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Arzneimittel zur Behandlung
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von Chronischem und akutem Herzversagen
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Arzneimittel zur Behandlung von chronischem und akutem
Herzversagen (Herzinsuffizienz) als Folge eines akuten Herzinfarktes, ferner zur
Behandlung einer dekompensierten Herzinsuffizienz aufgrund von Herzklappenfehlern
sowie zur Behandlung einer dilatativen Kariomyopathie, einem Krankheitsbild ungeklärter
Ätiologie, enthaltend eine als H2-Rezeptor-Agonist am Herzmuskel wirksam; Substanz
als Wirkstoff.
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Aus J. Biol. Chem. 237 (1962), Seite 1233, ist bekannt, daß bei Krankheiten
des Herzens, insbesondere nach akuten Infarkten die Serumkatecholaminspiegel infolge
einer erhöhten Aktivitä des sympathischen Nervensystems erhöht sind. Diese im Sinne
einer Kompensation gesteigerte Aktivität des Sympathikussystems bewirkt kompensatorisch
durch die Produktion körpereigener Katecholamine eine Stimulation der am Herzen
befindlichen ß-Rezeptoren, die über eine Aktivierung des Enzyms Adenylatzyklase
die Bildung von zyklischem Adenosinmonophosphat aus Adenosintriphosphat stimulieren,
wodurch wiederum.Gber mehrere Zwischenschritte vermehrt Calcium in die Zelle gelangt
und damit die Kontraktionskraft des Herzmuskels gesteigert wird (positiv inotrope
Wirkung). Diese im Sinne einer Kompensation gesteigerte Sympathikus-Aktivität ist
jedoch oft nicht imstande, ein spontanes Herzversagen zu verhindern. Bemerkens wert
ist ebenfalls, daß alle zur Verfügung stehenden therap. - -tischen Maßnahmen zur
Verbesserung der kontraktilen Myokardfunktion, zum Beispiel die Applikation von
ß-Sympathom-imet in vielen Fällen erfolglos bleiben.
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Die diesem Geschehen zugrundeliegenden Mechanismen waren Weit gehend
unklar und primär nicht erklärbar. Mit den heute üblichen therapeutischen Maßnahmen
kann daher ein tödlicher Ausgang in vielen Fällen nicht verhindert werden.
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Es wurde gefunden, daß es beim akuten Myokardinfarkt, bei dekompensierter
Herzinsuffizienz infolge lierzklappenfehlern sowie beim Krankheitsbild der dilatativen
Kariomyopathie zu einer selektiven Schädigung des kardialen ß-Rezeptor-Systems kommt,
die durch Ausschüttung körpereigener Katecholamine hervorgerufen wird. Mit zunehmendem
Schweregrad des ilerzversagens steigert der Organismus die Produktion von körpereigenen
Katecholaminen, um somit über die noch vorhandenen, noch nicht geschädigten ß-Rezeptoren
eine Lrhöhung der Herzleistung zu bewirken. Diese im Verlaufe des Krankheitsgeschehens
ständig steigende Katecholamin-Produktion schädigt jedoch auf längere Sicht eben
dieses kardiale ß-Rezeptor-System und führt unter Umständen zum kardiogenen Schock.
Dessen Behandlung mit ß-Sympathomimetika ist jedoch an ein intaktes B-Rezeptor-System
gebunden. Es war daher nicht möglich, den kariogenen Schock erfolgreich zu behandeln.
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Es wurde nun gefunden, daß neben dem soyenannten ß-adrenergen System
(B-Rezeptoren) eine weitern Gruppe von Rezeptoren am Herzmuskel existiert, die wegen
der spezifischen Steuerung durch Histamin als Histamin-H2-Rezeptoren bezeichnet
werden können. Diese an der Außenseite der Herzmuskelmembran (Sarkolemm) lokalisierten
Rezeptoren sind imstande, ähnlich wie die ß-Rezeptoren, jedoch unabhänyig von den
letzteren, das für die Kontraktilität wichtige Enzym Adenylatzyklase zu aktivieren
und über die oben genannten Zwischenschritte einen positiv inotropen, das heißt
kontraktionssteigernden Effekt am Herzen auszuüben. Diese Verhältnisse sind in Fig.
1 schematisch erläutert.
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Überraschenderweise gelingt es, sich den von der Schädigung der ß-Rezeptoren
nicht betroffenen myokardialen H2-Rezeptor therapeutisch zunutze zu machen, wenn
insbesondere unter den genannten pathophysiologischen Bedingungen sich das gesamte
Herz weitgehend refraktär für katecholaminartige Stimuli zeigt. Zwar löst Histamin
als spezifischer Stimul<tor dieser
H2-Rezeptoren wegen seiner
t11-Rezeptor-Nebenwirkung tödlich Effekte in Form eines Bronchospasmus und anaphylaktischen
Schocks aus, weshalb die therapeutische Nutzung des Histamins zur Behandlung der
genannten Herzinsuffizienzen nicht.
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möglich ist. Es gelang jedoch, die genannten H2-Rezeptoren durch Stoffe
selektiv zu aktivieren, die man als spezifische-H2-Reæeptor-Agonisten zu bezeichnen
hat. Diese Stoffe bewirken eine kontraktionssteigernde Wirkung am Herzen, und zwar
nachgewiesenermaßen in solchen Fällen, in denen die bisherige Therapie (ß-Sympathomimetika)
nicht mehr ansprechen kann, da infolge des bei diesen Fällen zerstörten ß-Rezeptor-Systems
durch körpereigene Katechoianiine von Haus aus keine Wirkung mehr zustandekommen
kann. Diese unerwartete positive Wirkung der H2-Agonist:en erstreckt sich jedoch
nicht nur auf das Krankheitsbild des akuten Herzinfarktes, sondern auch unserem
jetzigen Wissensstand zufolge auf Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz
infolge von Herzklappenfehlern und bei Patienten, die am Krankheitsbild einer sogenannten
dilatativen Kardiomyopathie leiden. Diesen Krankheiten ist im Endstadium ein totales
Herzversagen mit kardiogenem Schock sowie hohe Plasmaspiegel körpereigener Kat.echolamine
gemeinsam.
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Es war nicht vorhersehbar, daß in all diesen Fällen das H2-Rezeptor-System
in der Lage ist, die weitgehend abgesunkene Herzkontraktilität wieder zu stimulieren.
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Diese Stoffe erlauben somit eine völlig neue therapeutische Alternativ-e,
die darin besteht, daß durch Verabreichung von ß-Rezeptoren-Blockern das bereits
zerstörte oder in der Schädigungsphase befindliche 13-adrenerge System vor dem schädigenden
Einfluß der körpereibenen endogenen Katectlolamine yeschützt wird, gleichzeitig
aber - und zwar unabhängig vomß-Rezeptor-System - durch Verabreichung von Is2-Agonisten
einen positiv isotropen und damit kontraktionssteigernden Effekt an solchen tlerzen
zu ctzielen. Damit ist es zum ersten Mal möglich, trotz einer totalen (protektiven)
Blockade des ß-adrenergen Systems durch ß-Blocker über das unabhängige.
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H2-Rezeptor-System eine Stimulation solcher erzen herbeizuführen,
und zwar o h n e das heutzutage gefürchtete Risiko einer ß-Blocker-induzierten Herzinsuffizienz.
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Unter den in Frage kommenden Substanzen ist bisher eine Gruppe als
besonders bevorzugt aufgefunden worden, die sich durch die allgemeine Formel wiedergeben
läßt: X-S-CH2-CH2-Y in der X eine Gruppe der Formel
und Y eine Gruppe der Formel
mit n 1 bis 3 oder
mit m = 1-3, R H oder Cl Besonders bevorzugte, weil schon in kleinsten Mengen in
dem Größenordnung von wenigen Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht wirksame Verbindungen,
haben die Formeln
Die Verbindung der Formel (I) ist chemisch (N-[3-Imidazol-4-yl)-propyl]-N'-{2-[(5-methylimidazol-4-yl)-methylthio]-ethyl}-guanidin,
hat die Summenformel C14H23N7S1#3HCl, das Molekulargewicht 430,86 und stellt ein
über 80°C zersetzendes Salz da, Die Lösung reagiert leicht sauer (pH 4,5) und ist
bei 200C wenigstens 1 Monat stabil. LD50 etwa 7,9 mg/kg i.v. und 260 mg pro kg s.c.
bei Mäusen.
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Die Verbindung nach Formel (II) ist chemisch S-[-N,N-Dimethylamino]-propyl)-isothioharnstoff,
Summenformel C6H15N3S.2HCl das Molekulargewicht 234,2, F. bei 160-1610C. Die ca.
2 tige-Lösung ist sauer (pH 4,9) und dann bei 20°C wenigstens 21 Tage stabil, zersetzt
aber unter alkalischen Bedingungen. LB50 etwa 140 mg/kg i.v. und 410 mg/kg s.c.
bei Mäusen.
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Beispiel 1 Es wurden Versuche mit Meerschweinchen durchgeführt, bei
denen durch Koronarligatur ein Herzinfarkt herbeigeführt wurde. Indieser Studie
wurden Gruppen unbehandeiter Tiere mit solchen' verglichen, die mit den heutzutage
erhältlichen ß-Rezeptoren-Blockern, nämlich Metoprolol, Th 326, Penbutolol sowie
prenalterol behandelt worden waren. Innerhalb jeder Gruppe wurde 3 Tage nach dem
Infarkt das Herz entnommen und sarkolemmale Membranpräparationen des infarktfreien
rechten Ventrikels hergestellt. In diesen Membranpräparationen wurden innerhalb
der verschiedenen Gruppen die Adenylatzyklaseaktivität sowie deren Stimulierbarkeit
durch Isoproterenol (via ß-Rezeptor) sowie durch die Substanz 1 (via H2-Rezeptor)
untersucht bzw.
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gemessen. Zum Vergleich wurden auch scheinoperierte Herzen, die keinen
Infarkt aufwiesen, herangezocfen.
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Die in der abgebildeten Tabelle I wiedergegebenen Ergebnisse zeigen,
daß die Stimulierbarkeit der Adenylatzyklase in den Gruppen, die mit B-RezepLor-Blockern
behandelt wurden, nicht von der Stimulierbarkeit der scheinoperierten, infarktfreien
Tiere abwich. Demgegenüber fand sich jedoch in den Präparationen des unbehandelten
Kollektivs die Stimulierbarkeit durch Isoproterenol (via ß-Rezeptor) um 90 % herabgesetzt,
während die durch B-Rezeptor-Blocker behandelten Tiere die gleichen Werte wie die
scheinoperierten Kontrolltiere aufwiesen Bei den Tieren, die mit den Verbindungen
der Formeln (I) und (II) gemäß der Erfindung behandelt waren, zeigte sich die Stimulierbarkeit
der für die Kontraktionskraft wichtigen Adenylatzyklase in allen Gruppen unbeeinträchtigt
und gleichmäßig hoch.
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TABELLE I Gruppe Grundn ISO (II) (I) aktivität# scheinoperiert 25
47,0 # 7,5 142,4 # 10,0 44,5 # 11,0 147,5 # 9,0 unbehandelt 25 44,7 # 6,2 64,1 #
12,0 143,2 # 11,0 146,7 # 12,0 Metoprolol 20 50,5 # 7,2 145,6 # 8,9 145,9 # 10,7
146,8 # 11,6 TH 326 20 47,9 # 5,4 146,9 # 10,3 146,0 # 10,3 147,1 # 9,4 Penbutolol
20 47,1 # 7,6 149,7 # 11,6 145,5 # 8,5 148,6 # 9,4 Prenalterol 20 48,7 # 9,4 142,1
# 8,5 149,4 # 10,7 149,7 # 10,7 Iso = Isoproterenol (5 x 10 mol/L); (11) 5 x 10-4
mol/L; (I) 4,5 x 10-4 mol/L.
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* = cAMP/min/n1g Protein.
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Beispiel 2 Der Krankheitsmechanismus betreffend das ß-Rezeptor-System
sowi die Existenz des H2-Rezeptor-Systems wurden duch im menschliche Myokard gesichert.
Dabei wurden Präparationen des Sarkolemms (Herzmuskelmembran) von Patienten mit
verschiedenartigen Herzklappenfehlern einmal mit- der B-Rezeptoren stimulierenden
Substanz Isoproterenol, und zum anderen mit der Verbindung
der
Formel (I), die selektiv die H2-Rezeptoren stimuliert, behandelt und als Maß für
die Stimulierung die Andenylatzyklaseaktivität in pmol cAMP/min/mg Protein gemessen.
Die Eergebnisse gehen aus der beigefügten Abbildung (Fig. 2 hervor. Es zeigt sich,
daß bei den Präparationen von Patienten,; die alle an Herzklappenfehlern litten,
mit dem ß-Sympathomimetikum Isoproterenol entsprechend dem Schweregrad und der Anzahl
der geschädigten Herzklappen eine entsprechend starke Schädigung bzw. Herabsetzung
der Stimulierbarkeit der Adenylatzyklase durch Isoproterenol festzustellen war.
Die Schädigungen waren am geringsten bei Patienten mit reiner Mitralstenose, dagegen
am stärksten bei Patienten, die ein Zweiklappenvitium aufwiesen. Bei den letzteren
kommt es zu einer starken Volumen; und Druckbelastung des Herzens, was letztlich
zu einer er vergrößerung und Erschlaffung des Herzmuskels führt. Es erwies sich
jedoch die Stimulierbarkeit der Adenylatzyklase in den gleichen Präparationen derselben
Patienten durch die Substanz nach Formel (1) als völlig unbeeinträchtigt. Dies bedeutet,
daß im Falle der Verabreichung der Substanz nach; (1) durch di Aktivierung des H2-Rezeptor-Systems
alle Patienten in praktisch gleichem Maße hätten stimuliert werden können, wo die
heute übliche konventionelle Therapie mit ß-Sympathomimetika weitaus weniger Wirkung
zeigt bzw. gerade in den schweren Fällen völlig unwirksam ist.
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Beispiel 3 in bisher 5 Patienten wurde die Wirkung der Substanz nach
Formel (I) unter klinischen Bedingungen in einer Phase-I-Studie getestet. Die Studie
sieht vor, daß die Substanz nach Formel (I) nur angewendet werden darf, wenn alle
heute üblichen Therapeutika zur Bekämpfung des kardiogenen Schocks keine Wirkung
mehr zeigen. Dies schließt verschiedene Pharmaka ein, insbesondere solche Substanzen,
die über das ß-Rezeptor-System einen stimulierenden Effekt auf die Herzleistung
ver mitteln können. Bei allen 5 Patienten lag ein präterminaler Zustand vor. Bei
allen Patienten konnte keine Stimulation
über das ß-Rezeptor-System
durch Verabreichung der heute marktüblichen ß-Stimulanzien erzielt werden. Die Verabreichung
der Substanz nach Formel (1) führte jedoch in allen Fällen zu einer deutlichen klinischen
Besserung, die Patienten fühlten sich subjektiv besser bzw. wurden wieder ansprechbar,
die Pumpleistung des Herzens und somit die Durchblutung der lebenswichtigen Organe
(Gehirn, Niere, Leber, etc.) konnte uni das Drei- bis Vierfache durch Verabreichung
der Substanz nach Formel (I) aufgrund ihrer positiv inotropen Wirkung gesteigert
werden. Alle fortlaufend über Katheter gemessenen Parameter zeigten bei allen Patienten
eine deutlich verbesserte lierzfunktion um den Faktor 3 bis 4.
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L e e r s e i t e