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Verfahren und Vorrichtung zum Ubertragen von Ko-
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lonien von Mikroorganismen insbesondere von Primärnährböden auf Selektivnährböden
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ubertragen von Kolonien von Mikroorganismen,
insbesondere von auf Primärnährböden herangewachsenen Primärkolonien, auf eine Anzahl
von Selektivnährböden bei der kulturellen Differenzierung von Abklatschkolonien
und bei ähnlichen biotechnologischen Untersuchungsverfahren und bezieht sich ferner
auf eine Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens.
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Ein derartiges Verfahren läßt sich insbesondere bei hygienischen Untersuchungen
von Krankenhäusern und bei anderen hygienischen Umgebungsuntersuchungen anwenden,
die sich dadurch auszeichnen, daß gleichzeitig qualitative und quantitative Aussagen
über die isolierten Arten von Mikroorganismen oder Bakterien gewünscht werden.
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Für derartige Untersuchungen stellt die Trink- und Badewasseruntersuchung
schon lange ein Beispiel dar.
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Bei den Untersuchungen interessieren im einzelnen folgende Fragen:
1. Wie hoch ist die Koloniezahl einer an einer bestimmten Stelle entnommenen Probe?
2. Welche Arten von Mikroorganismen oder Bakterien kommen an dieser Stelle bei der
festgestellten Koloniezahl wie häufig vor? Zur Beantwortung der quantitativen Fragestellung
zu 1. existieren bereits gute Methoden, die es gestatten, durch Abklatsch von ebenen
oder unebenen Flächen eine Koloniezahl zu ermitteln. Es werden hierfür sogenannte
Rodac-Platten, Agar-Flexböden, Abklatschschwämme oder sogenannte Agarkartonscheiben
benutzt.
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Die mit diesen Kulturmethoden erfaßte Kolonie zahl entspricht jedoch
nicht den auf einer Oberfläche tatsächlich vorhandenen Mikroorganismen. Nach einschlägigen
Feststellungen wird bei einem einmaligen Abklatsch von einer Fläche etwa ein Viertel
der vorhandenen Mikroorganismen oder Bakterien auf die Abklatschplatte übertragen.
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Die qualitative Aufschlüsselung der nach diesen bekannten Verfahren
gefundenen Koloniezahl zur Beantwortung der Fragestellung zu 2. ist jedoch mit Schwierigkeiten
verbunden. In der Routinepraxis geschieht die qualitative Aufschlüsselung bisher
durch makroskopische Beurteilung und durch Übertragung einzelner Kolonien auf Selektivnährböden.
Man erfaßt jedoch nicht die Gesamtheit aller Kolonien und muß sich daher notgedrungen
mit
der Bestimmung von ein bis zwei möglichst fakultativpathogenen Arten zufriedengeben
in der Hoffnung, trotz der unbefriedigenden Situation eine brauchbare Aussage über
die Häufigkeit der vorkommenden Arten von Mikroorganismen oder Bakterien machen
zu können.
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Es ist zwar ein Verfahren bekannt, mit dem es möglich ist, Kolonien
von Primärnährböden auf Selektivnährböden zu übertragen. Hierbei werden Samtlappen
entsprechender Größe mit Fäden ausreichender Dichte und geringer Länge auf die Kolonien
des Primärnährbodens gelegt und dann auf die einzelnen Selektivnährböden übertragen.
Dieses Verfahren hat sich jedoch in der Routinepraxis nicht durchsetzen können,
da bei seiner Durchführung die Originalkulturen meist in der Lage so verändert oder
gequetscht werden, daß eine spätere Zuordnung erschwert ist. Die Kolonien auf den
Selektivnährböden sind außerdem häufig unscharf und verwaschen. Eine weitere Schwierigkeit
liegt in der hygienisch einwandfreien Handhabung und in der Reinigung und Sterilisierung
einmal verwendeter Samtlappen. Diese müssen gewaschen, autoklaviert und getrocknet
werden.
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Um diesen Schwierigkeiten abzuhelfen, ist es erwünscht, über ein Verfahren
zu verfügen, das eine einwandfreie und ganz nach Bedarf wiederholbare übertragung
der Kolonien des Primärnährbodens bzw. eines Abklatschnährbodens im ganzen auf mehrere
Selektivnährböden gestattet, und bei dem sich auch keine Zuordnungsschwierigkeiten
ergeben.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum
Übertragen von Kolonien von Mikroorganismen und eine zum Durchführen des Verfahrens
geeignete Vorrichtung zu schaffen, womit es möglich ist, insbesondere bei der kulturellen
Differenzierung von Abklatschkolonien und bei ähnlichen biotechnologischen
Untersuchungsverfahren
die auf Primärnährböden oder Abklatschnährböden herangewachsenen Kolonien in hygienisch
einwandfreier Weise so auf eine Anzahl von Selektivnährböden zu übertragen, daß
auf jeden einzelnen Selektivnährboden stets die gleiche oder zumindest annähernd
gleiche Anzahl von Kolonien auch in gleicher Anordnung und Verteilung übertragen
werden kann.
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Diese Aufgabe findet ihre Lösung gemäß der Erfindung im wesentlichen
dadurch, daß die Primärkolonien dem Primärnährboden durch flächenhaftes Aufsetzen
eines formbeständigen Zwischenträgers mit einer Vielzahl von voneinander unabhängigen
Haftflächen in gleichmäßiger flächenhafter Verteilung entnommen und anschliessend
auf die verschiedenen Selektivnährböden abgedrückt oder abgesetzt werden, ohne daß
zwischen den einzelnen Selektivnährböden nochmals auf die Ursprungskolonien zurückgegangen
wird.
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Die Vorrichtung zum Durchführen dieses Verfahrens ist im wesentlichen
dadurch gekennzeichnet, daß sie nach Art eines Stempelgerätes mit einer Vielzahl
von Borsten ausgebildet ist, die in einem vorzugsweise regelmäßigen gegenseitigen
Abstand und in mehreren parallelen Reihen oder in sich wiederholenden Konfigurationen
derart nebeneinander angeordnet sind, daß sie beim Stempelvorgang mit ihren Stirn-
oder Haftflächen auf dem oder den Primärnährböden und auf den Selektivnährböden
im wesentlichen senkrecht von oben flächig zur Auflage kommen.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung sind
die Borsten an einer ebenen Tragplatte im wesentlichen parallel nebeneinander angeordnet
und haben eine solche Länge, daß die Stirn- oder Haftflächen der Borsten in einer
zu der Tragplatte vorzugsweise parallelen gemeinsamen Ebene liegen.
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Die Borsten sind zweckmäßig in einem gleichbleibenden gegenseitigen
Abstand von etwa 1 mm angeordnet und können durch eine Zwischenschicht mit der Tragplatte
verbunden sein. Die Borsten bestehen vorzugsweise aus korrosionsbeständigem Stahldraht
mit einer Dicke von mindestens 0,2 mm.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und die Vorrichtung bieten folgende
Vorteile: 1. Genaue Übertragung der auf einem Primärnährboden gewachsenen Kolonien
auf die Selektivnährböden. So wachsen alle Kolonien, die zum Beispiel auf einer
Blutagarplatte herangewachsen sind, nach der Über impfung auf eine andere Blutagarplatte
an der gleichen Stelle wie auf dem Primärnährboden heran.
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2. Keine Lageveränderung, Quetschung oder Zerstörung der Primärkolonien
durch das Übertragungsverfahren. Hierdurch ist es möglich, spätere Vergleiche der
Kolonien der Selektivnährböden mit denen des Primärnährbodens durchzuführen.
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3. Einfache Anwendung des Übertragungsverfahrens im Routinebetrieb
durch leichte und hygienisch einwandfreie Handhabung des Übertragungsgerätes.
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4. Gute Sterilisierbarkeit des Überimpfungs- oder Ubertragungsgerätes,
wodurch auch eine schnelle Wiederverwendbarkeit des Gerätes gewährleistet ist.
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Bei einem Borstenabstand von 1 mm kann sich zwar eine gewisse Schwierigkeit
in der Ubertragung von Kolonien mit einem Durchmesser von weniger als 1 mm ergeben.
Im allgemeinen kann jedoch davon ausgegangen werden, daß von einer Bakterienart
mit kleinem Koloniedurchmesser immer mehrere Kolonien auf dem Abklatschnährboden
vorliegen. Daher ist die Wahrscheinlichkeit
der Erfassung durch
die Stempelborsten und die Übertragung auf die Selektivnährböden auch bei einem
Borstenabstand von 1 mm groß. Sollten sich dennoch Schwierigkeiten ergeben, so ist
es aber auch ohne weiteres möglich, den Borstenabstand zu verringern.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der
folgenden Beschreibung eines in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels
einer Vorrichtung zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens. Es zeigen Fig.
1 eine Ubertragungs- oder Impfvorrichtung über einer sogenannten Petrischale mit
einer Primärkolonie, Fig. 2 eine Ansicht der Unterseite der Vorrichtung, Fig. 3
eine schematische Aufsicht auf eine mit Primärkolonien beimpfte Agarplatte und Fig.
3a, 3b und 3c Draufsichten auf verschiedene Platten mit Selektivnährböden nach Übertragung
der Kolonien von der Agarplatte von Fig. 3.
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Bei der in Fig. 1 und 2 gezeigten Vorrichtung zum Übertragen von Kolonien
von Mikroorganismen von Primärnährböden auf Selektivnährböden handelt es sich um
eine Art Stempelgerat 1 mit einer Anzahl von Borsten 2, die als Zwischenträger für
die zu übertragenden Mikroorganismen dienen und an einer Tragplatte 3 mit einem
Handgriff 4 im wesentlichen senkrecht nebeneinander befestigt sind. Die Tragplatte
3 hat eine rechteckige Form, so daß sie die Oberfläche von Rodac-Platten und von
Membranfiltern, wie sie für die Untersuchung von Mikroorganismen verwendet werden,
vollständig abdeckt.
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Unterhalb des Übertragungsgerätes 1 ist in Fig. 1 eine sogenannte
Petrischale 10 mit einem Agar-Nährboden 11 gezeigt, auf dem Primärkolonien 12 von
Mikroorganismen herangewachsen
sind, die mit dem Ubertragungsgerät
1 auf mehrere Selektivnährböden iia, 11b, 11c ... übertragen werden sollen, wie
dies in Fig. 3, 3a, 3b und 3c im einzelnen gezeigt ist.
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Die Borsten 2 sindan der Tragplatte 3 in einem vorzugsweise regelmäßigen
gegenseitigen Abstand 7 von etwa 1 mm angeordnet und ragen von der Tragplatte 3
in mehreren parallelen Reihen nach unten.
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Die Stirn- oder Haftflächen 5 der Borsten 2 liegen zudem derart in
einer zu der Tragplatte 3 parallelen gemeinsamen Ebene 6, daß sie beim Stempelvorgang
auf dem oder den Primärnährböden 11 und auf den Selektivnährböden 11a, 11b, 11c
im wesentlichen senkrecht von oben flächig zur Auflage kommen.
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Bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel sind die'Borsten 2 durch eine
Zwischenschicht 8 mit der Tragplatte 3 verbunden und bestehen aus einem korrosionsbeständigen
Stahldraht mit einer Dicke von mindestens 0,2 mm.
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Die Tragplatte 3 und der Handgriff 4 des Gerätes bestehen vOrzugsweise
aus einer Leichtmetallegierung oder aus einem anderen geeigneten Material.
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Mit diesem Gerät wird das erfindungsgemäße Verfahren folgende maßen
durchgeführt: Zur Abimpfung wird das Gerät 1 durch leichten Druck auf den Handgriff
4 so auf den in Fig. 1 gezeigten Nährboden 11 mit den darauf befindlichen Primärkolonien
12 gedrückt, daß die mit Mikroorganismen bedeckte Agarfläche des Nährbodens 11 gleichmäßig
abgetastet und alle Kolonien 12 erfaßt werden.
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Ob alle Stellen des Nährbodens 12 erfaßt worden sind, läßt sich am
Abdruckbild des Gerätes 1 im Nährboden erkennen.
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Anschließend drückt man das Gerät in der beschriebenen Weise auf die
verschiedenen Selektivnährböden 11a, 11b, 11c ohne zwischen den einzelnen Nährböden
nochmals auf die Primärkolonien 12 zurückzugehen.
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Zur Kennzeichnung und zur späteren Zuordnung der auf den Selektivnährböden
11a, 11b, 11c gewachsenen Kolonien 12a, 12b, 12c zu denen der Primärplatte oder
des Primärnährbodens 11 können die Tragplatte 3, der Primärnährboden 11 und die
Selektivnährböden 11a, lib, 11c ... mit einem Markierungspfeil versehen werden.
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Zur anschließenden Sterilisierung kann das Gerät 1 autoklaviert oder
abgeflammt werden.
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Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigte sich nach entsprechender
Bebrütung der Selektivnährböden 11a, leib, 11c ein Wachstum von Kolonien 12a, 12b,
12c ..., die sich den Kolonien 12 des Primärnährbodens 1t und deren Verteilung genau
zuordnen lassen.
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Zur Prüfung der Frage, ob eine für viele Nährböden ausreichende Bakterienzahl
von den Primärkolonien abgenommen wird, wurde, wie dies in Fig. 3, 3a, 3b und 3c
schematisch dargestellt ist, eine Blutagarplatte mit 50 Kolonien von Staph.aureus
beimpft und anschließend bebrütet. Die herangewachsenen Primärkolonien 12 wurden
in der beschriebenen Weise auf zehn weitere Blutplatten überstempelt. Auch die zehnte
Blutplatte zeigte ein nahezu identisches Koloniewachstum wie die Primär-Blutplatte.
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Die Primärkulturen zeigten außerdem keine Lageveränderung, Quetschung
oder Zerstörung. Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich sauber und zeitsparend
ausführen. In einer Minute können durchschnittlich acht bis zehn Selektivnährböden
einer gleichen
Versuchsreihe nach diesem Verfahren beimpft werden.
Größere Einzelkolonien mit einem Durchmesser von mehr als 1 mm werden aufgrund des
Borstenabstandes von etwa 1 mm von mehreren Borsten 2 gleichzeitig erfaßt. Auf den
folgenden Nährböden 11a, 11b, 11c ... wächst dann von jeder Borste 2 eine Kolonie
12a, 12b, 12c ... heran. Dieser scheinbare Fehler läßt sich aber durch übereinanderlegen
der Petrischalen mit den Nährböden und anhand der Markierungspfeile erkennen.