nm3 ohne Wasserdampfzusatz. Das auf diese Weise vorgewärmte
Gas bringt also 5 443 - 4 200 = z 243 kcal mehr auf den Herd als kaltes Koksofengas,
d. h. rd. 30% des ursprünglichen Heizwertes. Freilich wird durch den Wasserdampfzusatz
die Abhitze des Herdes vermehrt, jedoch ergibt sich, daß trotzdem gegenüber dem
Betrieb ohne Wasserdampfzusatz - falls dieser überhaupt wirtschaftlich möglich wäre
- eine Wärmeersparnis um 7,50/0 erzielt wird. Gegenüber dem Betrieb mit kaltem Koksofengas
lassen sich die wärmetechnischen Unterschiede durch folgende Zahlen unter Zugrundelegung
eines Gasheizwertes von 4 200 kcal/Nm3 kennzeichnen.
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Beheizung ohne.Gasvorwärmung (Bilanz bezogen auf z Nm3 Koksofengas)
Zufuhr: Gasheizwert . . . . . . . . . . . . 4 200 kcal
Luftvorwärmung = Zoo ° . . x 84o - |
Zufuhr zum Herd ....... 6 o4o kcal |
Abhitze des Herdes bei |
z 8oo° und 5,02 m3 Abgas 3 580
- |
Auf den Herd abgegeben. 2 46o kcal |
Beheizung mit Gasvorwärmung nach Patentanspruch
Zufuhr: Gasheizwert............. 420o kcal |
Gasvorwärmung i Zoo ° . . 1245 - |
Luftvorwärmung i ooo ° . . 1435 - |
Zufuhr zum Herd ....... 6 88o kcal |
Abhitze des Herdes bei |
i 8oo ° und 5,28 m3 Abgas 3 740 - |
Auf den Herd abgegeben . 3 140 kcal |
Die Wärmeersparnis beträgt somit
Hierbei ist in beiden Fällen eine Verbrennung ohne Luftüberschuß oder Luftmangel
vorausgesetzt. Abweichungen von diesen Verhältnissen verschieben den Wärmeverbrauch
infolge der stärkeren Wärmerückgewinnung zugunsten der Beheizung mit Gasvorwärmung.
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Diese bedeutende Wärmeersparnis wird insbesondere dann von Vorteil
sein, wenn man das Koksofengas z. B. als Ferngas bezieht oder das Gas an anderer
Stelle mit entsprechendem Gewinn verwenden kann.
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Die weitgehende Wärmerückgewinnung in den Gaskammern erfordert natürlich
besondere Maßnahmen, um einerseits genügend Abgas zuzuführen und andererseits dem
Gas eine genügend straffe Führung zu geben. Diese sind jedoch ebenso wie die notwendige
Intensität des Wärmeaustausches in den Gas- und Luftvorwärmern mit den gegebenen
technischen Hilfsmitteln durchzuführen.