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Reaktor mit Rohrleitungsmolchen
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Die Erfindung richtet sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur kontinuierlichen oder sequentiellen Durchführung von Reaktionen in flüssiger
Phase, bei denen das Reaktionsgemisch durch einen Rohrreaktor gefördert wird.
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Rohrreaktoren zur Durchführung kontinuierlicher chemischer Reaktionen
sind bekannt. Die Anwendung ist jedoch dann in Frage gestellt, wenn sich auf der
Reaktorinnenwand Beläge aus Reaktionsprodukten abscheiden, was häufig bei Polymerisations-
und Photoreaktionen der Fall ist. Wegen der unvermeidlichen Betriebsunterbrechungen
zu Reinigungszwecken wird beispielsweise trotz vielfältiger Versuche die photoinitiierte
Emulsionspolymerisation wasserlöslicher Monomerer nach DE-OS 2 354 006 nicht in
einem solchen kontinuierlichen Reaktionsapparat durchgeführt. Man behilft sich vielmehr
mit Apparaten, wie sie in den DE-OS'en 956 542, 2 009 748, 2 050 988, 2 523 587
und 3 008 660 und der EP 0 036 819 beschrieben sind; wo man schon auf den ersten
Blick erkennen
kann, daß diese komplizierteren Apparaturen aufwendiger
und störungsanfälliger sein müssen.
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Aufgabe der Erfindung ist es, bei Reaktionen, bei denen eine störende
Belagbildung auftritt, ein Verfahren vorzuschlagen bzw. eine Vorrichtung anzugeben,
mit denen sich störende Beläge an der Reaktorinnenwand vermeiden lassen und mit
denen ein längerer störungsfreier Betrieb möglich wird.
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Die Aufgabe wird dadurch gelöst, daß während der Reaktion im Rohrreaktor
ein oder mehrere Rohrleitungsmolche mit dem Flüssigkeitsstrom bewegt werden, die
einen an der Rchrinnenwand sich bildenden Belagaufbau verhindern.
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Spezielle Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen beschrieben.
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Rohrleitungsmolche sind im Pipelinebau bekannt und werden zur Reinigung,
Entleerung, Chargentrennung, Durchführung von hydrostatischen Druckproben usw. eingesetzt.
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Bisher ist jedoch nicht bekannt geworden, daß mit solchen Rohrleitungsmolchen
auch Beläge aus Rohrreaktoren entfernt werden können. Das mag mit der Beobachtung
zusammenhängen, daß man bei der Reinigung nach Abstellen eines Reaktors in den meisten
Fällen eine schwer entfernbare Kruste von harter oder gummiartiger Konsistenz vorfindet,
die nicht mehr mit Hilfe eines Rohrleitungsmolches entfernt werden kann.
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Weil bei der vorliegenden Erfindung erste Ansätze von Belägen kurz
nach ihrem Entstehen entfernt werden, kommt
es gar nicht zur Ausbildung
von harten oder gummiartigen fest haftenden Belägen.
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Rohrleitungsmolche, die erfindungsgemäß eingesetzt werden können,
sind beispielsweise in den deutschen Offenlegungsschriften 28 01 378 und 30 32 532
beschrieben. übliche Rohrdurchmesser des Reaktors liegen zwischen 25 und 800 mm.
Für diese Dimension sind Rohrleitungsmolche ebenso wie entsprechende Einschleusevorrichtung
im Handel. Der Rohrleitungsmolch wird bei entsprechendem Druck von der an ihm anstehenden
Flüssigkeit bewegt. Er liegt so dicht an der Rohrinnenwand an, daß durch den Rohrleitungsmolch
das Reaktionsvolumen sauber abgegrenzt bleibt.
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Die Rohrleitungsmolche selbst bestehen aus weichen bis mittelharten
Natur- oder Kunststoffprodukten, bevorzugt aus Rautschuk- oder Polyurethanprodukten.
Auch Molche mit federnden Metallteilen oder Metallbürsten sowie Kombinationen aus
Metall und Kunststoff sind brauchbar. Aus der Vielfalt der möglichen Formen sind
Kugeln, Zylinder, Zylinder mit gerundeten Kanten sowie zylindrische Körper mit Dichtlippen
und Dichtleisten am äußeren Umfang bevorzugt. Härte, Abmessungen, Abmaße gegenüber
der Rohrleitung sowie Gestalt und Krümmungsradien der Molche richten sich u.a. nach
der Art der Beläge und den Toleranzen und Krümmungsradien der Rohrleitungen. Bei
Glasrohrleitungen kommt als Auslegungs-
kriterium der zulässige
Druckverlust hinzu, der durch die Festigkeits daten des Rohres bestimmt wird. Die
Anzahl der eingesetzten Molche wird durch die Geschwindigkeit der Belagbildung und
der Vernetzung bzw. Erhärtung gebildeter Beläge sowie durch den zulässigen Druckverlust
bestimmt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist in der Zeichnung dargestellt
und das Verfahren im folgenden weiter beschrieben. Es zeigen: Fig. 1 Reaktor mit
einer Rohrschlaufe, Fig. 2 Reaktor aus zwei zusammenarbeitenden Rohren, Fig. 3 Rohrreaktor
ohne Ventilumschaltung.
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Der Rohrreaktor besteht in Fig. 1 aus einer geschlossenen Rohrschlaufe
1, die durch Kugelhähne 2,3 unterbrochen ist. Die Kugelhähne 2 und 3 haben den gleichen
öffnungsquerschnitt wie das Rohr 1 und ermöglichen einen Durchtritt des Molches
4 bzw. 5. In diesem speziellen Beispiel ist der Molch 4 gerade in die Schleuse zwischen
den beiden Kugelhähnen, eingefahren, während der Molch 5 gerade durch die Rohrschlaufe
1 wandert. Die Ausgangslösung wird durch das Ventil 6 zugeführt und das Reaktionsprodukt
durch die Ventile 7 und 8 entnommen. Der Kugelhahn 2 ist geschlossen. Durch Schließen
der Ventile 3, 6 und 7 sowie öffnen der Ventile 2, 9 und 10 setzt die durch das
Ventil 9 eingepumpte Ausgangslösung den Molch 4 erneut in Bewegung, wobei das Reaktionsprodukt
durch das Ventil 10 abläuft.
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Sobald der Molch die Zulaufleitung bei Ventil 6 passiert hat, ist
ein Umschalten auf die alte Ventilstellung (Ventil 3, 6, 7 geöffnet, Ventil 2, 9,
10 geschlossen) möglich, und die Schleuse zwischen den Kugelhähnen 2 und 3 ist zur
Aufnahme des nächsten ankommenden Rohrleitungsmolches 5 bereit. Nach dem Umschalten
auf die alte Ventilstellung läuft über das Ventil 7 für kurze Zeit ein Gemisch aus
Ausgangslösung und Reaktionsprodukt, das durch Öffnen des Ventils 11 und Schließen
des Ventils 8 über die Leitung 14 getrennt vom Reaktionsprodukt aufgefangen und
erneut über die Pumpe 15 zugeführt werden kann. Das Reaktionsprodukt wird über die
Leitung 16 abgezogen.
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Die am Ende eines Molchumlaufs nötigen Ventilumschaltungen werden
bevorzugt durch eine automatische Steuerung bewerkstelligt. Der Schaltimpuls wird
dabei durch die Druckerhöhung beim Anstoßen des Molches an den geschlossenen Kugelhahn
2 oder eine andere geeignete Einrichtung ausgelöst. Besteht die Schleuse zwischen
den Kugelhähnen 2 und 3 aus einem Glasrohr, so geht der Schaltimpuls bevorzugt von
einer Fotozelle 17 aus.
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Eine andere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Rohrreaktors ist
in Fig. 2 dargestellt. Er ist aus zwei identischen geraden Rohren 30,31 zusammengesetzt,
von denen jedes einen Molch 32,33 enthält. Es werden hier keine Kugelhähne im Reaktor
benötigt, da die Molche in den Rohren mit gleichem Durchmesser und gleichem Volumen
ständig hin und her bewegt werden. Die Molchform ist an
das Rohrende
weitgehend angepaßt, um die Kammern zwischen Molch und Rohrende rrc.glichst weitgehend
entleeren zu können. Die nachstehend beschriebenen drei Phasen sind für diese Vorrichtung
typisch: 1. Einpumpen in den unteren Reaktor: Die Reaktionslösung wird durch die
Leitung 34 dem unteren Reaktionsrohr 30 zugeführt, in das sie über die Leitungen
35 bzw. 36 und die Dreiweghähne 37 bzw. 38 alternierend an beiden Enden eintritt.
Wird über die Leitung 35 eingepumpt, so bewegt sich der Molch 32 von links nach
rechts.
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2. überschieben in den zweiten Reaktor: Sobald der Molch 32 am rechten
Rohrende angekommen ist, wird durch Umstellen des Ventils 37 in gerade Durchlaßrichtung
und öffnen des Ventils 38 in Richtung der Leitung 36 eine Umkehr des Zulauf stroms
und damit der Molchbewegungsrichtung bewirkt. Damit wird der Inhalt des unteren
Rohres 30 über die Leitung 39 in das obere Reaktionsrohr 31 gedrückt, wobei der
Molch 33 vor der Flüssigkeit hergeschoben wird.
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3. Ausstoßen des Reaktionsproduktes: Sind die Molche 32 und 33 am
linken bzw. rechten Rohrende angekommen, wird der Eingangsstrom wieder umgetaktet
und über Ventil 37 zugeführt. Gleichzeitig wird das Ventil 38 in gerade Durchfluß
stellung gebracht,
so daß die Flüssigkeit über die Leitung 40 in
das obere Rohr 31 eintritt. Dadurch wird der Molch 33 erneut nach links verschoben
und das Reaktionsprodukt über die Leitung 39 und das geöffnete Ventil 41 in den
Ablauf 42 ausgestoßen.
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Alles eingehende Produkt durchläuft prinzipiell diese drei Teilschritte,
wobei durch die Leitung 35 eingegebenes Produkt über Leitung 39 in den oberen Reaktor
geschoben wird und über das Ventil 41 ausgestoßen wird und umgekehrt.
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Durch die Umkehrung der Strömungsrichtung im Reaktor ergibt sich bei
idealer Kolbenströmung ohne Rückvermischung für alle Teilchen die gleiche Verweilzeit.
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Auch bei dieser Vorrichtung erfolgt die Ventilumschaltung bevorzugt
automatisch, wobei alle Ventile 37,38,41, 42 gleichzeitig in eine andere Richtung
gedreht werden.
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Der Schaltimpuls kann wie bei der Vorrichtung nach Fig. 1 über die
Druckerhöhung beim Anschlag der Molche an die Rohrenden oder andere geeignete Einrichtungen,
bei Glasleitungen bevorzugt über eine Fotozelle gegeben werden.
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Ein anderer erfindungsgemäßer Rohrreaktor ist in Fig. 3 dargestellt.
Die Vorrichtung ist insbesondere für große Durchsatzmengen bei geringerer Verweilzeit
geeignet Die Reaktionslösung läuft über das Ventil 51 der Saugseite einer Pumpe
52 zu, die gleichzeitig die kugelförmig ausgebildeten Molche 53,54, 61 fördert.
Geeignet ist dazu beispielsweise eine Kreiselpumpe mit zurückgesetztem Laufrad.
Die Fördermenge der Pumpe wird durch das Rück-
strömventil 55 reguliert.
Nach Durchlaufen des Rohrreaktors 56 mit der Steigleitung 57 und dem Auslaßbogen
58 treten Produkt und Rohrleitungsmolche in den Behälter 59 ein. Durch ein schrägstehendes
grobmaschiges Netz 60 werden die Molche 61 abgetrennt, und sie gelangen anschließend
durch die Schwerkraft über die Leitung 62, den Krümmer 63 und den Konus 64 in die
Saugleitung der Pumpe 52. Voraussetzung für ein einwandfreies Ansaugen ist ein hohes
spezifisches Gewicht der Rohrleitungsmolche, was beispielsweise durch Einarbeiten
eines Metallkerns erreicht wird. Das Reaktionsprodukt läuft über die Leitung 65
aus dem Abscheidebehälter 59 ab.
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In den Figuren 1 und 2 sind Kühlmäntel 70 bzw. 71,72 angedeutet, in
die eine Kühlflüssigkeit bei 73 bzw. 74,75 eintritt und bei 76 bzw. 77,78 austritt.
Die Kühlung ist in allen Variationen möglich; bei kleineren Rohrdurchmessern bevorzugt
als Mantelkühlung, bei größeren als Rieselfilmkühlung. Auch eine Kühlung mit Gasen
ist möglich.
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Zur Durchführung von Photoreaktionen werden die Reaktoren aus Glasrohren
hergestellt. In den Figuren 1 und 2 sind die erforderlichen Lampen mit 80 bzw. 81,82,
die Reflektoren mit 84 bzw. 85,86 angedeutet.
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Als Lampen für Fotoreaktionen kommen alle Strahlungsquellen in Frage,
deren Emission im Bereich von 1500 bis 5000 i, vorzugsweise 3000 bis 4000 i, liegt.
In
diesen Wellenlängenbereichen emittiert auch Sonnenlicht. Vorteilhaft
sind Quecksilberdampf-, Xenon-, Wolfram- oder Kohlebogenlampen, insbesondere Leuchtstoffröhren.
Als Kühlflüssigkeit wird Wasser bevorzugt, das das Licht im genannten Wellenlängenbereich
nicht absorbiert.
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Der Vorteil der beispielhaften Vorrichtungen besteht darin, daß die
Reaktoren keine mechanischen Einbauten aufweisen, an denen sich Beläge ansetzen
könnten, und daß das einfache Arbeitsprinzip ohne großen konstruktiven Aufwand die
gesamte Reaktorinnenoberfläche belagfrei hält.
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Aus reaktionstechnischer Sicht kommt der Vorteil hinzu, daß die zirkulierenden
Molche eine Kclbenströmung erzeugen und damit die günstige Verweilzeitverteilung
des idealen Strömungsrohrs erreicht wird. Dieser Vorteil ist von Bedeutung bei Reaktionen,
die bis zu hohen Umsätzen geführt werden sollen. Ein typisches Beispiel ist die
Photopolymerisation von Acrylamid.
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Beispiel: Ein Schlaufenreaktor nach Fig. 1 hatte folgende P.Emessensen:
Glasrohr: DN 50, Schlaufenlänge 4,74 m, Betriebsinhalt 9,3 1, keine Kühlung.
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Molch: Zylindrische Form, Kanten gerundet mit R = 20 mm, Durchmesser
51,2 mm, Länge 80 mm, Material: Polyurethan, geschäumt; 1 Molch.
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Lampen: Zehn Philipps Leuchtstoffröhren TL 20 W/09.
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Pumpe: Exzenter-Schneckenpumpe.
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Von der photoinitiierten Polymerisation von Acrylamid/ Acrylsäure
in Wasser in öl-Emulsion ist bekannt, daß sich in allen Reaktoren schnell Beläge
bilden, die zunächst aus einem klebrigen Film bestehen, der nach einiger Zeit durch
Vernetzungsreaktion in einen festen oder gummiartigen Belag übergeht, der auch durch
mechanische Hilfsmittel oder durch Lösungsmittel nur schwer zu entfernen ist.
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Im erfindungsgemäßen Reaktor blieb die Glasoberfläche bei kontinuierlichem
Betrieb (Durchsatz 9 l/h) während der gesamten Versuchszeit von 12 Stunden belagfrei.
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Es war zu erkennen, daß der umlaufende Molch erste Ablagerungen sofort
abstreifte.
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Die Ausgangsemulsion war nach folgender Rezeptur hergestellt:
Wasserphase:
7,50 kg Acrylamid, 1,78 kg Acrylsäure, 7,50 kg Wasser, 2,51 kg 50 %ige Natronlauge
und 2,25 g 4 ,5-Diphenyl-5-keto-4-ethoxy-natriumvaleriat als Photoinitiator ölphase:
8,10 kg C10-C12-Paraffingemisch, 0,90 kg Sorbitanmonooleat als Emulgator, 0,90 kg
Umsetzungsprodukt von ölsäure mit 6 Mol Ethylenoxid als Emulgator.