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Optisch aktive methylpinangruppenhaltige Polymerisate
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Die Erfindung betrifft neue Polymerisate und ein Verfahren zur Herstellung
derartiger Polymerisate.
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Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, Polymerisate zu schaffen,
die optisch aktive Gruppen enthalten und darüber hinaus verseifungsstabil sind.
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Die Aufgabe wird gelöst durch Polymerisate mit K-Werten von 20 bis
140, die Strukturelemente der allgemeinen Formel
enthalten, worin R = H, COOH oder CO-NH-R2, R1 = H oder CH3 und
sein können.
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Bei derartigen Polymerisaten handelt es sich um makromolekulare Stoffe,
deren Seitenzweige optisch aktive 1,6,6-Trimethylnorpinanyl-2-methyl- bzw. 3-Pinanylmethylgruppen
aufweisen, und die dementsprechend ebenfalls optisch aktiv sind.
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Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist die Herstellung derartiger
Polymerisate.
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Diese Aufgabe wurde dadurch gelöst, daß man ungesättigte Verbindungen
der allgemeinen Formel
worin R = H, C00H oder CO-NH-R2, R1 = H oder Methyl und
gegebenenfalls zusammen mit anderen olefinisch ungesättigten Verbindungen polymerisiert.
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Unter Polymerisaten mit K-Werten von 20 bis 140, welche Strukturelemente
der allgemeinen Formel
wobei R, R1 und R2 die oben angegebene Bedeutung haben, werden makromolekulare Stoffe
verstanden, die ganz oder im wesentlichen oder teilweise aus wiederkehrenden Einheiten
der Formel
bestehen, worin der Formelteil
ein Teil der Polymerisatkette ist. Die allgemeine Formel beschreibt also Homopolymerisate,
d.h. Polymerisate, die nur die oben angegebene Strukturelemente enthalten, als auch
Copolymerisate mit Verbindungen, die mit der entsprechenden olefinisch ungesättigten
Verbindung
copolymerisierbar sind. Unter K-Werten der Polymerisate wird dabei die technische
Kenngröße verstanden, die zur Charakterisierung des Polymerisationsgrades eines
Polymerisates üblich ist. Die K-Werte der vorliegenden Polymerisate werden nach
H. Fikentscher, Cellulosechemie 13 (1932) 58-64 und 71-74 in 1 %-iger Dimethylformamidlösung
bei einer Temperatur von 25 0C gemessen; dabei bedeutet K = k . 103.
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Die Polymerisate enthalten in der Seitenkette als Substituent R2 entweder
den 1,6,6-Trimethylnorpinanyl-2-methyl-Rest, d.h. den 1,6,6-Trimethyi-bicyclo-3,1,1-heptanyl-2-methyl-Rest
oder den 3-Pinanylmethyl-Rest, d.h. 2,6,6-Trimethyl-bicyclo- 9,l,l0-heptan-3-methyl-Rest.
Diese Reste können jeweils in der optisch aktiven 1 (-) oder d (+) vorliegen. Unter
optischer Aktivität wird die physikalische Erscheinung verstanden, daß die Lösung
einer optisch aktiven Substanz die Ebene des linear polarisierten Lichts um einen
bestimmten Winkel nach rechts (+) oder nach links (-)
dreht. Die
beanspruchten Polymerisate können in Lösung rechtsdrehend, linksdrehend oder nicht
drehend (d, 1) vorliegen, je nachdem der Substituent R2 der linksdrehenden Form,
der rechtsdrehenden Form oder der Racematform (d, 1) angehört. Diese Effekte sind
aus der einschlägigen Literatur bekannt und brauchen hier nicht weiter beschrieben
werden.
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Die neuen Polymerisate können hergestellt werden durch Polymerisation
der 1,6,6-Trimethylnorpinanyl-2-methyl- bzw. 3-Pinanylmethylgruppen enthaltenden
olefinisch ungesättigten Verbindungen der allgemeinen Formel
wobei R = COOH oder CO-NH-R2 oder H, R1 = H oder CH3 und
bedeuten bzw. durch Copolymerisation obiger Verbindungen mit copolymerisierbaren
Verbindungen. Besonders geeignete olefinisch ungesättigte methylpinangruppenhaltige
Monomere sind die Verbindungen I bis VIII.
CH |
I CH2=CH-CONH-CH2 CH3 |
1(-) Isomeres CH3 |
II wie oben bei I d(+) Isomeres
CH3 |
III CH2=C-CONH-CH2 4 |
CH3 OH3 |
1(-) Isomeres |
IV wie oben bei III d(+) Isomeres
OH3 |
V HOOC-CH:OH-C0-NH-CH2 0113 |
1(-) Isomeres 0113 |
VI wie oben bei V d(+) Isomeres
CH3 0113 |
VII X CH2-NHCO-CH=CH-CONH-CH2 4 |
t l(-) Isomeres X |
VIII wie oben bei VII d(+) Isomeres
Die entsprechenden Verbindungen,
welche den 1,6,6-Trimethylnorpinanyl-2-methyl-Rest enthalten, können ebenso verwendet
werden.
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Zur Herstellung solcher olefinisch ungesättigten methylpinangruppenhaltigen
Monomeren werden beispielsweise die entsprechenden ungesättigten Säurechloride oder
Maleinsäureanhydride mit den entsprechenden optisch aktiven Aminomethylpinanen umgesetzt.
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Die Monomeren der Formel I bis VI können jeweils für sich alleine
polymerisiert werden. Selbstverständlich ist es auch möglich, Gemische verschiedener
dieser Verbindungen zu copolymerisieren. Außerdem sind sie der Copolymerisation
mit anderen olefinisch ungesättigten Monomeren zugänglich. Die Monomeren der Formel
V bis VIII können jedoch nicht homo-, sondern nur copolymerisiert werden. Als Comonomere
für diese Derivate sind besonders Styrol und Acrylsäurealkylester geeignet.
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Geeignete olefinisch ungesättigte Monomere, die gegebenenfalls mit
den genannten optisch aktiven Amiden der Formeln I bis VIII copolymerisiert werden
können, sind beispielsweise Olefine, wie Äthylen, Propylen, Butadien, Isopren; Styrol
und substituierte Styrole, wie Q-Methylstyrol, p-Chlorstyrol und p-Methylstyrol;
Acrylsäureester und Methacrylsäureester, insbesondere solche mit 1 bis 18, vorzugsweise
1 bis 8 Kohlenstoffatomen im Alkoholrest, beispielsweise Acryl- oder Methacrylsäureester
des Methanols, Äthanols, Butanols oder Äthylcyclohexanols; Monoester des Äthylenglykols,
Propylenglykols-1,2 oder -1, 3-Butenylglykols, Butylenglykols-1,4, Acryl- und Methacrylsäureamid
und substituierte Amide, wie N-Methylolacrylamid oder deren Äther, wie N-Methylolacrylamidbutyläther,
iN-Methylolmethacrylamidmethyläther; Acryl-und Methacrylnitril. Vinylester wie Vinylacetat,
Vinypropionat; VinySther, wie Methyl-, thyl- oder Alkylvinyläther mit Alkylresten
mit 3 bis 6 Kohlenstoffatomen, ferner Fumar-, Malein-oder Itaconsäure, Ester dieser
Säuren und Maleinsäureanhydrid.
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Von den vorstehend genannten Verbindungen können auch gleichzeitig
zwei oder mehr mit den genannten optisch aktiven Acrylamidpinanen
copolymerisiert
werden. Gegebenenfalls können auch difunktionelle Vernetzer wie beispielsweise Divinylbenzol
in Mengen von 0 bis 3 Gew.% verwendet werden.
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Für die Herstellung von Copolymerisaten kann der Anteil an den erfindungsgemäßen
olefinisch ungesättigten Monomeren der Formel I bis IV im Monomerengemisch in weiten
Grenzen schwanken, beispielsweise zwischen 1 und 99, insbesondere zwischen 5 und
80, vorzugsweise zwischen 8 und 60 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Monomeren,
die Verbindungen der Formeln V bis VIII werden dagegen nur mit den vorzugsweise
angegebenen Monomeren im Verhältnis 1:1 copolymerisiert.
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Zur Auslösung der Polymerisation werden übliche Radikale bildende
Initiatoren verwendet. Geeignete Initiatoren sind beispielsweise Wasserstoffperoxid,
organische Hydroperoxide und Peroxide, wie Gaproylperoxid, Lauroylperoxid, tert.-Butylperbenzoat,
Dicumylperoxid, p-Menthanhydroperoxid, Cumolhydroperoxid, Bernsteinsäureperoxid,
ferner unter Polymerisationsbedingungen in Radikale zerfallende aliphatische Azoverbindungen,
wie 2,2'-Azo-bis-2,4-dimethylvaleronitril, 2,2'-Azo-bis-isobutyronitril und analoge
Azonitrile, die beispielsweise in J. Hine Reaktivität und Mechanismus in der organischen
Chemie, Verlag Georg Thieme, Stuttgart (1960), Seite 412, aufgeführt sind, sowie
übliche Redoxkatalysatorsysteme, wie die Systeme Kalium- oder Ammoniumpersulfat
und Ascorbinsäure, Natriumhydrosulfit oder Eisen-II-salze.
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Geeignet sind ferner die als Radikalbildner bekannten Chelate von
Übergangsmetallen wie Chelate des Mangan(III), Kobalt(III), Kupfer(II) und Cer(IV).
Im allgemeinen werden als Chelatbildner 1,3-Dicarbonylverbindungen verwendet. Als
Beispiele seien genannt Mangan(III)-acetylacetonat und Kobalt(III)acetessigester.
Außerdem kann die Polymerisation auch durch Strahlung, gegebenenfalls in Gegenwart
von Sensibilisatoren, wie Benzoinderivaten, ausgelöst werden.
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Die Initiatoren werden im allgemeinen in einer Menge von 0,05 bis
5 Gew.%, vorzugsweise 0,1 bis 1,0 Ges.%, bezogen auf die Monomerenmenge, verwendet.
Die optimale Menge und der optimal wirksame Initiator lassen sich durch Versuche
leicht ermitteln.
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Die Polymerisation kann in Substanz durchgeführt werden. Vorteilhaft
arbeitet man jedoch in Gegenwart von Lösungs- oder Verdünnungsmitteln. Geeignet
sind beispielsweise Ketone, wie Methyläthyl- oder Methylpropylketon, Äther wie Diäthyläther,
Tetrahydrofuran oder Dioxan; aliphatische, cycloaliphatische oder aromatische Kohlenwasserstoffe,
wie Hexan, Heptan, Cyclohexan, Benzol oder Toluol, gut geeignet ist auch Dimethylformamid.
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Die für die Vielfalt anderer Monomerer oder Monomerengemische üblichen
Suspensions- oder Lösungspolymerisationsverfahren sind auch für das neue Verfahren
geeignet. Auch bezüglich der gegebenenfalls verwendetn Hilfsmittel, wie Dispergiermittel,
Schutzkolloide und dergleichen unterscheidet sich das neue Verfahren nicht von bekannten.
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Die Polymerisation kann in einem weiten Temperaturbereich, etwa zwischen
0 und 1500, vorzugsweise zwischen 50 und 12000 bei Reaktionszeiten von 1 bis 20
Stunden, vorzugsweise 2 bis 10 Stunden, durchgeführt werden. Man arbeitet im allgemeinen
bei Atmosphärendruck, doch können auch höhere Drucke angewandt werden.
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Insbesondere bei Copolymerisationen mit niedrigsiedenden Comonomeren
ist die Verwendung von höheren Drucken angezeigt, um eine ausreichende Konzentration
des Comonomeren im Reaktionsgemisch zu bezirken.
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Die Copolymerisation der olefinisch ungesättigten Verbindungen mit
Äthylen oder Butadien wird vorteilhaft in Aliphaten oder Aromaten durchgeführt,
indem man die miteinander copolymerisierbaren
Monomeren in das
Lösungsmittel, das einen Initiator enthält, einbringt und bei erhöhtem Druck, bei
Äthylen als Comonomeren bis etwa 2000 atü, polymerisiert.
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Die Copolymerisation mit Acrylsäureestern wird zweckmäßig in aromatischen
oder aliphatischen Kohlenwasserstoffen unter den für die Polymerisation von Acrylsäureestern
bekannten Bedingungen durchgeführt.
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Die erfindungsgemäßen Polymerisate, die K-Werte von 20 bis 140, vorzugsweise
von 50 bis 90 aufweisen, sind aufgrund ihres Gehaltes an Amidgruppen leicht methylolierbar.
Sie werden beispielsweise für die Herstellung von Formkörpern, schlagfesten Massen,
Überzügen oder Klebemitteln, auch im Gemisch mit anderen Kunststoffen, z.B. mit
Polyäthylen, Polyproplyen oder mit Mischpolymerisaten aus Vinylacetat und Äthylen,
verwendet. Wegen ihrer oberflächenaktiven Eigenschaften sind die Polymerisate unter
anderem auch zum Veredeln von Papier und Textilien geeignet.
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Da die erfindungsgemäßen Polymerisate optisch aktive Gruppen enthalten,
werden diese Produkte auch als optische Modifizierungsmittel für Folien verwendet.
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Von besonderem technischem Interesse sind ferner Copolymerisate der
olefinisch ungesättigten optisch aktiven Amide mit Acrylsäureestern. Diese Produkte
sind löslich, z.B. in Dimethylformamid oder N-Methylpyrrolidon, hochmolekular, mit
Pigmenten mischbar und lassen sich mit üblichen Vernetzungsmitteln bei verhältnismäßig
niederen Temperaturen vernetzen. Solche Polymerisate sind vorzüglich als Antistatika
verwendbar.
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Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente beziehen sich auf
das Gewicht. Sofern kein anderes Lösungsmittel genannt wird, wurden die K-Werte
jeweils 1 %-ig in Dimethylformamid nach der Vorschrift von H. Fikentscher, Cellulosechemie
13, 58 (1932) bestimmt.
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Beispiel 1 Acrylsäureäthylester und Verbindung I [4 20 - 38,460 werden
in bestimmten Mengenverhältnissen gemischt, mit jeweils 0,1 Gew.% Azo-bis-isobuttersäurenitril
versetzt und 2 Stunden auf 700C erwärmt.
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Die Copolymerisate werden mit Methanol gefällt, mit Methanol gewaschen
und im Vakuumtrockenschrank 10 Stunden bei 6000 und 12 mm Hg getrocknet. Die erhaltenen
Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
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Nr. Acrylsäure- opt. akt. Umsatz K-Wert Anteil der äthylester Verbin-
% % Verbindung I Teile dung I im Copolyme-Teile risat Gew.% a 9,9 0,1 100 84 0,9
b 9,5 0,5 100 85 4,95 c 9,0 1,0 98 86 9,8 d 8,5 1,5 99 83 14,8 e 8,0 2,0 96 86 19,8
f 7,0 3,0 100 81 29,7 g 6,0 4,0 105 89 39,8 h 5,0 5,° 98 82 49,9 i 4,0 6,0 100 89
60,0 j 2,5 7,5 98 84 74,6 k 1,0 9,0 95 86 90 Beispiel 2 Eine Lösung wird aus 50
Teilen Toluol, 50 Teilen eines Mischpolymerisates aus Acrylsäureäthylester und Verbindung
IV [α]D20 + 35,4°, hergestellt analog den Angaben von Beispiel 1c und für
einen Lacküberzug verwendet.
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Der entstandene Lacküberzug ist klar und in Aceton oder Toluol unlöslich.
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Beispiel 3 6 Teile Styrol und 6 Teile Verbindung VI [X]20 + 40,wo
werden in Gegenwart von 0,1 Teilen Azo-bis-isobuttersäurenitril 8 Stunden bei 70°C
polymerisiert. Das Polymerisat besitzt einen K-Wert von 66 und enthält 50 Gew.%
an einpolymerisiertem Pinanderivat. Der Umsatz liegt bei 94 P.
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Beispiel 4 Auf eine Lösung von 150 Teilen Toluol, 10 Teilen Pinanderivat
des Beispiels 1 und 1 Teil Azo-bis-isobutyronitril wird unter Rühren 8 Stunden bei
900C soviel Butadien aufgepreßt, daß der Butadiendruck im Gasraum 6 atü beträgt.
Das Polymerisat besitzt nach dieser Reaktionszeit einen Festgehalt von 27 Gew.%,
einen K-Wert von 74 und enthält -16,5 Gew.% Pinanderivat.
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Beispiel 5 Wird analog den Angaben des Beispiels 4 gearbeitet, jedoch
das Butadien durch Äthylen ersetzt, so erhält man bei einer Reaktionszeit von 8
Stunden, einer Reaktionstemperatur von 900C und einem Äthylendruck im Gasraum von
235 atü eine Lösung mit einem Festgehalt von 21 Gew.%. Der K-Wert des Copolymerisats,
das einen Anteil von ca. 12 Gew.% Pinanderivat enthält, beträgt 48 (1 %-ig in Dekahydronaphthalin).
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Beispiel 6 Eine Lösung aus 100 Teilen Toluol, 10 Teilen der Verbindung
VIII Tc720 + 39,8° 270 Teile Styrol und 3 Teilen Azo-bis-isobutyronitril wird unter
Rühren 8 Stunden lang auf 900C erwärmt. Man erhält 280 Teile eines Copolymerisates
mit einem K-Wert von 42 (0,5 %-ig in Toluol) und einem Pinanderivatgehalt von ca.
3 Ges..
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Beispiel 7 6 Teile Pinanderivat des Beispiels 1 werden in Gegenwart
von 0,01 Teilen Azo-bis-isobutyronitril 2 Stunden bei 700C polymerisiert. Man erhält
5,5 Teile Homopolymerisat mit einem K-Wert von 69.
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Beispiel 8 Wird analog den Angaben des Beispiels 7 gearbeitet, jedoch
das Pinanderivat des Beispiels 2 als Monomeres verwendet, so erhält man 5,5 Teile
eines Homopolymerisats vom K-Wert 59.