DE3932784C3 - Verfahren zur Gewinnung nichtflüchtiger Substanzen als analytisches Probenmaterial aus der menschlichen Atemluft - Google Patents
Verfahren zur Gewinnung nichtflüchtiger Substanzen als analytisches Probenmaterial aus der menschlichen AtemluftInfo
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Description
Mit zunehmender Umweltbelastung kommt dem Pro
blem der Früherkennung von Schädigungen der Lunge
und der Atemwege wachsende Bedeutung zu. Die frü
hen Stadien einer pathologischen Veränderung des Ge
webes sind diagnostisch schwer faßbar, chronische Er
krankungen werden oft erst in einem relativ späten Sta
dium, wenn bereits eine eindeutige Funktionsstörung
vorliegt, diagnostiziert.
An Anfang eines derartigen Krankheits- oder Entzün
dungsprozesses steht die Schädigung einzelner Lungen
zelltypen, z. B. der verschiedenen Zelltypen des Lunge
nepithels (Pneumocyten Typ I und II) oder des Intersti
tiums.
Erste Indikatoren auf zellulärer Ebene können dabei
die Beeinträchtigung spezifischer Stoffwechselleistun
gen bestimmter Zellen (z. B. Surfactant-Ausschüttung
von Pneumocyten Typ II) oder die Aktivierung körper
eigener Abwehrmechanismen (Ausschüttung von Me
diatoren) sein.
In der klinischen Diagnostik wird daher unter ande
rem versucht Veränderungen des Lungenstatus durch
die Bestimmung der Konzentration einzelner Stoff
wechselprodukte und Mediatoren (z. B. Immunglobuli
ne, Lymphokine) in der bronchoalveolären Grenzflüs
sigkeit zu erfassen. Zur Gewinnung von Probenmaterial
wird dabei zur Zeit, in der Klinik die Technik der bron
cho-alveolären Lavage (BAL) eingesetzt. Dabei werden
die Patienten narkotisiert und mit Hilfe eines Broncho
skops ganze Lungensegmente mehrmals mit Wasser
oder physiologischer Kochsalzlösung (bis zu 300 ml)
durchgespült. Die Spülflüssigkeiten werden anschlie
ßend analysiert (Reynolds, H. Y.: Bronchoalveoläre La
vage; American Review of Respir. Diseases 135, (1987),
250-263).
Dieses Verfahren belastet den Patienten in erhebli
chem Maße und ist daher nicht präventiv einsetzbar.
Eine on-line-Messung ist nicht möglich, die Probennah
me ist nur bedingt reproduzierbar, aufgrund der Irrita
tion des Gewebes kann nur unter Vorbehalt auf die
Verhältnisse in situ rückgeschlossen werden.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung bestand so
mit darin, ein Verfahren anzugeben um Probenmaterial
für die Bestimmung diagnostisch relevanter Bestandtei
le der broncho-alveolären Grenzflüssigkeit unter Bedin
gungen zu gewinnen, die für den Patienten nicht bela
stend und gegebenenfalls auch im Rahmen einer Vor
sorgeuntersuchung zumutbar sind.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den
Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte
Weiterbildungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
Überraschenderweise wurde gefunden, daß hochmo
lekulare, nichtflüchtige Biopolymere wie z. B. Proteine
aus der broncho-alveolären Grenzflüssigkeit in der
Atemluft nachweisbar sind und für die Diagnose von
Krankheiten genutzt werden können.
Damit wird in vielen Fällen ein Ersatz der aufwendi
gen und den Patienten belastenden Probennahme mit
Hilfe der bronchoalveolären Lavage durch ein nicht-in
vasives, den Patienten nicht belastendes Verfahren
möglich. Die Analyse kann entweder direkt durch on-li
ne-Analyse der Exspirationsluft oder aber nach vorher
gehender Anreicherung der Substanzen aus einem grö
ßeren Volumen Exspirationsluft erfolgen.
Atemgasanalysen, z. B. mit Hilfe massenspektrome
trischer Methoden sind bisher lediglich an flüchtigen,
niedermolekularen, zumeist organischen Verbindungen,
wie z. B. Aceton, Methylethylketon, Propanol (Gordon,
S. M., et al.: Volatile organic compounds in exhaled air
from patients with lung cancer; Clinical Chemistry, Vol.
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vett, A. M., et al.: Real-time analysis of breath using an
atmospheric pressure ionization mass spectrometer;
Biomedical Mass Spectrometry, Vol. 6, Nr. 3, (1979),
91-97) durchgeführt worden (vgl. hierzu auch die US 4 772 559).
Die Bestimmung hochmolekularer Substanzen, die in
Form von z. B. Tröpfchen, Aerosolen und Clustern in
der Atemluft transportiert werden, eröffnet zusätzlich
zur Analyse von flüchtigen, niedermolekularen Verbin
dungen (Barkley, J., et al.: Gas chromatography mass
spectrometry, computer analysis of volatile halogenated
hydrocarbons in man and his environmnent - a multime
dia environmental study; Biomedical Mass Spectrome
try, Vol. 7, Nr. 4, (1980) 139-147; Benoit, F. M.: Breath
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ques; Scand. J. Work Environ. Health 12 (1986),
174-192) ein völlig neues Potential in der Atemluftana
lytik.
Vorzugsweise wird zur Kühlung gemäß Anspruch 2
flüssiger Stickstoff eingesetzt. Ferner erfolgt vorzugs
weise die Energiezufuhr gemäß Anspruch 4 mittels Be
heizung, Ultraschallanregung, Bestrahlung mit elektro
magnetischen Wellen, wie Mikrowellen, kohärentem
oder divergierendem Licht bzw. Infrarotlicht.
Ferner werden in dem Verfahren gemäß Anspruch 5
Massen größer 1000 vorzugsweise mittels Time-of-
Flight-Massenspektrometrie bestimmt.
Das Verfahren wird in der Folge mit Hilfe von Zeich
nungen sowie anhand von Beispielen erläutert.
Fig. 1 zeigt gefriergetrocknete Substanz aus ca. 750 l
Atemluft. Die nichtflüchtigen Bestandteile der Atemluft
wurden aus 250 Atemstößen eines Probanden zunächst
in einer Kühlfalle bei -196°C ausgefroren (→ 15 ml
wäßriges Kondensat) und anschließend gefriergetrock
net.
Fig. 2 zeigt Sekundärionen-Massenspektren nicht-
flüchtiger Substanzen aus menschlicher Exspirationsluft
(oberes Spektrum) und Umgebungsluft (unteres Spek
trum). Ca. 1 cm2 große, frisch mit Silber bedampfte Indi
umplättchen wurden auf einen Kühltisch (-196°C) ge
bracht und a) durch ein Glasrohr mit 6 Atemstößen
behaucht bzw. b) für die gleiche Zeit der Umgebungsluft
ausgesetzt. Die Proben wurden auf dem Cryotisch durch
Anlegen eines Ultrahochvakuums gefriergetrocknet
und anschließend im Sekundärionen-Massenspektro
meter vermessen.
Fig. 3 zeigt das Ergebnis einer Auftrennung der Pro
teine aus Atemluft und Speichel eines Probanden durch
eine zweidimensionale Polyacrylamid-Gelelektrophore
se.
- 1. Dimension, horizontal: Isoelektrische Fokussie rung
- 2. Dimension, vertikal: SDS-Elektrophorese.
Oberes Gel: Exspirationsluft; Unteres Gel: Speichel.
Die in einer Kühlfalle bei -196°C ausgefrorenen und
anschließend gefriergetrockneten Substanzen aus der
Exspirationsluft (s. Fig. 1) wurden in Lysispuffer (9 M
Harnstoff, 4% NONIDET P40, 5% Ampholyte pH 7-9
(LKB)) aufgenommen und auf das Gel aufgetragen.
Die Speichelprobe (ca. 300 µl) wurde ebenfalls zu
nächst gefriergetrocknet, anschließend in Puffer aufge
nommen und elektrophoretisiert.
Fig. 4 zeigt einen Vergleich der Proteinmuster
(2D-SDS-Gele Fig. 3) von Atemluft- und Speichelpro
ben.
Diejenigen in der Atemluft auftretenden Proteine, die
im Speichel nicht oder nur in geringerer Konzentration
nachweisbar sind, wurden schwarz hervorgehoben. Die
weitgehende Übereinstimmung der Gele im Bereich um
50.000 D und pH 5,5 könnte auf das Mitreißen von Aero
solpartikeln aus dem Mundbereich zurückzuführen sein.
Es ist jedoch auch denkbar, daß der Flüssigkeitsfilm
über den Schleimhäuten der Atemwege und des Mun
des die gleichen Hauptkomponenten enthält, die dann in
Proben unterschiedlicher Herkunft nachgewiesen wer
den.
Sechs Atemstöße eines Probanden wurden auf ein auf
-196°C gekühltes, 1 cm2 großes Probenträgerplätt
chen aufgehaucht. Die Probe wurde auf dem Cryotisch
durch Anlegen eines Ultrahochvakuums gefriergetrock
net und anschließend mit Sekundärionenmassenspek
trometrie (SIMS) vermessen. Bereits bei diesen gerin
gen Probenmengen konnten mit dieser empfindlichen
Meßmethode neben anorganischen Ionen auch spezifi
sche organische Gruppen nachgewiesen werden (siehe
Fig. 1 und 2).
Die nichtflüchtigen Bestandteile aus ca. 750 l (d. h. aus
250 Atemstößen) der Atemluft eines gesunden Proban
den wurden durch Auskondensieren in einer Kühlfalle
bei -196°C und anschließende Gefriertrocknung ange
reichert. Bei der Analyse der so gewonnenen Substanz
mit biochemischen Methoden (Proteinauftrennung
durch zweidimensionale SDS-Gelelektrophorese mit
anschließender Coomassie- bzw. Silberfärbung) konn
ten Proteine bis zu einem Molekulargewicht von 60000 D
nachgewiesen werden (siehe Fig. 1, 3 und 4).
Claims (5)
1. Verfahren zur Gewinnung nichtflüchtiger Biopolymere als analytisches
Probenmaterial aus der menschlichen Atemluft für die Diagnose des
Gesundheitszustandes sowie zur Therapieüberwachung und zur
Verlaufskontrolle von Krankheiten, speziell der Lunge und der Atemwege, wobei
die menschliche Exspirationsluft entweder unmittelbar, ohne vorhergehende
Anreicherung der nachzuweisenden Substanzen, einem Analysensystem
zugeführt wird, oder wobei die nichtflüchtigen Biopolymere aus der
Exspirationsluft vor Zuführung zu einem Analysensystem angereichert werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Anreicherung durch Kondensation auf
gekühlten Oberflächen, die auf einer Temperatur unterhalb des Gefrierpunkts der
gesuchten Substanzen gehalten werden, durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Exspirationsluft über ein
Molekularstrahlsystem ohne Gas-Wand-Wechselwirkung einem Detektorsystem
zugeführt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 3, wobei die in der Exspirationsluft enthaltenen
Cluster oder Aerosole vor Erreichen eines Detektorsystems durch Energiezufuhr
in ihre molekularen Bestandteile überführt werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei als Analysensystem ein
geeignetes massenspektrometrisches System, ein infrarotspektroskopisches
System oder ein System mit spezifischen Sensoren verwendet wird.
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