DE4330354A1 - Durch Luftzutritt aktivierbare polymerisierbare Zusammensetzung mit olefinisch ungesättigten Verbindungen - Google Patents
Durch Luftzutritt aktivierbare polymerisierbare Zusammensetzung mit olefinisch ungesättigten VerbindungenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft eine Zusammensetzung, die eine durch Luft
zutritt aktivierbare radikalisch polymerisierbare olefinisch unge
sättigte Verbindung enthält. Die Erfindung betrifft auch deren
Verwendung als Klebstoff und Dichtungsmasse sowie ihre Verwendung
zur Beschichtung und Herstellung von Kunststoff-Formkörpern. Der
artige Zusammensetzungen polymerisieren radikalisch bei Raumtempe
ratur.
Olefinisch ungesättigte Systeme bedürfen zur Härtung durch Peroxide
oder Hydroperoxide insbesondere dann ausgewählter Starter bzw. Ak
tivatorsysteme, wenn die Reaktionsauslösung bei niederen Tempera
turen, beispielsweise bei Raumtemperatur oder nur schwach erhöhten
Temperaturen, erfolgen soll. Bekannt ist beispielsweise, daß aus
gewählten tertiären Aminverbindungen mit partiell aromatischer
Substitution am N-Atom eine solche Aktivatorfunktion zukommt. Be
kannte Aktivatoren für die Polymerisationsauslösung, beispielsweise
mittels Dibenzoylperoxid, sind insbesondere Dimethylanilin und
Dimethyl-p-Toluidin.
Die Anmeldung DE 40 00 776 beschreibt Hydrazon-Verbindungen als
Starter oder Hauptkomponente im Startersystem für die Aushärtung
von olefinisch ungesättigten Verbindungen durch radikalische Poly
merisation mittels Umgebungsluft.
Die DE 41 23 194 beschreibt eine durch Luftzutritt aktivierbare
polymerisierbare Zusammensetzung, die eine olefinisch ungesättigte
Verbindung und ein Hydrazon enthält. Darüber hinaus kann die Zu
sammensetzung auch noch eine Metallverbindung, ein Reduktionsmittel
sowie - je nach Einsatzgebiet - einen Verdicker und Haftvermittler
enthalten. Die Zusammensetzung eignet sich als Klebstoff sowie als
Dichtungs-, Beschichtungs- und Formmasse.
Die genannten Zusammensetzungen enthalten Initiatorsysteme mit
N-Verbindungen. Das kann in speziellen Fällen mit Nachteilen verbun
den sein, z. B. sind tertiäre aromatische Amine in toxikologischer
Hinsicht als bedenklich zu beurteilen, so ist das häufig verwendete
N,N-Dimethyl-p-toluidin ein T-Stoff im Sinne der Gefahrstoffver
ordnung. Auch die Toxikologie der als Initiator verwendeten Hydra
zone ist noch nicht ausreichend untersucht.
Es sind auch N-freie Initiatorsysteme bekannt, z. B. Metallverbin
dungen, die in der Zusammensetzung wenigstens anteilsweise löslich
sind und sich von mehrwertigen Metallen ableiten.
Schon seit langem sind derartige in organischen Lösungsmitteln
und/oder in Bindemitteln hinreichend lösliche Metallverbindungen
solcher Metalle als sogenannte Trockenstoffe zur Lufttrocknung von
Anstrichmitteln, Firnissen und dergleichen auf Basis ungesättigter
Öle bekannt. In Betracht kommen hier insbesondere hinreichend öl
lösliche Verbindungen solcher Übergangsmetalle, die zum Auftreten
in mehreren Wertigkeitsstufen befähigt sind. Die Fähigkeit zur
Härtungsbeschleunigung ist bei den einzelnen Komponenten
unterschiedlich stark ausgeprägt. Vornehmlich kommen Verbindungen
des Kobalts und/oder des Mangans in Betracht, aber auch Eisen wirkt
härtungsbeschleunigend. Daneben und insbesondere in Kombination mit
diesen hochwirksamen metallischen Komponenten können vergleichbare
Verbindungen anderer Metalle eingesetzt werden, die gegebenenfalls
auch zur Ausbildung mehrerer Wertigkeitsstufen befähigt sind. Eine
ausführliche Darstellung solcher Systeme befindet sich beispiels
weise in "Ullmann, Encyklopädie der technischen Chemie", 4. Aufla
ge, Band 23 (1983), 421 bis 424.
Derartige Metallverbindungen haben den Nachteil, daß sie in Kombi
nation mit trocknenden Ölen als N-freie Initiatorsysteme keine
praktikablen Starter für über eine radikalische Polymerisation ab
laufende, schnellaushärtende Systeme wie z. B. Reaktionsklebstoffe
liefern.
Nach E.P. Kohler ist bekannt, daß Furanone bei Kontakt mit Sauer
stoff Hydroperoxide bilden [JA CS, 58 (1936), S. 264-267].
Die Erfindung geht von der Aufgabe aus, unter Benutzung des ge
schilderten vorbekannten Wissens neue Möglichkeiten für den prak
tischen Einsatz solcher Starter bzw. Aktivatoren und Aktivatorsy
steme zu entwickeln, die frei von N-Verbindungen sind. Den Aktiva
toren soll - in Abmischung mit radikalisch polymerisierbaren
Stoffen bzw. Stoffgemischen der Praxis - die Fähigkeit immanent
sein, durch Zutritt von Umgebungsluft aktivierbar zu sein. Diese
Aktivierung soll in bevorzugten Ausführungsformen schon bei Raum
temperatur eintreten, gegebenenfalls ist eine Temperaturerhöhung
vorgesehen. Ein besonders wichtiger Aspekt der Erfindung richtet
sich auf Mehrstoffsysteme der genannten Art, die einfach durch Zu
tritt von Umgebungsluft bei Raumtemperatur zur Auslösung der
Startreaktion einer radikalischen Polymerisation ungesättigter
Systeme befähigt sind, und zwar bei zeitgesteuerter Aushärtung und
vorbestimmbarer Topfzeit. Die Erfindung will in einer wichtigen
Ausführungsform insbesondere einkomponentige lagerstabile Systeme
schaffen, die in ihrer Applikationsform formbar, insbesondere pa
stös bis fließfähig sind und eine zur Verarbeitung hinreichende
Topfzeit aufweisen, dann aber durch die einfache Einwirkung der
Umgebungsluft formstabil aushärten.
Die erfindungsgemäße Lösung ist den Patentansprüchen zu entnehmen.
Ihr liegt die Erkenntnis zugrunde, daß bestimmte Furanone als
Initiatorbestandteil für die radikalische Polymerisation von unge
sättigten Verbindungen bei Einwirkung von Luft verwendet werden
können. Bei einer möglichst weitgehenden Ausschaltung von Radikal
bildnern wie Sauerstoff, Peroxiden, Hydroperoxiden usw. ist die
Zusammensetzung aber auch lagerstabil, d. h. über einen Zeitraum von
mindestens 2, vorzugsweise mindestens 12 Monaten erfolgt bei Raum
temperatur keine Polymerisation, erkennbar an der praktisch unver
änderten Viskosität. Zumindest ist sie für die jeweilige Anwendung
noch brauchbar. Durch einfachen Luftzutritt bei Umgebungstemperatur
oder erhöhter Temperatur wird jedoch die Polymerisation initiiert
und innerhalb akzeptabler Zeit vervollständigt. Es ist somit mög
lich, einkomponentige Klebstoffe, Dichtungsmassen,
Beschichtungsmassen und Formmassen herzustellen und praktisch ohne
Aktivitätsverlust zu lagern. Der für die formgebende Verarbeitung
benötigte offene Zeitraum des Systems kann weitgehend frei bestimmt
werden. Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen haben daher eine
erhebliche praktische Bedeutung auf vielen anwendungstechnischen
Gebieten.
Gegenstand der Erfindung ist daher eine lagerstabile Zusammenset
zung, die eine radikalisch polymerisierbare olefinisch ungesättigte
Verbindung und ein Furanon folgender allgemeiner Formel enthält
wobei
X ein inerter Substituent, der weder bei der Herstellung noch bei der Lagerung oder Anwendung eine chemische Bindung eingeht, und
R₁ und R₂ unabhängig voneinander H oder eine aromatische oder aliphatische Gruppe mit bis zu 40 C-Atomen ist, die ebenfalls den inerten Substituenten X enthalten kann, und wobei die C-C-Doppelbindung des Fünfringes auch hydriert sein kann.
X ein inerter Substituent, der weder bei der Herstellung noch bei der Lagerung oder Anwendung eine chemische Bindung eingeht, und
R₁ und R₂ unabhängig voneinander H oder eine aromatische oder aliphatische Gruppe mit bis zu 40 C-Atomen ist, die ebenfalls den inerten Substituenten X enthalten kann, und wobei die C-C-Doppelbindung des Fünfringes auch hydriert sein kann.
Zu den "olefinisch ungesättigten Verbindungen" gehören alle
acyclischen und cyclischen aliphatischen Kohlenwasserstoffe mit
einer oder mehreren reaktionsfähigen Doppelbindungen im Molekül.
Insbesondere zählen dazu alle Vinyl-Monomere, darüber hinaus aber
insbesondere auch Acrylsäure, Methacrylsäure, Styrol und Butadien
sowie deren Derivate. Sie können ganz oder teilweise auch in Form
reaktiver vorgebildeter Oligomer- und/oder Polymer-Verbindungen
vorliegen. Besonders bevorzugt sind Monomere oder Oligomere mit
freien Carbonsäuregruppen.
Die erfindungsgemäßen Furanon-Verbindungen sind mono-, di- oder
trisubstituiert. Bevorzugt werden die trisubstituierten Verbin
dungen. Die Reste R₁ und R₂ können lineare und/oder cyclische
Alkylgruppen mit bis zu 40 C-Atomen, insbesondere mit 1 bis 8 C-Atomen
sein, vorzuziehen sind aber aromatische Gruppen. Die Reste
R₁ und R₂ und die Phenyl-Gruppe können unsubstituiert oder substi
tuiert sein. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß durch die Substi
tution dieser Reste insbesondere im Falle von Phenylgruppen ein
gewisser Einfluß auf die Reaktivität des Aktivatorsystems genommen
werden kann. So kann durch geeignete Substitution des Phenylrestes
eine Reaktionsbeschleunigung dadurch erreicht werden, daß an sich
bekannte Elektronen-schiebende Substituenten an diesem Phenylrest
vorgesehen werden. Elektronen-schiebende und damit Reaktions-be
schleunigenden Substituenten sind beispielsweise Alkyl-, Alkoxy- und/oder
Halogensubstituenten am Phenylrest, umgekehrt wirken stark
Elektronen-ziehende Substituenten von der Art der -NO₂-Gruppe ver
langsamend auf den Reaktionsablauf ein.
Selbstverständlich kann der Phenyl-Ring noch weitere Substituenten
enthalten, wenn sie die Starter-Funktion nicht stören.
Die Doppelbindung im Fünfring der Formel I kann auch hydriert sein.
Bevorzugtes Furanon ist das substituierte oder unsubstituierte
2,4,5-Triphenyl-furanon-3.
Der Reinheit der Zusammensetzung kommt für die gezielte Polymeri
sation, insbesondere für die Lagerung eine besondere Bedeutung zu.
Der Sauerstoff kann durch Entgasung entfernt werden, z. B. mit Hilfe
von Ultraschall, Vakuum oder auf chemischem Wege.
Es ist bekannt, daß Olefine und andere ungesättigte Verbindungen,
insbesondere polymerisierbare Monomere für ihre Lagerung stabili
siert werden müssen. Dabei geht man von folgenden Grundtypen der
Reaktion aus:
- 1. Stabilisierung gegen O₂ durch Zusatz von Antioxidantien und
- 2. Stabilisierung gegen Radikale durch Zusatz von Radikalinhibi toren.
Aus dem allgemeinen chemischen Wissen seien im nachfolgenden ty
pische Stabilisatorkomponenten aufgezählt, wobei jeweils in Klam
mern hinter der speziellen Verbindung angegeben ist, welchem Me
chanismus der Stabilisator zuzuordnen ist: Pyrogallol (1),
O₂-inhibierte Acrylate (1), Hydrochinon (1, 2),
Hydrochinonmonomethylether (1, 2), Butylhydroxytoluol (2) und
Phenothiazin (2). Besondere Bedeutung zur Stabilisierung des Sy
stems gegen unerwünschte vorzeitige Abreaktion sind Desoxygenatoren
vom Typ des Triphenylphosphins sowie Jod-Lösungen. Ihre Menge be
mißt sich nach den Einsatzzweck. Sie kann im Einzelfall durch
fachgerechte Überlegungen und/oder durch Vorversuche einfach er
mittelt werden. Ganz allgemein beträgt der Gewichtsanteil an Sta
bilisatoren höchstens 5 Gew.-%, vorzugsweise 0,01 bis 1 Gew.-%,
bezogen auf die gesamte Zusammensetzung. Eine zu hohe Menge verzö
gert die gewünschte Polymerisation bei Zutritt von Luft.
Die erfindungsgemäße Zusammensetzung enthält vorzugsweise auch noch
einen Zusatz an Metallverbindungen, die in mehreren Wertigkeits
stufen auftreten können. Besonders aktiv können hier ausgewählte
Vertreter der Übergangsmetalle sein. Der jeweiligen Auswahl des
Metalls kann unter anderem geschwindigkeitsbestimmender Charakter
zur Polymerisationsauslösung zukommen. Bei Raumtemperatur hochak
tive Komponenten leiten sich z. B. vom Kupfer, Kobalt, Vanadium
und/oder Mangan ab. Verbindungen des Eisens kommt allerdings eine
besondere Bedeutung und gute Reaktionsbeschleunigung zu.
Für das für viele Anwendungsgebiete besonders vorteilhafte Arbeiten
bei Raumtemperatur eignen sich insbesondere Eisen-, Kobalt- und/oder
Manganverbindungen, gegebenenfalls in Abmischung mit weiteren me
tallischen Komponenten wie Verbindungen des Blei, Cer, Calcium,
Barium, Zink und/oder Zirkon. Es kann hier auf die einschlägige
Fachliteratur verwiesen werden, vergleiche beispielsweise die zi
tierte Veröffentlichung in "Ullmann" a.a.O. sowie die dort zitierte
Vor-Literatur.
Die hier betroffenen Metalle werden in Form solcher Verbindungen
eingesetzt, daß sie wenigstens anteilsweise im Gesamtsystem löslich
sind. Es kommen dabei sowohl seifenartige Metallverbindungen als
auch in anderer Form insbesondere komplex an organische Reste ge
bundene Typen in Betracht. Typische Beispiele für das Arbeiten im
Sinne des erfindungsgemäßen Handelns ist die Verwendung entspre
chender Metallnaphthenate bzw. Metallacetylacetonate. Besteht eine
hinreichende Löslichkeit von anorganischen Salzen im System, dann
ist allerdings auch die Verwendung solcher anorganischer Systeme
möglich. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Eisenchlorid, das
bei seinem Einsatz im erfindungsgemäßen System eine deutlich be
schleunigende Wirkung zeigt.
Es kann zweckmäßig sein, die Metallverbindungen jeweils in einer
niedrigen Wertigkeitsstufe des Metalls - beispielsweise also als
Kobalt (II) oder Mangan (II) - einzusetzen. In anderen Fällen eig
net sich auch die Verwendung der Metallverbindung in der höheren
Wertigkeitsstufe des Metalls. So kann beispielsweise Eisen auch in
Form der Fe3+-Verbindungen verwendet werden.
Die erfindungsgemäß gewünschtenfalls mitverwendeten Aktivatorkom
ponenten der hier betroffenen Art sind die vielfältigen Mischungs
komponenten mit Reduktionswirkung, wie sie in üblichen
Redoxsystemen zur Polymerisationsauslösung eingesetzt werden. Ver
wiesen wird auf die einschlägige umfangreiche Literatur, bei
spielsweise W. Kern, Makromol. Chem. 1, 249 (1947) sowie C. Srna,
Angew. makromol. Chem. 9, 165 (1969) sowie das allgemeine Fachwis
sen, wie es z. B. beschrieben ist in Houben Weyl "Methoden der or
ganischen Chemie" Band 14/1, 263 bis 297.
Als besonders aktiv hat sich hier die Klasse der α-Hydroxy
ketone, beispielsweise mit ihren Vertretern Butyroin, Benzoin oder
Azetoin erwiesen. Die Lehre der Erfindung ist jedoch keineswegs
hierauf eingeschränkt. Wesentlich ist, daß diese Stoffklasse in den
erfindungsgemäß eingesetzten Aktivatorsystemen zwar eine wichtige
reaktionsbeschleunigende Funktion übernehmen können, daß jedoch
ihre Mitverwendung nicht zwingend ist.
Starter bzw. Aktivatorsysteme aus den hier geschilderten Hauptkom
ponenten Furanonverbindung, wenigstens anteilsweise löslicher me
tallischer Trockenstoff und/oder gewünschtenfalls mitverwendeter
Beschleuniger sind in der Lage, nach Aufnahme von Umgebungsluft
alle die radikalisch polymerisierbaren olefinisch ungesättigten
Systeme zu initiieren, die bisher mit den verschiedenartigsten
insbesondere N-haltigen Startersystemen eingesetzt werden.
Zur Definition der weiteren Bestandteile der erfindungsgemäßen Zu
sammensetzung kann auf die umfangreichen Angaben der einschlägigen
Literatur Bezug genommen werden, die sich mit der Herstellung und
Verarbeitung von Systemen beschäftigt, die auf Basis olefinisch
ungesättigter radikalisch polymerisierbarer Verbindungen aufgebaut
sind. In der Fachwelt steht heute eine außerordentlich große Zahl
von Stoffsystemen dieser Art zur Verfügung, die auf den jeweiligen
Einsatzzweck in ihren Eigenschaften zugeschnitten sind. Olefinisch
ungesättigte Reaktivsysteme können dabei auf der Grundlage ausge
wählter radikalisch polymerisierbarer ethylenisch ungesättigter
Verbindungen oder auf Basis von Mischungen mehrerer Typen solcher
Verbindungen aufgebaut sein. Die ethylenisch ungesättigten polyme
risierbaren Komponenten können dabei einfunktionelle Verbindungen
und/oder mehrfunktionelle Reaktivkomponenten sein.
Um eine schnelle Polymerisation bei vorzugsweise Kontakt mit der
Luft zu erreichen, sollte vorzugsweise eine Zusammensetzung gewählt
werden, die eine Anfangsviskosität von wenigstens etwa 30 bis 100 mPa·s,
bevorzugt von wenigstens etwa 200 oder 300 mPa·s aufweisen.
Ein besonders sicheres Anspringen der Polymerisationsreaktion kann
bei Systemen erwartet werden, deren Anfangsviskosität wenigstens
etwa 500 mPa·s und insbesondere wenigstens etwa 1000 mPa·s beträgt.
Alle diese Viskositätswerte sind bestimmt als Brookfield-
Viskosität. Handelsübliche Klebstoffsysteme zeigen bekanntlich
Viskositäten von wenigstens etwa 3000 mPa·s und insbesondere Visko
sitätswerte im Bereich bis etwa 10000 mPa·s. Materialien dieser Art
sind verständlicherweise für die Verarbeitung im Sinne der Erfin
dung hervorragend geeignet. Die Erfindung ist aber darauf keines
wegs eingeschränkt. Auch wesentlich dünner-viskose Systeme bei
spielsweise streichfähige Lacksysteme - die insbesondere als
lösungsmittelfreie Systeme Verwendung finden - sind für den Mecha
nismus der hier beschriebenen Reaktionsauslösung geeignet, sofern
die geschilderten Mindestwerte für die Anfangsviskosität des form
gestaltend zu verarbeitenden Materials eingehalten werden. Ent
sprechendes gilt für andere Einsatzgebiete, beispielsweise für die
Herstellung von Kunststofformteilen auf der Basis von Sty
rol/ungesättigten Polyesterharzen.
Die erforderlichen Anfangsviskositätswerte können insbesondere
durch Stoffgemische eingestellt werden, die einen hinreichenden
Gehalt an oligomeren und/oder polymeren Komponenten gegebenenfalls
in Abmischung mit niedermolekularen ungesättigten, bei Raumtempe
ratur flüssigen Komponenten wie (Meth)acrylate aufweisen. Entspre
chend viskose Massen können aber auch ausschließlich aus Vorkon
densaten geeigneter Fließfähigkeit bestehen. Im einzelnen gilt hier
das umfangreiche Wissen der Fachwelt zu solchen durch Radikalpoly
merisation härtbaren ethylenisch ungesättigten Stoffgemischen.
Die erfindungsgemäß einzusetzenden Mehrstoffgemische sind im all
gemeinen als Einkomponentensysteme ausgebildet, die bis zum Einsatz
vor Zutritt von Luft geschützt gehalten werden. Sie können aller
dings auch als Mehrkomponentensysteme vorgesehen sein. Zum prak
tischen Einsatz des Systems werden dann die Komponenten miteinander
vermischt. Die offene Topfzeit des Systems kann durch geeignete
Auswahl und Anpassung der Hauptkomponenten des Aktivatorsystems
geregelt werden, so daß also auch hier die Auslösung der Startre
aktion und damit letztlich die Aushärtung des Systems unter Umge
bungsbedingungen an der Luft möglich ist. In einer Ausführungsform
der Erfindung liegen die betroffenen Mehrstoffgemische aus Aktiva
torsystem und polymerisierbaren Komponenten als auch bei Luftzu
tritt nicht-reaktives 2-Komponenten-Systeme vor. Hierbei ist es
dann besonders bevorzugt, die Hauptkomponenten der erfindungsgemäß
eingesetzten Aktivatorsysteme so voneinander zu trennen, daß die
Furanon-Verbindung getrennt von den Metallverbindungen gehalten
ist. Beide Komponenten können dann im allgemeinen ethylenisch un
gesättigte Reaktivmasse enthalten. Zur Verarbeitung bedarf es nur
der Vermischung dieser beiden getrennt gehaltenen Komponenten, der
Formgebung während der offenen Topfzeit des Systems und des Zu
tritts der Umgebungsluft.
Die Erfindung erlaubt jeweils die Zusammenstellung optimierter
Werkstoffgemische. Unter Wahrung der erfindungsgemäßen Gesetzmä
ßigkeiten können lösliche und/oder unlösliche Füllstoffe,
Elastifizierungsmittel, Verdickungsmittel, Thixotropierungsmittel,
Pigmente, Haftvermittler und dergleichen mitverwendet werden, ohne
daß die Funktionsfähigkeit des erfindungsgemäßen Startersystems
gefährdet ist. Voraussetzung hierfür ist natürlich, daß durch Aus
wahl der Hilfs- und Füllstoffe sichergestellt ist, Störungen in der
Interaktion der Starterkomponenten auszuschließen. Hierzu gilt
allgemeines chemisches Wissen.
In den Mehrstoffgemischen der Erfindung machen die Startergemische
bevorzugt nicht mehr als etwa 15 Gew.-% und insbesondere nicht mehr
als etwa 10 Gew.-% - jeweils bezogen auf das Gewicht des Gesamtsy
stems - aus. Je nach Aktivität der eingesetzten Komponenten kann
dabei das Gewicht des Startergemisches sehr stark abgesenkt werden
und beispielsweise bis in den Bereich von etwa 0,1 Gew.-% oder we
nigstens etwa 0,5 Gew.-% verringert werden. Besonders geeignet
können Mengen des Startersystems von wenigstens etwa 1 Gew.-% sein,
bevorzugt bis zu etwa 10 Gew.-%. Alle diese Angaben beziehen sich
dabei einerseits auf das Gesamtgewicht der erfindungsgemäßen Zu
sammensetzung und das Gesamtgewicht der drei Hauptkomponenten des
Startersystems.
Die drei zuvor genannten Komponenten des Startersystems können da
bei vorzugsweise in den folgenden Mengenverhältnissen eingesetzt
werden - in Gew.-% bezogen auf das Gesamtsystem:
Furanon-Verbindungen: wenigstens etwa 0,1 Gew.-%, zweckmäßig 0,5 bis 12 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 8 Gew.-% lösliche Metallverbin dung: 0 bis 5, vorzugsweise 0 bis 3, insbesondere 0,005 bis 3 Gew.-%.
Furanon-Verbindungen: wenigstens etwa 0,1 Gew.-%, zweckmäßig 0,5 bis 12 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 8 Gew.-% lösliche Metallverbin dung: 0 bis 5, vorzugsweise 0 bis 3, insbesondere 0,005 bis 3 Gew.-%.
Desoxygenator: 0 bis 5 Gew.-%, vorzugsweise 0,01 bis 1 Gew.-%.
Als in der Praxis vielseitig verwendbare und gebräuchliche Mi
schungen radikalisch polymerisierbarer Massen werden Stoffgemische
von Oligomer- und/oder Polymersubstanzen zusammen mit ethylenisch
ungesättigten Monomeren niederen Molekulargewichts eingesetzt. Die
Mischungskomponenten höheren Molekulargewichts sind dabei häufig in
den Monomeren wenigstens anteilsweise löslich. Stoffgemische dieser
Art sind für die Verarbeitung im Sinne der Erfindung besonders ge
eignet. Der Gehalt an Monomeren - beispielsweise vom Typ
(Meth)acrylate, des gegebenenfalls substituierten Styrols und/oder
des Acrylnitrils - liegt im allgemeinen bei wenigstens 10 Gew.-%,
bevorzugt bei wenigstens etwa 20 Gew.-% und kann in vielen Anwen
dungsfällen wenigstens etwa 40 Gew.-% ausmachen. Gew.-% hier je
weils auf das reaktionsbereite fertige Gemisch bezogen. Die Mono
merkomponente kann dabei die gewichtsmäßig gesehen weitaus über
wiegende Komponente sein, so daß also beispielsweise 60 bis 80
Gew.-% der Gesamtmasse durch das niedermolekulare Monomere gebildet
werden. Wie zuvor dargestellt ist hier allerdings darauf zu achten,
daß durch die Mitverwendung einer hinreichenden Menge an Verbin
dungen höheren Molekulargewichts und/oder durch sonstige Eindickungs
mittel die wenigstens leicht erhöhte Anfangsviskosität der
Stoffgemische zur sicheren Reaktionsauslösung bei Luftzutritt ge
währleistet ist.
In charakteristischen Anwendungsbeispielen, die als bevorzugte
Ausführungsformen in den Rahmen der Erfindung fallen, sind diese
Einsatzbedingungen ohnehin gewährleistet. Ohne einen Anspruch auf
Vollständigkeit seien hier die folgenden Beispiele genannt: Aerob
härtende Dichtungs- und Klebstoffsysteme, streichfähige Mittel für
die Oberflächenbeschichtung mit polymerisierbaren insbesondere
lösungsmittelfreien Lacken und Anstrichmittel im Sinne von
streichfähigen lufttrocknenden Lacksystemen sowie die Herstellung
von Formteilen unter Reaktionsauslösung durch Einwirkung von Umge
bungsluft, beispielsweise auf Basis von Styrol/ungesättigte Poly
esterharze.
Für die nachfolgenden Beispiele wurden die ethylenisch ungesät
tigten Verbindungen (nachfolgend auch Monomere genannt) von evtl.
vorhandenen Inhibitoren befreit und, soweit möglich, destillativ
gereinigt. Bei schwerflüchtigen, nicht destillierbaren Monomeren
wurde durch Evakuieren und anschließendes mehrstündiges Durchleiten
von N₂ gelöster Sauerstoff entfernt. Die Monomeren wurden unter
Inertgas (N₂ oder Ar) gelagert und entnommen.
Die Furanone wurden nach literaturbekannten Vorschriften herge
stellt (siehe z. B. F.P. Kohler et al. JACS 58, 264/1936) und unter
Inertgas gelagert und entnommen.
Zur Bestimmung der Gelierzeit werden 100 mg Klebstoff auf ein
Fe-Blech tropfenförmig aufgetragen und visuell bzw. mittels einer
Präpariernadel die Zeit bestimmt, in der sich eine Haut gebildet
hat oder der flüssige Klebstoff in einen Gelzustand übergegangen
ist.
Zur Bestimmung der Aushärtungszeit der polymerisationsfähigen
Mehrstoffgemische werden 100 mg der unter Inertgas formulierten
Mischung in einem Uhrglas der Umgebungsluft ausgesetzt. Die Mi
schung ist dann ausgehärtet, wenn sich die gesamte Probenmenge in
einen thermoplastischen oder duroplastischen Festkörper umgewandelt
hat.
Für Verklebungen werden Prüfkörper nach DIN 53 281 mit der polyme
risierbaren Mischung versehen und vor dem Fügen eine definierte
Zeit (90 bis 600 s) der Umgebungsluft ausgesetzt.
Die Zugscherprüfungen werden nach DIN 53283 an einschnittig über
lappten (250 mm²)-Proben durchgeführt.
Die Beispiele wurden nach folgenden allgemeinen Verfahren durchge
führt:
In einem mit N₂ gefüllten Mehrhalskolben wurde das Monomere vorge
legt und darin das Verdickungsmittel gelöst, oder es wurde gleich
eine Mischung eingesetzt. Anschließend wurde die Metall-Verbindung,
der Aktivator, der inhibierende Stabilisator sowie ein Haftver
mittler zugesetzt, wobei wiederum auf Ausschluß von Sauerstoff ge
achtet wurde. Die homogenisierte Mischung wurde auf -196°C abge
kühlt, der Kolben auf 0,67 hPa evakuiert und anschließend auf
Raumtemperatur erwärmt. Durch mehrmaliges Wiederholen dieses
Gefrier/Tau-Zyklus wurde restlicher Sauerstoff aus dem System ent
fernt. Nun wurde die Furanon-Verbindung zugegeben und wiederum wie
oben angegeben entgast. Das Gemisch wurde unter Inertgas aufbe
wahrt.
Die Beispiele zeigen die Brauchbarkeit des neuen Initiatorsystems
für die radikalische Polymerisation unter praxisgerechten Bedin
gungen.
Die Zusammensetzungen bestanden aus folgenden Komponenten (in Ge
wichtsteilen) und hatten folgende Eigenschaften:
Claims (11)
1. Durch Luftzutritt aktivierbare polymerisierbare Zusammenset
zung, die eine radikalisch polymerisierbare olefinisch unge
sättigte Verbindung und ein Furanon folgender allgemeiner For
mel enthält
wobei
X ein inerter Substituent, der weder bei der Herstellung noch bei der Lagerung oder Anwendung eine chemische Bindung eingeht, und
R₁ und R₂ unabhängig voneinander H, eine aromatische oder aliphatische Gruppe mit bis zu 40 C-Atomen ist, die ebenfalls den inerten Substituenten X enthalten kann, und wobei die C-C-Doppelbindung des Fünfringes auch hydriert sein kann.
X ein inerter Substituent, der weder bei der Herstellung noch bei der Lagerung oder Anwendung eine chemische Bindung eingeht, und
R₁ und R₂ unabhängig voneinander H, eine aromatische oder aliphatische Gruppe mit bis zu 40 C-Atomen ist, die ebenfalls den inerten Substituenten X enthalten kann, und wobei die C-C-Doppelbindung des Fünfringes auch hydriert sein kann.
2. Zusammensetzung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
ein- und/oder mehrfunktionell olefinisch ungesättigte polyme
risierbare Verbindungen und dabei bevorzugt Acryl- und/oder
Methacrylsäure, Acrylat- und/oder Methacrylat-Verbindungen bzw.
-Systeme, Styrol bzw. Styrol-Derivate und/oder Acrylnitril
enthaltende Komponenten verwendet werden, die auch ganz oder
teilweise in Form reaktiver vorgebildeter Oligomer- und/oder
Polymer-Verbindungen vorliegen können.
3. Zusammensetzung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
das Furanon ein substituiertes oder unsubstituiertes
2,4,5-Triphenyl-furanon-3 ist.
4. Zusammensetzung gemäß Anspruch 1, 2 oder 3, gekennzeichnet
durch einen Zusatz an Stabilisatoren gegen Radikale und
O₂-Einwirkung, vorzugsweise Triphenylphosphin und Jod.
5. Zusammensetzung gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4,
gekennzeichnet durch einen Zusatz an Metall-Verbindungen, die
in mehreren Wertigkeitsstufen auftreten können, als Aktivator,
insbesondere Fe, Co, Mn oder V.
6. Zusammensetzung gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß sie formgebend verarbeitbar ist und
eine Viskosität von wenigstens 100, vorzugsweise 300, insbe
sondere 500 mPa·s (Brookfield) aufweist.
7. Zusammensetzung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6,
gekennzeichnet durch folgende Gewichts-Anteile in Gewichts-
Prozent, bezogen auf die gesamte Zusammensetzung:
- - wenigstens 20, vorzugsweise wenigstens 40 Gew.-% an olefinisch ungesättigter Verbindung,
- - wenigstens 0,1, vorzugsweise 0,5 bis 12 und insbesondere 1 bis 8 Gew.-% an Furanon,
- - 0 bis 5, vorzugsweise 0,01 bis 1 Gew.-% an Stabilisator,
- - 0 bis 5, vorzugsweise 0 bis 3 und insbesondere 0,005 bis 3 Gew.-% an Metallverbindung sowie
- - 0 bis 80, vorzugsweise 5 bis 50 Gew.-% an Hilfsstoffen entsprechend der Verwendung der Zusammensetzung, z. B. Füllstoffe, Pigmente, Verdickungsmittel, Haftvermittler, Reduktionsmittel und Elastifizierungsmittel.
8. Verwendung der Zusammensetzung nach mindestens einem der An
sprüche 1 bis 7 als Klebstoff und Dichtungsmasse, die durch
Einwirkung von Umgebungsluft und insbesondere bei Umgebungs
temperatur binden, wobei die olefinische Verbindung vorzugs
weise eine Acrylat- oder eine Methacrylat-Verbindung ist und
wenigstens teilweise darin ein Polymeres gelöst ist, so daß die
Viskosität oberhalb von 500 mPa·s liegt, insbesondere im Be
reich von etwa 3000 bis 10 000 mPa·s.
9. Verwendung der Zusammensetzung nach mindestens einem der An
sprüche 1 bis 7 zur Oberflächenbeschichtung und Herstellung von
Kunststoff-Formteilen, die durch Einwirkung von Umgebungsluft
und insbesondere bei Umgebungstemperatur aushärten.
10. Verwendung des Furanons nach Anspruch 1 oder 3 als
Initiatorbestandteil für die radikalische Polymerisation von
ungesättigten Verbindungen.
11. Initiatorsystem für die radikalische Polymerisation von unge
sättigten Verbindungen in Gegenwart von Luftsauerstoff, ent
haltend das Furanon nach Anspruch 1 oder 3 und die Metallver
bindung nach Anspruch 5.
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