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"Schmalbandige Filterung unter Ausnutzung des Alias-Effektes"
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Schmalbandige Filterung unter Ausnutzung des Alias-Effektes.
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Sollen analoge Signale digital verarbeitet werden, so ist im allgemeinen
das Abtasttheorem zu beachten, das besagt, daß die Abtastfrequenz mindestens doppelt
so groß sein muß wie die höchste im Signal enthaltene Frequenz /1/. Mit anderen
Worten, bei fester Abtastfrequenz muß vor dem Abtaster ein (Antialiasing-) Filter
geschaltet werden, das alle Signalfrequenzen oberhalb der halben Abtastfrequenz
wirksam unterdrückt, da sonst durch die Abtastung sogenannte Alias-Frequenzen im
eigentlichen Frequenzbereich entstehen, die nicht mehr unterschieden werden können.
Bild 1 stellt diesen Effekt anschaulich dar. Aus einem Signal mit dem Spektrum in
la entsteht durch die Abtastung ein periodisches Spektrum. Genügt die Abtastfrequenz
fT = 1/T dem Abtasttheorem (wie in Ib und 1c), so lassen sich die verschiedenen
spektralen Anteile durch Filter wieder trennen. Ist die Abtastfrequenz fT niedriger
als die doppelte maximale Signalfrequenz (wie in id und le), so entstehen mehr oder
weniger große Überlappungen im Spektrum, d.h. es können im Basisband nun Frequenzanteile
auftreten, die vorher nicht oder nur mit anderen Amplituden vertreten waren. Bei
der digitalen Verarbeitung analoger Signale muß diese Erscheinung also unbedingt
ber;icksichtigt werden.
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Unter bestimmten Umständen läßt sich dieser Effekt der Aliasfrequenzen
jedoch günstig ausnutzen. Wird ein Signal mit einem abgegrenzten Spektrum von fel
bis fe2 (siehe Bild 2) unter Verletzung des Abtasttheorems durch die Frequenz fT
= 1/T abgetastet, so entstehen z.B. die schraffierten Aliasfrequenzen von al = T
- e2 bis fa2 = T - er ohne daß es dabei zu einer störenden Uberlappung der Frequenzbereiche
kommt.
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Ein solcher Fall ist gegeben, wenn die eigentliche Information des
Signals auf einen Träger aufmoduliert ist, und somit die absolute Frequenz dieses
Trägers in Bezug auf die Information keine Rolle spielt.
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Man kann diese Erscheinung theoretisch auch von einer anderen Seite
her betrachten.
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Angenommen, man wünscht eine Filtercharakteristik wie in Bild 3a um
eine Frequenz f0 herum. Realisiert man diese Charakteristik durch ein digitales
Bandpaßfilter (z.B. durch Switched Capacitor-Filter, CCD-Filter oder per Programm
auf geeigneten Prozessoren), so erhält man durch die notwendige, vorherige Abtastung
des Signals fur eine Bearbeitung per Rechner bzw. durch die verfahrensimmanente
Abtastung (taktgesteuertes Schalten) bei SC- und CCD-Filtern eine Periodizität der
Filtercharakteristik (vgl. Bild 3b).
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Stearns beschreibt diesen Sachverhalt anschaulich so /5/: "Bei einem
Abtastintervall von T Sekunden sind Frequenzkomponenten bei v und v + n/T Hz für
ganzzahliges n nicht voneinander unterscheidbar, d.h. sie haben dieselben Abtastwerte."
Schreibt man nun f0 an stelle 81 und schließt auch den schmalen Frequenzbereich
um f0 ein, 90 entstehen auf diese Weise identische Durchlaßbänder (eine Art von
Spiegelfrequenzen) bei fni n fT + ; n = 1,2, ... (1) Liegt nun das eigentlich zu
bearbeitende Signal f im Durchlaßbereich einer e dieser "Harmonischen" der Filtercharakteristik
(siehe Bild 3c), so wird, da die Frequenzen fn+ die gleichen Abtastwerte liefern
wie fO, das Signal durch das Schalten bzw. Abtasten auf die Frequenz f0 transformiert
und dort entsprechend der Filtercharakteristik bearbeitet. Die ursprüngliche Hochfrequenz
fe welche die Eingangs frequenz eines Empfängers sein kann, ist also durch Unterabtastung
in die Aliasfrequenz f0 umgesetzt worden. Selbstverständlich muß durch ein einfaches
analoges Filter (Schwingkreis, RC Filter) der Frequenzbereich des eigentlichen Signals
grob vorselektiert werden (in Bild 3c gestrichelt gezeichnet), damit die anderen
Bänder keine Anteile im Basisband liefern.
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Durch die Filterung im Basisband erhält man eine Erhöhung der Güte
bezogen auf die Signalfrequenz, da die Bandbreite im Basisband die gleiche ist wie
in der "harmonischen" Filterkurve. Die erreichbaren Güteerhöhungen sind u.. beträchtlich.
Allgemein gilt bei einer Güte Q0 im Basisband für die Güte e bezogen auf die Signalfrequenz
Da die Eingangsfrequenz f = n f? + 9 ist, kann man den Güteerhöhungse -faktor fe/fO
auch durch die Taktfrequenz T ausdrücken
d.h. die Güte wächst proportional zum Verhältnis von Takt- und Filterresonanzfrequenz
und proportional zur Ordnungszahl der "Harmonischen".
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An einem konkreten praktischen Beispiel soll die Anwendung des geschilderten
Verfahrens verdeutlicht werden. Es gibt heute integrierte Filterbausteine auf dem
Markt, die nach dem Switched Capacitor-Verfahren arbeiten und nur noch sehr wenige
externe Bauteile zum Betrieb benötigen.
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Der Baustein MF10 von National Semiconductor /2/ enthält zwei Filterbaugruppen,
die mittels einiger Widerstände nahezu jede Filterfunktion ermöglichen. Zur Realisierung
eines Bandpaßes sind z.B. lediglich drei Widerstände nötig, durch deren Werte man
Verstärkung, Güte und Eingangsimpedanz des Filters einstellen kann. Die Filterresonanzfrequenz
wird durch die Taktfrequenz des Filters bestimmt und beträgt f0 = fT/a (4) wahlweise
für a = 50 oder a = 100.
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In ähnlicher Weise arbeitet der Filterbaustein R5620 der Firma Reticon
/3/, der nur eine einzige Filterbaugruppe enthält, dessen Güte und Verhältnis zwischen
Takt- und Resonanzfrequenz aber digital z.B. von einem Prozessor eingestellt werden
können.
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Ein solcher Baustein läßt sich nun hervorragend einsetzen, um z.B.
Zeitzeichensignale im Lang- und Längstwellenbereich zu verarbeiten. Für den Zeitzeichensender
DCF77 ist die Eingangsfrequenz fe = 77,5 kHz, d.h. aus (1) ergibt sich f = n f +
f (5) e T - O (5) Da a = fT/fO = 50 bzw. 100 folgt als Bestimmungsgleichung für
die Taktfrequenz bzw. die Abtastfrequenz fT f e fT = ------- mit a = 50, 100 (6)
n + 1 /a Dies bedeutet, daß man für jede Oberwelle der Taktfrequenz vier mögliche
Takt frequenzen in die Alias- und Resonanzfrequenz f0 = fT/a transformieren T kann,
wobei n hier die Ordnungszahl der Vielfachen der Abtast- bzw.
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Taktfrequenz im periodischen Spektrum angibt.
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Die Tabellen 1 und 2 geben Zahlenwerte für verschiedene n an, wobei
fT aus Gl.(6) zu errechnen ist, und die Indizes +,- sich auf die Vorzeichen von
1/a in dieser Gleichung beziehen. Wählt man z.B. a = 100, n = 2 und fT- = 38,945
kHz, so entspricht dies den Verhältnissen in Bild 3c. Über die Gleichungen (2) und
(3) läßt sich die Güte bei der Eingangsfrequenz von 77,5 kHz berechnen. Eine Bandbreite
von z.B. 7-8 Hz bei der Resonanzfrequenz f0 = 389 Hz entspricht einer Güte von Q0
= 50, d.h. für e ergibt sich
Dies zeigt, daß sich über dieses beschriebene Verfahren leicht
beachtliche Gütewerte bzw. sehr geringe Bandbreiten mit wenig Aufwand realisieren
lassen. (In der Praxis zeigt sich noch, daß die Werte n = 2 oder n = 3 besonders
günstig sind, da bei ihnen die endliche Abtastimpulsbreite sich noch nicht sonderlich
als Amplitudenverringerung bemerkbar macht.) Bei solch geringen Bandbreiten muß
die für das Filter benötigte Taktfrequenz selbstverständlich auch sehr genau eingehalten
werden. Eine Abweichung von %+ + 2 Hz im angeführten Beispiel kann u.U. noch toleriert
werden.
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Eine gute Möglichkeit, die Taktfrequenz zu erhalten, ist ihre Gewinnung
aus einem festen Quarzoszillator durch Teilung. Aus der erlaubten Abweichung der
Taktfrequenz ergibt sich eine geforderte Frequenzgenauigkeit des Oszillators über
der Temperatur bzw. durch Alterung von max + 50ppm.
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Da aber das Verhältnis von Takt- und Resonanzfrequenz bei diesen Bausteinen
nur mit einer Genauigkeit im Bereich von +0,2 t bis +1,5 % spezifiziert wird, und
außerdem dieses Verhältnis zumindest bei a = 100 stark temperaturabhängig ist, muß
man zusätzliche frequenzbestimmende oder frequenzstabilisierende Mittel einsetzen.
Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, einen Taktoszillator zu verwenden, der von dem
in Zeitzeichenempfängern ohnehin vorhandenen Mikrocomputer auf die richtige Frequenz
eingestellt wird (durch Frequenzmessung, Durchfahren und Filtermaximumssuche etc.).
Dadurch können auch im laufenden Betrieb auftretende Verstimmungen z.B. durch Temperaturänderungen
leicht korrigiert werden. Ein solcher Oszillator kann z.B. mit Vorteil direkt durch
eine vom Mikrocomputer erzeugte Spannung gesteuert werden, oder aber man verwendet
eine PLL-Schaltung und stellt per Computer das Teilungsverhältnis in der Regelschleife
ein.
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Mit SC-Filtern lassen sich auf die beschriebene Weise sehr einfache
Empfänger z.B. für Zeitzeichensignale aufbauen. In guten Empfangslagen reicht es
aus, den Empfangsschwingkreis direkt oder über eine einfache Pufferstufe an den
Filterbaustein anzuschließen, der dann die gefilterten und verstärkten Signale zur
Demodulation zur Verfügung stellt. Bei wechselnden Empfangsorten und schwachen Empfangssignalen
ist dies unzureichend.
Die Empfangsspannung der Antenne wird dann
grundsätzlich noch über einen regelbaren Verstärker geführt werden müssen, der die
nötige Eingangsspannung für die Filterbausteine zur Verfügung stellt. Da für eine
hohe Eingangsempfindlichkeit eine große Verstärkung auf der Empfangsfrequenz benötigt
wird, gibt es dann Probleme, wenn die Antenne mit auf der gleichen Platine montiert
ist. Es entstehen sehr leicht Schwingungen. Um sie zu vermeiden, kann man in bekannter
Weise Verstärker sehr sorgfältig abschirmen. Da dies aufwendig ist, wird hier vorgeschlagen
eine spezielle Eingangsstufe zu verwenden, bei der durch Mitkopplung der Empfangsschwingkreis
gezielt entdämpft wird. Hierbei läßt sich die Rückkopplung steuerbar machen und
über den Mikrocomputer optimal einstellen /4,6/. In der hier beschriebenen Anwendung
reichen in vielen Fällen noch relativ niedrige Gütewerte aus, so daß die Rückkopplung
auch fest eingestellt werden kann (siehe Bild 4). Lediglich die Resonanzfrequenz
des Schwingkreises muß dann mittels Kapazitätsdiode o.ä. nachführbar gemacht werden,
da durch in der Nähe befindliche Metallteile die Antenne leichter verstimmt werden
kann, als bei den üblichen niedrigen Schwingkreisgüten.
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Bild 5 zeigt zum Abschluß ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäßen
Schmalbandempfängers. Vom Mikrocomputer werden über einen Digital-Analogwandler
Steuerspannungen erzeugt, einmal für die Frequenznachstimming des Eingangskreises,
zum anderen zur Steuerung des Taktoszillators des SC-Filters. Die teilentdämpfte
Eingangsstufe liefert die Eingangsspannungen für das Switched Capacitor-Filter,
das wiederum das verstärkte, bandbegrenzte und auf die Aliasfrequenz umgesetzte
Signal am Ausgang bereitstellt. Nach der Demodulation wird das Zeitzeichensignal
z.B.
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über einen uC-internen Komparator oder einen A/D-Wandler zur Weiterverarbeitung
in den Mikrocomputer iibernommen.
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Durch ein solches Konzept lassen sich mit geringem Aufwand sehr schmalbandige
und damit störsichere Empfänger realisieren, die den weiteren großen Vorteil haben,
daß sie sich selber durch den Mikrocomputer abstimmen und einstellen.
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Dadurch werden nicht nur die optimalen Empfangseigenschaften langfristig
beibehalten, sondern auch in der Fertigung des Empfängers entfällt jeglicher Abgleich,
was in der Regel erhebliche Kosteneinsparungen mit sich bringt.
n fT+ fo fT- fo |
l 75980,4 1519,6 79081,6 1581,6 |
2 38366,3 767,3 39141,4 782,8 |
3 25662,3 513,2 26006,7 520,1 a = 50 |
4 19278,6 385,6 19472,4 389,4 |
5 15438,2 308,8 15562,2 311,2 |
Tabelle 1
n fT+ fo T- fo |
1 76732,7 767,3 78282,8 782,8 |
2 38557,2 385,6 38944,7 389,4 |
3 25747,5 257,5 25919,7 259,2 a = 100 |
4 19326,7 193,3 19423,6 194,2 |
5 15469,1 154,7 15531,1 155,3 |
Tabelle 2
Literatur /1/ R. Best Handbuch der analogen und digitalen
Filterungstechnik AT Verlag, Aarau/Schweiz, 1982 /2/ MF10 Universal Monolithic Dual
Switched Capacitor Filter, Datenblatt der Firma National Semiconductor, 1981 /3/
R5620 Universal Active Filter, Datenblatt der Firma Reticon, 1981 /4/ R. Bermbach;
M. Lobjinski Neue Funkuhren aus dem Institut für Datentechnik, aus "Funkuhren" S.
169-193, Oldenbourg Verlag München, 1983 /5/ S.D. Stearns Digitale Verarbeitung
analoger Signale Oldenbourg Verlag 1979.
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/6/ Selbstabgleichender Schmalbandempfänger P 32 36 162.9