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Die Erfindung betrifft thermoplastische Formmassen auf Basis von
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Styrolpolymerisaten, vorzugsweise geschäumten Styrolpolymerisaten,
die mit einer organischen Bromverbindung flammfest ausgerüstet sind.
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Es ist bekannt, daß halogenhaltige Stoffe als Flammschutzmittel für
selbstverlöschende thermoplastische Polymerisate verwendet werden können. Um eine
ausreichende Wirkung zu erzielen, müssen verhältnismäßig große Mengen an halogenhaltigen
Stoffen zugesetzt werden. Dadurch werden jedoch häufig die mechanischen Eigenschaften
der Polymerisate nachteilig beeinflußt.
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Es ist außerdem bekannt, daß die flammhemmende Wirkung organischer
Bromverbindungen durch Zusatz organischer Peroxide verbessert wird. Diese haben
jedoch den Nachteil, daß sie toxisch sind und sich mitunter explosionsartig zersetzen.
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Die Verwendung von Polymeren und Oligomeren des p-Diisopropylbenzols
als Synergisten für bromhaltige Flammschutzmittel ist in der DT-AS 1 255 302 beschrieben.
Nachteilig daran ist der feste Aggregatzustand dieser unlöslichen Produkte, die
oftmals ein homogenes Vermischen mit dem zu schützenden Substrat erschweren.
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Nach J. Eichhorn, J. Apl. Polym. Sci. 8, Seite 2504 (1964) sollen
auch Azodiisobutyronitril und Azodicyclohexannitril wirksam sein.
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Diese Verbindungen, sowie ihre Zersetzungsprodukte, sind jedoch stark
toxisch wegen der Möglichkeit, daß Blausäure abgespalten wird. Ferner erschwert
die relativ geringe Löslichkeit der Pulver das Eindosieren und homogene Verteilen
in thermoplastischen Kunststoffen. Ein weiterer Nachteil der bislang bekannten selbstverlöschenden
thermoplastischen Formmassen ist die starke Tendenz abzutropfen, was zu weiteren
Komplikationen und zu neuen Zündquellen im Brandfall führt.
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Der Erfindung lag also die Aufgabe zugrunde, Stoffe zu entwickeln,
welche in der Wirksamkeit den bekannten bromhaltigen Flammschutzmitteln überlegen
sind und die angeführten Nachteile nicht aufweisen.
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Gegenstand der Erfindung sind thermoplastische Formmassen auf Basis
von Styrolpolymerisaten, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie eine organische
Bromverbindung der allgemeinen Formel
wobei X und Y gleich oder verschieden sind und
oder -CHBr2 bedeuten, in Kombination mit einer oder mehreren hiermit synergistisch
wirkenden Verbindungen als Flammschutzmittel enthalten.
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Als Bromverbindungen der allgemeinen Formel I kommen beispielsweise
nachstehende Verbindungen in Betracht:
Als Synergisten kommen C-C-labile Verbindungen, vorzugsweise Dicumyl, in Betracht.
Als Synergistenkombinationen eignen sich besonders Kombinationen aus einer C-C-labilen
Verbindung mit z.B.
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Cyanursäure, Triazin, Thiadiazol, 2,4-Dimethyldiazol oder s-Triaminotria
zin.
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Bei diesen Synergistenkombinationen liegen die Komponenten vorzugsweise
im Mengenverhältnis 1 : 1 bis 1 : 10, bezogen auf die C-C-labile Verbindung, vor.
Das Mengenverhältnis der Synergistenkombination zur Bromverbindung (I) beträgt 0,05
zu 1 bis 0,2 zu 1.
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Als Styrolpolymerisate kommen Polystyrol und Mischpolymerisate des
Styrols mit bis zu 50 Gew.% an Comonomeren in Frage. Comonomere können z.B. -Methylstyrol,
Acrylnitril sowie Ester der Acryl-oder Methacrylsäure von Alkoholen mit 1 bis 8
Kohlenstoffatomen sein. In Betracht kommen auch schlagzäh modifizierte Styrolpolymerisate,
die durch Polymerisation von Styrol, gegebenenfalls zusammen mit Acrylnitril, in
Gegenwart kautschukartiger Butadien-, Isopren-, Athylen/Propylen- oder Acrylester-Polymerisate
hergestellt wurden, beispielsweise schlagfestes Polystyrol mit 2 bis 10 Gew.% Polybutadien,
ABS-Polymerisate mit 5 bis 30 Gew.% Polybutadien oder ASA-Polymerisate mit 10 bis
110 % Polyacrylat.
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Besondere Bedeutung haben Formmassen, die sich zur Herstellung selbstverlöschender
Schaumgebilde eignen. Sie enthalten als Treibmittel vorzugsweise flüssige oder gasförmige
organische Verbindungen, die das Polymerisat nicht lösen und deren Siedepunkt unterhalb
des Erweichungspunktes des Polymerisates liegt, z.B.
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aliphatische oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe, wie Propan,
Butan, Pentan, Hexan, Heptan, Cyclohexan, oder Halogenwasserstoffe, wie Methylchlorid,
Dichloridfluormethan oder 1,2,2-Trifluor-1,1,2-trinhloräthan. Es ist vorteilhaft,
3 bis 10 Gew.%, bezogen auf das Styrolpolymerisat, an Treibmittel zu verwenden.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten sei auf das Kunststoffhandbuch Band
V, Polystyrol, Carl-Hanser-Verlag, Kapitel 6 "Polystyrol-Schaumstoffe", verwiesen.
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Zusätzlich zu den erfindungsgemäßen Bromverbindungen können die Formmassen
noch andere an sich bekannte organische Bromverbindungen, wie Deka- und Oktabromdiphenyl,
Hexabromcyclododtcan, bromiertes Telomerstyrol, enthalten. Besonders geeignet sind
diese Verbindungen, da sie schwerflüchtig sind und nicht oder nur in geringem Maß
als Weichmacher wirken und keinen störenden Geruch
haben. Die Bromverbindungen
werden in solchen Mengen verwendet, daß die Formmassen einen Bromgehalt von mindestens
0,1 und nicht mehr als 5 X haben. Vorzugsweise enthalten die Massen 0,5 bis 3 Ges.%
Brom.
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Bei den Formmassen soll die Anwesenheit anderer, bekannter Flammschutzmittel
oder Synergisten nicht ausgeschlossen sein.
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Die Formmassen können noch weitere Komponenten enthalten, z.B.
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Füllstoffe, Farbpigmente, Gleitmittel, Weichmacher, Antistatika, Alterungsschutzmittel,
Stabilisatoren oder solche Verbindungen, welche die Schaumbildung fördern.
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Die organischen Bromverbindungen können beispielsweise auf der Walze,
im Extruder oder in einem Kneter in den Kunststoff eingearbeitet werden. In vielen
Fällen können sie auch bereits vor der Polymerisation den Monomeren zugesetzt werden.
Es ist auch möglich, z.B. bei der Herstellung von Gießfolien, die Polymeren zusammen
mit der Bromverbindung einer Lösung des Kunststoffes zuzusetzen und das Lösungsmittel
abzudampfen.
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Die Formmassen können in feinteiliger Form, z.B. als Perlen, in Form
von Granulat oder als grobe Abschlagware vorliegen, wie sie beim Mahlen von Substanzpolymerisaten
erhalten werden. Die Teilchen haben vorteilhaft einen Durchmesser von 0,1 bis 6
mm, vorzugsweise von 0,4 bis 3 mm.
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Die Formmassen können beispielsweise durch Spritzgießen, Strangpressen
oder Versintern in Formen zu selbstverlöschenden Formkörpern oder Profilen verarbeitet
werden. Aufgrund ihres relativ geringen Gehalts an organischen Halogenverbindungen
haben die erfindungsgemäßen Formmassen Erweichungspunkte, die sich von denen der
ihnen zugrundeliegenden Polymerisate nur geringfügig unterscheiden.
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Es ist von Vorteil, daß die Verwendung dieser Bromkörper in Kombination
mit den Synergisten ohne Zusätze der synergistisch Wirkenden Azokorper oder Peroxid
auskommt. Es zeigt sich außerdem,
daß die Eigenschaft des Selbstverlöschens
der Massen selbst bei längerem Lagern bei höheren Temperaturen nicht verloren geht.
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Die aus den Formmassen hergestellten selbstverlöschenden Formkörper
werden auf folgende Weise geprüft.
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Zur Prüfung ungeschäumter Massen werden Formkörper mit der Abmessung
0,1 x 10 x 30 cm, zur Prüfung geschäumter Massen solche mit der Abmessung 0,5 x
15 x 40 cm 5 Sekunden lang in eine Gasflamme von 40 mm Flammenhöhe gehalten und
die Flamme anschließend mit ruhiger Bewegung entfernt. Die Verlöschzeit des Formkörpers
nach Entfernen aus der Flamme ist ein Maß für dessen Flammwidrigkeit.
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Ungenügend oder gar nicht schwer entflammbar ausgerüstete Formmassen
brennen nach Entfernen aus der Flamme vollständig ab. Besonders vorteilhaft nach
dem erfindungsgemäßen Einsatz dieser Bromverbindungen ist erstens die hohe Wirksamkeit
ohne synergistische Zusätze wie Azoderivate oder Peroxide, zweitens, daß bei vergleichbarem
Bromanteil deutlich günstigere Verlöschzeiten erzielt werden. Drittens wird durch
die Verwendung der erfindungsgemäßen Bromderivate das Abtropfen deutlich verringert.
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Die in den Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile, die Prozente
Gewichtsprozente.
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Beispiele 1 bis 15 Es werden jeweils 30 Teile eines Styrolpolymerisates
und 0,3 Teile einer organischen Bromverbindung in 100 Teilen Methylenchlorid gelöst.
Der Lösung werden 3 Teile Pentan zugesetzt. Danach gießt man die Lösung auf eine
Glasplatte aus und läßt das Methylenchlorid bei Raumtemperatur verdunsten. Dabei
bleibt das Pentan in homogener Verteilung in der Mischung. Die so erhaltene Folie
wird in Wasserdampf von 1000C aufgeschäumt und im Vakuum bei 350C für die Dauer
von 12 Stunden getrocknet. Die erhaltenen Schaumstoff-Folien werden nach der oben
angegebenen Methode auf ihre Schwerentflammbarkeit geprüft. Die Ergebnisse sind
in der Tabelle wiedergegeben.
Als Synergisten wurden die oben aufgeführten
und mit a) bis g) bezeichneten Verbindungen eingesetzt; y bedeutet Azodiisobutyronitril,
a bedeutet Dicumylperoxid.
Beispiel Bramverbindung Synergist Verlöschzeit |
Art % Sek. |
1 Hexabromcyclododecan (I) - - 12,0 |
2 " je 1 % a 0,05 4,5 |
3 " a 0,1 3,5 |
4 " a+b je 0,05 1,0+ |
5 " a+c je 0,1 0,5 |
6 " je 1 % a 0,05 3,5 |
7 " a 0,1 2 |
8 " a+e je 0,1 0,5 - 1,0+ |
9 " a+c je 0,5 0,0+ |
10 " a+d je 0,5 0,5+ |
11 I 1 % 0,2 % Dicumylperoxid 2 - 3 |
12 I 1 % 0,2 % Azodiiso-butyro- 3-4 |
nitril |
13 I 0,8 % a+b je 0,1 1,0 - 2,0 |
14 I 0,8 % 0,2 % Dicumylperoxid 4,0-5,0 |
15 I 0,6 % 0,2 % " 5,0-7,0 |
16 I 0,6 % a+b je 0,1 2,0-3,0+ |
17 I 0,6 % a+c je 0,1 2,0-3,0+ |
18 I 0,6 % a 0,2% + b 0,3% 1,0+ |
19 2,3-Tris-(dibrompropyl)- 1 % 20,0 |
phosphat |
20 g 1 % - 13,0 |
21 g 1 % a+b 0,1 1,0 - 2,0+ |
22 Hexabromcyclododecan 1 % a+b 0,2 0+ |
23 " 0,1 % Synergist 1 a (1) 1,5+ |
+1 % b u. DAS 1255302 |
24 " 0,1 % Synergist 1 a 2,3-2,5 |
u. DAS 1255302 |
bedeutet stark vermindertes Abtropfen.
Bei 4, 8, 9, 10, 13, 16,
17, 18, 21, 22 und 23 war nur geringes Abtropfen zu beobachten, während bei den
Vergleichen 1, 2, 5, 6, 7, 11, 12, 14, 15, 19, 20 und 24 sehr starkes Abtropfen
zu beobachten war. (1) Polydiisopropylbenzol a) Dicumylperoxid
f) bromiertes Telomerstyrol 60 % Brom, Molgewicht ca. 2600 g) Dekabromdiphenyläther
Beispiel 25 Beispiel 8 wurde wiederholt, wobei ein Copolymerisat aus 75 % Styrol
und 25 % Acrylnitril verwendet wurde. Die Verlöschzeit betrug 0 Sekunden, bei Verwendung
von 1 % HBCD und 0,2 % der Synergistenkombination je 0,1 % a + 0,1 % b betrug sie
O Sekunden.
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Beispiel 26 Eine Mischung aus 100 Teilen eines Styrolpolymerisates,
das durch Polymerisieren von 95 Teilen Styrol in Gegenwart von 5 Teilen
Butadien hergestellt worden ist, sowie 0,5 Teilen Dicumyl- und 1,5 Teilen Di-tribrommethylhtiazol
(b) werden mittels eines Extruders mit Breitschlitzdüse zu Folien von 1 mm Dicke
extrudiert.
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Die erhaltene Folie wird auf ihre Schwerentflammbarkeit geprüft.
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Sie verlischt 0,5 Sekunden nach dem Entfernen der Flamme bei nur geringem
Abtropfen. Prüft man vergleichsweise eine Folie, die 1,5 Teile Hexabromcyclododecan
und 0,5 Teile Dicumyl enthält, so verlischt die Folie nach 8 Sekunden bei starkem
Abtropfen.
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Beispiel 27 In einem Doppelschneckenextruder ist etwa im ersten Drittel
des Zylinders ein Stutzen zum Einpressen von Flüssigkeiten angeordnet.
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In diesen Einfüllstutzen wird ein Gemisch aus 100 Teilen Polystyrol,
0,5 Teilen Dicumyl, 1,5 Teilen Di-tribrommethylthiazol (b) und 1 Teil Kaolin eingebracht.
Die Temperatur beträgt in der Aufschmelzzone 1800C. In der anschließenden Mischzone
werden durch den Stutzen solche Mengen Methylenchlorid eingepreßt, daß die am Düsenkopf
austretende Mischung etwa 10 %, bezogen auf das Polystyrol, an Methylenchlorid enthält.
In der Mischzone beträgt die Temperatur 1600C. In der anschließenden Kühlzone wird
die Mischung so weit abgekühlt, daß die aus der Düse austretende Mischung eine Temperatur
von 1100C hat. Der aus der Düse austretende Strang schäumt auf. Der erhaltene Schaumstoff
hat eine Dichte von etwa 43 g/l. An einem Prüfkörper verlöscht die Flamme praktisch
sofort ohne Abtropfen; in einem Vergleichsversuch mit Hexabromcyclododecan verlöscht
die Flamme erst nach 6,5 Sekunden bei starkem Abtropfen.