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Die folgende Erfindung betrifft ein System und eine Vorrichtung zur Kommunikation für Haltestellen des öffentlichen Verkehrs zur Anforderung spezieller Funktionen von Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs, zur Fahrgastinformation, zur Kommunikation zwischen Leitstelle und Fahrgast sowie zur Überwachung von Einrichtungen von Haltestellen und ihrer Umgebung.
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Zum besseren Verständnis der vorliegenden Erfindung werden folgende Begriffsbestimmungen angegeben:
- • Unter Fahrzeugen sollen hier jegliche im öffentlichen Personenverkehr eingesetzte Transportmittel wie Busse, Obusse, Sammeltaxis, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen, Züge, Seilbahnen oder Fahrzeuge von Bahnen besonderer Bauart verstanden werden.
- • Unter einer Haltestelle soll ein gekennzeichneter Ort – insbesondere im öffentlichen Straßenraum, in U-Bahnhöfen und in Bahnhöfen und Haltepunkten von Eisenbahnen – verstanden werden, an dem Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel in Fahrzeuge regelmäßig mindestens ein- oder aussteigen können.
- • Unter einer Leitstelle wird eine zentrale Einrichtung eines oder mehrerer Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs verstanden, in der Informationen über den aktuellen Betriebsablauf gesammelt und ausgewertet werden, der Betrieb koordiniert und bei Bedarf in den Betriebsablauf dispositiv eingegriffen wird. Weiterhin wird hierunter auch eine Einrichtung verstanden, in der Notrufe entgegengenommen und weitergeleitet sowie Informationsanfragen von Fahrgästen beantwortet werden können.
- • Unter einem rechnergestütztes Betriebsleitsystem wird ein automatisiertes System zur Ortung von Fahrzeugen, zur Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Leitstelle und zur Information über Fahrplanabweichungen verstanden.
- • Unter einem Aushangfahrplan wird die tabellarische Darstellung der geplanten Abfahrts- bzw. Ankunftszeiten der Fahrzeuge einer oder aller die Haltestelle bedienenden Linien verstanden.
- • Unter dynamischer Fahrgastinformation werden Systeme zur Information der Fahrgäste über den tatsächlichen Abfahrtszeitpunkt oder die voraussichtliche Wartezeit bis zur Abfahrt oder die aktuelle Verspätung gegenüber der geplanten Abfahrts- bzw. Ankunftszeit des nächsten Fahrzeugs einer die Haltestelle bedienenden Linie verstanden. Sie beziehen ihre Informationen in der Regel aus einem rechnergestützten Betriebsleitsystem des jeweiligen Verkehrsunternehmens. Die benötigten Informationen werden über Datenverbindungen kontinuierlich übertragen und aktualisiert und über ortsfeste Anzeigeeinrichtungen ständig angezeigt.
- • Unter einer Kommunikationsvorrichtung soll eine Vorrichtung bestehend aus wenigstens einer Sende- und Empfangseinheit (z. B. ein Mobilfunkgerät) verstanden werden, mit der an einer Haltestelle Informationen zwischen einem Fahrgast und einer Leitstelle, einem rechnergestützten Betriebsleitsystem oder einem Fahrzeug auf leitungsgebundenem oder drahtlosen Weg – insbesondere über Mobilfunk – übertragen werden können.
- • Unter Benutzerschnittstelle wird eine Vorrichtung verstanden, die mit der Kommunikationsvorrichtung wirkverbunden ist und mit deren Hilfe die Kommunikationsvorrichtung über mindestens einen Drucktaster oder eine alphanumerische Tastatur oder ein Keypad oder einen Touchscreen oder ein Mikrofon haptisch, taktil (berührungsempfindlich) oder akustisch über Spracherkennung gesteuert werden kann.
- • Unter einer Ausgabevorrichtung soll eine Vorrichtung verstanden werden, mit der an einer Haltestelle Informationen an Fahrgäste über akustische Ansagen oder optische Anzeigen ausgegeben werden können.
- • Unter einem Funktionssignal soll ein von der Kommunikationsvorrichtung generiertes Signal verstanden werden, mit dem bei Fahrzeugen direkt oder indirekt bestimmte, vom regelmäßigen Betriebsablauf abweichende Verfahren angefordert werden, wie zum Beispiel ein Halt an einer nur bei Bedarf bedienten Haltestelle, das seitliche Neigen des Wagenfußbodens an der Haltestelle zur Erleichterung des Einstiegs mobilitätseingeschränkter Personen („kneeling”) oder Ansage von Linie und Fahrziel über Außenlautsprecher an der Haltestelle zur Information sehbehinderter Fahrgäste.
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Im Stand der Technik sind für Haltestellen Systeme zur Information und zum Absetzen von Notrufen (Informations- und Notrufsäulen), zur dynamischen Fahrgastinformation über Anzeigetafeln sowie für Lautsprecherdurchsagen bekannt. Diese Systeme sind zumeist auf Haltestellen von Eisenbahnen und U-Bahnen sowie auf Haltestellen mit besonders hoher Fahrgastfrequenz beschränkt. Mit ihnen können keine Funktionssignale an ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem oder an einzelne Fahrzeuge übertragen werden.
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Die Problemstellung besteht darin, dass aufgrund der hohen Investitions- und Betriebskosten im Stand der Technik eine vollständige oder auch nur weitgehende Ausrüstung der Haltestellen eines Verkehrsnetzes mit Kommunikationsmitteln nicht möglich ist. Daher können fahrgastgesteuerte, bedarfsabhängige Betriebsverfahren im öffentlichen Personenverkehr in der Regel nicht angeboten werden, und Systeme zur dynamischen Fahrgastinformation im Straßenbahn- und Busbereich sind typischerweise auf wenige, ausgewählte Haltestellen eines Verkehrsnetzes beschränkt.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, an solchen Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, an denen die Ausrüstung mit Kommunikationsmitteln bislang aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen ausscheidet, eine kostengünstige und einfach zu installierende Lösung für die bedarfsabhängige Beeinflussung des Betriebs sowie die aktuelle Fahrgastinformation bereitzustellen.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Haltestelle mit einer Kommunikationsvorrichtung (z. B. ein Mobilfunkgerät) mit Benutzerschnittstelle ausgestattet wird, mit der die Fahrgäste bedarfsabhängig Funktionssignale an das rechnergestützte Betriebsleitsystem oder an einzelne Fahrzeuge senden können. Weiterhin kann die voraussichtliche Wartezeit auf das nächste Fahrzeug einer die Haltestelle bedienenden Linie abgefragt und akustisch oder optisch ausgegeben werden. Hierzu ist die Haltestelle zusätzlich mit einer Ausgabevorrichtung auszurüsten. Zusätzlich kann die Kommunikationsvorrichtung mit Benutzerschnittstelle und Ausgabevorrichtung auch für Notrufe oder Informationsanfragen an die Leitstelle genutzt werden.
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Eine weitere erfindungsgemäße Besonderheit der Benutzerschnittstelle besteht darin, dass für jede auszulösende Funktion (z. B. Abfrage der Wartezeit, Notruf oder Kneeling des Busses) und jede der die Haltestelle bedienenden Linien an der Haltestelle wenigstens ein separates Eingabeelement (z. B. ein Drucktaster oder ein Keypad) vorhanden ist, so dass ein wartender Fahrgast Informationsabfragen und Aktionen des nächsten Fahrzeugs steuern kann. Dies geschieht, indem er die gewünschte Funktion und die jeweilige Linie über die Eingabeeinheit eingibt, so dass die Kommunikationseinrichtung die Anfrage an wenigstens ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem übermitteln kann und anschließend die vom Betriebsleitsystem gegebene Information bzw. Unterstützung akustisch (z. B. durch eine lokal erzeugte synthetische Stimme lokal oder eine fernübertragene synthetische Stimme oder eine Telefonverbindung mit einer natürlichen Person) oder/und optisch an der Haltestelle oder an wenigstens einem Fahrzeug der entsprechenden Linie ausgegeben wird.
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Für die optionale optische oder/und akustische Ausgabe am Fahrzeug wird erfindungsgemäß jedes Fahrzeug mit wenigstens einer Sende- und Empfangseinheit sowie wenigstens einer Ausgabeeinheit ausgestattet. Die Kommunikation zwischen der Haltestelle und dem Betriebsleitsystem kann dabei über Mobilfunk, leitungsgebunden oder auf anderem, nicht leitungsgebundenem Weg erfolgen während die Kommunikation zwischen Haltestelle bzw. Betriebsleitsystem auf der einen Seite und dem Fahrzeug der entsprechenden Linie auf der anderen Seite ausschließlich drahtlos erfolgt.
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Die Bedienung der Kommunikationsvorrichtung erfolgt an der Haltestelle zweckmäßig über die Benutzerschnittstelle, die für die Benutzung durch sehbehinderte Personen mit tastbarer Beschriftung ausgerüstet sein kann.
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Der Vorteil der vorliegenden Erfindung besteht darin, dass die Kommunikationsvorrichtung für die bedarfsabhängige, automatisierte Anforderung beliebiger Sonder- oder Zusatzleistungen eingesetzt werden kann, indem der Fahrgast gewünschte Leistungsmerkmale über die Benutzerschnittstelle als Funktionssignal beim rechnergestützten Betriebsleitsystem oder direkt beim Fahrzeug anfordert. Solche Leistungsmerkmale sind z. B. das Neigen eines Fahrzeugs zur Seite, um mobilitätseingeschränkten Fahrgästen das barrierefreie Einsteigen zu erleichtern („kneeling”), die Ansage von Linie Fahrziel über Außenlautsprecher des Fahrzeugs beim Eintreffen an der Haltestelle, um sehbehinderten Fahrgästen die eindeutige Identifikation des richtigen Fahrzeugs zu erleichtern, die Anforderung eines Fahrzeughaltes an einer Bedarfshaltestelle oder von Fahrten in bedarfsgesteuerten Bussystemen wie z. B. Anruf-Sammeltaxis. Durch den kombinierten Einsatz zweier Sende- und Empfangseinheiten jeweils kombiniert mit wenigstens einer Ausgabevorrichtung am Fahrzeug und an der Haltestelle kann die Kommunikation zudem dynamisch allokiert werden; d. h. wahlweise können angeforderte Informationen an den Fahrgast durch die Haltestelle oder das Fahrzeug ausgegeben werden.
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Ein zweiter Vorteil besteht in der Verbesserung der Zugänglichkeit für mobilitäts- bzw. sehbehinderte Fahrgäste durch die bedarfsgesteuerte Anforderung von Funktionen des Fahrzeugs wie „kneeling”, der Verbesserung der Information für sehbehinderte Fahrgäste die akustische Ausgabe der Wartezeit und des Eintreffens des Fahrzeugs sowie die Verbesserung der allgemeinen Sicherheit für alle Fahrgäste durch die Notruf- und Informationsfunktion.
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Ein dritter Vorteil besteht darin, dass fahr- bzw. haltezeitverlängernde Zusatzfunktionen (z. B. Kneeling) nur noch bei Bedarf durchgeführt werden, so dass der Wartungsaufwand der Fahrzeuge sinkt und die Pünktlichkeit (Betriebsqualität) steigt.
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Ein vierter Vorteil besteht darin, dass durch die gegenüber heute üblichen Anlagen zur dynamischen Fahrgastinformation deutliche Verringerung der Investitionskosten eine weitreichende Ausrüstung der Haltestellen eines Straßenbahn- bzw. Busnetzes mit Anlagen zur aktuellen Fahrgastinformation ermöglicht wird. Der Hauptgrund hierfür liegt darin begründet, dass erfindungsgemäß die benötigten Informationen nicht ständig, sondern nur bei Bedarf und übertragen und ausgegeben bzw. angezeigt werden. Dies führt weiterhin zu sinkenden Betriebskosten – insbesondere für die Kommunikation.
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Ein fünfter Vorteil besteht darin, dass es möglich ist, die Kommunikationsvorrichtung zur Steuerung von elektronischem Papier (e-Ink) zu verwenden, so dass die Fahrpläne bei Fahrplanumstellungen, geplanten Umleitungen, kurzfristigen Linienänderungen oder bei Großereignissen automatisch aktualisiert werden können.
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Ein sechster Vorteil besteht darin, dass die Kommunikationsvorrichtung zur Überwachung der Haltestellenausrüstung (Beleuchtung, Glasbruch usw.) sowie weiterer überwachungsbedürftiger Infrastruktur in der unmittelbaren Umgebung der Haltestelle (z. B. Straßenbeleuchtung, Werbeträger usw.) eingesetzt werden kann. Diese Infrastruktur muss dafür mit der Kommunikationsvorrichtung in geeigneter Weise über Kabel oder funkbasierte Kurzstrecken-Kommunikation verbunden werden.
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Eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird im Folgenden anhand der Zeichnung näher beschrieben:
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Haltestelle (Grundkörper)
- 2
- Kommunikationsvorrichtung
- 3
- Benutzerschnittstelle
- 4
- Rechnergestütztes Betriebsleitsystem
- 5
- Fahrzeug
- 6
- Ausgabevorrichtung
- 7
- Leitstelle
- 8
- Aushangfahrplan
- 9
- Funktionssignal
- 10
- Sprechverbindung