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Elektromechanisches Getriebe. Die bisher in Lokomotiven mit Verbrennungsmotoren
verwendeten Flüssigkeits- oder Gasgetriebe hatten stets den Nachteil, daß nach erfolgtem
Anfahren, bei gleicher Drehzahl beider Getriebehälften, also bei einem Übersetzungsverhältnis
von i : i, die gesamte Leistung immer nur durch das betreffende Medium, also Öl,
Wasser oder Gase, übertragen wurde. Dadurch mußten die sehr erheblichen Reibungsverluste,
die bei Verwendung dieser Stoffe auftreten, dauernd aufgebracht werden, wodurch
sich der '\@Tirkungsgrad der Gesamtübertragung erheblich verschlechterte; außerdem
bereitete es große Schwierigkeiten, die Verlustwärme abzuführen.
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Es sind nun Ausführungen in anderer Richtung entstanden, bei denen
außer der Übertragung des Drehmomentes durch Flüssigkeits- oder Gasdruck auch eine
teilweise unmittelbar mechanische Übertragung stattfindet, diese arbeiten in der
Weise, daß bei größtem Übersetzungsverhältnis der kleinste Teil mechanisch übertragen
wird, während bei denn Übersetzungsverhältnis i : i eine reine vollständige mechanische
Übertragung unter Ausschaltung des Flüssigkeitsgetriebes stattfindet, so daß sich
damit ein äußerst günstiger Wirkungsgrad ergibt.
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Wenn der Wirkungsgrad dieser übertragungseinrichtungen schon bedeutend
günstiger ist, so besteht doch weiterhin noch der Nachteil, daß wjährend der Anfahrperiede
die Hauptarbeit durch das Flüssigkeitsgetriebe übertragen wird. Die Nachteile der
Flüssigkeitsgetriebe, wie große Abnutzung bei den hohen Drücken, Neigung zu Undichtigkeiten
usw., bleiben also nach wie vor in gewissem Umfange bestehen.
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Eine andere Möglichkeit der Getriebebauart besteht darin, das Flüssigkeitsgetriebe
durch ein elektrisches Getriebe zu ersetzen, und zwar in der Weise, daß der erzeugte
Strom il derselben Maschine sofort wieder in ein Drehmoment umgesetzt wird. Das
elektrischmechanische Getriebe erfüllt also ebenfalls folgende Forderungen: Je nach
der Drehzahldifferenz wird ein mehr oder weniger großer Teil der Leistung direkt
mechanisch auf die getriebene Welle übertragen. Die Restleistung wird in elektrische
Energie umgewandelt, die ihrerseits wieder zur Ausübung eines Drehmomentes auf die
getriebene Welle benutzt wird.
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An Hand der Abb. i und z soll das Getriebe näher beschrieben werden.
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i ist die z. B. von einem Dieselmotor angetriebene Welle mit konstanter
Drehzahl. z ist die getriebene Welle, die beispielsweise auf die Achsen einer Lokomotive
wirkt und die mit beliebig veränderlicher Drehzahl zu bewegen, ist.
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Mit der Welle a in Verbindung stehen die beiden Scheiben 3 und 4.,
zwischen denen planetenartig eine Anzahl Gleichstromanker 6 angeordnet sind. Diese
Anker tragen an einem Ende ein Zahnrad, das mixt dem an der Welle i befestigten
großen Zahnrad in Verbindung steht. Weiterhin trägt die Welle 2
ein
Polrad 5, das eine der Ankerzahl entsprechende Anzahl Feldpole trägt. Den Ankerkreis
umschließt das feststellende Gehäuse 7, das den Kraftlinienfluß der Feldpole schließt.
Das Gehäuse 7 ist außerdem mit Nuten versehen, in denen Wicklungen untergebracht
sind, die mit einem feststehenden Kollektor 8 in Verbindung stehen. Dieser Kollektor
wird durch umlaufende Bürsten 9 bestrichen, die mit der Welle a gekuppelt sind.
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Die Wirkungsweise des Getriebes ist nun folgende: Wird die Welle i
angetrieben, so setzt das große Zahnrad sämtliche Anker 6 in Umdrehung. Solange
diesen kein Strom entnommen wird, ist auch keinerlei Belastung vorhanden, und die
Bewegung -:erfolgt also im Leerlauf. Angenommen dabei ist, daß die Welle z mit den
Lokomotivachsen gekuppelt ist und zunächst stillsteht. Werden nun die Pole 5 erregt,
so, geht ein Kra.ftiiniienfluß von lern einen Pol durch einen Anker hindurch zum
Gehäuse 7 und von dort über den benachbarten Anker zum Nebenpol zurück. Die in Umdrehung
befindlichen Anker 6 werden nunmehr elektrisch belastet, indem ihnen Strom entnommen
wird. Das von der Welle i ausgeübte Moment wird nun durch das große Zahnrad einmal
auf die Anker übertragen, das andere Mal wirkt ,es aber auch an der Scheibe ¢ im
gleichen. Drehsinn. Je mehr jetzt die Belastung der Anker elektrisch gesteigert
wird, desto größer wird auch das an der Scheibe 4 wirkende Moment, das damit gleichzeitig
auch an der Welle z angreift. Der von den Ankern erzeugte Strom wird nun über die
Bürsten 9 und den Kollektor 8 der im Ständer 7 untergebrachten Wicklung zugeführt.
Da der Kraftlinienfluß der Feldpole diese Wicklungen schneidet, tritt bei Stromzuführung
ein Drehmoment in gleicher Weise auf, wie bei: jedem Gleichstrommotor. Das von der
Welle i zugeführte Moment zerlegt sich also in zwei Teile.
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Ein Teil wird unmittelbar mechanisch durch die Scheibe ¢ auf die Welle
a übertragen, während der andere Teil, elektrisch umgewandelt, am Umfang des Ankerkreises
und damit ebenfalls an der Welle a angreift. Setzt sich nun infolge Einwirkung dieser
beiden Momente die Welle a in Bewegung, so verlangsamt sich allmählich die Eigendrehzahl
der Anker 6, die gegeben ist durch die Drehzahldifferenz zwischen Welle i und a.
Gleichzeitig steigt auch die Drehzahl des Feldes im Gehhause 7 und damit die Gegen-EMK
der im Gehäuse untergebrachten Wicklung. Durch Serienparallelschaltung der verschiedenen
Anker läßt sich die Spannung entsprechend erhöhen, so daß die Motorwirkung auch
weiterhin bestehen bleibt. je mehr sich das Drehzahlverhältnis zwischen Welle i
und a dem Werte i.- i nähert, desto geringer wird die Drehzahl der Anker 6 und ihre
erzeugte Spannung. Reicht diese nicht mehr zur Ausübung einer Motorleistung aus,
so wird die Verbindung zwischen Anker und Gehäusewicklung unterbrochen. Die Anker
werden durch Kurzschließen vollständig abgebremst, so daß bei Stillstand derselben
das Ganze nur noch als elektromagnetische Bremse wirkt und das ÜbersetzungrsverhUtnis
i : i hergestellt ist. Da die Gehäusewicklung 7 unterbrochen ist, tritt hierin kein
elektrischer Strom mehr auf, sondern. das Gehäuse wirkt nur noch als Leiter der
Feldkraftlinien. Die Getriebewirkung hat aufgehört, und die ganze Einrichtung arbeitet
nur noch ,als Kupplung.
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Bei Leistungsüberschuß Mt sich durch Umpolen auch eine umgekehrte
Wirkung in der Weise erzielen, daß die Welle z gegenüber der Welle i eine größfere
Drehzahl .erhält. Die elektrischen Vorgänge spielen sich dann in. gleicher Weise
ab.
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Die Erregung des Feldes erfolgt zweckmäßig von einer besonderen Dynamomaschine
aus, die von der Welle i angetrieben wird.
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Der Vorteil der ganzen Einrichtung liegt darin, daß Verluste durch
Stromwärme nur in, dem Umfange auftreten, wie die`?elektrische Einrichtung bei Drehzahlunterschieden
in Anspruch genommen wird. Da stets ein gewisser Teil der Leistung mechanisch übertragen
wird, sind die Verluste selbst beim Anfahren sehr gering. Ein. weiterer Vorteil
besteht darin, daß Dynamomaschinen und Motor miteinander vereinigt sind, so daß,
sich neben kleinstem Raumbedarf eine gute elektrische Ausnutzung ergibt. Es soll
noch darauf hingewiesen werden, daß sich:, falls notwendig, zwischen den einzelnen
Ankern zur Verbesserung des Feldes noch Wendepole anbringen lassen.