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Kombination von l-Phenyl-4-alkylpyrazolidin-
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dion-3,5-Derivaten mit einem starken Reduktionsmittel für die Herstellung
eines topischen entzündungshemmenden Arzneimittels für Augen Unter "Entzündung"
ist bekanntlich die lokale Reaktion auf äussere oder innerlich ausgelöste Reize,
die biologischer, chemischer oder physikalischer Natur sein können, zu verstehen.
Die biochemischen Vorgänge, die nach der Einwirkung der Noxen ausgelöst werden,
sind nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse bei den verschiedenen Organen gleich
bzw. sehr ähnlich; dieses gilt für Entzündungen am Auge in gleicher Weise wie z.B.
für Entzündungen im peripheren Binde- bzw. Stützgewebe. Ablauf und Symptomatik (Rubor,
Calor, Tumor, Dolor und Functio laesa) können gleich bzw. unterschiedlich stark
ausgeprägt sein. Sie werden durch die Freisetzung von Mediatorsubstanzen wie Histamin,
Bradykinin und Serotonin und insbesondere aber von Prostaglandinen und Leukotrienen
ausgelöst.
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Während Antagonisten des Histamins, Bradykinins und Serotonins nur
geringen bzw. keinen entzündungshemmenden Effekt ausüben, sind als Antagonisten
der Prostaglandine (außer den Glukokortikoiden) schon seit längerem die sogenannten
nichtsteroiden Entzündungshemmer (NSE) bekannt. Zu diesen NSE zählen Derivate der
Salizylsäure, des Pyrazolidin-3,5-dions, der Anthranilsäure und Arylessigsäure sowie
einige weitere Wirkstoffe (Heterocyclen), die sich aufgrund ihrer chemischen Struktur
nicht in diese vier Stoffgruppen einordnen lassen (z.B. Benzydamin, Piroxicam u.a.).
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Die NSE besitzen vergleichbare pharmakodynamische Eigenschaften, durch
die die Annahme von ähnlichen Wirkungsmechanismen nahegelegt wird. Letztere sind
für die meisten NSE in vitro und in vivo (Tier und Mensch) bewiesen worden, wobei
einschränkend festzuhalten ist, daß nicht immer in vitro-Ergebnisse mit den in vivo-Befunden
am Menschen übereinstimmen. Die NSE hemmen u.a. im peripheren Binde- und Stützgewebe
(z.B. bei rheumatoider Arthritis) die membrangebundene Prostaglandin-Endoperoxid-Synthetase
tCyclooxygenase). Durch dieses Enzym (Bestandteil eines Multienzymkomplexes) wird
die Bildung der Prostaglandine aus der Arachidonsäure, die aus den Zellmembran-Phospholipiden
durch Phospholipase A2 freigesetzt wird, ausgelöst.
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Es entstehen über die Endoperoxide PGG2, und PGH2 je nach Zelltyp
weitere Prostaglandine wie PGE2, PGF2a, bzw.
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Thromboxane TXA2, TXB2 und Prostacyclin PGI2, die in verschiedener
Weise in diesen Geweben bzw. den Blutgefäßen und dem Blut selbst wirksam werden
(K. Schrör, Prostaglandine und verwandte Verbindungen, Georg Thieme Verlag, Stuttgart,
New York 1984).
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Zu den weiteren Mediatoren des Entzündungsgeschehens zählen -wie schon
angedeutet - die Leukotriene. Letztere werden durch die Lipoxygenase (gewebespezifisch)
aus ungesättigten Fettsäuren, vornehmlich aus der Arachidonsäure gebildet. Ihre
Bedeutung für das Entzündungsgeschehen wurde lange unterschätzt, obwohl ein erheblicher
Anteil der freigesetzten Arachidonsäure über diesen Stoffwechselweg metabolisiert
wird. Es bestehen auch Wechselwirkungen zwischen den Produkten der beiden Stoffwechselwege.
Leukotriene wirken synergistisch auf einige Cyclooxygenase-Metaboliten.
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Prostaglandine- wie Lipoxygenase-Produkte scheinen die Wirkung anderer
Mediatoren der Entzündung zu verstärken.
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Bei der Arachidonsäure-Oxygenierung durch Cyclooxygenase bzw. Lipoxygenase
werden u.a. auch Sauerstoff-Radikale freigesetzt, die chemisch sehr reaktionsfähig
sind und entzündungsfördernd wirken.
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Während nun die NSE vornehmlich das Cyclooxygenase-Enzymsystem beeinflussen
und damit die Bildung der Prostaglandine reversibel bzw. irreversibel hemmen, sind
für die Beeinflussung bzw. Hemmung der Lipoxygenase bzw. Inaktivierung der Leukotriene
Substanzen bekannt (Ann. Reports in Medicinal Chemistry 16, 213-227 (1981); 17,
203-217 (1982), denen vornehmlich theoretische Bedeutung zukommt; sie haben bisher
keine therapeutische Anwendung gefunden.
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Die tierexperimentellen Ergebnisse sowie die Befunde am Auge des Menschen
nach oraler und topischer Anwendung der NSE führten aus verschiedenen Gründen zu
widersprüchlichen und nicht befriedigenden Ergebnissen, sowie gravierenden Nebenwirkungen
wie z.B. Schäden des Magen-Darmtraktes, der Nieren, der Leber (selten), des Knochenmarks
(selten) (Handbook of Experimental Pharmacology, Bd.
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69, Chapter l0b, K. Masuda, Anti-Inflammatory Agents: Nonsteroidal
Anti-Inflammatory Drugs, 539 ff. (1984)).
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Allein das Oxyphenbutazon hat praktische Bedeutung als Augensalbe
erlangt, jedoch liegen auch hier negative klinische Befunde vor. So berichtete u.a.
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J.I. McGill u. Mitarb. (Trans. Ophthalmol. Soc.
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U.K. 91, 501 (1971)) über die Behandlung von marginalem Cornea-Ulcus
mit und zum Vergleich mit Tropfen, die Cromoglicinsäure-Na bzw. Prednisonphosphat-Na
enthielten; der erstgenannte Wirkstoff zeigte signifikant keine bessere Wirkung
als die mit einem Placebo behandelte Kontrollgruppe.
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Obwohl durchaus ein Bedürfnis dafür bestand, NSE topisch für die Bekämpfung
von Augenentzündungen einzusetzen, haben die bisherigen Untersuchungen in dieser
Richtung nur bescheidene Erfolge gezeigt. Aufgabe der Erfindung ist es deshalb,
ein sehr wirksames topisches Arzneimittel, das für die Bekämpfung von Augenentzündungen
eingesetzt werden kann, zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe wird durch ein topisches
Arzneimittel gelöst, bei dem eine Kombination eines l-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivates
in der Enolform mit einem starken Reduktionsmittel in einer für die topische Anwendung
geeigneten Applikationsform vorliegt.
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1-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivate, die durch ein starkes
Reduktionsmittel stabilisiert werden, hemmen im Gegensatz zu den klassischen NSE
(wie Phenylbutazon, Tanderil, Indometacin u.a.) die Cyclooxygenase nicht, trotz
ihrer Zugehörigkeit zu den Pyrazolidin-3,5-dion-Derivaten.
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Enolisierte 1-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivate besitzen
aufgrund ihrer leichten Oxidierbarkeit ein hohes Reduktionspotential (Normal-Potential)
z.B. MDfebutazon +0,25 V bei pH 7,5, so daß sie in der Lage sind, die im Laufe der
Arachidonsäure-Oxigenierung durch Cyclooxygenase bzw. Lipoxygenase entstehenden
Sauerstoff-Radikale (s. Abb. 1) abzufangen.
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Aus dem Mofebutazon entsteht das 3,4-Epoxi-Mofebutazon, das weiter
in das 4-Hydroxy-Mofebutazon übergeht. Durch die gleichzeitige Anwesenheit eines
starken Reduktionsmittels wie z.B. Ascorbinsäure (Normal-Potential 0,25 ç oder SO
2--Ionen Normal-Potential 0,9 7) wird die Bildung 3 der Endoperoxide und in der
Folge die Bildung der stabileren Epoxide der Mofebutazon-Derivate verhindert, so
daß auch keine 4OH-Verbindungen als Folgeprodukte entstehen können.
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Enolisierte Mofebutazon-Derivate werden in einer weiteren Reaktion
hydrolisiert. Es entstehen N"-phenyl-2-alkylmalonsäuremonohydrazide. Diese Hydrazide
reagieren mit dem Leukotrien LTA4, es kommt nicht zur Bildung der Leukotriene LTC4,
LTB4 und LTD4, mit anderen Worten, die Bildung der wichtigsten Leukotriene für das
Entzündungsgeschehen wird verhindert. Dieser Wirkungsmechanismus ist bisher in der
Literatur nicht beschrieben und weicht von dem der klassischen NSE ab.
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Bisher war es nicht bekannt, daß die l-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivate
der vorgezeigten allgemeinen Formel als Enolate die Hornhaut-Barriere durchdringen
können. Dies ist aber eine für ein Augentherapeutikum wichtige Voraussetzung.
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14 Mit Hilfe von [4- C]-Mofebutazon konnte bewiesen werden, daß u.a.
diese Substanz die Hornhaut-Barriere sehr wohl passieren kann.
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Wegen der leichten Oxidierbarkeit der enolisierten l-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivate
ist es erforderlich, diese in Kombination mit einem starken Oxidationsmittel anzuwenden.
Geeignete Antioxidationsmittel sind beispielsweise Ascorbinsäure oder auch Salze
der schwefligen Säure, wobei Ascorbinsäure bevorzugt wird.
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In Kombination mit beispielsweise Ascorbinsäure liegt das l-Pheyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivat
wie folgt vor:
wobei R1 und X die vorher angegebene Bedeutung haben.
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Die topische Zubereitung hat vorzugsweise. die Form eines Ocularinserts.
In dem Ocularinsert ist der Wirkstoff in Kombination mit dem starken Reduk-
tionsmittel
neben den anderen für Ocularinserte üblichen Bestandteilen enthalten.
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Ein besonderer Vorteil eines Ocularinserts, welches das l-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivat
in Kombination mit einem starken Reduktionsmittel enthält, ist in der gleichmäßigen
Abgabe des Wirkstoffes über längere Zeit zu sehen.
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Messungen der Verteilung der radioaktiv markierten Wirkstoffe am Kaninchenauge
ergaben, daß die Wirkstoffe über längere Zeit sehr gleichmäßig abgegeben werden.
Dabei kann es vorteilhaft sein, zusätzlich ein Antibiotikum mitzuverwenden. Geeignete
Antibiotika sind für die Augenheilkunde dem Fachmann bekannt.
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Außer Ocularinserten können die erfindungsgemäßen topischen Zubereitungen
in Form von Salben, Emulsionen, Suspensionen, Tropfen, d.h. in solchen Applikationsformen,
wie sie am Auge üblich sind, vorliegen, wobei die hierbei anzuwendende Galenik dem
Fachmann bekannt ist.
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Die l-Phenyl-4-alkylpyrazolidindion-3,5-Derivate können nach bekannten
Methoden durch Kondensation von alkylsubstituierten Malonsäureestern mit im Phenylkern
substituierten Phenylhydrazinen hergestellt werden.
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Beispiel 1 50 Ocularinserte lassen sich in folgender Weise herstellen:
Polyvinylalkohol 0,8 9 Polyvinylpyrrolidon 0,2 g Ascorbinsäure 0,01g Cholesterol
0,03g Propylenglykol 0,2 g Mofebutazon 0,02g Chloramphenicol 0,01g Ethylalkohol
(96 %) 2,0 g Wasser für Injektionszwecke 10,0 g Unter sterilen Bedingungen (laminar
flow) wird der Polyvinylalkohol in dem auf ca. 700C erwärmten Wasser gelöst und
nach dem Abkühlen der Lösung die Ascorbinsäure zugesetzt.
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Cholesterol, PQlyvinylpyrrolidon, Mofebutazon und Propylenglykol werden
in Ethylalkohol gelöst. Die alkoholische Lösung wird zu der wäßrigen Lösung hinzugefügt.
Der Ansatz wird auf eine PTFE- oder mit PTFE-beschichtete Platte (7,3 cm Z) gegeben
und die Lösungsmittel bei 35"C verdampft. Aus dem sich bildenden Film werden mit
einem sterilen Metallzylinder, der im Durchmesser die ellipsoide Form der Ocularinserte
besitzt, Inserte von ca.
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0,78 cm2 gestanzt.
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Beispiel 2 Zusammensetzung für 50 Ocularinserte Polyvinylalkohol 0,8
g Polyvinylpyrrolidon 0,4 g Polypropylenglykol 1020 0,2 g Benzalkoniumchlorid 0,01
g Ascorbinsäure 0,01 g Mofebutazon 0,02 g Ethylalkohol 96 % 5,0 g Wasser für Injektionszwecke
10,0 g Die Herstellung der Inserte erfolgte wie in Beispiel 1.
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Beispiel 3 Zusammensetzung für 50 Ocularinserte Gelatine 0,8 g Glycerin
0,1 g Polyethylenglykol 4000 0,1 g Polysorbat 80 0,01 g Ascorbinsäure 0,01 g Mofebutazon
0,02 g Tetracyclin 0,01 g Ethylalkohol 96 % 2,0 g Wasser für Injektionszwecke 10,0
g Die Herstellung der Inserte erfolgte wie in Beispiel 1.
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Beispiel 4 Zusammensetzung für ca. 10 ml Suspension Methylcellulose
0,05 g Ascorbinsäure 0,05 g Mofebutazon 0,1 g Chloramphenicol 0,05 g Wasser für
Injektionszwecke 10,0 g Die Methylcellulose wird unter sterilen Bedingungen in 7
ml Wasser gelöst und die Lösung sterilisiert. Unter aseptischen Bedingungen wird
der abgekühlten Lösung Ascorbinsäure und Mofebutazon zugesetzt. Das Gewicht der
Suspension wird mit sterilem Wasser auf 10,0 g gebracht und die Suspension unter
sterilen Bedingungen homogenisiert.
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Tabelle: Zeitlicher Verlauf der Distribution der Radioaktivität nach
Applikation eines nach Beispiel 1 mit [4~14C]-Mofebutazon hergestellten Ocularinserts.
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Zeit nach Radioaktivität (dpm/g Gewebe) d.Applikation in (h) Bindehaut
Hornhaut Iris-Ziliarkörper Kammerwasser 0.5 7300 6150 1850 2050 1.0 2200 2100 800
1300 2.0 2500 1800 800 900 5.0 600 400 400 300