-
Die Reaktionsbedingungen, unter denen sich die Vereinigung von Kalk
und Bauxit zum Tonerde-Zement vollzieht, sind andersartig als die, unter denen sich
Portlandzement bildet. Daher kann man für das
Brennen des Tonerde-Zements
nicht ohne weiteres die in der Portlandzementindustrie gebräuchlichen Ofentypen
verwenden, sondern ist gezwungen, entweder andere der Eigenart der Bildungsreaktion
angepaßte Brennöfen einzuführen oder die bekannten Portlandzementbrennaggregate
wie Ringofen, Schachtofen, Drehrohrofen und Sinterband für die Fabrikation der Tonerde-Zemente
umzufunktionieren. Diese Änderung der bekannten Brennofentypen führt jedoch zu komplizierten
Maschinen, so daß deren Einsatz die Herstellungskosten für Tonerde-Zement ebenfalls
erheblich verteuert.
-
Der Unterschied in den Reaktionsbedingungen ist darauf zurückzuführen,
daß bei Tonerde-Zement das Temperaturintervall zwischen beginnender Reaktion in
festem Zustand und vollständiger Schmelzung außergewöhnlich eng ist Insofern ist
man gezwungen, den Tonerde-Zement entweder durch vollständige Schmelzung der Rohstoffmischung
herzustellen oder die Vereinigung von Kalk und Tonerde durch Reaktion zwischen den
festen Phasen durch Frittung bei tieferen Temperaturen herbeizuführen. Für diese
verschiedenen Brennverfahren muß die Aufbereitung der Rohstoffe mehr oder weniger
aufwendig durchgeführt werden.
-
Beim Schmelzverfahren ist lediglich erforderlich, die Rohstoffe bis
zu feinkörnigen Grießen zu zerkleinern, für den Frittungsprozeß muß jedoch sehr
fein gemahlen und innig gemischt werden. Trotz der hohen Feinheit der Rohstoffe
verlaufen jedoch die erforderlichen Reaktionen sehr träge ab, wodurch erhebliche
Energiekosten anfallen. Hinzu kommt, daß die Brennführung in einem eng begrenzten
Temperaturbereich über lange Reaktionszeiten bekanntlich problematisch ist, so daß
das Schmelzverfahren gegenüber dem Frittungsverfahren sehr viel häufiger anzutreffen
ist.
-
Die Schwierigkeiten aufgrund des sehr schmalen Temperaturintervalls
häufen sich insbesondere bei der Herstellung von Tonerde-Zementklinker im Drehrohrofen.
Hierbei muß man eine komplizierte Flammenführung wählen und aufwendige Vorkehrungen
treffen, um die Ringbildung zu vermeiden.
-
Es ist bereits versucht worden, auf die beiden Brennverfahren mit
Hilfe von Zusatzstoffen einzuwirken. Beispielsweise hat man durch Zusatz von Flußmitteln
wie Calciumfluorid und Calciumsulfat versucht, die Schmelztemperatur zu erniedrigen,
ohne die Eigenschaften des Zements, die sich bekanntlich bei Zusatz von Eisenoxiden
als Flußmittel erheblich verändern, zu beeinflussen. Dazu sind jedoch nicht unbeträchtliche
Mengen der Zusatzstoffe erforderlich, die das Schmelzverfahren mit zusätzlichen
Kosten behaften. Bekannt ist ferner ein Verfahren, durch einen Zusatz von Calciumchlorid
die Reaktionsgeschwindigkeit der Calciumaluminatsynthese bei gleichzeitiger Herabsetzung
der Kalziniertemperatur zu erhöhen. Die schon bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen
entstehende Schmelzphase des Chlorids soll dabei den Ionenaustausch der Reaktion
zwischen dem CaO und Au203 beschleunigen und die Sintertemperatur erniedrigen. Diese
Aufgabe der Schmelzphase ist vergleichbar mit der Wirkung der Schmelzphase beim
Portlandzementklinkerbrand. Darüber hinaus soll das vorhandene Eisen der Rohstoffkomponenten
an das Chlorid gebunden und aus dem System als flüchtige Komponente entfernt werden.
Die erforderlichen Calciumchloridmengen liegen zwischen 20 und 35% und sind damit
so hoch, daß das Verfahren erheblich verteuert wird.
-
Zudem weisen diese Verfahren den Nachteil auf, daß
ein Zusatz von
Fluor, Sulfat oder Chlorid in Form von Calciumverbindungen die Bildung von Gasen
bedingt, die gemäß den heutigen Anforderungen an den Umweltschutz nicht emittiert
werden dürfen.
-
Die relativ billigen eisenreichen Tonerde-Zemente werden in der Regel
durch Zusammenschmelzen der Rohstoffkomponenten erzeugt Diese dunklen Zemente sind
wegen des hohen Flußmittelgehaltes nur für die Herstellung mäßig temperaturbeständiger
Mörtel und Betone geeignet. Für allgemeine Bauzwecke sind diese Zemente dennoch
zu teuer und haben den Nachteil, daß sie wegen der dunklen Farbe gegenüber Portlandzementen
ästhetisch minderwertig wirken. Die eisenarmen Tonerde-Zemente, die wegen erhöhter
Feuerbeständigkeit von großem Interesse für den Ofenbau sein können, sind wegen
ihres hohen Preises in ihrer Anwendung stark eingeschränkt. Aus gleichem Grund werden
sie trotz ästhetischer Vorzüge für allgemeine Bauzwecke kaum angewendet.
-
Aufgabe der Erfindung ist, das Verfahren zur Herstellung von reinen
Tonerde-Zementen zu vereinfachen und die Reaktionsgeschwindigkeit der Rohstoffkomponenten
zu erhöhen sowie das Sinterintervall zu vergrößern.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zur Herstellung
von Tonerde-Zement unter Verwendung von CaO- und Al2O3-haltigen Rohstoffen gelöst,
wobei die Rohstoffe vorzugsweise im Molverhältnis CaO:AI203 von etwa 1:0,4 bis 1:2,7
zusammengestellt, homogenisiert, anschließend zur Reaktion gebracht werden und das
Reaktionsprodukt nach Abkühlung gemahlen wird. Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet
sich dadurch aus, daß ein Tonerdehydrat aus der Hydrolyse aluminiumorganischer Verbindungen
als Al2O3-haltiger Rohstoff zugesetzt wird.
-
Von diesen synthetischen Tonerdehydraten eigent sich insbesondere
ein Tonerdehydrat mit der Kristallstruktur des Boehmits (Alpha-Aluminiummonohydrat).
Ein solcher tonerdehydrathaltiger Stoff fällt z. B. bei der Herstellung von synthetischen
primären Alkoholen als Nebenprodukt an. Das hierbei durch Hydrolyse von Aluminium-Alkoholaten
entstehende Tonerdehydrat ist sehr rein. Der Al2O3-Gehalt liegt bei etwa 75 Gew.-%.
-
Daneben enthält das Produkt außer dem Glühverlust etwa 0,4 Gew.-%
Kohlenstoff, etwa 0,008 Gew.-% Kieselsäure, etwa 0,005 Gew.-% Eisendreioxid und
etwa 0,004 Gew.-% Natriumoxid.
-
Bei Verwendung dieses tonerdehydrathaltigen Rohstoffes in der Tonerdezementrohmischung
wird die Reaktionszeit sowohl im Schmelz- als auch im Sinterverfahren erheblich
reduziert Dies ist überraschend, denn die hohe Reinheit des tonerdehaltigen Rohstoffes
hätte eine gegenteilige Wirkung erwarten lassen. Überraschend ist ferner, daß beim
Sinterprozeß das Sinterintervall beachtlich vergrößert wird, denn üblicherweise
sind wegen der Bildung von Teilschmelzen Stoffe mit zahlreichen Komponenten leichter
zu sintern, als solche, die nur aus wenigen reinen Komponenten bestehen. Das Sinterintervall
wird sogar derart erweitert, daß die Herstellung des Tonerde-Zements in üblichen
Brennöfen - wie insbesondere im Drehrohr- und Schachtofen - ohne weiteres entsprechend
dem Portlandzementverfahren durchgeführt werden kann, zumal die notwendige Sintertemperatur
innerhalb des breiten Sinterbereichs relativ niedrig liegt.
-
Nach einer besonderen Ausführungsform der Erfindung wird als Al2O3-haltiger
Rohstoff ein Hydrolyseprodukt von Aluminium-Alkoholaten verwendet, das
die
folgenden physikalischen Eigenschaften nach dreistündiger Kalzination bei 550"C
aufweist: Spezifische Oberfläche (BET): 190 bis 250 m2/g Dichte: 3,70 bis 3,81 g/cm3
Korngrößenverteilung: 0 bis 25 um =20bis48Gew.-0/o 25 bis 50 llm = 22 bis 35 Gew.-%
50 bis 100 ,um = 22 bis 35 Gew.-% über 100 um = 8bis 1OGew.-O/o Dieses Tonerdehydrat
wird im Molverhältnis von CaO: Al203 von etwa 1 :0,4-1:2,7 zu einem reinen feinkörnigen,
trockenen CaO-haltigen Rohstoff zum Beispiel mit einem chemisch gefällten Calciumcarbonat,
das ebenfalls als Nebenprodukt beispielsweise bei der Phosphatdüngerproduktion anfällt,
innig gemischt und im Temperaturbereich von 12500 bis 1550"C, vorzugsweise 13200
bis 15500C 0,5 bis 5 Stunden, vorzugsweise 0,5 bis 2 Stunden lang gesintert. Andere
CaO-haltige Abfallprodukte, insbesondere Carbidkalk, sind verwendbar. Das Reaktionsprodukt
ist ein überraschend weißes Erzeugnis, das als Weiß-Tonerde-Zement zu bezeichnen
ist. Die Mineralanalyse des Weiß-Tonerde-Zements ergibt, daß die Reaktionen während
der Sinterung vollkommen abgelaufen sind, so daß lediglich Calciumaluminate als
Mineralbestandteile vorliegen.
-
Die hohe Reinheit des Weiß-Tonerde-Zements verleiht den daraus hergestellten
Baumaterialien bei sachgemäßer Auswahl der Zuschläge verglichen mit dem CaO-AkO3-Verhältnis
üblicher Tonerde-Zemente ungewöhnlich hohe Feuerfestigkeit.
-
Anhand der folgenden Beispiele wird die Erfindung näher erläutert.
-
Beispiel 1 Aus einem reinen gefällten feinstkörnigen Calciumcarbonat,
dessen Rückstand auf dem Sieb 0,09 mm (DIN 4188) etwa 10 Gew.-% betrug und einem
Tonerdehydrat aus der Hydrolyse von Aluminium-Alkoholaten mit den oben beschriebenen
physikalischen und chemischen Eigenschaften wurden vier Mischungen hergestellt,
wobei die folgenden Molverhältnisse eingestellt wurden: Mischung 1: CaO :Al2O3 =
12:7 Mischung 2: CaO: AkO3 = 1:1 Mischung 3: CaO: AkO3 = 1:2 Mischung 4: CaO: Al203
= 1:1,48 Diese Mischungen wurden bei folgenden Temperaturen getempert: Mischung
1: bei 1320"C Mischung2: bei 14500C Mischung 3: bei 15500C Mischung4: bei 1450"C
Die Temperzeiten betrugen eine Stunde und fünf Stunden.
-
Die getemperten Produkte wurden mittels Röntgenbeugungsanalysen auf
ihren Mineralbestand hin untersucht. Dabei ergab sich, daß bereits nach einer Stunde
Temperzeit in allen Mischungen die gewünschten Calciumaluminatminerale entstanden
waren. Weiteres Tempern führte lediglich zu geringfügigen Änderungen in der Mineralausbildung.
In der Mischung 4 lag ein
Mineralgemisch vor, das dem üblichen Tonerde-Zement mit
entsprechendem CaO/AI203-Verhältnis entsprach.
-
Die Farbe der Reaktionsprodukte war rein weiß.
-
Das Beispiel verdeutlicht, daß mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
insbesondere durch Sintern der Rohstoffe mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit innerhalb
eines breiten Sinterintervalls ein Tonerde-Zement, insbesondere ein Weiß-Tonerde-Zement
hergestellt werden kann, und zwar unabhängig vom CaO/A1203-Verhältnis.
-
Beispiel 2 Es wurden die folgenden vier Mischungen hergestellt: Mischung
1: Kalkstein + Bauxit Mischung 2: Kalkstein +Tonerdehydrat gemäß der Erfindung Mischung
3: Gefälltes Calciumcarbonat gemäß Beispiel 1 + Bauxit Mischung4: Gefälltes Calciumcarbonat
gemäß Beispiel 1 +Tonerdehydrat gemäß der Erfindung Mischung 5: Kalkstein+Bauxit
+ Tonerdehydrat gemäß der Erfindung Mischung 6: Gefälltes Calciumcarbonat gemäß
Beispiel 1 + Bauxit + Tonerdehydrat gemäß der Erfindung.
-
Die Rohstoffe hatten folgende Zusammensetzung: Glüh- SiO2 Al203 CaO
verlust (Gew.-%) Kalkstein 44 55 Gefälltes CaCO3 44 55 Bauxit 31,9 2,75 65,6 Tonerdehydrat
25 75 Das Molverhältnis der Mischungen 1 bis 6 betrug CaO : Al203 = 5 3, wobei in
den Mischungen 5 und 6 die Al2O3-Träger so zusammengestellt wurden, daß jeweils
50 Gew.-% des Al2O3 jeweils aus beiden Tonerdeträgern stammen. Die Mischungen wurden
im Erhitzungsmikroskop geschmolzen und die Schmelztemperatur ermittelt. Ferner wurden
die Proben der Mischungen 1 bis 6 bei 13200C 30 Minuten gesintert. Anschließend
wurde durch Röntgenbeugungsanalysen der Mineralaufbau ermittelt und daraus die relative
Menge der Komponenten C12A7, CA und CA2 berechnet. Diese Berechnung erfolgte aufgrund
der Ausmessung bestimmter Peakflächen des Röntgendiagramms und Multiplikation der
Peakhöhe mit der Halbwertsbreite.
-
Ausgewählt wurden die folgenden Peaks, gemessen mit Cuxa-Strahlung:
C12A7: Beugungswinkel 2 e = 18,1" CA: Beugungswinkel2 51 = 19° CA2: Beugungswinkel28
= 25,5° Das Ergebnis zeigt die folgende Tabelle. Dabei beziehen sich die Prozentangaben
jeweils auf den höchsten berechneten Flächeninhalt.
-
Ci2A CA CA2 Schmelztemperatur ~~ ~~ ~ ~ Mischung 1 59°,o 60% 59%
1390 Mischung 2 100% 100% 91% 1440 Mischung 3 48% 40% 72% 1385 Mischung 4 68% 100%
100% 1460 Mischung 5 65% 83% 75% 1415 Mischung 6 62% 85% 95% 1425 Aus den Werten
der Tabelle ist ersichtlich, daß die Reaktionsgeschwindigkeit der erfindungsgemäßen
Mischungen erheblich höher liegt gegenüber herkömmlichen Rohstoffmischungen, denn
die Mischungen 2 und 4 hatten bei 13200 bereits wesentlich höhere Mineralanteilmengen
als die Mischungen 1 und 3. Ferner ist aus der Tabelle ersichtlich, daß das Sinterintervall
beachtlich erweitert worden ist, denn die Schmelztemperaturen der Mischungen 1 und
3 liegen niedriger, woraus resultiert, daß ein kleinerer Temperaturbereich zur Mineralbildung
zur Verfügung steht.
-
Erfindungsgemäß ist es somit auf einfache Weise möglich, eisenoxid-
und kieselsäurearme, d. h. weiße und entsprechend feuerfeste Tonerde-Zemente sowohl
mit niedrigen als auch mit mittleren oder hohen Al2O3-Gehalten zu erzeugen. Die
Verwendung von vornehmlich in der Metallurgie oder Keramik eingesetzten Brennaggregaten
ist hierbei nicht unbedingt erforderlich.
-
Vielmehr können infolge des breiten Sinterintervalls nunmehr auch
übliche zur Herstellung von Portlandzementen verwendbare Brennöfen eingesetzt werden.
-
Um die Feuerfestigkeit der Tonerde-Zemente zu erhöhen, ist es ferner
möglich, Strontiumoxid und Bariumoxid anstelle von Calciumoxid zu verwenden.
-
Hierbei ist ebenfalls eine Reaktionsbeschleunigung und eine Erweiterung
des Sinterintervalls zu beobachten.
-
Die erfindungsgemäß hergestellten Zemente sind nicht nur für übliche
Zwecke verwendbar, sondern es hat sich herausgestellt, daß sie sich besonders gut
zur Herstellung von Calciumaluminatmonosulfathydrat eignen, wobei die Zemente mit
einer Calciumsulfatkomponente und Wasser bei Temperaturen von 100 bis 200"C umgesetzt
werden.
-
Ferner hat sich gezeigt, daß man übliche Rohstoffmischungen zur Herstellung
von Tonerde-Zementen mit dem Tonerdehydrat aus der Hydrolyse von Aluminium-Alkoholaten
versetzen kann und dadurch je nach Zusatzmenge die Schmelztemperatur verändern und
das Sinterintervall erweitern kann. Dies ergibt sich beispielsweise aus den Brennergebnissen
der Mischungen 5 und 6 des Beispiels 2. Es ist außerdem festzustellen, daß die Reaktionsgeschwindigkeit
derartiger Mischungen höher liegt je größer der Anteil des Tonerdehydrats gemäß
der Erfindung ist. Günstig ist, wenn 20 bis 75 Gew.-%, vorzugsweise 40 bis 70 Gew.-%
des Bauxits bezogen auf den Al2O3-Gehalt durch das Tonerdehydrat gemäß der Erfindung
ersetzt werden.