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Verfahren zur Regelung der Versickerung der Niederschläge Der Mangel
an genügendem Grund- oder Quellwasser, der sich bei der Wasserversorgung der Ortschaften,
besonders der größeren Städte, immer fühlbarer geltend macht, hat vielfach dazu
genötigt, die verfügbare Grundwassermenge künstlich zu vermehren. Dabei sind bisher
drei verschiedene Verfahren zur Anwendung gekommen, nämlich die sogenannte Uferfiltration,
bei der das Wasser einem Flusse unterirdisch entzogen wird, dann die Berieselung
von Grundwasserfeldern mit Flußwasser und endlich die Einsenkung von solchem in
den gut durchlässigen Untergrund mit Hilfe von besonderen Versitzgruben. In allen
drei Fällen dient das natürliche Erdreich als Filter für das aus einem Flusse entnommene
Rohwasser, das dann, je nach der Beschaffenheit der filtrierenden Bodenschicht,
eine mehr oder weniger weitgehende Veredelung erfährt. Hier handelt es sich also
ausschließlich um die Erzeugung von künstlichem Grundwasser. Eine Verstärkung der
natürlichen Grundwasserbildung, die nur darauf hinauslaufen kann, die Versickerung
der atmosphärischen Niederschläge zu begünstigen, hat man bisher nirgends versucht.
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Nach neueren Versuchen ist eine Beeinflussung der Versickerung, und
zwar auf pneumatischem Wege, dort möglich, wo unter einer feinporigen Bodenschicht
von namhafter Dicke ein grobporiger, bis in das Grundwasser hinabreichender Untergrund
folgt, in dem die Luft, die hier dem absinkenden Nasser ausweichen kann, ein zusammenhängendes
Netzwerk bildet, so daß sich Änderungen ihrer Spannung, die an einzelnen Punkten
durch die Ab- oder Zuführung von Luft bewirkt werden, rasch auf beträchtliche Entfernungen
fortpflanzen. Auf dieser Erkenntnis beruht das nachstehend beschriebene Verfahren,
das in erster Linie auf eine vermehrte Grundwasserbildung abzielt.
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Einrichtungen und Verfahren, die eine Ableitung von Luft aus dem Boden
oder die Zuführung von solcher in den Boden bezwekken, sind in der Kulturtechnik
und im Bergbau bereits bekannt; sie sind aber im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
So sucht man zur Beförderung des Pflanzenwachstums den Luftwechsel im Boden dadurch
zu beschleunigen, daß man auf Drainsträngen besondere Entlüftungsröhren anbringt
oder nach dem Abfluß des Drainwassers Warm-oder Preßluft in die Drainungen _ einführt.
Der auf diese Weise bewirkte Luftwechsel ist aber auf eine feinporige Oberschicht
von höchstens r,2o m Dicke beschränkt und für die Wasserbewegung im Boden ohne Belang.
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Für bergbauliche Zwecke hat man in zwei Fällen das Hineinpressen von
Luft in den Boden vorgeschlagen. In dem einen Falle handelt es sich darum, beim
Abteufen von Schächten im schwimmenden Gebirge diesem durch besondere Bohrlöcher
Luft von hoher Spannung zuzuleiten, die das Wasser unter
der jeweiligen
Schachtsohle verdrängt, so daß das weitere Abteufen im trockenen Gebirge erfolgen
kann. Im zweiten Fall soll die Einführung von Preßluft in unterirdische Becken oder
Hohlräume die Ergiebigkeit von Öl-oder Wasserbrunnen dadurch steigern, daß die eingepreßte
Luft die Flüssigkeit in Rohrbrunnen in die Höhe drückt. Für eine Beschleunigung
der Versickerung kommt keines der beiden Verfahren in Frage; hier muß man also nach
neuen Wegen suchen.
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Die Förderung der natürlichen Grundwasserbildung soll nach dem vorliegenden
Verfahren durch eine künstliche Verdünnung der Grundluft erreicht werden. Diese
Luftverdünnung läßt sich sowohl durch eine entsprechende Senkung des Grundwasserspiegels
als durch die Ableitung von Luft aus dem Untergrunde herbeiführen; zu einer dauernden
Beeinflussung der Grundwasserbildung in dem angegebenen Sinne ist aber meistens
die Verbindung beider Maßnahmen nötig. Durch eine Spiegelsenkung allein ist eine
Verstärkung der Grundwasserbildung auf die Dauer nicht zu erzielen, weil mit dem
Whsser der kapillaren Haltungen auch die zwischen diesen vorhandene Luft in den
@Untergrund gelangt, wodurch die Wirkung der Spiegelsenkung auf die Dichte der Grundluft
abgeschwächt und schließlich ganz aufgehoben wird. Auf der andern Seite ergibt sich
fast bei jeder Grundwasserentnahme eine zeitweilige Spiegelsenkung von selbst, so
daß mit ihrer Wirkung auf die Dichte der Grundluft stets gerechnet werden muß.
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Als technische Malinahmen kommen in Anwendung: i. Zur Senkung des
Wasserspiegels: Grundwasserableitungen aller Art'' sowie die Entnahme von Grundwasser
mittels Pumpen oder sonstiger Wasserhebemaschinen. Wo für das Wasser ein freier
Ablauf geschaffen oder ein bestehender erweitert wird, sind Vorrichtungen für eine
den Schwankungen des Wasserbedarfs nach Möglichkeit angepaßte Regelung des Wasseraustritts
zu treffen.
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z. Zur Ableitung von Luft: Entlüftungsöffnungen in den Mänteln der
zur Wasserfassung dienenden Rohr- oder Schachtbrunnen und den Seitenwänden von Sammelkanälen
oder Stollen, und weiterhin das Einbauen von Entlüftungsröhren auf dem für die Verstärkung
der Grundwasserbildung bestimmten Gelände oder die Herstellung von Luftleitungen
aus Drainröhren oder gelochten (geschlitzten) Steinzeugröhren im obersten Teil des
grobporigen Untergrunds.
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Die senkrecht einzubauenden Entlüftungsröhren, die durch den feinporigen
Boden hindurchzutreiben sind, aber nicht bis auf den höchsten Grundwasserstand hinabreichen
sollen, können einzeln bis über Flur geführt oder gruppenweise an ein gemeinsames
Standrohr angeschlossen werden. Der im grobporigen Untergrund stehende Teil der
Entlüftungsröhren muß siebartige Öffnungen für den Lufteintritt haben und kann eine
Umhüllung aus reinem Kies erhalten (Abb. i). Die Luftleitungen sind durch Zwischenschächte
(Abb. 3) oder Standrohre (Abb. z) zu unterbrechen, aus denen die Luft ins Freie
ausströmen kann.
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Zeitweilig können die Umstände auch ein Einströmen von Luft in den
Untergrund oder eine Unterbrechung des Luftaustausches zwischen Untergrund und freier
Atmosphäre fordern; die Lüftungsanlagen sind daher durch das Einbauen von Schiebern
oder durch eine sonstige Vorrichtung (Klappe, Blindflansche usw.) verschließbar
zu machen. Um die saugende Kraft des Windes für eine Beschleunigung des Luftauszugs
nutzbar zu machen, kann man die Entlüftungs- und die Standröhren mit einem beweglichen
(drehbaren) Aufsatz versehen, der ein selbsttätiges Einstellen der seitlich anzuordnenden
Rohrmündung in die Windrichtung bewirkt. Dieser Aufsatz muß feststellbar sein. Unter
besonderen Umständen kann auch die Anwendung maschineller Hilfsmittel (Luft-, Druck-
oder Strahlpumpe, Ventilator usw.) zur Beschleunigung der Ent- oder Belüftung des
Untergrunds angezeigt sein.
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Die Weite und der gegenseitige Abstand der Lüftungsröhren oder Luftleitungen
richtet sich nach dem Luftdurchlässigkeitsgrade des grobporigen Untergrunds.
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Das Verfahren ist überall anwendbar, wo die Versickerung der Niederschläge
durch den Widerstand der Grundluft in beträchtlichem Maße gehemmt wird, also unter
Umständen auch da, wo sich das Grundwasser natürliche Ausflüsse in Form von Quellen
geschaffen hat. In diesem Falle können vereinzelt besondere kurze Stollen für die
Entlüftung in Frage kommen.
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Bei anhaltendem Steigen des Grundwassers führt das Ausziehen der Luft
zu einer entsprechenden Vergrößerung des im Boden für die Aufspeicherung von Grundwasser
verfügbaren Raumes. Der Fortschritt, der durch das beschriebene Verfahren zu erzielen
ist, besteht mithin i. in einer verstärkten Versickerung der atmosphärischen Niederschläge
auf Kosten des oberflächlichen Wasserablaufs und der Verdunstung, z. in einer Begünstigung
der unsichtbaren Niederschläge, soweit dabei die Kapillarkraft eine entscheidende
Rolle spielt, 3. in einer Steigerung der Wassermenge, die der Boden aufspeichern
kann,
¢. in einer den Anforderungen der Landwirtschaft entsprechenden
Regelung der Bodenfeuchtigkeit.