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Verwendung von niedriglegierten Stickstoffstählen als Werkstoff für
Formgussstücke In der Stahlgiesserei wurden bislang als niedriglegierte Bau-2' stähle
im Streckgrenzenbereich von 25 - 50 kg/mm Stahllegierungen auf der Basis von Mn,
Mn-Cr, Mn-Cr-Ni, Mn-Mo oder Cr-Mo verwendet. Stahlgussstücke von grösserer Wandstärke
aus diesen Legierungen benötigen zur Erzielung der verlangten mechanischen Eigenschaften
eine Wärmebehandlung mit Flüssigkeitsabkühlung, welche aufwendig und mit dem Risiko
von Spannungen und Rissen behaftet ist. Zudem ist bei Anwendung dieser Art Wärmebehandlung
wegen der raschen Abkühlung in Flüssigkeit eine nächfolgende Anlassbehandlung unerlässlich.
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Ziel der Erfindung ist es, bei StahlgussstUcken im erwähnten Streckgrenzenbereich
die Wärmebehandlung zu vereinfachen und dadurch Einsparungen in den Anlage- und
Behandlungskosten zu erreichen, und insbesondere die mit der Flüssigkeitsabkühlung
verbundenen Risiken hinsichtlich Rissneigung und ungenügenden mechanischen Eigenschaften
in grösseren Wandstärken aus zu schliessen.
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Dieses Ziel wird erfindungsgemäss erreicht durch die Verwendung von
niedriglegierten Stickstoffstählen mit Legierungsanteilen von 0,16 bis 0,22 % C,
0,2 bis o,6 X Si, o,8 bis 1,6 fi Mn, 0 bis 1,6 % Ni, 0 bis 0,4 % Mo, 0,01 bis 0,02
% N2, sowie 0,1 bis 0,2 % V und/oder 0,02 bis 0,1 % Ti, Rest Fe und übliche Verunreinigungen,
als Werkstoff für Formguss-Stücke, welche einer Warmbehandlung durch a) Erwärmen
huber den Umwandlungspunkt AC -3 b) Einhalten einer Haltezeit c) anschliessendes
Abkühlen an Luft unterworfen werden.
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Stähle der erwähnten Zusammensetzung sind an sich bekannt zur Verwendung
für Schmiede- und Walzprodukte. Es wurde überraschenderweise gefunden, dass bei
Verwendung solcher Stähle für Formgussstücke eine einfache Wärmebehandlung mit Luftabkühlung
völlig ausreicht, um die erwünschten mechanischen Eigenschaften unabhängig von der
Wandstärke mit Sicherheit zu erreichen.
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Zum Nachweis der mechanisch-technologischen Eigenschaften sowie zur
Kontrolle der Vergiessbarkeit stickstofflegierter Stähle als Stahlformguss wurden
mehrere Gussstücke mit grösseren Wanddicken hergestellt.
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Die erfindungsgemässen Stähle können sowohl im Induktionsals auch
Elektrolichtbogenofen erschmolzen werden. Der zur Erhöhung der Streckgrenze erforderliche
Stickstoffanteil wird vorzugsweise in Form von stickstoffhaltigem Ferromangan
in
der Pfanne legiert. Daselbst erfolgt vorzugsweise auch die Zugabe der Nitridbildner,
wie Titan und/oder Vanadin, sowie eines Desoxidationsmittels, wie zum Beispiel Aluminium.
Die Stähle lassen sich in handelsüblichen Formmassen abgiessen, wobei trotz der
erhöhten Stickstoffgehalte porenfreie Abgüsse erzielt werden. Der starke Nitridbildner
Titan bindet bereits im schmelzflüssigen Zustand einen Stickstoffanteil in Form
von Karbonitriden ab, während der Reststickstoff im festen Zustand als Vanadin-
oder allenfalls Aluminiumnitrid abgebunden wird.
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Die Warmbehandlung erfolgte mit ausreichender Haltezeit huber A ,
d. h. zwischen 880 und 9700 C mit anschliessender Luft-3 oder Ofenabkühlung. Nachfolgend
an diese Warmbehandlung kann ein Anlass- oder Spannungsarmglühen zwischen 580 und
660 C erfolgen.
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Durch Keimwirkung der feinverteilten Nitride bzw. Karbonitride wird
ein feines Umwandlungsgefüge erzielt, das die mechanisch-technologischen Eigenschaften
günstig beeinflusst.
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Die Probeabgüsse von Formgussstücken haben bestätigt, dass mit den
erfindungsgemässen Legierungen je nach Menge der zugegebenen Legierungselemente
verschiedene Streckgrenzenstufen mit einer einfachen, wanddicken unabhängigen Normalisierungsglühung
erreicht werden können.
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Nachstehend werden in Verbindung mit der Zeichnung sowie der Tabelle
1 verschiedene Ausführungsbeispiele der erfindungsgemässen Verwendung von Stickstoffstählen
erläutert.
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Fig. 1 zeigt für eine beispielsweise Legierung Nr. 1 den Einfluss
wiederholter Anlassbehandlungen von der Dauer t bei verschiedenen Temperaturen #A
auf die Härte HB 30 und die Kerbschlagzähigkeit aK VSM. Im rechten Teilbild ist
der Einfluss wiederholter Anlasszyklen bei 6000 C festgehalten; Fig. 2 zeigt für
dieselbe Stahllegierung den Einfluss der Nomalisierungstemnerature# auf die Härte
HB 30 N und die Kerbschlagzähigkeit bei einer Haltezeit von von jeweils 8 und Abkühlung
an Luft; Fig. 3 zeigt für eine Legierung Nr. 2 ein kombiniertes Anlassschaubild
für verschiedene Abkühlungsgeschwindigkeiten. Für die Normalisierungsbehandlung
(3, 9600 C/Haltezeit Bh/Luftabkühlung), sowie in Abhängigkeit von vorschiedenen
Anlasstemperaturen #A sind von oben nach unten die Zugfestigkeit #B und Streckgrenze
# # die Dehnung Cr und Einschnürung % sowie sowie die Kerbschlagzähigkeit aKVSM
bei +20° C dargestellt. Die Kurven bzw. Werte A, B, C, D gelten für Wandstärken
bis 10, 50, 300 bzw. 600 mm; Fig. 4 zeigt ein analoges Schaubild wie Fig. 3 für
eine weitere Legierung Nr. 3.
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Die in der Tabelle 1 angegebenen Legierungsbeispiele Nr. 1 - 3 zeigen
die Möglichkeit, bei einfacher Warmbehandlung mit geringer Steigerung der Legierungselemente
Mangan, Nickel und Molybdän auch die Streckgrenze zu steigern. Aus der Tabelle ist
ersichtlich, dass unabhängig von der Wanddicke der Gussstücke bzw. der Abkühlungsgeschwindigkeit
für Stahlguss hohe
Tabelle I Ch@mische Analyse (Gew. %) AC3 - Warmbehandlung
Wanddicke mechanische Eigenschaften Punkt C Si Mn Ni Mo V Ti Al N2 P S °C Temp./Haltezeit/
mm #s #B aK VSM (Rest Fe und übliche Verunreinigungen) Abkühlung kg/mm² kg/mm² %
mkg/cm² +20°C -20°C 0,20 0,54 0,95 0,16 0,08 0,006 0,079 0,115 0,0160 0,016 0,011
860 960 C/@h/Luft 50 31,6 53,0 32 10,4 32,6 53,5 33 10,3 -"- 150-250 31,8 52,6 25
9,8 6,6 32,2 52,5 26 10,0 6,6 960°C/8h/Luft + 50-100 34,6 53,6 28 8,9 6,9 600°C/8h/Luft
33,5 53,3 28 7,8 6,4 -"- 150-250 31,6 51,6 28 9,7 6,9 33,6 52,6 28 9,0 6,5 0,21
0,36 1,14 0,73 0,05 0,185 0,032 0,062 0,0202 0,011 0,009 850 960°C/8h/Luft 50 47,2
69,4 23 6,1 43,8 66,6 24 7,7 5,6 -"- 300 39,6 62,5 28 8,4 39,0 62,5 28 7,7 960°C/8h/Luft
+ 50 45,2 65,3 23 7,9 6,9 600°C/8h/Luft 43,3 63,8 24 9,8 6,@ -"- 300 38,8 62,0 28
8,5 39,8 62,3 28 6,7 -0,22 0,40 1,51 1,55 0,25 - 0,057 0,058 0,0202 0,013 0,010
840 960°C/8h/Luft 50 54,6 97,5 15 2,0 53,8 98,0 17 2,0 --"- 300 57,9 93,4 11 3,1
56,6 93,4 16 2,7 -960°C/8h/Luft + 50 49,7 68,9 22 8,7 6,7 600°C/8h/Luft 50,5 69,1
27 8,3 4,9 -"- 300 55,6 72,5 12 7,1 55,8 73,5 21 7,1 -
Gütewerte
erzielt werden können. Es zeigt sich, dass bisweilen sogar besonders langsame Abkühlungsgeschwindigkeiten
zu bevorzugen sind, um optimale Gefügeausbildung und mechanische Eigenschaften zu
erhalten. Es ist dabei einzusehen, dass derartig langsam abgekühlte Gussstücke -arm
an inneren Spannungen sind und geringe-Rissgefahr oder Verzugsneigung aufweisen.
Aus den in der Tabelle 1 enthaltenen Beispielen geht auch hervor, dass die Stähle
ohne Versprödungsgefahr angelassen oder spannungsarm geglüht werden können. Die
mechanisch-technologischen Eigenschaften erfahren dabei - dank der bei der Normalisierung
stattgefundenen Gleichgewitchtsumwandlung - kaum eine Aenderung.
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Fig. 1 zeigt im Falle der Stahllegierung Nr. 1, dass auch mehrmalige
Anlassbehandlungen zu keiner Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften führen.
Als optimaler Anlassbereich gelten für den bezeichneten Stahl Temperaturen zwischen
550 und 600° C.
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Fig. 2 erläutert die geringe Ueberhitzungsempfindlichkeit der Stähle
am selben Beispiel Nr. 1: Härte- und Kerbschlagzähigkeitswerte erfahren nach Normalisierung
zwischen 880 und 9700 C kaum Aenderungen. Die ASTM-Korngrösse liegt unbeeinflusst
von der Normalisierungstemperatur bei 7. Durch die Nitrid- bzw.
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Karbonitridausscheidungen wird das Kornwachstum behindert.
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Fig. 3 zeigt für den etwas höher legierten Stahl gemäss Beispiel Nr.
2 ein Anlass-Schaubild. Nach dem Normalisieren werden bereits ausgezeichnete Festigkeits-
und Zähigkeitswerte nahezu unabhängig von der Wanddicke ermittelt, wobei diese Eigenschaften
durch eine Anlassbehandlung noch verbessert werden können, ohne dass wesentliche
Festigkeitseinbussen in Kauf genommen werden müssen.
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Fig. 4 zeigt ein Anlassschaubild für den noch höher legierten Stahl
nach Beispiel Nr. 3. Hier werden die nach der Normalisierung erreichten Zähigkeitswerte
durch ein Anlassen noch wesentlich verbessert. Die Streckgrenzenwerte werden durch
die Anlassbehandlung nur wenig verändert.
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Neben den guten, mechanisch-technologischen Werten besitzen die genannten
Stähle dank der abgestimmten Legierungselemente und dem niedrigen Kohlenstoffgehalt
eine ausgezeichnete Schweissbarkeit. Die Stähle können nach den üblichen Schweissverfahren
in normalen Wanddickenbereichen ohne Vorwärmung-geschweisst werden. Selbstverständlich
können die aus den beschriebenen Stahllegierungen gefertigten Formgussstücke erforderlichenfalis
auch spannungsarm geglüht werden.