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" Arzneimittelzubereitung zur lokalen Behandlung infizierter, sezernierender
Oberflächengeschwüre ".
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Sezernierende, infizierte oberflächangeschwüre wir Ulcus cruris, Deizubitus,
Läsionen des Kleinkindes u.a. sind medikamentös schwer zu behandeln. Das hat verschiedene
Gründe : 1. Der Wundboden, der Sitz der Infektionen, wird schlecht durchblutet,
was die Versorgung mit Medikamenten über die Blutbahn sehr erschwert.
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2. Dor Sekretstrom ist von der Wundflächo fortgerichtet.
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Gibt man das Medikament in bekannter Weise in oder auf das Gechwür
- als Puder, Salbe, Lösung, Spray, Lotio, Gel - an schwemmt der Sekretstrom das
Medikament in den Verband hinein.
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3. Der Sokretstrom ist der natürliche Reinigungsvorgang.
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Man darf auf keinen Fall durch Hemmunng des Sekretstromes das Medikament
auf der Wunde halten.
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Aus 2 und 3 geht hervor, daß auch die lokale Medikation schwierig
ist.
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Es rrden viele Medikamente und Zubereitungen fiir die Behandlung derartiger
Oberflächenees chwiire empfohlen. Sie alle verstoßen gegen einen oder nehrere der
angeführten 3 Grüde. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Ergebnisse mit ihnen
unbefriedigend sind.
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Es wurde gefunden, daß man bei infizierten, sezernierenden Oberflächengeschwüren
zu einer überraschend schnellen und grülldlichen Wundreinigung und anschließender
Hei]ung kommt, wenn man in einer wäßrigen Lösung antimikrobleller Wirkstoffs hoher
Konzentrationen einen hohen osmc osmotischen Druck erzeugt, dann diese Lösung durch
Inkorporierung in ein Adsorbens zu einer Paste verarbeitet und die Paste in einer
feuchten Kammer zur Einwirkung auf das Geschwür bringt. Unter hohen Konzentrationen
der Wirkstoffe in der wäßrigen Lösung sollen solche verstanden sein, die weit über
den minimalen Hemmkonzentrationen liegen.(Jahresbericht Borste 5 (1961) 703-6. )
Es sind also 4 verschiedene Maßnahmen in einer lokal anzuwendenden Arzneimittelzubereitung
kombiniert: 1. Eine waßrige Lösung, nicht etwa eine Mischung, von hoher Konzentration
an antimikrobiellen Substanzen.
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2. Ein hoher osmotischer Druck in dieser wäßrigen Phase und dadurch
Verstärkung der Sekretion.
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3. Herstellung einer Paste aus dieser wäßrigen Phase und einem Adsorbens
für die Wirkstoffe unter Erzeugung eines plastischen, umgekehrten Milckulariscbos,
das zwar das Sekret durchläßt, den oder die Wirkstoffe aber am Ort der Applikation
festhält.
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4. Verhinderung des Austrocknens der Paste durch eine feuchte Kammer.
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Durch diese Kombination wird infolge des hohen osmotischen Druckes
der wäßrigen Phase der Sekretstrom, der natiiriiche Reinigungsprozeß, nicht gehemmt,
sondern erhoblich verstärkt (Suporkompresse), wobei das Sekret in die Paste iibortritt.
Trotz der vorstärten Sekretion werden die Wirkstoffe
nicht fortgeschwemmt,
sondern bleiben durch das Adsorbens am Applikationsort. Aus diesem Depot diffundieren
sie dem Sekretstrom entgegen. Dieser ist- im allgemeinen größer als die Diffusionsgeschwindigkeit.
Er ist aber in der-gesamten Wunde nicht konstant. Insbesondere an den Wuiidrändern
gibt es Zonen, in denen er kleiner als die Diffusionsgeschwindigkeit der Wirkstoffe
ist. Dort diffundieren die Wirkstoffe aus dor am Applikationsort fest liegende Paste
in die Wunde hinein bis auf den Wundboden, den Ort der Infektion. Und da die konzentrationen
der gelösten Wirkstoffe in der Paste hoch sind, gelangen auch hohe Wirkstoffkonzentrationen
in diesen Zonen in den Wundboden. So beginnt in den Zonen geringerer Sekretionsgeschwindigkeit,
insbesondere an den Geschwürrändern, die Reinigung. Die Granulation setzt dort am
Rande ein. Es entstehen neue Zonen verminderter Sekretion. Die Wundränder, Granulation
und Epithelisierung wandern zur Mitte des Goschwürs hin, bis die Wirkstoffe im ganzen
Geschwür bis auf den wundboden diffundieren können und die gesamte Wunde reinigen,
Dann beginnt auch aus der Wundtiefe heraus die Granulation und anschließend die
Epithelisierung.
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Da die Paste nur wirken kann, solange sie feucht ist, muß sie in einer
feuchten Kammer zur Anwendung kommen.
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Als Chemotherapeutica körnigen Antibiotica, Antimykotieu, Sulfonamide
oder Mischungen derselben eingesetzt werden. Da im allgemeinen in der Flora solcher
Geschwiire sulfonamidempfindliche Bakterien enthalten sind, wählt man passend als
Grundwirkstoff ein Sulfonamid. Dabei ergibt sich die Möglichkeit, das Sulfonamid
als wasserlösliches Basensalz, z.B. als Natriumsalz, einzusetzen. Das hat entscheidende
Vorteile: Man kann jede gewtinschte Konzentration des Chemotherapeuticums iii der
Lösung herstellen; als Salz wird jedes gelöste Molekül in 2 Ionen gespalten, wodurch
der osmotische Druck der
Lösung wünschenswert vergrößert wird; die
Ionen besitzen eine größere Diffusionsgeschwindigkeit als die Moleküle; die Basensalze
der Sulfonamide sind in wäßriger Lösung tretz pH-Werte bis 10 sehr gewebsfreundlich.
Wundschmerzen erzeugen sie nicht.
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Ergänzend kann man die genannten Chemotherapeutica durch Zusatz desinfizierender
Wundreinigungsmittel in passenden Konzentrationen. Solche Substanzen sind beispielsweise
sulfoniorte Thiophenschieferöle (Ichthyol), Phenolderivate, wie das 2,2'-Methylen-bis-(3,4,6-trichlorphenol)
[Nexachlorophen] und Oxybenzoesäureester.
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Zur Erzeugung des hohen osmotischen Druckes in der wäßrigen Lösung
verwendet man zweckmäßig Glycerin, wodurch gleichzeitig die Wundheilung begünstigt
und die Paste weich und geschmeidig wird, was für einen schmerzlosen Verbandwechsel
nützlich ist. Die Konzentration des Glycerins kann zwischen weiten Grenzen liegen.
Kleiner als 5 % sollte sie nicht sein.
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Das Adsorbens dient neben seiner die Wirkstoffe durch Ad sorption
am Applikationsort festhaltenden Wirkung als Andickungsmittel, durch das die wäßrige
Wirkstofflösung in eine gewünschte streichfähige und anhaftende Pastenkonsistenz
gebracht wird. Es gibt eine große Auswahl dafür geeigneter Adsorbentien - Naturstoffe
wie Kunststoffe . Dio an sie zu stellenden Forderungen sind: Gewabsindiffereuz,
Wasserunlöslichkeit bei guter Wasseraufnahmefähigkeit durch hydrophile Gruppen,
große Oberfläche und gute Adsorptionsfähigkeit den Wirkstoff en gegenüber. Als ausgezeichnetes
Adsorbens hat sich für diesen Zweck Bolus albs arwiesen.
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Diese streichbare, gut auf dem Geschwür haftende Paste wird mehrere
Millimeter dick auf die sezernierende Wunde gestrichen, mit einer MUlischicht badeckt
und das gaze nach
außen durch eine wasser- und wasserdampfundurchlässige
Folie unter Bildung einer feuchten Kammer abgeschlossen.
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Ein solcher Verband hat eine gute und schnelle Reinigungswirkung.
Schon nach kurzer anwendungszeit sind die starken Schmerzen, die Schwellungen, die
Rötungen in der Umgebung des Geschwürs und die häufigen Temperaturerhöhungen verschwunden.
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Die Wndreinigung ist die Voraussetzung für die Heilung. Da aber häufig
bei solchen Erkrankungen, besonders bei ältoren Patienten, der gesamte entzündete
Gewebekoniplex schlecht durchblutot und die Heilung deshalb erschwert ist, setzt
man der Paste mit Vorteil granulationsfördernde Substanzen zu.
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Solche Substanzen sind beispielsweise: Heparin oder Heparinoide, Vitamin
E, Vitamin A u.a.
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In den ersten Tagen der Anwendung sollte wegen der starken Sekretabsonderung
der Vcrband täglich erneuert werden. Man erkennt während dieser Zeit beim Abnehmen
des Verbandes an der Unterseite der Paste, die sich gut und leicht mit der Mullschicht
abhebt, eine dicke Schicht ausgeschiedener Mikroben, Leukozyten und zerstörter Gewebsbestandteile.
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Später, nach fortgeschrittener Sanierung, geneigt ein wöchentlich
zweimaliger Verbandwechsel, was gegenüber bisheriger Dehandlungsweisen eine beachtliche
Erleichterung ist. Die Paste bleibt immer weich und geschmeidig und ist schmerzfrei
vom Wundbett abhebbar, ohne daß frisches Granulationsgewebe verletzt wird. Voraussetzung
ist, daß immer eine feuchte Kammer aufrechterhalten bleibt. Sonst wird die Paste
unwirksam, trocknet; an der Wunde. fest und wird schlecht ablösbar.
Allgemeine
Herstcllungsvorschrift für die Paste.
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Die gewünschten Mengen der Wirkstoffe und das Glycerin werden in weniger
als der nötigen Menge destillierten, ausgekochten Wassers bei ca. 50° verrührt.
Man versetzt unter Rühren tropfenweise mit 10 -iger Natronlauge, bis alles gelöst
ist. Das ist bei pH 9 bis 10 der Fall.
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Man verdünnt mit der restlichen Wassermenge, läßt auf Raumtemperatur
kommen und gibt diese Lösung portionsweise zu der gewünschten Menge Adsorbens in
eine Salbenmischmaschine. Nach Zugabe der Wirkstofflösung und Homogenisierung wird
in Tuben gefüllt. Die Paste ist steril.
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Beispiel 1: 2-Sulfanilylamino-4,5-dimethyloxazol (Sulfamoxol) 5,00
kg Glycerin 52°° kg Bolus alba 46,oo kg #-Oxybenzoesäuremethylester 0,10 kg p-Oxybenzoesäurepropylester
0,05 kg Natriumdisulfit 0,20 kg Natronlauge bis pH 9 und Wasser ad 100 Beispiel
2: Wie Beispiel 1 unter Zusatz von 106 i.E. Heparin-Natrium auf 100 kg Paste.
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Beispiel 3: 4-Sulfanilylamino-2,6-dimethylpyrimidin (Sulfasomidin)
5,00 kg Chloramphenicol-3-monosuccinat-natrium 0,50 kg Glycerin 10,00 kg Bolus alba
40,00 kg p-Oxybenzoesäuremethylester 0,10 kg p-Oxybenzoesäurepropylester 0,05 kg
Natriumdisulfit
0,20 kg Heparin-natrium 1,5 . 106 i.E. USP Natronlauge bis pH 9 und Wasser ad 100
Beispiel 4: 2-Sulfanilylamino-pyrimidin (Sulfadiazin) 5,00 kg Chloramphenicol-3-monosuccinat-natrium
0,50 kg 5-Chlor-8-hydroxy-chinolin 0,25 kg 2,2'-Methylen-bis-(3,4,6-trichlorphenol)
(Hexachlorophen) 0,05 kg p-Oxybenzoesäuremethylester 0,10 kg p-Oxybonzoesäurepropylester
0,05 kg Glycerin 10,00 kg Bolus alba 40,00 kg Heparin-natrium 106 i.e. USP Natronlauge
bis pH 9 und Wasser ad 100 Beispiel 5: 2-Sulfa-4,5-dimethyl-oxazol 5,00 kg Chloramphenicol
0,50 kg Glycerin 15,00 kg Bolus alba 45,00 kg p-Oxybenzoesäuremethylester 0,10 kg
p-Oxybenzoesäurepropylester 0,05 kg Natriumdisulfit 0,20 kg Natronlauge bis pH 9
und Wasser ad 100