Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Gewinnung eines
schwermetallfreien Düngemittels aus Klärschlamm, bei dem der vor
entwässerte Klärschlamm zwecks Zerstörung der aus Einweißverbin
dungen bestehenden und die Schwermetalle umhüllenden Zellstruk
tur mit der in einer zugeordneten Trocknung anfallenden Abwärme
auf 70-75°C erhitzt und mit einer den Übergang der Schwerme
talle von der festen in die flüssige Phase bewirkenden Säure ver
mischt wird, wobei die im Wege des Ionenaustausches in die flüs
sige Phase übergegangenen Schwermetalle nach Trennung der Phasen
ausgefällt werden.
Aus der EP 0072 885 B1 ist ein Verfahren bekannt, mit dem die
im Hafenschlick, Flußsedimenten und dergleichen überwiegend an
organischen Schlämmen enthaltenen Schwermetalle in der Weise eli
miniert werden, daß der vorentwässerte Schlamm unter Außentempe
ratur mit Salzsäure vermischt wird. Diese bewirkt aufgrund der
unterschiedlichen Ionenaufladung den Übergang der Schwermetalle
von der festen in die flüssige Phase. Nach Trennung der Phasen
werden die Schwermetalle aus der flüssigen Phase ausgefällt. Der
Feststoff wird unter Einsatz von Pressen entwässert und auf
Brachland abgelagert. - Das Verfahren ist bei nicht abdichtbaren
großen Flächen ein geeignetes Mittel, eine Kontaminierung des
Grundwassers mit Schwermetallen auszuschließen, hat aber den
Nachteil, daß das in den Vorfluter einzuleitende Abwasser mit
einer der Biosphäre abträglichen Säure belastet wird. - Dieses
Verfahren soll auch bei der Aufbereitung von kommunalem Klär
schlamm angewandt und das Produkt zur Bodenverbesserung einge
setzt werden. Da aber ein Teil der Säure im Feststoff verbleibt
und auf diesem Weg in den Boden gelangt, ist das Salzsäurever
fahren für Kommunalschlamm abzulehnen. Im übrigen greift Salz
säure auch die Legierungsmetalle der zur Durchführung des Auf
bereitungsverfahrens eingesetzten Einrichtungen an, weshalb zur
Entwässerung nur Pressen, aber keine Zentrifugen eingesetzt
werden können. - Im Hinblick auf diesen Sachverhalt hat die
DE 41 09 759 C1 vorgeschlagen, zur Mobilisierung der Schwer
metalle vorzugsweise eine organische Säure zu verwenden und die
Freisetzung der in den Schlammpartikeln inkorporierten Schwer
metalle auf thermischem Weg, also durch Zerstörung der Zellstruk
tur herbeizuführen. Aber selbst bei noch so starker Konzentration
kann mit diesen Säuren der pH-Wert nicht auf den erforderlichen
Stand abgesenkt werden, so daß der organischen Säure eine anor
ganische beigemischt werden muß. Damit aber tritt die Frage nach
einer umweltverträglichen Mineralsäure erneut auf. Die in der
DE 41 09 759 C1 vorgeschlagene Kombination der chemischen und
der thermischen Konditionierung enthält aber noch andere unge
löste Probleme: zum einen werden von der Zerstörung der Zellstruk
tur nur die in den Schlammpartikeln inkorporierten Schwermetalle
betroffen, nicht aber die an der Oberfläche dieser Partikel haf
tenden und auch nicht die von den Schwermetallen eingegangenen
Verbindungen, so daß es zur Ablösung bzw. Auflösung zusätzlicher
Maßnahmen bedarf. Zum andern führt das Umrühren des erhitzten
Klärschlamms zu einer ungewöhnlich starken Gasbildung, und diese
zu einer entsprechend starken Schaumbildung. Diese wiederum hat
das Überlaufen des Mischbehälters und eine sehr unangenehme Ge
ruchsemission zur Folge. Daher muß damit gerechnet werden, daß
solche Anlagen keine Betriebsgenehmigung erhalten. Das gilt ins
besondere dann, wenn die Kläranlagen, wie das die Regel ist, am
Rande von Siedlungsgebieten liegen. Von Nachteil ist ferner, daß
das Absenken des pH-Wertes auf einen niedrigen Stand mit einem
relativ hohen Säureverbrauch und daher mit entsprechend hohen
Kosten verbunden ist, und das stünde der Durchsetzung des Re
cyclingprinzips entgegen. Von Nachteil ist schließlich auch der
von der Erfindung gemachte Vorschlag, den Feststoff in der Wir
belschicht zu trocknen; denn dieses Verfahren führt zu einem
staubförmigen Trockengut, das beim Ausbringen auf den Boden vom
Wind verweht wird und sich im Falle der Beimischung anderer
Pflanzennährstoffe, z. B. Kunstdünger, zufolge des unterschied
lichen spezifischen Gewichts beim Transport über längere Strecken
entmischt. Der Akzeptanz des Trockengutes seitens der Land
wirtschaft steht schließlich der Umstand entgegen, daß es -
anders als der mit Stroh vermischte Stallmist - relativ wenig
humusbildende Stoffe enthält, so daß diese Erfindung den Ein
satz auf die Rekultivierung von Bergbauhalden beschränken mußte.
Das aber führt zu unwirtschaftlich langen Transportwegen und ist
überdies nur in solchen Ländern anwendbar, die über entsprechen
de Bergbaubetriebe verfügen.
Daher hat sich die Erfindung die Aufgabe gestellt, aus kommuna
lem Klärschlamm ein uneingeschränkt anwendbares Düngemittel zu
gewinnen, wobei die Erfindung sowohl den Einsatz in der Land
wirtschaft als auch den in der Forstwirtschaft in Betracht ge
zogen hat. Hierbei hat sie auch die von der Europäischen Union einge
leitete Agrarreform, also die Stillegung landwirtschaftlich ge
nutzter Flächen ins Auge gefaßt hat. Diese Zielsetzung ermöglicht
es zwar, einen Großteil der unter dem Gesichtspunkt der Entsor
gung entwickelten Verfahren zu nutzen, wie beispielsweise die
Mobilisierung der Schwermetalle durch Säure und die Zerstörung
der Zellstruktur durch Hitze, verbietet aber den Einsatz einer
den Boden und das Abwasser belastenden Säure. Somit ist der Er
findung die Aufgabe gestellt, die Mobilisierung der Schwermetalle
mit einer Säure zu bewirken, mit der der pH-Wert des Klärschlamms
ohne Inkaufnahme unüberwindbarer Nachteile auf den erforderlichen
Stand abgesenkt werden kann. Des weiteren stellt sich die Auf
gabe, neben den inkorporierten Schwermetallen auch die an der
Oberfläche der Schlammpartikel haftenden Schwermetalle zu mobi
lisieren und die von den Schwermetallen eingegangenen Verbin
dungen aufzulösen. Darüber hinaus verfolgt die Erfindung auch das
Ziel, ein Überlaufen des Mischbehälters zu verhindern und eine
Belästigung der Umwelt durch die Emission übelriechender Gase aus
zuschließen. Schließlich will die Erfindung auch die Säurekosten
reduzieren, den Entmetallisierungsgrad ohne Inkaufnahme zusätz
licher Kosten verbessern, den Gehalt des Endprodukts an humus
bildenden Stoffen erhöhen und den Feststoff so trocknen, daß beim
Ausbringen Windverwehungen und beim Transport Entmischungen aus
geschlossen werden.
Die Erfindung löst die gestellte Aufgabe mit einem Verfahren der
eingangs geschilderten Art, dadurch gekennzeichnet, daß der pH-
Wert des Klärschlamms auf unter 2 abgesenkt und die Absenkung
durch Beimischung von Mineralsäure, vorzugsweise Salpetersäure,
bewirkt wird, daß die Ablösung der an der Oberfläche der Schlamm
partikel haftenden Schwermetalle und die Auflösung der von den
Schwermetallen eingegangenen Verbindungen durch länger anhalten
des intensives Mischen des erhitzten und angesäuerten Klärschlamms
mit oder ohne Zusatz eines Antischaummittels in einem geschlosse
nen Behälter herbeigeführt und das sich hierbei bildende Gasge
misch über ein auf Druck reagierendes Ventil abgezogen und in der
zum Trockner gehörenden Feuerung verbrannt wird, daß das beim
Entwässern des Klärschlamms abgezogene Filtrat der Umkehrosmose
unterzogen, die in diesem Arbeitsgang abgetrennte saure Phase in
den Mischbehälter zurückgeführt und das gereinigte Wasser zwecks
Verbesserung des Entmetallisierungsgrades zum Nachwaschen des
Feststoffes verwandt wird, daß der Gehalt des bei der Phasentren
nung verbleibenden Feststoffes an humusbildenden Stoffen durch
Beimischung von aus Küchen- und Gartenabfällen gewonnenem Kom
post angehoben und das Gemenge nach vorangegangener Granulierung
vorzugsweise in einem zu einem staubfreien Mittelkorn führenden
Trockner auf einen Feststoffgehalt von etwa 95 Prozent getrock
net und das Trockengut - erforderlichenfalls unter Beimischung
von im Klärschlamm nicht enthaltenen Pflanzennährstoffen - in
der Land- und Forstwirtschaft als Düngemittel eingesetzt wird.
- Nach einer weiteren Ausbildung der Erfindung ist vorgesehen,
daß der Klärschlamm im Falle von Stickstoffüberfluß, insbeson
dere beim Einsatz des Endprodukts auf Waldböden, denitrifiziert
wird.
Die Erfindung hat den Vorteil, daß der pH-Bereich, innerhalb
dessen der Übergang der Schwermetalle von der festen in die
flüssige Phase stattfindet, deutlich abgegrenzt und eine Säure
bestimmt wird, mit der der pH-Wert ohne Inkaufnahme unüberwind
barer Nachteile auf diesen Bereich abgesenkt werden kann. Der
Einsatz von Salpetersäure erhöht zwar den Nitratgehalt des End
produkts, was vor allem beim Einsatz auf Waldböden von Nachteil
ist. Der Nitratgehalt kann aber im Bedarfsfall durch Denitrifi
zierung des Klärschlamms auf den erforderlichen Stand reduziert
werden. - Mit der von der Erfindung getroffenen Anordnung, den
erhitzten und angesäuerten Klärschlamm intensiv und langanhal
tend umzurühren, wird zwar die Ablösung der an der Oberfläche
der Schlammpartikel haftenden Schwermetalle und die Auflösung
der von den Schwermetallen eingegangenen Verbindungen bewirkt,
aber das Problem der Gasbildung aufgeworfen. Dieses aber wird
von der Erfindung in der Weise gelöst, daß der Mischprozeß in
einem geschlossenen Behälter durchgeführt und das die Umwelt
belastende Gasgemisch über ein auf Druck reagierendes Ventil
abgezogen und in der zum Trockner gehörenden Feuerung verbrannt
wird. - Dadurch, daß die Dekontaminierung des Klärschlamms in
den auch im Falle der Deponie oder der Verbrennung erforderlichen
Trocknungsprozeß integriert ist und damit die benötigte Wärme
zum Nulltarif zur Verfügung steht, bestehen die Dekontaminie
rungskosten im wesentlichen aus den Säurekosten. Diese werden
aber nach der Erfindung durch Anwendung der umgekehrten Osmose
auf das Filtrat halbiert. Die Anwendung der Umkehrosmose hat
auch zur Folge, daß das zum Nachwaschen des Feststoffes erfor
derliche Wasser zum Nulltarif zur Verfügung steht. Das ist vor
allem in wasserarmen Gebieten von Belang. - Die nach diesem Ver
fahren durchgeführten Versuche haben folgende Entmetallisierungs
grade erbracht: bei Pb 49%, bei Cd 53%, bei Cu 74%, bei Co
85%, bei Ni 91% und bei Zn 100%. Der relativ niedrige Blei
wert spielt aber nur in solchen Ländern eine Rolle, in denen ver
bleiter Treibstoff verwandt wird. Das wegen der Verwendung von
verzinkten Regenwasserrohren und Blechdächern am häufigsten vor
kommende Zn wird dagegen vollständig eliminiert. Die übrigen
Werte können durch Nachwaschen um etwa 25% verbessert werden.
Daher liegt die Gesamtbelastung des Klärschlamms erheblich un
ter den in der Klärschlammverordnung festgesetzten Grenzwerten.
- Die von der Erfindung vorgesehene Beimischung von aus Küchen-
und Gartenabfällen gewonnenem Kompost verbessert nicht nur die
Qualität des Düngemittels hinsichtlich der humusbildenden Stof
fe, sondern kommt der Düngemittelgewinnung auch insofern zugute,
als die gesonderte Entsorgung dieser Abfälle in der Regel zu
einer Reduzierung der für die Hausmüllentsorgung erforderlichen
Investitionen um ca. 30% führt. Die auf diese Weise eingespar
ten Mittel können die Kommunen bei der Klärschlammaufbereitung
einsetzen. - Die Gewinnung eines staubfreien Mittelkorns schließt
Windverwehungen aus und ermöglicht die Vermischung des gegenständ
lichen Trockengutes mit anderen Pflanzennährstoffen, z. B. Kunst
dünger, ohne daß beim Transport über größere Entfernungen die Ge
fahr der Entmischung besteht. - Das erfindungsgemäße Produkt ist
somit ein geeignetes Mittel, den Kunstdünger zu verdrängen. Das
aber führt wegen dessen hohen spezifischen Energiebedarfs zu
einer wesentlichen Reduzierung des gesamten Energieverbrauchs
und damit auch zu einer Reduzierung der CO₂-Emission. Eine be
sondere Bedeutung kommt dem Verfahren in solchen Ländern zu,
die, wie beispielsweise China und Indien, ein starkes Bevölke
rungswachstum aufweisen und in denen der erhöhte Nahrungsmittel
bedarf nur durch intensivere Nutzung des Bodens gedeckt werden
kann. In den alten Industrieländern spielt das aus Klärschlamm
gewonnene Düngemittel auch bei der Verbesserung humusarmer Wald
böden eine Rolle. Das gilt auch hinsichtlich solcher Flächen,
die im Zuge der von der Europäischen Union eingeleiteten Agrar
reform stillgelegt, also auf Forstwirtschaft umgestellt werden
müssen.