DE4311769C2 - Verfahren zum Abtragen und Entsorgen von Abfalldeponien - Google Patents

Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abtragen von Abfalldeponien und Entsorgen des abgetragenen Gutes aus Haus- und/oder Industriemüll. Hierbei ist insbe­ sondere an solche Deponien gedacht, deren Inhalts­ stoffe früher über mehrere Jahre unkontrolliert abge­ lagert wurden. Derartige Deponien sind langfristig ein schwer zu kontrollierendes Gefahrenpotential für die Umwelt, da vor allem mit zunehmendem Deponie­ alter Schadstoffe über die Sickerwässer mehr und mehr ausgewaschen werden und über das Grundwasser weiträu­ mig Verbreitung finden können - mit nicht kalkulier­ baren Gefahren für Mensch, Tier und Pflanze.

Bisher bekannt gewordene Sanierungskonzepte für der­ artige Deponien sind nicht nur außerordentlich ko­ stenintensiv und zeitaufwendig, sie sind auch in ih­ rer Wirksamkeit umstritten.

Versucht worden ist in der Vergangenheit beispiels­ weise das wasserdichte Abdecken der Deponie, um das Eindringen von ständig neuem Regenwasser zu verhin­ dern und damit den Sickerwasseranfall zu reduzieren.

Wenigstens teilweise bewährt hat sich das Anlegen von Drainagen um die Deponie herum, womit ein Teil des Sickerwassers aufgefangen und einer gesonderten Ent­ sorgung zugeführt werden kann.

Eine besonders kostspielige Variante hierzu wird in DE-OS 38 11 487 vorgeschlagen: Das Zwangsspülen der Deponiesohle mit Hilfe einer Flächendrainage.

Einer von mehreren Nachteilen beim wasserdichten Ab­ decken von Deponien besteht darin, daß eine Rekulti­ vierung des Deponiegeländes insbesondere dann, wenn durch Wiederaufforsten eine Neubepflanzung mit tiefer wurzelndem Bewuchs vorgesehen ist, unmöglich ist. Darüber hinaus ist längerfristig die Funktion einer Abdeckung auch durch die Gefahr einer mechanischen Beschädigung im Laufe der Zeit nur mangelhaft sicher­ gestellt.

Für den Fall der Anlegung von Drainagen kann nicht verhindert werden, daß schadstoffhaltige Sickerwässer unmittelbar unter der Deponie in tiefergelegene Grundwasserschichten und damit auch in die weitere Umgebung gelangen, um an anderen Stellen erneut an die Oberfläche zu gelangen.

Oft bleibt bei schadhaften Altablagerungen mit teil­ weise gänzlich unbekannten Inhaltsstoffen nur der Weg, diese Altdeponien ganz auszuheben und den Aushub neu zu deponieren, was umweltpolitisch zwingend er­ forderlich, finanziell jedoch nahezu unmöglich ist.

Auch das Untertunneln einer Altdeponie und von dem Tunnel ausgehende Bohrungen, in die Bodenverfesti­ gungsmittel injiziert werden - vorgeschlagen in DE-OS 39 08 608 - ist aufwendig und in der Wirksamkeit langfristig nicht zu garantieren.

Deponieaushub unbekannter Zusammensetzung ist heute in seiner Gesamtheit als Sondermüll anzusehen. Für geeigneten Deponieraum, insbesondere für Sondermüll, steht so gut wie gar kein Platz mehr in dichtbesie­ delten Industrie- und Wohngebieten, also dort, wo der Müll angefallen ist, zur Verfügung.

Während es im Schrifttum eine Vielzahl von Vorschlä­ gen für die Anlage von Mülldeponien gibt, finden sich kaum Anregungen für eine umweltgerechte Beseitigung dieser Altlasten. In DE-OS 41 27 297 wird zwar vor­ geschlagen, Altdeponien aufzugraben, die Biomasse zu verrotten, die vorsortierten Leichtfraktionen zusam­ men mit dem Biogas zu verbrennen und danach Inert­ stoffe und Asche neu einzulagern, diese Vorgehenswei­ se besitzt aber kein Entgiftungspotential, verringert den Bedarf an Deponieraum nicht entscheidend und ist darüber hinaus infolge der notwendigen Altstoffsor­ tierung kostenintensiv.

Allgemein ist dagegen ein Verfahren zur Entsorgung von Abfallgütern beliebiger Art in DE 41 30 416 C1 beschrieben, bei dem unzerkleinertes Entsorgungsgut unter Mitführung vorhandener Flüssigkeitsanteile so­ wie Beibehaltung der Misch- und Verbundstruktur kom­ primiert und unter Aufrechterhaltung einer Druckbe­ aufschlagung in einen auf über 100°C beheizten Kanal eingebracht wird. Dort wird das Gut schiebend im kraft­ schlüssigen Kontakt mit den Wandungen gehalten und die anfangs vorhandenen Flüssigkeiten verdampft so daß die innewohnenden Rückstellkräfte einzelner Bestandteile zumindest teilweise Bindemittelfunktion übernommen haben. Im Anschluß daran wird das entstandene brockige Feststoffkonglomerat in einen auf oberhalb 1000°C gehaltenen Hochtemperaturreaktor eingebracht und dort einer Hochtemperaturbeaufschlagung unterzogen.

Der vorliegenden Erfindung, liegt von dieser real vorhandenen Situation ausgehend, daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Entsorgung von Altdepo­ nien anzugeben, das deren vollständige Beseitigung sicherstellt und eine unbeschränkte Rekultivierung der entsorgten Deponiefläche mit anschließend belie­ biger Nutzung ermöglicht.

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Merkmale. Die Unteransprüche geben vorteilhafte Wei­ terbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung wie­ der.

Dadurch, daß der zu entsorgende Abfall einer Altdepo­ nie in geeigneter Portionierung einer vorzugsweise mehrstufigen Hochtemperatur-Behandlungsanlage zuge­ führt wird und dieser Abfall bei einer Maximaltempe­ ratur < 1.000°C einer Synthesegaserzeugung, Stoff­ wandlung und Stofftrennung unterworfen wird, gelingt es in vorteilhafter Weise, vollständig zu entgiften und die Produkte der Stoffwandlung getrennt einer sinnvollen Verwertung zuzuführen. In einem besonders vorteilhaften Hochtemperatur-Behandlungsverfahren werden unsortierte Abfälle zusammen mit ihren Flüs­ sigkeitsanteilen zunächst bei einer Temperatur von 600°C entgast, und nachfolgend werden die Entgasungs­ produkte gemeinsam, d. h. in der vorliegenden Zufalls­ vermischung, einer Hochtemperaturbehandlung in einem Hochtemperatur-Reaktor unterworfen. Hierbei erhält man ein nutzbares Reingas, einen mineralisierten Inertstoff, der auslaugungsfest ist, und eine bei­ spielsweise auch eisenhaltige Metallschmelze. Die nicht in unlösliche Form zu überführenden Schwerme­ tallreste fallen bei diesem bekanntgewordenen Verfah­ ren in weniger als 1 Gew.% an.

Hochtemperaturverfahren der beschriebenen Art benöti­ gen für ihre eigenenergetische Durchführung einen Mindestgehalt der Abfälle an Kohlenstoff. Sollte Koh­ lenstoff in dem Abraum der zu entsorgenden und zu sa­ nierenden Deponie nicht in genügender Menge vorhanden sein, so läßt sich durch Zumischen von Neuabfällen mit ausreichenden organischen bzw. brennbaren Kompo­ nenten, wie beispielsweise Haus- und Gewerbeabfall, in optimierbarer Weise eine mehrstufige thermische Behandlung einstellen. Ein solches Vorgehen ist ins­ besondere auch dann vorteilhaft, wenn bei der Entsor­ gung eines kleineren Einzugsgebietes für eine Hoch­ temperatur-Behandlungsanlage nicht ausreichend Neu­ abfall anfällt, um die Anlage auszulasten. Hier ist dann eine Kombinationsentsorgung von Deponieaushub und Neuabfall wirtschaftlich sinnvoll und geboten. Es ergibt sich darüber hinaus der Vorteil, daß eine sol­ che Anlage am Ort einer schon vorhandenen Deponie eine sehr viel größere Akzeptanz bei der Bevölkerung fände, als das an irgendeinem noch nicht der Abfall­ wirtschaft gewidmeten Platz erreicht werden kann.

Der Vorteil der Hochtemperaturbehandlung von Abfall mit der Möglichkeit, Stoffe zu wandeln und zu tren­ nen, erlaubt es, auch schadstoffhaltige Bestandteile des Abfalls durch Aufspaltung sicher zu entgiften, vor allem auch durch die vollständige Zersetzung von organischen Substanzen. Es ist vorteilhaft möglich, die in einer Drainage aufgefangenen Sickerwässer ei­ ner Deponie mit aufzubereiten, wobei sie gegebenen­ falls einer viskositätserhöhenden Vorbehandlung un­ terworfen werden, beispielsweise durch Eindampfen, gegebenenfalls kombiniert mit einer mechanischen Ent­ wässerung.

Altdeponien entwickeln nach einer Lagerzeit von etwa zwei Jahren unkontrolliert Fäulnisgase, die beim jet­ zigen Stand der Technik in Rohrleitungen, die in der Deponie verlegt sind, gesammelt und bei Großdeponien thermisch verwertet werden. Das erfindungsgemäße Ver­ fahren bietet hier die vorteilhafte Möglichkeit, die gesammelten Deponiegase zusammen mit dem Deponieab­ fall der Hochtemperaturbehandlung zuzuführen, und sie auf diese Weise sicher von Schadstoffen zu befreien und die Deponiegase in ein energetisch hochwertiges Reingas zu integrieren.

Die bei der Stoffwandlung und -trennung anfallenden Inertstoffe sind infolge der hohen angewendeten Tem­ peraturen von mehr als 1.000°C von glasartiger Be­ schaffenheit. Sie ähneln in ihrer Zusammensetzung und Struktur dem Naturstoff Basalt. Sie sind daher aus­ laugungsfest und können vorteilhafterweise direkt zum Verfüllen der entsorgten Deponiebereiche wiederver­ wendet werden. Eine anderweitige Verwendung - bei­ spielsweise als Baustoff oder als Rohmaterial für andere hochwertige Industrieprodukte - ist dabei nicht eingeschränkt. Die Entscheidung, in welcher Weise diese Inertstoffe zu nutzen sind, hängt von örtlichen Gegebenheiten und ökonomischen Vorausset­ zungen ab. Im Zusammenhang mit der Deponieentsorgung stellt das Verwenden des auslaugungsfesten Inertstof­ fes zum Verfüllen der entsorgten Deponiebereiche eine vorteilhafte und zweckmäßige Lösung dar. Gleiches gilt für den Fall, daß der Inertstoff nach Zerkleine­ rung mit humusbildenden Substraten und Nährstoffen gemischt und danach als Deckschicht zur Rekultivie­ rung der entsorgten Deponiebereiche verwendet wird. Die Zusammensetzung der Bodenschichten ist im weiten Bereich variabel und kann den Gegebenheiten der beabsichtigten Rekultivierung in hohem Maße angepaßt werden. Längere Transportwege für den Antransport von Mutterböden beispielsweise können eingespart werden.

Das bei der Hochtemperaturbehandlung anfallende Gas hat die Zusammensetzung eines Synthesegases. Es kann mit an sich bekannten Verfahren gereinigt werden und steht danach einer anderweitigen Nutzung, z. B. Ver­ stromen, zur Verfügung. Der entstandene Strom könnte den Eigenbedarf der Anlage decken, wobei ein entste­ hender Überschuß problemlos in das Stromnetz einge­ speist werden kann.

Bei der Hochtemperaturbehandlung von Abfällen wird häufig neben dem mineralischen Inertstoff eine eisen­ haltige Metallschmelze gewonnen, die die typischen Legierungsmetalle des Eisens - Chrom, Nickel, Kup­ fer - einbindet. Diese Metallschmelze kann einer an­ derweitigen Verwendung außerhalb der Hochtemperatur- Behandlungsanlage zugeführt werden, beispielsweise einer metallurgischen Behandlung.

Beim Betrieb der Hochtemperatur-Behandlungsanlage fällt in großem Umfang Abwärme auf einem Temperatur­ niveau von unter 100°C an. Diese Abwärme kann zweck­ mäßigerweise in räumlicher Zuordnung zu der Hochtem­ peraturanlage zur Beheizung von Gewächshäusern, zum Temperieren von Fischteichen und für Trocknungsanla­ gen, etwa zum Trocknen von Klärschlämmen und Sicker­ wässern, verwendet werden. Hierdurch wird eine ver­ besserte Ausnutzung der Hochtemperaturanlage bei ver­ minderten Betriebskosten möglich.

Claims (3)

1. Verfahren zum Abtragen von Abfalldeponien und Entsorgen des abgetragenen Gutes aus Haus- und/ oder Industriemüll, bei dem der beliebig unsor­ tiert abgelagerte Abfall der Deponie oder Teilen der Deponie entnommen und in geeigneter vorgege­ bener Portionierung einer mehrstufigen thermi­ schen Behandlung unterzogen wird
dadurch gekennzeichnet, daß man in an sich be­ kannter Weise gegebenenfalls vorhandene Sicker­ wässer in die thermische Behandlung einbezieht, gegebenenfalls vorhandene Deponiegase sammelt und zumindest teilweise in der Hochtemperatur­ stufe der mehrstufigen thermischen Behandlung bei einer Temperatur von mehr als 1.000°C mit­ behandelt ,
und die durch die thermische Behandlung er­ haltenen mineralischen Inertstoffe zur natur­ rückführenden Gestaltung des entsorgten Deponie­ bereiches verwendet.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß dem Deponiegut Neu­ abfälle (Frischmüll) aus Haus- und Gewerbeent­ sorgungsgut sowie Klärschlämme zugemischt wer­ den.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich­ net, daß gegebenenfalls mitzubehandelnde Sicker­ wässer vor der Mitbehandlung einer viskositäts­ erhöhenden Behandlung unterzogen werden.