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Verfahren zur Konzentrationsbestimmung von Saccharose
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der Konzentration
von Saccharose in wäßrigen Lösungen in Gegenwart von Glucose und/oder Fructose.
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Die Bestimmung des Saccharosegehaltes ist insbesondere in der Zuckerindustrie
von Bedeutung. Bei der Zuckergewinnung beispielsweise ist der Zeitpunkt überaus
wichtig, bei welchem ein bestimmter technischer Prozeß beendet ist. So kann ein
zu geringes Extrahieren zu Zuckerverlusten führen, während ein zu langer Extraktionsprozeß
stark verdünnte Rohsäfte ergibt. In den Zuckerfabriken richtet sich deshalb die
Prozeßsteuerung in den meisten Fällen nach der Zuckerkonzentration der Lösungen.
Hierbei ist es wichtig, daß bei der Konzentrationsbestimmung das Meßsignal möglichst
schnell vorliegt.
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Ferner ist es erwünscht, daß dabei nur der Gehalt der Lösungen an
Saccharose erfaßt wird, nicht aber derwenige an anderen Zucker , insbesondere an
Glucose und Fructose.
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Die Bestimmung der Saccharose erfolgt im allgemeinen mit sogenannten
Polarimetern, mit denen die optische Aktivität des Zuckers gemessen wird. An vielen
Meßpunkten im Zuckergewinnungsprozeß ist eine derartige Bestimmung weitgehend problemlos,
weil der Anteil an anderen Zuckern in der Lösung vernachlässigbar klein ist.
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Schwierigkeiten treten aber dann auf, wenn - naturbedingt - auch weitere
Zucker oder andere optisch aktiven Stoffe bzw. Trübstoffe vorhanden sind. Derartige
Verhältnisse
liegen beispielsweise beim sogenannten Preßwasser
vor, das bei der Zuckergewinnung aus Zuckerrüben anfällt, und Zur dann, wenn die
Rübenschnitzel - nach dem Extrahieren mit ser - ausgepreßt werden; das Preßwasser
wird dabei in den Extraktionsprozeß zutUckgeführt. Im Preßwasser ist aber die Saccharosekonzentration
verhältnismäßig gering, während der Anteil an anderen Zuckern stark ansteigen kann,
was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Zuckerrüben durch Frost oder Fäulnis
gelitten haben.
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Bei Anwesenheit anderer Zucker ist die Saccharosebestimmung mittels
Polarimetern deshalb schwierig, weil die einzelnen Zucker eine unterschiedliche
optische Drehung bewirken. Hierbei ist also eine eindeutige Aussage über den Saccharosegehalt,
was für moderne Prozeßsteuerungen sehr wichtig ist, nicht möglich.
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Darüber hinaus ist bei den Prozeß steuerungen eine kontinuierliche
Meßwerterfassung wichtig. Bislang werden aber nur diskontinuierlich Proben entnommen
und im Labor untersucht.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Bestimmung der Konzentration
von Saccharose in wäßrigen Lösungen anzugeben, das auch in Gegenwart von Glucose
und/oder Fructose eine schnelle und zuverlässige Ermittlung des Saccharosegehaltes
erlaubt und darüber hinaus eine kontinuierliche Arbeitsweise ermöglicht.
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Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß die in der wäßrigen
Lösung enthaltene Saccharose invertiert und die invertierte Lösung dann einer elektrochemischen
Oxidation unterworfen wird, und daß der bei der Oxidation fließende Strom mit dem
Strom verglichen wird, der bei der elektrochemischen Oxidation der ursprünglichen
Saccharoselösung
erhalten wird.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird vom chemischen Vorgang der sogenannten
Inversion Gebrauch gemacht.
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Hierunter wird die Spaltung der Saccharose in ein Gemisch aus gleichen
Teilen von Glucose und Fructose, das auch als Invertzucker bezeichnet wird, verstanden.
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Die Bezeichnung 1,Inversion" rührt daher, daß bei der Spaltung die
Polarisationsebene des Lichts gedreht, d.h. umgekehrt wird, Während nämlich Saccharose,
die auch als Rohrzucker bezeichnet wird (umgangssprachlich ist dies der Zucker"),
die Polarisationsebene des Lichts nach rechts dreht, ist das Gemisch aus Glucose
und Fructose linksdrehend. Dies ist deshalb der Fall, weil die bei der Inversion
gebildete D-Fructose (Fruchtzucker) stärker linksdrehend ist als die gebildete D-Glucose
(Traubenzucker) rechtsdrehend.
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Es hat sich gezeigt, daß die bei der Inversion der Saccharose entstehenden
Produkte, d.h. Glucose und Fructose, in elektrochemischer Hinsicht viel aktiver
sind als die Saccharose selbst. Dies bedeutet, daß der bei der elektrochemisches
Oxidation einer invertierten Zuckerlösung fließende Strom höher ist als der Oxidationsstrom
der entsprechenden nicht-invertierten Lösung.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren ergibt sich somit folgendes. Leitet
man die zu untersuchende saccharosehaltige Lösung kontinuierlich durch eine Meßzelle,
in der die Saccharose elektrochemisch oxidiert wird, so fließt ein bestimmter Strom
I1. Wird dann kurzfristig die gleiche, zuvor jedoch invertierte Lösung durch die
Meßzelle geleitet, so erhöht sich der Oxidationsstrom auf 12. Die Stromzunahme (aI
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von der Konzentration des aus der Saccharose
entstandenen Invertzuckers, und somit ist die Stromzunahme ein Maß für die aaccharosekonzentration
in der ursprünglichen (nicht-inverlierten) Lösung. Der Stromanteil, der durch Oxidation
der bcrits in der ursprünglichen Lösung, d.h. in der Ausgangslösung, neben Saccharose
vorliegenden weiteren Zucker, d.h. Glucose und Fructose, verursacht wird, wird bei
diesem Verfahren dadurch eliminiert, daß er mit I1 vom Gesamtstrom I2 subtrahiert
wird. Diese Zuckeranteile beeinflussen also das Neßergebnis für die Saccharosekonzentration
nicht.
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Die Inversion der Saccharose erfolgt beim erfindungsgemäßen Verfahren
vorzugsweise mittels Säuren, wie Salz-Säure; der pH-Wert der Lösung beträgt dabei
im allgemeinen etwa 1 bis 2. Vorteilhaft wird die Inversion bei Temperaturen etwa
zwischen 50 und 900C durchgeführt, vorzugsweise bei ca. 700C. Die Inversionsdauer
kann bis zu 30 min betragen; bei einer Inversionstemperatur von 700C beträgt sie
im allgemeinen Jedoch nur etwa 3 bis 5 min.
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Die elektrochemische Oxidation (in Form einer potentiostatischen Belastung)
erfolgt beim erfindungsgemäßen Verfahren im alkalischen Medium, vorteilhaft bei
einem Potential etwa zwischen 500 und 800 mV, gemessen gegen eine Ag/AgCl-Elektrode
(in gesättigter KCl-Ldsung), und vorzugsweise bei ca. 650 mV. Der pH-Wert der invertierten
Lösung bzw. der nicht-invertierten Lösung beträgt dabei etwa 12 bis 13 und die Temperatur
ca.
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250C. Vorteilhaft weisen die zu oxidierenden Lösungen eine Leitfähigkeit
etwa zwischen 15 und 17 mS . cm-1 auf.
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Als Arbeits- und Gegenelektrode werden beim erfindungsgemäßen Verfahren
im allgemeinen Platinelektroden verwendet. Zur intensiven Reinigung kann die Arbeitselektrode
nach erfolgter Messung, d.h. nach der Oxidation der invertierten Zuckerlösung, vorteilhaft
auf ein Potential gebracht werden, das etwa 200 mV über dem Arbeitspotential liegt,
d.h. dem Potential, bei dem die elektrochemische Oxidation erfolgt. Vorzugsweise
wird die Arbeitselektrode deshalb nach der Messung einer oxidativen Behandlung bei
einem Potential von etwa 850 mV, gemessen gegen eine Ag/AgCl-Elektrode, unterworfen.
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Anhand eines Ausfuhrungsbei spieles und einer Figur soll die Erfindung
noch naher erläutert werden.
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In der Figur ist - in schematischer Form - ein Versuchsaufbau zur
Saccharosebestimmung entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren dargestellt. Die
zu untersuchende Zuckerlösung wird mittels zweier Membranpumpen 1 und 2 in die Meßanordnung
gepumpt. Die Pumpe 1 fördert dabei einen Teil der Probenlösung, welcher kontinuierlich
als nicht-invertierter Antei durch eine Meßzelle 3 fließt.
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Bei der potentiostatischen Oxidation dieses nichtinvertierten Anteils,
der die Null- oder Vergleichslösung darstellt, wird ein Strom I1 erhalten. Vor Eintritt
in die Meßzelle 3 wird der Vergleichslösung mittels einer Pumpe 4 mit Kaliumchlorid
(Kcl) versetzte Kalilauge (KOH) zugesetzt und diese dadurch auf einen pH-Wert zwischen
12 und 13 und eine Leitfähigkeit zwischen 15 und 17 mS . cm 1 gebracht.
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Die Pumpe 2 fördert den anderen Teil der Probenlösung in den Inversionsteil
der Meßanordnung. Die Lösung gelangt dabei zunächst in ein Inversionsgefäß 5, in
der
sie, um eine längere Verweilzeit bei der gewählten Inversionstemperatur
zu ermöglichen, durch ein spiralförmig ausgebildetes Glasrohr 6 geleitet wird. Der
zur Inversion benötigte pH-Wert wird mittels Salzsäure (HC1) eingestellt, die der
Pro«nlöRung - vor Eintritt in das Inversionsgefäß 5 - durch eine Pumpe 7 zugeführt
wird.
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Das Inversionsgefäß 5 kann über die Anschlüsse 8 und 9 thermostatisiert
werden.
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Nach dem Verlassen des Inversionsgefäßes 5 wird die invertierte Lösung
mittels Kalilauge (KOH), die durch eine Pumpe 10 gefördert wird, auf einen pH-Wert
zwischen 12 und 13 gebracht und nachfolgend in einem Kühlgefäß 11 auf ca. 250C abgekühlt.
Die abgekühlte invertierte Lösung verläßt das Kühlgefäß 11, das mit Anschlüssen
12 und 13 für das Kühlmittel versehen ist, durch ein gerades Glasrohr 14 auf kürzestem
Weg.
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Während die nicht-invertierte Probenlösung kontinuierlich durch die
Meßzelle 3 fließt, gelangt der invertierte Teil der Probe nur kurzzeitig (nach einem
festgelegten Programm) in die Meßzelle 3, und zwar über ein der Meßzelle vorgeschaltetes
Magnetventil 15. Zum größeren Teil wird die invertierte Probe - über ein Magnetventil
16 - abgeführt und verworfen.
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Die Meßzelle 3, die beispielsweise aus einem 50 mm langen Glasröhrchen
mit einem Durchmesser von 5 mm besteht, weist - beispielsweise in Form von eingeschmolzenen
Platindrähten (mit einer Länge von 12 mm und einem Durchmesser von 0,5 mm) - eine
Arbeitselektrode 17 und eine Gegenelektrode 18 auf. Am Ausgang der Meßzelle 3 ist
noch eine Bezugselektrode 19, im allgemeinen eine Ag/AgCl-Elektrode, angeordnet.
Arbeits-, Gegen- und Bezugselektrode sind, was in der Figur nicht
dargestellt
ist, mit einem Potentiostaten verbunden; der bei der Oxidation in der Meßzelle 3
fließende Strom wird von der Gegenelektrode 18 über einen Widerstand (500 S) abgegriffen
und beispielsweise einem Schreiber zugeführt.
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Während die Pumpe 1, die beispielsweise - ebenso wie die Pumpe 2 -
eine Förderleistung von 80 ml/h aufweist, die nichi>invertierte Saccharoselösung
kontinuierlich durch die Meßzelle 3 fördert, wird am Schreiber ein Grundstrom 11
registriert. In bestimmten Zeitabständen wird der Meßzelle dann kurzzeitig die invertierte
Lösung zugeführt, wobei der Schreiber das Signal des erhöhten Oxidationsstromes
I2 anzeigt. Die Stromzunahme QI 8 I2-I1 ist dann das Naß für die Saccharosekonzentration.
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Erfolgt die Inversion der Saccharose beispielsweise bei ca. 70 0C
für die Dauer von etwa 3 min, so werden der zu invertierenden Lösung - mittels der
Pumpe 7 -2 ml 11 ziege HCl/h zugegeben, wodurch ein pH-Wert von ca. 1,5 eingestellt
wird. Zur Neutralisation der Lösung nach der Inversion werde dieser dann - mittels
der Pumpe 10 - 10 ml 1 N KOH/h zugeführt, wodurch ein pH-Wert von ca. 12,5 erreicht
wird. Die Leitfähigkeit der invertierten Lösung - vor Eintritt in die Meßzelle 3
- beträgt dann ca. 165 mS . cm 1. Der nichtinvertierten Lösung werden - mittels
der Pumpe 4 -30 ml/h einer wäßrigen Lösung von KOH und KCl zugesetzt, um den gleichen
pH-Wert (12,5) und die gleiche Leitfähigkeit (16,5 mS . cm~1) einzustellen wie in
der invertierten Lösung.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird beispielsweise derart durchgeführt,
daß ein Meßzyklus etwa 8 min dauert.
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Davon fließt die invertierte Probenlösung nur wahrend einer Dauer
von ca. 15 s durch die Meßzelle, während in der übrigen Zeit nlt-invertierte Lösung
die Zelle durchströmt und in dieser Zeit die Arbeitselektrode gereinigt werden kann.
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Ein Meßprogramm der genannten Art kann beispielsweise folgendermaßen
ablaufen: Phase 1: Das Ventil 15 wird geschlossen und das Ventil 16 geöffnet, so
daß die invertierte Lösung die Meßzelle 3 umgeht.
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Phase 2: Es beginnt die Erholung der Arbeitselektrode, welche nun
ausschließlich von der nicht-invertierten Lösung umspült wird.
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Phase 3: Für die Dauer von 1 s wird der externe Spannungsgeber auf
ein Potential gebracht, das etwa 200 mV positiver ist als das Arbeitspotential;
über den dabei erfolgenden Oxidationsimpuis wird die Reinigung der Arbeitselektrode
beschleunigt.
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Phase 4: Der Schreiber wird über den der Gegenelektrode vorgeschalteten
Widerstand kurzgeschlossen, womit die hohen Stromspitzen des Oxidationsimpulses
unterdrückt werden.
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Phase 5: Dies ist die Erholungsphase der Arbeitselektrode (Dauer:
ca. 300 s).
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Phase 6: Das Ventil 15 wird für 15 5 geöffnet und während dieser Zeit
das Ventil 16 geschlossen; dabei gelangt die invertierte Zuckerlösung zur Messung
in die Meßzelle 3.
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Nach der Phase 6 beginnt mit der Phase 1 ein neuer Zyklus.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren können Saccharosekonzentrationen
von 0,001 bis zu einigen Prozent schnell und in reproduzierbarer Weise ermittelt
werden.
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Dabei ist wesentlich, daß die Saccharosebestimmung nicht nur in Gegenwart
von Glucose und Fructose erfolgen kann, sondern auch in Gegenwart anderer Zucker,
die nicht invertiert werden. Darüber hinaus ist wesentlich, daß das erfindungsgemäße
Verfahren auch durch andere Stoffe, die ebenfalls elektrochemisch oxidiert werden,
nicht beeinflußt wird.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren können im übrigen als Meßzellen an
sich bekannte Zuckersensoren eingesetzt werden. Derartige Zuckersensoren wurden
unter anderem entwickelt, um die Zuckerkonzentration in Körperflüssigkeiten zu bestimmen,
beispielsweise im Blut von Diabetikern (siehe dazu: DE-OS 22 00 119 und DE-OS 28
17 363).
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6 Patentansprüche 1 Figur
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