DE4339502A1 - Verfahren zum naßchemischen Entfernen von Hartstoffschichten von Oberflächen cobalt-, nickel- und wolframhaltiger Substrate, vornehmlich von Hartmetallsubstraten - Google Patents
Verfahren zum naßchemischen Entfernen von Hartstoffschichten von Oberflächen cobalt-, nickel- und wolframhaltiger Substrate, vornehmlich von HartmetallsubstratenInfo
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum selektiven
Entfernen von Hartstoffschichten wie TiN, TiCN, TiAlN und CrN
auf Werkzeugen aus Hartmetall oder Co-, Ni- bzw. W-haltigen
Grundmaterialien ohne Beeinträchtigung der ursprünglichen
Oberflächenbeschaffenheit.
Generell stellt das Entschichtungsverfahren einen wichtigen
Schritt zur Materialeinsparung und damit zur Kostensenkung in
der Werkzeugherstellung und -veredlung (z. B. durch CVD/PVD-Hart
stoffbeschichtungen) dar, da Werkzeuge nach Fehlbeschichtung oder
Verschleiß der Schicht nicht verworfen werden müssen, sondern
mit geringem Kosten- und Personalaufwand nach Ent- und
Wiederbeschichtung dem Produktionskreislauf wieder zugeführt
werden können.
In der Vergangenheit wurden einige Verfahren zur Entschichtung
hartstoffbeschichteter Substrate (Werkzeugen Schmuck, Maschinen
teile und -komponenten) veröffentlicht.
So besteht eine Methode darin, TiN-Schichten mit Hilfe 35%iger
Wasserstoffperoxidlösung bei einen Temperatur von 70-80°C
abzulösen, wobei die freigelegte Oberfläche nachpoliert werden
muß (DD 2 28 977 A3).
In einem anderen Verfahren werden TiN-beschichtete Teile aus
rostfreiem Stahl in verdünnter Salpetersäure bei 70°C
eingebracht. Die Entschichtungsdauer beträgt 20-50 Stunden.
Auch in diesem Fall ist eine nachträgliche Politur der
Substratoberfläche notwendig (GB 2127042 A).
Geringe Entschichtungsraten, generelle Unwirksamkeit bei
tieferen Arbeitstemperaturen sowie Beeinträchtigung der
Oberflächenbeschaffenheit durch Aufrauhung, Lochkorrosion,
Auslösung von Legierungsbestandteilen sowie Verfärbungen machen
die aufgeführten Verfahren für das Entschichten hartstoff
beschichteter Substrate aus Hartmetall oder Cobalt-, Nickel-
und/oder Wolfram-haltigen Werkstoffen unbrauchbar.
Ein weiteres Verfahren setzt als Entschichtungsreagens eine
Peroxid-Verbindung, vorzugsweise Wasserstoffperoxid-Lösung, ein
in Kombination mit Mineralsäuren wie Salpetersäure, Phosphor-
und Phosphonsäuren sowie Mischungen aus diesen. Zudem werden
Reaktionsbeschleuniger wie Oxide der Gruppe-VI-Elemente und
Inhibitoren aus der Klasse der Alkyl-(2-Hydroxyethyl)Amine der
Entschichtungslösung hinzugefügt. Die Reaktionstemperatur wird
dabei zwischen 20 und 55°C gehalten. Auf Grund ihres sauren
Charakters und der damit verbundenen signifikanten Kobalt-
Auslösung aus der Substratoberfläche ist auch diese Verfahren
nicht für eine schonende, zerstörungsfreie Entschichtung von
cobalt-haltigen Substraten geeignet.
Mit einer Kombination aus Wasserstoffperoxidlösung und darin
gelöster Komplexbildner lassen sich demgegenüber im neutralen
bis schwach alkalischen Milieu in kurzen Behandlungszeiten und
ohne jegliche Einbußen in der ursprünglichen Qualität der
Substratoberfläche universell alle Hartstoffschichten des Typs
TiX (X= N, CN, AlN) sowie CrN unabhängig vom Grundwerkstoff
sofern nicht cobalt-haltig entfernen. Das Entschichtungsgut
kann direkt danach wiederbeschichtet werden, ohne daß eine
aufwendige Nachbearbeitung der Oberfläche durch Schleifen oder
Polieren erforderlich ist. Aus bisher ungeklärten Ursachen kann
dieses Verfahren nur bedingt auf die Entschichtung von
Hartmetall- bzw. cobalt-haltigen Substraten angewandt werden, da
hierbei eine leichte Aufrauhung der Oberfläche zurückbleibt, die
für eine Wiederbeschichtung entweder chemisch oder mechanisch
eingeebnet werden muß (DE 41 10 495 C1).
Gegenstand der Erfindung ist die Formulierung einer Rezeptur und
ein entsprechendes Verfahren zur selektiven Entschichtung
hartstoffbeschichter Substrate aus cobalt-, nickel- und/oder
wolfram-haltigen Grundmaterialien, insbesondere aus Hartmetall.
Weiterhin ist Ziel und Aufgabe der Erfindung die Formulierung
einer Entschichtungslösung, die eine schonende Entschichtung mit
gleichzeitig hoher Ablösegeschwindigkeit und bei niedrigen
Arbeitstemperaturen erlaubt.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht in der Formulierung
einer Entschichtungslösung, die keinen nachteiligen Einfluß auf
die originäre Oberflächenbeschaffenheit durch Korrosion, Abtrag,
Kantenverrundung, Versprödung oder Materialerweichung ausübt.
Fernerhin ist Gegenstand der Erfindung die universelle
Entfernung aller marktüblichen keramischen Hartstoffschichten
des Typs MeX (Me=Ti,Cr;X=N,CN,AlN) von schneidenden, spanenden
und formgebenden Werkzeugen sowie anderen Gebrauchsgegenständen
aus Hartmetall, ohne daß Funktionsflächen vor einer erneuten
Beschichtung mechanisch nachgearbeitet werden müssen.
Ein grundsätzliches Problem der Entschichtung besteht darin,
daß einerseits keramische Schichten sich durch eine ausgeprägte
Resistenz selbst gegenüber stark korrosiven Medien auszeichnen
und daher auf chemischem Wege nur mit sehr aggressiven
Reagenzien bei hohen Temperaturen abzulösen sind, andererseits
die darunterliegende Substratoberfläche von diesen nicht
angegriffen werden soll bzw. durch entsprechende Zudosierung von
Inhibitoren vor korrosivem Angriff geschützt werden muß.
Bei der Entschichtung von hartmetall- oder allgemein bei cobalt
haltigen Substraten kommt erschwerend hinzu, daß zum einen
Cobalt in saurem Milieu in Lösung geht und erst im stark
alkalischen passiviert, zum anderen das in Hartmetall enthaltene
Wolframcarbid (WC) durch Alkalien ausgelöst wird (ein Effekt,
der beim Elektropolieren bzw. Ätzen von Hartmetall ausgenutzt
wird).
Das weitaus größere Problem ist der Tatsache zuzuschreiben, daß
sowohl Schichtmaterial als auch wesentliche Bestandteile des
Substrates keramischer Natur sind (TiN/WC).
Ansatzpunkt dieser Erfindung war die Suche nach einem
spezifischen Reagenz für TiX (X=N,CN,AlN), das im schwach
alkalischen Bereich seine größte Wirksamkeit entfaltet, ohne
aber gleichzeitig Wolframcarbid aus der Substratoberfläche
auszulösen. Zudem mußte mittels geeigneter Inhibitoren die
Cobaltphase maskiert werden.
Es wurde nun gefunden, daß Halogenidverbindungen mit
komplexierenden Eigenschaften in Zusammenwirkung mit basischen
Lösungen von Peroxidverbindungen, vorzugsweise
Wasserstoffperoxid, solche keramischen Schichten entfernen, aber
das Substrat nicht angreifen. Dabei scheint es keine Rolle zu
spielen, ob die Schichten nach dem PVD- oder CVD-Verfahren
aufgetragen werden.
Sind hohe Entschichtungsraten gefordert, erzielt man durch
Zugabe von Komplexbildnern wie Salze von Mono- und Dicarbon
säuren und Mischungen aus diesen sowie von geeigneten
Netzmitteln wie z. B. Fluortensiden zur Entschichtungslösung
excellente Ergebnisse.
Eine bevorzugte Rezeptur sieht ein Alkalihydroxid in einer Menge
von 0.2-3 mol/l, Alkalisalze von Mono- bzw. Dicarbonsäuren
sowie Mischungen davon in einer Menge bis zu 4 mol/l, 0.01-
0.05 mol/l eines Halogenides und ein Netzmittel gelöst in ca.
1000 ml einer Wasserstoffperoxid-Lösung vor. Zum Schutz der
freigelegten Substratoberfläche vor korrosivem Angriff werden
der Lösung als Inhibitoren Hydrochinon und/oder Salicylsäureamid
sowie Salze von VIII. Nebengruppe-Elementen zugefügt.
Alkalicarbonate sind den entsprechenden Hydroxiden vorzuziehen,
da sie zusätzlich zu ihrer Alkalität ebenfalls einen inhibitiven
Effekt auf etwaige Oberflächenkorrosion ausüben. Allerdings
müssen sie, um den angestrebten pH-Level zu erreichen, in
entsprechend größerer Menge zudosiert werden.
Salze organischer Säuren stellen generell eine effiziente
Species von Komplexbildnern dar. Als sehr vorteilhaft haben sich
hierbei Alkalisalze von Mono- und Dicarbonsäuren sowie
Mischungen aus diesen erwiesen. Hinsichtlich ihrer
Umweltverträglichkeit haben sie gegenüber dem Ethylendiamin
tetraacetat (EDTA) bzw. Nitrilotriacetat (NTA) deutliche
Vorteile. So tragen sie nicht zur Remobilisierung von
Schwermetall-Ionen bei und lassen sich z. B. oxidativ leicht in
Abwasserbehandlungsanlagen zerstören.
Alkalibromide und -jodide haben sich als ebenso wirkungsvolle
Halogenidverbindungen wie die entsprechenden Fluoride und
Chloride erwiesen. Eine Rangfolge bzgl. ihrer Reaktivität läßt
sich daher nicht daraus ableiten. Die besten Ergebnisse
hinsichtlich Entschichtungsdauer und Güte der Substratoberfläche
wurden indes mit Natriumtetrachloroborat erzielt.
Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht in der bereits bei
niedrigen Temperaturen vollständig und schnell verlaufenden
Entfernung der Hartstoffschichten, wogegen frühere Verfahren bei
Temperaturen < 50°C operieren bzw. lange Behandlungszeiten
erfordern. Mit diesem Verfahren lassen sich Substrate bei
Temperaturen zwischen 20-30°C durchaus in 0.5-2 Stunden (je
nach Schichtdicke) vollständig entschichten.
Verunreinigungen der Ausgangsstoffe mit Spuren von
Erdalkalisalzen setzen die Wirksamkeit der Lösung erheblich
herab.
Während des Entschichtungsprozesses ist es vorteilhaft, die
Lösung zur Steigerung der Ablöserate in Bewegung zu halten. Dies
läßt sich z. B. mit einem Magnetrührgerät und einem teflonbe
schichteten Rührmagneten leicht bewerkstelligen.
Zudem wirkt sich die Zersetzung des Wasserstoffperoxids
ausschließlich in H₂O und O₂ gegenüber anderen Oxidationsmitteln
günstig auf etwaige Entsorgungskosten aus. Die verbliebene
Lösung kann nach Gebrauch einer konventionellen Abwasser
behandlungsanlage zugeführt werden.
Folgende Lösung:
Natriumhydroxid | |
2 mol/l | |
Natriumacetat | 0,5 mol/l |
Natriumoxalat | 0,5 mol/l |
Kaliumbromid | 0,02 mol/l |
Hydrochinon | 0,01 mol/l |
Nickelsulfat | 0,001 mol/l |
Fluortensid | 0,01 mol/l |
Wasserstoffperoxid-Lösung (30 Gew.%) | 100 ml |
wurde dazu benutzt, TiN-Schichten von zwei Wendeschneidplatten
(19 mm × 19 mm × 6 min) aus Hartmetall mit ca. 8 Gew.% Kobaltanteil
zu entfernen. Die Badtemperatur wurde auf 300 C gehalten. Nach
etwa 40 Minuten war die Beschichtung vollständig und ohne
jegliche Beschädigung der Substratoberfläche entfernt.
Die Schneidplatten wurden wiederbeschichtet, eine mechanische
Bearbeitung der Oberfläche davor war nicht erforderlich.
In die folgende Lösung:
Kaliumhydroxid | |
1,5 mol/l | |
Kalium-Natrium-Tartrat | 0,2 mol/l |
Natriumoxalat | 0,1 mol/l |
Kaliumjodid | 0,05 mol/l |
Hydrochinon | 0,01 mol/l |
Salicylsäureamid | 0,01 mol/l |
Nickelsulfat | 0,001 mol/l |
Fluortensid | 0,01 mol/l |
Wasserstoffperoxid-Lösung (30 Gew.%) | 100 ml |
wurden zwei TiN/TiAlN-duplex-beschichtete Wendeschneidplatten
(19 mm × 19 mm × 6 mm) aus Hartmetall mit einem Kobaltanteil von 8
Gew.% eingebracht. Die Temperatur der Lösung wurde zwischen 20
und 30°C gehalten. Nach etwa 1 Stunde war die Beschichtung
vollständig entfernt. Die Substratoberfläche befand sich danach
im ursprünglich metallisch-blankem Zustand und wurde im Anschluß
daran wiederbeschichtet.
In einem Bad folgender Zusammensetzung:
Ammoniumcarbonat | |
1,0 mol/l | |
Natriumacetat | 0,5 mol/l |
Natriumoxalat | 0,1 mol/l |
Natriumtetrachloroborat | 0,05 mol/l |
Hydrochinon | 0,02 mol/l |
Nickelsulfat | 0,001 mol/l |
Fluortensid | 0,01 mol/l |
Wasserstoffperoxid-Lösung (30 Gew.%) | 200 ml |
wurden fünf Kühlkanalbohrer (Länge 120 mm, ⌀ 8 mm) innerhalb von
40 Minuten vollständig entschichtet. Die Temperatur der Lösung
wurde auf etwa 25°C gehalten. Ein Angriff der
Substratoberfläche trat nicht ein, eine Kantenverrundung der
Schneidkanten konnte ebenfalls nicht beobachtet werden. Die
metallisch-blanken Bohrer wurden anschließend ohne vorherige
mechanische Nachbearbeitung wiederbeschichtet.
Claims (6)
1. Verfahren zum naßchemischen Entfernen von Hartstoffschichten
von Oberflächen Cobalt-, Nickel- und/oder Wolfram-haltiger
vornehmlich Hartmetall- Substrate, dadurch gekennzeichnet, daß
das hartstoffbeschichtete Substrat in einer Lösung bestehend aus
Alkalien wie z. B. Natriumhydroxid, einem Oxidationsmittel,
vorzugsweise Wasserstoffperoxid sowie einer wirksamen Menge von
Alkalisalzen Mono- bzw. Dicarbonsäuren (sowie Mischungen aus
diesen) und Halogeniden als komplexierende Verbindungen
eingebracht wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
Hydrochinon und/oder Salicylsäureamid sowie Salze von VIII.
Nebengruppen-Elementen als Inhibitoren der Entschichtungslösung
in ausreichender Menge zugesetzt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
eine gleichmäßig und schnell verlaufende Entschichtung durch
Zugabe eines Netzmittels wie z. B. oxidationsstabiler Fluor
tenside erheblich unterstützt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
Ablösung der Hartstoffschicht bereits bei Temperaturen zwischen
20-30°C schnell und vollständig erfolgt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß zur
Temperierung der Badlösung vorteilhafterweise doppelwandige
Behältnisse und Kontaktthermometer für die Steuerung des Kühl
mittelzuflusses und Kühlaggregate mit Temperaturregler und
Isopropanol/Trockeneis-Mischungen als Kühlmittel verwendet
werden.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das
Entschichtungsgut nach dem Entschichten durch Tauchen in einer
wasserverdrängenden Flüssigkeit, vorzugsweise in Klarspül
lösungen oder sog. Dewatering-Fluids, getrocknet und
gleichzeitig mit einem dünnen Korrosionsschutzfilm überzogen
wird.
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