DE4338796A1 - Phenylpropan-Derivate - Google Patents
Phenylpropan-DerivateInfo
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Description
Der Einsatz von Naturstoffen in der Medizin gewinnt
in jüngster Zeit zunehmend an Bedeutung. Derartige
Naturstoffanaloga müssen jedoch einfach und kosten
günstig herzustellen sein, und ihre therapeutische
Wirkung sollte zumindest annähernd oder gar vollstän
dig an die von synthetisch hergestellten Präparate
heranreichen. Diese Forderungen werden bisher nur von
sehr wenigen Naturstoffpräparaten erfüllt.
Ausgehend hiervon ist es die Aufgabe der vorliegenden
Erfindung, therapeutische Wirkstoffe vorzuschlagen,
die sich von Naturstoffen ableiten, wobei diese Na
turstoffanaloga durch einfache und kostengünstige
Verfahren herstellbar sein müssen. Die therapeutische
Wirkung soll dabei annähernd der von synthetischen
Präparate entsprechen.
Die Aufgabe wird durch die im Patentanspruch 1 näher
definierten Phenylpropan-Derivate gelöst. Die Patent
ansprüche 4 bis 6 zeigen bevorzugte Verwendungen der
Phenylpropan-Derivate auf, während die Patentansprü
che 6 und 7 den Einsatz der Phenylpropan-Derivate als
Arzneimittel kennzeichnen.
Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß die in Co
reopsis-Arten (Asteraceae) enthaltenen Phenylpropan-
Derivate (Phenylproponoide) mit ihren ungewöhnlichen
Strukturmerkmalen als therapeutischer Wirkstoff, ins
besondere als antibakterielles Mittel, ausgezeichnet
geeignet sind. Bei den erfindungsgemäßen Phenylpro
pan-Derivaten handelt es sich um Diester des 1′-Hy
droxyeugenols bzw. um Diester der (Epoxy)-E/Z-Coni
ferylalkohole. Das Vorkommen der Diester des 1′-Hy
droxyeugenols und des Epoxy-Z-Coniferylalkohols (na
türliche Substanzen) scheint weitgehend auf die Gat
tung Coreopsis beschränkt zu sein. Bisher wurde le
diglich das Diacetat des 1′-Hydroxyeugenols außerhalb
der Gattung Coreopsis in Alpinia galanga (Zingibera
ceae) gefunden.
Besonders bevorzugt ist es dabei, wenn der Alkylrest
R1 oder R2 der Estergruppe entweder Methyl, Isopro
pyl, 1-Methylpropyl oder Isobutyl ist. Ganz besonders
bevorzugt sind die Phenylpropan-Derivate mit R1 Iso
propyl und R2 Methyl, Isopropyl, 1-Methylpropyl oder
Isobutyl.
Die vorstehend beschriebenen Phenylpropan-Derivate
haben sich überraschenderweise als weitgehend selek
tiv wirkende antibakterielle Wirkstoffe herausge
stellt. Sie sind in der Lage, Problemkeime wie z. B.
Staph. epidermidis, Staph. haemolyticus, Acinetobac
ter calcoaceticus selektiv zu bekämpfen. Es hat sich
dabei herausgestellt, daß die antibakterielle Wirkung
teilweise besser ist als z. B. die des bekannten Anti
biotikums Cefuroxim®.
Neben der Anwendung als Antibiotika sind die vorste
hend näher beschriebenen Phenylpropan-Derivate auch
geeignet, die Aktivität der 5-Lipoxygenase in mensch
lichen Leukozyten zu hemmen. Die 5-Lipoxygenase kata
lysiert nämlich die ersten beiden Reaktionsschritte
der Umsetzung von Arachidonsäure zu den biologisch
hochwirksamen Leukotrienen B₄, C₄, D₄ und E₄. Leuko
triene sind wichtige Mediatoren entzündlicher und
allergischer Reaktionen. Es besteht deshalb ein gro
ßes Interesse daran, entsprechende Hemmstoffe zu ent
wickeln, die die Aktivität der 5-Lipoxygenase unter
binden. Überraschenderweise hat sich nun gezeigt, daß
auch die vorstehend beschriebenen Phenylpropan-Deri
vate zur Hemmung der 5-Lipyoxygenase-Aktivität in
basophilen Leukämiezellen der Ratte und in menschli
chen Leukozyten geeignet sind.
Mit den erfindungsgemäß vorgeschlagenen Phenylpropan-
Derivaten wird demnach ein neuer therapeutischer
Wirkstoff mit interessanten Eigenschaften in ver
schiedenen Einsatzgebieten vorgeschlagen.
Die Phenylpropan-Derivate können dabei in Arzneimit
teln mit an sich bekannten Träger-, Zusatz- und
Hilfsstoffen eingesetzt werden.
Die erfindungsgemäßen Phenylpropan-Derivate können
dabei bevorzugt perkutan oder peroral bzw. rektal
appliziert werden. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die
Beschichtung von Kathetern.
Im Falle der perkutanen Applikation sind bevorzugt
die Phenylpropanderivate in Form von Pudern, Salben,
Lösungen oder Okklusionsverbänden anzuwenden. Dies
ist vorteilhaft, da nach Durchdringen der Haut (Haar
folikel, Verletzungen) oder der Schleimhaut die Sta
phylokokken die Tendenz zeigen, am Ort des Eindrin
gens zu verbleiben und dadurch lokale Infekte, die
mit Eiterbildung einhergehen, zu verursachen.
Für die perorale bzw. rektale Applikation ist die
Anwendung in Form von Dragees, Tabletten, Kapseln,
Lösungen, Emulsionen, Suppositorien, Rektalkapseln
oder Mikroklysmen geeignet. Besonders geeignet ist
diese Applikationsform bei einer ulcerösen Staphylo
kokken-Endokarditis, die häufig nach Herzoperationen
entsteht.
Besonders hervorzuheben bei den erfindungsgemäßen
Phenylpropan-Derivaten ist ihre gute Wirksamkeit ge
gen koagulasenegative Staphylokokken. Diese haben die
Fähigkeit, sich an Kunststoffen (z. B. Kathetern) an
zuhaften und dort zu vermehren. So können sie ins
Blut geschwemmt werden und sepsisartige Krankheits
bilder verursachen. Zur Prophylaxe solcher Komplika
tionen ist eine Beschichtung der Katheter mit z. B.
1′-Hydroxyeugenol-Derivaten günstig. Eine chemische
Bindung der Moleküle an die Kunststoffoberfläche ist
dabei nahezu ohne Wirkverlust möglich. Auch eine Haf
tung am Katheter ist durchführbar, da die stark lipo
philen Substanzen keine Affinität zu den meist hydro
philen Körperflüssigkeiten aufweisen.
Besonders vorteilhaft bei den erfindungsgemäß vorge
schlagenen Phenylpropan-Derivaten ist, daß sich diese
einfach und kostengünstig herstellen lassen. Eine
Synthesevorschrift für die erfindungsgemäßen Phenyl
propan-Derivate ist z. B. in Z. Naturforsch. 44C, 7
(1989) angegeben. Dieser Veröffentlichung sind wei
tergehende Literaturzitate zu entnehmen, in denen
weitere derartige Derivate und entsprechende Herstel
lungsvorschriften beschrieben sind.
Im folgenden wird die Erfindung anhand der Anwendung
der Phenylpropan-Derivate als selektives antibakte
rielles Mittel näher beschrieben.
Aus der Literatur ist bisher lediglich bekanntgewor
den, Eugenole, d. h. strukturell andere Verbindungen
als die vorgeschlagenen Diester des 1-Hydroxyeugenols
und der (Epoxy)-E/Z-Coniferylalkohole, in Verbindung
mit anderen Wirkstoffen als antiseptisches bzw. anti
bakterielles Mittel einzusetzen.
So wird z. B. in der US 3,219,526 vorgeschlagen, Euge
nol in Kombination mit NMSE (5-nitro-2-Methylfurfu
ryläther) einzusetzen. Es wird dabei besonders darauf
hingewiesen, daß offensichtlich durch die Kombination
dieser beiden Wirkstoffe ein besonderer Effekt in be
zug auf die antiseptische Wirkung eintritt. Auch an
dere Vorschläge betreffend die Verwendung von Eugeno
len als antibakterielles und antiseptisches Mittel
gehen von Kombinationen mit anderen Wirkstoffen aus.
So wird z. B. in der DE 39 08 527 ebenfalls ein Des
infektionsmittel beschrieben, das Eugenol und weitere
Wirkstoffe enthält.
Es war deshalb völlig überraschend und nicht zu er
warten, daß die erfindungsgemäßen Phenylpropan-Deri
vate allein derart überraschende Eigenschaften in
bezug auf ihre antibakterielle Aktivität besitzen.
Als antibakterieller Wirkstoff sind insbesondere die
in Abb. 1 angegebenen Phenylpropan-Derivate geeignet.
Zum Test auf ihre antibakterielle Wirkung wurden
Agar-Platten mit einem Durchmesser vom 10 cm verwen
det, wobei jede Platte mit 10 ml Agar (Caso-Agar bzw.
Müller-Hinton-Agar) beschickt wurde. Die verschiede
nen Bakteriensuspensionen wurden jeweils auf 106 KBE
pro ml Nährlösung eingestellt. Davon wurden jeweils
0,3 µl mittels Multipointinoculator auf die Agar-
Platten aufgebracht. Von verschiedenen Phenylpropan-
Derivaten wurden in Dichlormethan Stammlösungen her
gestellt. Aus den Stammlösungen wurden dann aliquote
Teile entnommen, das Lösungsmittel unter N₂ abgebla
sen und in 100 µl (1%) DMSO gelöst. Die DMSO-Lösung
wurde dann zu 10 ml flüssigem Agar hinzugefügt. 1 mM
Substanz entsprach ca. 3-4 mg Substanz pro Agar-Plat
te. Das Wachstum der Bakterien wurde erst ab 7%
DMSO-Zugabe gehemmt. Ermittelt wurde die minimale
Hemmkonzentration (MHK), d. h. die niedrigste Konzen
tration der Substanz, die das Bakterienwachstum hemm
te (makroskopisch war kein Wachstum mehr feststell
bar).
In einem breit angelegten Screening wurden erstens
die Phenylpropan-Derivate der allgemeinen Formel I
mit R₁ mit Isopropyl und R₂ Methyl, Isopropyl, Isobu
tyl und 1-Methylpropyl im Vergleich zu Eugenol und
Phenol auf ihre bakteriostatische Potenz hin getestet
(vgl. Tabellen 1 und 2). Das Eugenol-Derivat mit R₂
Methyl wird in den Tabellen 1 und 2 als Eu2, das mit
R₂ Isopropyl als Eu3, das mit R₂ Isobutyl als Eu4 und
das mit R₂ 1-Methylpropyl als Eu5 bezeichnet. Beson
ders interessant ist die Wirkung der Substanzen auf
die Staphylokokken. Die Substanzen Eu2-Eu5 erwiesen
sich vor allem gegen verschiedene koagulasenegative
Staphylokokken als stark wirksam. Von den 5 koagula
senegativen Staphylokokken waren lediglich Staph.
warneri und Staph. simulans gegen die 1′-Hydroxyeuge
nol-Derivate resistent. Dagegen wurden Staph. epider
midis, Staph. haemolyticus und Staph. capitis von
Eu2-Eu5 sehr gut beherrscht. Die ermittelten MHK-Wer
te belegen eine ausgeprägte antibakterielle Wirkung
dieser Substanzen.
Interessant ist der Vergleich mit Cefuroxim, einem
Cephalosporin-Antibiotikum der 2. Generation (vgl.
Tabelle 2). Im Falle von Staph. haemolyticus liegt
der MHK-Wert für Cefuroxim bei über 190 µM und damit
deutlich über den MHK-Werten von Eu2-Eu5. Es liegt
daher der seltene Fall vor, daß ein pflanzlicher Na
turstoff antimikrobiell deutlich wirksamer ist als
ein in der Medizin etabliertes Antibiotikum. Bei den
Versuchen wurden die Racemate eingesetzt. Die optisch
reinen Enantiomeren zeigen jedoch die gleichen Wirk
samkeiten.
Die epoxidierten E- und Z-Coniferylalkohol-Derivate
(allgemeine Formeln IV und V) sind ebenso potent an
tibakteriell wirksam wie die 1′-Hydroxyeugenol-Deri
vate (vgl. Tabellen 3 und 4). Z-Co1epox bezeichnet
dabei den epoxidierten Z-Coniferylalkohol mit R₂ Me
thyl, entsprechend für R₂ Isopropyl(Z-Co2epox) und
für R₂ Isobutyl (Z-Co3epox). Die E-Coniferylalkohol-
Derivate sind entsprechend bezeichnet. Interessanter
weise zeigten sie auch das gleiche qualitative Wir
kungsprofil, d. h. sie waren bei den gleichen Bakte
rien antimikrobiell wirksam. Sie waren bei Staph.
aureus wirksamer als Eu2-Eu5 und beherrschten die
koagulasenegativen Staphylokokken ebensogut wie die
1′-Hydroxyeugenol-Derivate.
Claims (8)
1. Phenylpropan-Derivate der allgemeinen Formeln
oder deren Mischungen, worin R1 und R2 ein ver
zweigter oder geradkettiger Alkylrest der all
gemeinen Formel CnH2n+1 mit n=1-18 ist, zur An
wendung als therapeutischer Wirkstoff.
2. Phenylpropan-Derivate nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß R1 und/oder R2 Me
thyl, Isopropyl, Isobutyl oder 1-Methylpropyl
ist.
3. Phenylpropan-Derivate nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß R1 Isopropyl und R2
Methyl, Isopropyl, Isobutyl oder 1-Methylpropyl
ist.
4. Phenylpropan-Derivate nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 3 zur Anwendung als Antibiotika.
5. Phenylpropan-Derivate nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 3 zur Hemmung der Lipoxygenase-
Aktivität in Leukozyten.
6. Phenylpropan-Derivate nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 3 zur Beschichtung von Kathe
tern.
7. Arzneimittel, enthaltend ein Phenylpropan-Deri
vat nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3
und übliche Träger-, Zusatz- und Hilfsstoffe.
8. Arzneimittel, enthaltend ein Phenylpropan-Deri
vat nach Patentanspruch 3 und übliche Träger-,
Zusatz- und Hilfsstoffe.
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