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Stahllegierung. Die Erfindung betrifft eine Stahllegierung, welche
Eisen, Silicium, Chrom und Kohle enthält und höchst stabilen Charakter besitzt,
d. h. sehr widerstandsfähig gegen Veränderung oder Zerstörung ist, wie solche bei
gewöhnlichem Stahl beispielsweise durch Beiz-, Oxydierungs-, Ätz- u. dgl. Mittel
veranlaßt wird.
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Der Grund- Moder Hauptteil der Stahllegierung ist Eisen, von welchem
das Material bezüglich Stärke und Billigkeit in hohem Maße abhängig ist.
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Eine der Wirkungen des Chroms bei seiner Vereinigung mit Eisen besteht,
wie längst bekannt ist, darin, daß es das Material stabiler bzw. widerstandsfähiger
gegen Zerstörung, z. B. Rosten, macht, doch besitzt Chrom, wenn es im wesentlichen
:oder gänzlich allein als Legierungsmaterial für Eisen benutzt wird, verschiedene
Nachteile. Chrom und Eisen legieren sich nicht gut zusammen, und es werden ungleiche
und unregelmäßige Wirkungen erzeugt. Aus einer und derselben Schmelzung einer solchen
Chrom-Eisen-Legierung hergestellte Gegenstände besitzen oft weit voneinander abweichende
Eigenschaften. Chrom-Eisen-Legierungen neigen oft zu Rotbrüchigkeit, woraus sich
Risse, Fehler und Brüche ergeben, und schälen schlecht ab, wenn sie auf Temperaturen
erhitzt werden, die zum heißen mechanischen Bearbeiten erforderlich =iid. Die Menge
Kohle, die in einer Chrom-Eisen-Legierung vorhanden sein kann, ohne einen wesentlichen
Verlust an Stabilität oder Widerstandsfähigkeit gegen Zerstörung herbeizuführen,
ist sehr begrenzt. Bei der den Gegenstand der Erfindung bildenden Stahllegierung
sind Schwierigkeiten dieser Art entweder vollkommen vermieden oder doch auf ein
Minimum reduziert.
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Ohne auf eine besondere Theorie der Wirkung von Silicium in der Legierung
beschränkt zu sein, ist anzunehmen, daß der ganz ausgezeichnete Charakter des nach
der Erfindung erzielten Materials der Bildung einer oder mehrerer Si'iciumverbindungen
des Eisens und einer oder mehrerer Siliciumverbindungen des Chroms zuzuschreiben
ist, welche Verbindungen in geschmolzenem Zustande gut miteinander vermischt werden
können. Auf jeden Fall wirkt das Silicium als ein drittes Legierungsmaterial, und
zwar äußerst günstig, da es die Bildung einer im wesentlichen homogenen Legierung
veranlaßt, die frei von lästigen Ungleichmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten ist,
eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Wasser, Säuren usw. besitzt und gut bearbeitet
werden kann. Diese günstige Einwirkung von Si'icium ist nicht festzustellen, wenn
es nur in. geringem Verhältnis, z. B. 0;3 bis o,¢ Prozent, vorhanden ist. Will man
die günstige Einwirkung erzielen, so müssen mindestens o,5 Prozent Silicium in der
Legierung vorhanden
sein, und noch mehr Silicium ist wünschenswert.
. Dadurch, daß man Silicium in diesem Verhältnis für die Legierung verwendet, wird
es möglich, als Grundmasse des Materials eine im wesentlichen feste Lösung (solid
so:ution) zu erhalten. Je mehr die Grundmasse eine feste Lösung ist, um so größer
scheint die Stabilität der erzeugten Stahllegierung zu sein. Bei der Anwesenheit
des Siliciums in der Stahllegierung können größere Mengen Kohle benutzt werden,
als sonst für die Herstellung eines Materials mit stabiler Oberfläche ohne Vorhandensein
eines wesentlichen Prozentsatzes Silicium zuträglich sein würde.
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Man kann annehmen, daß die Wirkung der Kohle darin besteht, daß sie
einen Wechsel in der Stahllegierung während des Abkühlens verzögert und daß die
Kohle mit dem Eisen. und dem Chrom Verbindungen eingeht, die jedoch durch die Einwirkung
des vorhandenen Siliciums modifiziert werden.
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Bei der neuen Stahllegierung kann eine große Anzahl kleiner Flächen,
die im Aussehen den Carbiden in reinem Kohlestahl ähnlich sind, unter dem Mikroskop
unterschieden werden; und da es nicht möglich gewesen ist, dieselben zu isolieren,
so kann man annehmen, daß es Chromcarbide sind, wenngleich sie auch einfache Konzentrationen
der Grundmasse sein könnten, die in ihrer Lage durch Kohle fixiert sind, oder aber,
man kann mit ihnen auch noch auf anderen Wegen rechnen. Es sind keine Punkte lokalen
Angriffs, denn beim Ätzen mit Königswasser werden sie weniger geätzt als die Grundmasse,
und keine Ätzungsntensität ist an den Grenzen der kleinen Flächen erkennbar. Sind
sie im Material vorhanden, ganz gleich, ob dasselbe sich in gegossenem oder gewalztem
Zustande befindet oder einem verlängerten Erhitzen und langsamen Abkühlen unterworfen
ist, so beeinflussen sie nicht ungünstig seine Oberflächenstabilität.
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Die im obigen angegebenen Verhältnisse sind Gewichtsverhältnisse.
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Eine Stahaegierung, di° mehr als etwa 5 Prozent und weniger als etwa
13 Prozent Silicium und Chrom zusammengenommen e:i;hält, ist praktisch fehlerlos
und widerstandsfähig gegen Anfressen u. dgl., wenn die Grundmasse durch Wärmebehandlung
sich im Zustande fester Lösung befindet, doch kann sie durch Ätzmittel o. dgl. mehr
oder weniger gut angegriffen werden, wenn sie sich nicht in d_..esem Zustande befindet.
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Die Grundmasse wird in fester Lösung durch Wärmebehandlung erhalten,
die darin besteht, daß man das Material auf eine hohe Temperatur zwischen 90o° C
und 1200'C,
vorteilhaft zwischen i ooo° C und i r oo° C, erhitzt und dann
in Öl, Wasser @o. dgl. ablöscht. Beispielsweise sollte eine Legierung, die 8 bis
9 Prozent Chrom, 31/2 bis ¢ Prozent Silicium und 0,¢o bis 0,5o Prozent Kohle enthält,
auf roq.o° C erhitzt und in Öl abgelöscht werden, um das gewünschte Resultat zu
erzielen.
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Zur Herstellung eines solchen Materials sind o,5 bis 7 Prozent Silicium
und 3 bis i o Prozent Chromerforderlich, wobei die V erhältniszahlen zwischen den
beiden so verteilt werden, daß die Gesamtverhältniszahl zwrischen 5 Prozent und
13 Prozent verbleibt. Bei so niedrigen Verhältnismengen von Silicium und Chrom zusammengenommen
muß möglichst wenig Kohle verwendet werden, wenn man gute Resultate ,erzielenwill;
also etwa 0,o5 Prozent Kohle. Vorteilhaft verwendet man an Kohle weniger als 1/l0
des Siliciums und des Chroms zusammengenommen. Bei einer Stahllegierung, welche
beispielsweise 2,5 Prozent Silicium und 3 Prozent Chrom enthält, verwendet man.
vorteilhaft weniger als 0,55 Prozent Kohle, da bei einem solchen Material
mehr Kohle, also etwa i Prozent, eine beträchtliche Verringerung der gewünschten
Oberflächenstabilität der Stahllegierung zur Folge haben würde. 0,30 Prozent
Kohle gibt z. B. bei den genannten Verhältnismengen von Silicium und Chrom gute
Resultate, vorausgesetzt, daß die Grun:drnasse eine durch Wärmebehandlung fixierte
feste Lösung ist.
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Das neue Material wird für elektrisch Heizelemente benutzt, wo Temperaturen
von etwa 700° C erforderlich sind. Der spezifische Widerstand einer solchen Stahllegierung
beträgt etwa 65 Mikrohm- Er, steigt vielschneller bei Erhöhung des Si'.iciumgehalts
als bei Erhöhung des Chromgehalts. Bedingt die Herstellung der elektrischen Heizelemente
eine Zieh- oder Biegeoperation, so muß der Kohlegehalt niedrig bemessen werden,
vorteilhaft etwa 0,40 Prozent. Ein höherer Kohlegehalt kann benutzt werden, wenn
die Heizelemente durch Gießen o,. dgl. hergestellt werden oder ein. Kaltbiegen des
Materials nicht erforderlich ist.
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Bei der Herstellung der neuen Stahllegierung kann großer Vorteil aus
der Tatsache gezogen werden, daß Silicium zusammen mit Chrom in wesentlichem Umfang
in der Legierung vorhanden ist. Die Herstellung von Legierungen, die Chrom, aber
nur wenig oder gar kein Silicium enthalten, erfordert Ferro-Chrom von großer Reinheit,
dessen Erzeugung sehr kostspielig ist. Es wurde gefunden, daß Silicium als gutes
und billiges Reduktionsmittel bei der Herstellung des Ferro-Chroms für die neue
Stahllegierung benutzt werden kann. Wird Si:icium als Reduktionsmittel benutzt,
so trist es in beträchtlichem Umfang
als Legierungskomponente in
das geschmolzene Metall ein, und auf diesem Wege kann eine Ferro-Chrom-Si:icium-Legierung
billig und in geeigneter Weise hergestellt werden. Die so erzielte Eisenlegierung
kann direkt im Schme7,zofen Verwendung finden, selbstverständlich unter Zusatz anderer
Stoffe zwecks Erzielung der richtigen Verhältnismengen der verschiedenen Legierungskomponenten,
und verschiedene Sorten von Ferro-Chrom-Silicium können bei richtiger 'V4rahl anderer
Stoffe Verwendung finden. Auf diese Weise ist der Herstellungsprozeß vereinfacht,
und es wird ganz erhzblpch an wertvollen Stoffen, einschließlich Chrom. und Silicium,,
gespart. 8o bis fast ioo Prozent des Siliciums und praktisch fast das gesamte Chrom,
welches beim Schmelzen gebraucht wird, kann in dem Fertigprodukt wiedergefunden
werden, besonders, wenn das Schmelzen in einem elektrischen Ofen erfolgt, der als
der geeignetste Apparat für diesen Zweck erscheint, obgleich auch andere Schmelzsysteme
gewünschtenfalls verwendet und natürlich auch Stoffe, die aus anderen Quellen herrühren,
benutzt werden können.
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Eine wichtige Eigenschaft der neuen Stahllegierung ist ihre hohe Widerstandsfähigkeit
bei schnellem Erhitzen oder Abkühlen. Wird sie z. B. zusammen mit einem Stück gewöhnlichen
Kohlestahls von gleichen Abmessungen in einen Ofen gelegt, so bleibt sie noch einige
Zeit schwarz, nachdem der gewöhnliche Stahl bereits auf Gelbglut erhitzt worden
ist. Wird sie zur Herstellung von Geschützfutter u. dgl. benutzt, wo die Oberfläche
der Einwirkung von salpetrigen Dämpfen bei außerordentlich hoher Temperatur für
kurze Zeitspannen unterworfen wird, was auf Material, welches sich schnell erhitzt
und abkühlt, sehr zerstörend wirkt, so gibt das neue Material außerordentlich gute
Resultate, und zwar ist es äußerst widerstandsfähig gegen Anfressen. Infolge dieser
charakteristischen Eigenschaft ist die neue Legierung für eine Anzahl wichtiger
Verwendungszwecke sehr geeignet, z. B. für Glührohre, Glühkästen (annealing-tubes)
und Gegenstände, die während langer Zeitspannen verschiedenen Temperaturen unterworfen
werden. Infolge der wertvollen Eigenschaft des langsamen Erhitzers kann der Inhalt
der Glühkästen u. dgl. viel gleichmäßiger erhitzt werden als bei Verwendung von
Legierungen oder Metallen, die bisher zu diesen Zwecken Verwendung fanden.
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Die neue Legierung besitzt auch die wertvolle Eigenschaft, daß sie
für Gase von hoher Temperatur nicht leicht durchdringbar ist, so da.ß sie sich sehr
gut für Apparate wie Behälter für hocherhitzte Gase eignet, die chemischen Reaktionen
unterworfen sind, sowie für Rohre zum Schutz der thermo-elektrischen Elemente von
Pyrometern tt. dgl., wo es von großer Wichtigkeit ist, hocherhitztes metallisches
iNTaterial gegen Anfressen durch angreifende Gase zu schützen.
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Die neue Legierung wird nach der Wärmebehandlung in merkbarem Maße
vorr Salpetersäure, Essigsäure oder anderen organischen Säuren sowie von Fruchtsäften
u. dgl. nicht angegriffen. In gewissem Maße wird sie aber angegriffen vorn. Salzsäure,
Schwefelsäure und Fluorwasserstofsäure, besonders wenn diese Säuren verdünnt sind.
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Die neue Stahllegierung, welche beträchtliche Verhältnismengen Silicium
enthält, ist. widerstandsfähiger gegen Beizen, Oxydieren, Ätzen u. dgl. als ähnliches
Material, welches keine beträchtlichen Verhältnismengen Silicium enthält. Barren
und Klötze, die aus der neuen Legierung hergestellt sind, können bearbeitet werden,
ohne daß praktisch irgendwelcher Walzsinter gebildet wird, während Material, das
seiner Analyse nach der neuen Stahllegierung entspricht, aber nur einen sehr geringen
Prozentsatz, z. B. o,3 Prozent, Silicium enthält, sehr schlimm sintern wird, wenn
es für warme mechanische Bearbeitung erhitzt wird. Die neue Legierung ist so außerordentlich
widerstandsfähig gegen Oxydierung, daß, wenn die Kohlenanalyse genommen wird, indem
man Sauerstoff bei hoher Hitze darüberstreichen läßt, es sich als unmöglich herausgestellt
hat, die Kohle durch Verbrennung herauszuholen ohne Zusatz eines Oxyds, z. B. Blei-,oxyd,
so daß also eine chemische Einwirkung auf die Kohle erforderlich ist, während bei
einer Legierung, die denselben Gehalt an Chrom besitzt wie die neue Legierung; aber
wenig ,oder gar kein Silicium enthält, die genaue Bestimmung der Kohle durch Sauerstoff
vorgenommen werden kann, ohne daß man fremde Oxyde o. dgl. zu Hilfe zu nehmen braucht.
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Einige Verwendungszwecke der neuen Legierung sind bereits früher erwähnt
worden, z. B. elektrische Heizelemente, Guß, Messerschmiedewaren undWerkzeuge, Geschützfutter,
Glührohre usw. Die neue Stahllegierung eignet sich vorzüglich für eine ganze
Reihe anderer Zwecke, z. B. für Ventile für Verbrennungsmotoren, Eisenplatten und
Fundamente, Waschmaschinen, Propeller, Wasserrohre und Pumpen für frisches Wasser
und Salzwasser, Kühlerrohre und Kühlerausrüstungen und ganz allgemein für Apparate,
Apparaturen usw., die der gtzel-Feuchtigkeit, Dampf oder intensiver Kälte ausgesetzt
sind; ferner für Apparate und Gegenstände, die der Einwirkung von Alkalien ausgesetzt
sind, gegen welche die neue Stahllegierung außerordentlich widerstandsfähig ist,
und für Gegenstände, die der freien Atmosphäre ausgesetzt sind, wie Scharniere,
Klinken
und allgemein 'außen verwendete Eisenkurzwaren, sodann für elektrische Ausrüstungen,
Kraftübertragungsmechanismen, elektrischen Straßenbahn- und Eisenbahnbetrieb, und
zwar insbesondere für diejenigen Teile, die der Elektrolyse zu widerstehen haben,
Kugeln für Ventile, Kugeln für Kugelläger, Laufbahnen für Kugellager, die unter
Wasser arbeiten müssen, Schiffsbeschläge, ärztliche Instrumente, zahnärztliche Werkzeuge,
Stahllineale, Artikel für den persönlichen Gebrauch, wie Juwelierfassungen, Münzen
und Medaillen, automatische Schüreisen, die hohen .Temperaturen zu widerstehen haben,
wo große Widerstandsfähigkeit gegen Beizen, Oxydierung und Anfressen erforderlich
ist. Die neue Stähllegierung enthält natürlich kleine Prozentsätze von Metalloiden,
wie Schwefel und Phosphor.