-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ermittlung einer in der Aufstandsfläche eines Rades eines Fahrzeugs wirkenden Bremskraft für eine Bremskraftregelung, die die Bremskraft mit einer hohen Genauigkeit ermitteln.
-
Moderne Bremssysteme in Kraftfahrzeugen sind mit übergeordneten Regelsystemen (ABS, ASR, ESP, etc.) ausgerüstet. Diese Regelsysteme beeinflussen die Fahrzeugdynamik mit dem Ziel, die vom Fahrzeugführer vorgegebene Verzögerung und den Kurs einzuhalten.
-
Stand der Technik dieser Systeme ist, daß der übergeordneten Regelung (z. B. Radschlupfregelung/Radverzögerungsregelung, Schwimmwinkelregelung, etc.) eine Spannkraftsteuerung unterlagert ist. Bei manchen Systemen wird über ein Hydraulikdruckmodell die an der Radbremse anliegende Spannkraft rekonstruiert und geregelt. Wie in der
DE 197 42 920 A1 gezeigt ist, kann die Spannkraft z. B. bei konventionellen hydraulischen Bremsanlagen durch Messung und bei elektromechanischen Bremsen durch Messung oder durch Rekonstruktion ermittelt werden.
-
Allgemein kann als Rückführungsgröße für die Regelung von Fahrzeugbremsen die in der Radaufstandsfläche wirkende Bremskraft herangezogen werden, da sie die die Fahrzeugdynamik direkt beeinflussende Größe ist. Theoretisch kann die Bremskraft aus der Radaufstandskraft über einen Reibwert zwischen Fahrbahn und Reifen ermittelt werden. Dieser Radreibwert hängt von vielen veränderlichen Faktoren wie z. B. der Straßenoberfläche, dem Zwischenmedium zwischen Reifen und Fahrbahn, dem Reifenprofil etc. ab. Der Radreibwert kann sich somit schnell ändern, weshalb seine genaue Ermittlung schwierig ist. Dementsprechend läßt sich daraus auch die davon abhängige Bremskraft nicht genau ermitteln.
-
Aus der
DE 39 23 599 C2 ist ein gattungsgemäßes Verfahren zur Ermittlung einer wirkenden Bremskraft eines Rades eines Fahrzeugs bekannt. Hierbei werden die Radgeschwindigkeit und der Bremsdruck gemessen, aus diesen Meßgrößen mit Hilfe eines Parameterschätzverfahrens Parameter bestimmt und in Abhängigkeit von diesen Parametern die Bremskraft bestimmt.
-
Eine Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ermittlung einer in der Aufstandsfläche eines Rades eines Fahrzeugs wirkende Bremskraft für eine Bremskraftregelung anzugeben, die die Bremskraft mit einer hohen Genauigkeit ermitteln.
-
Diese Aufgabe wird mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst. Abhängige Ansprüche sind auf bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung gerichtet.
-
Erfindungsgemäß kann ein Spannkraftermittlungsmodul eine eine Bremsung bewirkende Spannkraft einer Bremse ermitteln. Ein Faktorermittlungsmodul kann einen Bremsenübersetzungsfaktor ermitteln, der eine Proportionalität zwischen der Spannkraft und der Bremskraft darstellen kann. Weiterhin kann ein Bremskraftermittlungsmodul die Bremskraft in Abhängigkeit von der Spannkraft und dem Bremsenübersetzungsfaktor ermitteln. Vorteilhaft wird der Bremsenübersetzungsfaktor mit einem Parameterschätzverfahren geschätzt. Durch die Ermittlung der Bremskraft in Abhängigkeit von genau ermittelbaren Größen weist die Bremskraft ebenfalls eine hohe Genauigkeit auf.
-
Die Spannkraft kann eine Bremsung während eines Bremsspannvorgangs und/oder eines Bremslösevorgangs bewirken. Die Bremsung kann dabei hydraulisch oder auch elektromechanisch bewirkt werden. Sie kann z. B. über eine Bremsscheibe oder eine Bremstrommel ausgeübt werden.
-
Verschiedene Ausführungsformen der Erfindung werden nun beispielhaft mit Bezug auf die beigefügten schematischen Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
-
1 ein vereinfachtes Radmodell,
-
2 ein Diagramm zur Erläuterung des Zusammenhangs zwischen dem Reibwert und dem Schlupf eines Rades,
-
3 ein Blockschaltbild einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
-
4 ein Flußdiagramm einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
-
5 einen Vergleich von Ergebnissen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren (geschätzt) mit Vergleichsmessungen (gemessen).
-
In
1 ist ein Modell eines Rades
1 vereinfacht dargestellt. Innerhalb des Rades
1 ist eine Bremsscheibe
3 angedeutet, auf der ein Bremsbelag
2 anliegen kann. Vorteilhaft ist auf der abgewandten Seite der Bremsscheibe
3 ein entsprechender Bremsbelag gegenüber vom dargestellten Bremsbelag
2 vorhanden. Auf den Bremsbelag
2 kann z. B. senkrecht dazu eine Spannkraft F
SP wirken. Die Reibwirkung des Bremsbelages
2 kann in einem Wirkungspunkt
6 auf einem Reibradius r
B zusammengefaßt werden. Das Rad
1 kann sich ebenso wie die Bremsscheibe
3 um die Achse
5 mit der Radwinkelgeschwindigkeit ω
R drehen. Das Rad
1 kann als starre Scheibe mit einer Trägheit θ
R angenommen werden. Weiterhin kann der dynamische Reifenradius r
dyn als konstant betrachtet werden. Zwischen dem Rad
1 und der Fahrbahn
4 wirkt die Radaufstandskraft F
z vorzugsweise senkrecht zur Fahrbahn
4. Beim Bremsen wird eine Bremskraft F
B entgegen der Fahrtrichtung erzeugt. Die Bremskraft F
B kann z. B. mit folgender Gleichung aus der Spannkraft E
SP ermittelt werden:
mit der inneren Übersetzung C*, die sich bei Scheibenbremsen aus dem doppelten Belagreibwert μ
B zwischen Bremsbelag und -scheibe zusammensetzen kann (C* = 2·μ
B), der Radwinkelbeschleunigung ω . und dem Bremsenübersetzungsfaktor τ
B, der sich aus der inneren Übersetzung C* und dem wirksamen Reibradius r
B zusammensetzt.
-
Von den in der Gleichung (1) aufgeführten Größen können alle bis auf die Bremskraft F
B und den Bremsenübersetzungsfaktor τ
B auf bekannte Weise ermittelt werden. Zur Ermittlung des Bremsenübersetzungsfaktors τ
B kann z. B. der Belagreibwert μ
B ermittelt werden. Dieser ist abhängig von vielen Einflußfaktoren wie z. B. Belagart und Zusammensetzung, Belag- und Scheibentemperatur, Relativgeschwindigkeit zwischen den Reibpartnern, Anpreßdruck, Bremsscheibenwerkstoff sowie Zwischenmedium/Fremdstoffen (Wasser, Abrieb, Schmutz, etc.). Eine exakte Vorausberechnung des Belagreibwerts μ
B in Abhängigkeit von diesen Einflußfaktoren ist nicht möglich. In Burckhardt: ”Fahrwerktechnik: Bremsdynamik und Pkw-Bremsanlagen”, Vogel-Verlag, 1991, wird ein Ansatz zur Abschätzung seines Wertes angegeben:
-
Dabei ist der Einfluß der Relativgeschwindigkeit gering und wird vernachlässigt. μB,max ist dabei der maximale Belagreibwert, TB die Reibflächentemperatur, TB* die Reibflächentemperatur bei μB,max, phyd der Hydraulikdruck, phyd* ein Referenzhydraulikdruck (in der Regel der für das System maximal zulässige Druck), und CT sowie CP sind dimensionslose Materialkonstanten. Die Reibflächentemperatur TB kann nach dem ebenfalls dort angegebenen Differenzverfahren ermittelt werden.
-
Der wirksame Reibradius rB ändert sich z. B. durch das Aufweiten der Faust der Bremse unter Spannkraft sowie durch Schrägverschleiß der Bremsbeläge oder der Bremsscheibe. Somit unterliegen der Belagreibwert μB und der wirksame Reibradius rB großen Schwankungen, die sich in dem Bremsenübersetzungsfaktor τB niederschlagen. Es ist bei Belagfachleuten bekannt, daß der Belagreibwert μB z. B. unter Extrembelastungen um ±30% streuen kann. Dabei sind die langfristigen Schwankungen des Belagreibwerts μB durch Verschleiß und Materialveränderungen sehr viel geringer (< 10%) als die kurzfristigen Schwankungen durch Temperaturänderungen. Anhand des Belagreibwertes μB und des wirksamen Reibradius rB kann daher nur auf das Verhalten des Bremsenübersetzungsfaktors τB geschlossen werden, dieser selbst kann aber auf die beschriebene Weise nicht genau ermittelt werden.
-
Zur Ermittlung des Bremsenübersetzungsfaktors kann Gleichung (1) nach dem Bremsenübersetzungsfaktor τ
B aufgelöst werden und die Bremskraft F
B durch den Radreibwert zwischen Reifen und Fahrbahn μ
Rx und die Radaufstandskraft F
z ausgedrückt werden, so daß z. B. mit dem Radlagerreibungsmoment M
LR,R bei Geradeausfahrt gilt:
-
Der Radreibwert μRx kann dabei vom Bremsschlupf λBx abhängig sein, wobei der Zusammenhang wiederum Einflußparametern wie Straßenoberfläche, Zwischenmedium, Reifenprofil, etc. unterliegen kann. Dabei können sich insbesondere die Parameter Straßenoberfläche und Zwischenmedium im Fahrbetrieb sehr schnell ändern. In 2 ist beispielhaft der Zusammenhang zwischen dem Radreibwert μRx und dem Bremsschlupf λBx für drei unterschiedliche Einflußfaktorkombinationen gezeigt. Es ergeben sich etwa gleich ausgebildete Kurven, deren Maxima z. B. von den unterschiedlichen genannten Einflußfaktoren abhängen. Allen gemeinsam ist im wesentlichen die Steigung der Kurven aus dem Ursprung bis zum Einsetzen des sogenannten Gleitschlupfes, dargestellt durch den Gleitbeginn in 2. Diese Steigung, die sog. Längssteife k des Reifens, hängt ausschließlich vom Reifentyp und von der Profiltiefe, also dem Verschleißzustand ab (siehe Eichhorn und Roth: ”Kraftschluß zwischen Reifen und Fahrbahn – Einflußgrößen und Erkennung”, VDI-Berichte Nr. 916, VDI-Verlag 1993). Dieser Bereich der Reibwert/Schlupf-Kurve ändert sich demzufolge nur sehr langsam und kann sich daher z. B. als Parameter zur Ermittlung des Bremsenübersetzungsfaktors τB eignen.
-
Für den Radreibwert μRx vor dem Gleitbeginn kann mit der Längssteife k folgender einfacher Zusammenhang dargestellt werden: μRx = k·λBx. (4)
-
Die Gleichung (4) kann in Gleichung (3) eingesetzt werden, so daß sich für den Bremsenübersetzungsfaktor ergibt:
-
Hierbei sind die Radaufstandskraft Fz, der Bremsschlupf λBx und die Längssteife k noch zu bestimmen. Die Radaufstandskraft Fz kann z. B. nach einem bekannten Verfahren ermittelt werden (Tiemann: ”Untersuchungen zm Bremsverhalten von Pkw mit ABS auf unebener Fahrbahn unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses des Schwingungsdämpfers, Fortschritt-Berichte VDI Reihe 12 Nr. 204, VDI-Verlag, 1994).
-
Der Schlupf λ läßt sich z. B. anhand der folgenden Gleichung aus der Fahrzeuggeschwindigkeit v
Kfz und der jeweiligen Radwinkelgeschwindigkeit bestimmen:
-
Eine Bestimmung des Radschlupfes über die Geschwindigkeit in der Radaufstandsfläche anstatt über die Fahrzeuggeschwindigkeit v
Kfz ist auch denkbar. Zur Ermittlung der Längssteife k nach Gleichung (4) wird der Radreibwert μ
Rx vor dem Gleitbeginn benötigt. Dieser kann während des Fahrzeugantriebs aus der Radhorizontalkraft F
x in der Aufstandsfläche in Reifenlängsrichtung und der Radaufstandskraft F
z ermittelt werden:
da die Radhorizontalkraft F
x, zumindest an den Rädern der angetriebenen Achse, in den Antriebsphasen des Fahrzeugs aus dem Moment des Verbrennungsmotors bestimmt werden kann. Hierbei kann die Radhorizontalkraft F
x aus folgender Gleichung ermittelt werden:
-
FRoll ist die Rollreibung, MAR das Radantriebsmoment und MRL,R das Radlagerreibmoment. Bei modernen Fahrzeugen kann das vom Fahrzeugmotor an das Getriebe abgegebene Moment bereits mit hoher Genauigkeit und unter Berücksichtigung der von den Nebenaggregaten aufgenommenen Leistung im Motorsteuergerät über ein Momentenmodell (z. B. Motorsteuerung ME 7 der Fa. Bosch, Unland et al.: ”Neue effiziente Applikationsverfahren für die physikalisch basierte Motorsteuerung ME 7”, MTZ Motortechnische Zeitschrift 59, No. 11, S. 744–751, 1998”) berechnet oder mittels eines Momentensensors (Siemens: ”Neuer Sensor für die Drehmomentenmessung”, ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 100, Nr. 4, S. 268, 1998”) zwischen Motor und Getriebe gemessen werden. Mit den bekannten Übersetzungen von Getriebe und Differential sowie den Wirkungsgraden und den Trägheiten der Komponenten des Antriebsstrangs kann das Radantriebsmoment MAR berechnet werden. Während einer Bremsung kann die Radhorizontalkraft Fx auf diese Weise jedoch nicht ermittelt werden. Es läßt sich somit zunächst nur die Längssteife k der angetriebenen Räder während des Antriebs ermitteln.
-
Es kann für die folgenden Erläuterungen davon ausgegangen werden, daß die Reifen einer Achse vom gleichen Typ sind (in den meisten Ländern vom Gesetzgeber vorgeschrieben) und den gleichen Verschleißzustand aufweisen. Bei modernen Fahrzeugen mit Reifenfülldruck-Kontrollsystemen kann dies von der Elektronik überprüft werden, da die Reifensensoren dem Steuergerät eine Reifenkennung übermitteln (Normann und Festenberg: ”Elektronische Reifendruck-Kontrolle”, Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 12, Nr. 362, VDI-Verlag, 1998”). Dadurch können Unterschiede der Reifen berücksichtigt bzw. ausgeglichen werden. Somit kann für die Reifen einer Achse von der gleichen Längssteife k ausgegangen werden. Im folgenden wird beispielhaft ein Fahrzeug mit angetriebener Hinterachse HA betrachtet. Die Längssteife der angetriebenen Hinterräder k
HA kann somit wie folgt ermittelt werden:
wobei der Index ”HA” für die Hinterachse steht. Bei dem Antriebsschlupf λ
Tx,HA und der Radaufstandskraft F
z,HA kann es sich jeweils um den Mittelwert aus den jeweiligen Werten für das linke und das rechte Rad der Hinterachse HA handeln. Die Radhorizontalkraft F
x,HA kann der Radhorizontalkraft F
x aus Gleichung (8) entsprechen, da das Differentialgetriebe für eine Gleichverteilung der Momente an den beiden Rädern der angetriebenen Achse sorgt. Um die Genauigkeit der Längssteife k
HA nach Gleichung (9) zu erhöhen, kann diese z. B. im Fahrbetrieb mittels eines Parameterschätzverfahrens, vorzugsweise eines rekursiven Least-Squares(RLS)-Schätzverfahrens ermittelt werden (siehe z. B. Isermann: ”Identifikation dynamischer Systeme”, Bd. 1, Springer-Verlag, 1992). Durch die Einführung eines Vergessensfaktors, der nahezu 1 ist, läßt sich der Veränderung der Längssteife k
HA durch die Abnutzung des Profils und durch die Alterung des Reifengummis Rechnung tragen, wobei der Vergessensfaktor in Abhängigkeit von der Abtastzeitkonstanten gewählt werden kann. Ein hoher Vergessensfaktor von nahezu 1 bedeutet, daß viele vorherige Werte zur Schätzung beitragen (siehe Isermann, a. a. O.). Bei allradgetriebenen Fahrzeugen kann die Ermittlung der Längssteife k
VA an den Vorderrädern VA analog zur Schätzung der Längssteife k
HA an den Hinterrädern HA erfolgen.
-
Werden der Antriebsschlupf und der Bremsschlupf λ
Bx nach Gleichung (6) betrachtet, so sind ihre Beträge zumindest für dieselbe Reifen-Fahrbahn-Paarung gleich. Somit kann die im Antrieb ermittelte Längssteife der angetriebenen Räder k
HA für den Fall der Bremsung dieser Räder übernommen werden. Damit kann für den Bremsfall der Räder der Antriebsachse gelten:
wobei die Radhorizontalkraft F
x im Bremsfall der Bremskraft F
B entsprechen kann.
-
Es bleibt somit noch die Längssteife k
VA der nicht angetriebenen Räder, in diesem Beispiel die der Vorderräder zu ermitteln. Dieses erfolgt vorzugsweise während eines Bremsvorgangs, da nur dann Horizontalkräfte von den nicht angetriebenen Rädern an die Fahrbahn übertragen werden. Die Bremskraft der nicht angetriebenen Räder F
B,VA kann aus der Differenz der Gesamtbremskraft F
B,ges des Fahrzeugs und der z. B. mittels Gleichung (10) ermittelten Bremskraft F
B,HA der angetriebenen Räder im Bremsfall bestimmt werden:
FB,VA = FB,ges – FB,HA‚ (11)
-
Dabei können sich der Bremsschlupf λBx,VA und die Radaufstandskraft Fz,VA aus dem jeweiligen Mittelwert des linken und des rechten Rades der Vorderachse VA ergeben.
-
Die Gesamtbremskraft FB,ges des Fahrzeugs kann aus der Gesamtverzögerung bzw. negativen Längsbeschleunigung ẍA des Fahrzeugs und der Masse des Fahrzeugs mKfz unter Berücksichtigung der Luftwiderstandskraft in Längsrichtung FLx und der Gesamtrollwiderstandskraft FRoll,ges wie folgt ermittelt werden: FB,ges = ẍA·mKfz – FLx – FRoll,ges. (13)
-
Die Längssteife der nicht angetriebenen Räder kVA kann ebenso wie die Längssteife der angetriebenen Räder kHA zur Verbesserung der Genauigkeit, d. h. z. B. zur Störunterdrückung, im Fahrbetrieb anhand eines Parameterschätzverfahrens, z. B. des RLS-Verfahrens, ermittelt werden. Dabei kann jeweils ein Vergessensfaktor gewählt werden, der vorzugsweise in einem Bereich zwischen 0,9 und 1, beispielsweise bei 0,9999 liegt.
-
Die Bremsenübersetzungsfaktoren τ
B für die einzelnen Räder
1 des Fahrzeugs können entsprechend einer der folgenden Gleichungen ermittelt werden:
-
Hierbei kennzeichnet der Index ”vl” das linke Vorderrad, der Index ”vr” das rechte Vorderrad, der Index ”hl” das linke Hinterrad und der Index ”hr” das rechte Hinterrad, sowie der Index ”v” vorne und der Index ”h” hinten.
-
Zur Erlangung einer hohen Genauigkeit für den Bremsenübersetzungsfaktor τB, z. B. zur Unterdrückung von Störungen und/oder Meßfehlern, kann dieser mittels eines Parameterschätzverfahrens, vorzugsweise eines RLS-Verfahrens mit einem Vergessensfaktor geschätzt werden, der vorzugsweise in einem Bereich zwischen 0,9 und 1 liegt. Dabei kann der Vergessensfaktor niedriger gewählt werden als bei der Schätzung der Längssteifen k, da sich der Bremsenübersetzungsfaktor τB (z. B. durch Temperaturschwankungen) schneller ändern kann als die Längssteife k.
-
Mit den geschätzten Bremsenübersetzungsfaktoren können z. B. die Radbremskräfte anhand von Gleichung (1) ermittelt werden.
-
Eine mögliche Realisierung der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist am Beispiel eines heckangetriebenen Fahrzeuges schematisch in 3 gezeigt. Darin sind mehrere Eingänge 17 gezeigt, über die z. B. sämtliche für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens benötigten Eingangsgrößen und/oder Konstanten bzw. Parameter eingegeben werden können. Diese können z. B. die Spannkräfte FSP der einzelnen Räder, die Fahrzeuggeschwindigkeit VKfz, die Längsbeschleunigung des Fahrzeugs ẍA sowie die Drehwinkelgeschwindigkeiten ωR sein. Weiterhin kann ein Radaufstandskraftmodul 8 die Radaufstandskräfte der jeweiligen Räder ermitteln und diese zur weiteren Verarbeitung an eine allgemeine Daten- und/oder Steuerleitung 16 ausgeben. Das Radaufstandskraftmodul 8 kann auch nicht gezeigte Eingänge aufweisen. Über die Leitung 16 können einem Achsantriebsmomentenmodul 7 z. B. die Radaufstandskräfte der Hinterräder Fz,hl und Fz,hr und die Fahrzeuggeschwindigkeit vKfz zugeführt werden. Das Achsantriebsmomentenmodul 7 kann z. B. während des Antriebs des Fahrzeugs das Achsantriebsmoment MAR ermitteln und auf die Leitung 16 ausgeben. Außerdem kann es die Radhorizontalkraft Fx,HA in Radlängsrichtung ermitteln und an ein erstes Längssteifenmodul 9 ausgeben.
-
Das erste Längssteifenmodul 9 kann als weitere Eingangsgrößen die Radaufstandskräfte der Hinterräder Fz,hl und Fz,hr sowie die entsprechenden Raddrehgeschwindigkeiten ωR,hl und ωR,hr sowie die Fahrzeuggeschwindigkeit vKfz erhalten. Aus den genannten Eingangsgrößen kann das erste Längssteifenmodul 9 den Bremsschlupf für die Hinterräder λBx,HA und die entsprechende Längssteife kHA ermitteln und z. B. an ein zweites Längssteifenmodul 11 ausgeben. Das erste Längssteifenmodul 9 kann hierbei z. B. die Längssteife der angetriebenen Räder kHA gemäß Gleichung (9) ermitteln, vorzugsweise mit einem Parameterschätzverfahren schätzen. Das zweite Längssteifenmodul 11 kann als Eingangsgrößen über die Leitung 16 die jeweiligen Radwinkelgeschwindigkeiten der einzelnen Räder ωR,vl, ωR,vr, ωR,hl und ωR,hr, die Fahrzeuggeschwindigkeit VKfz, die Längsbeschleunigung des Fahrzeugs ẍA und die jeweiligen Radaufstandskräfte der einzelnen Räder Fz,vl, Fz,vr, Fz,hl und Fz,hr erhalten. Es kann dann aus seinen Eingangsgrößen den Bremsschlupf der Vorderräder λBx,VA und die zugehörige Längssteife kVA ermitteln und an ein Faktorermittlunsmodul 10 ausgeben. Das zweite Längssteifenmodul 11 kann dabei die Längssteife der nicht angetriebenen Räder kVA gemäß Gleichung (12) ermitteln, vorzugsweise mit einem Parameterschätzverfahren schätzen.
-
Das Faktorermittlungsmodul 10 erhält als weitere Eingangsgröße von dem ersten Längssteifenmodul 9 die Längssteife der Hinterräder kHA. Weiterhin können ihm über die Leitung 16 die Spannkräfte FSP, die Radaufstandskräfte Fz und die Radwinkelgeschwindigkeiten ωR der jeweiligen Räder sowie die Fahrzeuggeschwindigkeit VKfz und das Achsantriebsmoment MAR zugeführt werden. Das Faktorermittlungsmodul 10 kann dann aus seinen Eingangsgrößen die Bremsenübersetzungsfaktoren τB der einzelnen Räder vorzugsweise nach einem Parameterschätzverfahren ermitteln und an ein Bremskraftermittlungsmodul 12 ausgeben.
-
Das Bremskraftermittlungsmodul 12 kann aus entsprechenden Eingangsgrößen von der Leitung 16 und den Bremsenübersetzungsfaktoren τB die Bremskräfte FB der jeweiligen Räder nach Gleichung (1) ermitteln und an eine Bremskraftregelung 13 ausgeben, die dann entsprechende Signale zur Einstellung der jeweiligen Bremsen ausgeben kann.
-
Die erfindungsgemäße Vorrichtung und das erfindungsgemäße Verfahren können z. B. auch in der Bremskraftregelung 13 integriert sein. Weiterhin können in jedem Modul Speicher zum Speichern von benötigten und/oder ermittelten Größen vorgesehen sein. Die einzelnen Module können auch über entsprechende Leitungen direkt miteinander verbunden sein. Es können auch ggf. weitere nicht gezeigte Ein- und Ausgänge zur Ansteuerung durch eine nicht gezeigte Steuereinheit und/oder zur Datenübertragung vorgesehen sein. Vorzugsweise sind die Merkmale der erfindungsgemäßen Vorrichtung und des erfindungsgemäßen Verfahrens in digitaler Technik realisiert, wobei die Längssteife k z. B. mit einer Zeitkonstanten im Millisekunden- bis Sekundenbereich und der Bremsübersetzungsfaktor mit einer ebenso großen oder auch einer kleineren Zeitkonstanten ermittelt werden können.
-
Vorteilhaft kann die Ermittlung der Längssteife der angetriebenen Räder kHA nur bei Antriebsschlupfwerten von z. B. λTx,HA < 0,03 erfolgen. Damit kann z. B. sichergestellt werden, daß der Zusammenhang zwischen dem Radreibwert μRx und dem Antriebsschlupf λTx linear ist. Die Ermittlung der Längssteife der nicht angetriebenen Räder kVA erfolgt vorzugsweise nur bei einem Bremsschlupf der Vorderachse von z. B. λBx,VA < 0,03 und/oder einem Bremsschlupf der Hinterachse von z. B. λBx,HA < 0,03. Damit kann ebenfalls sichergestellt werden, daß der Zusammenhang zwischen dem Radreibwert μRx und dem jeweiligen Bremsschlupf λBx linear ist. Dementsprechend kann die Ermittlung der Bremsenübersetzungsfaktoren τB z. B. während einer Bremsung nur bei einem Bremsschlupf der Vorderachse von z. B. λBx,VA < 0,03 und/oder einem Bremsschlupf der Hinterachse von z. B. λBx,HA < 0,03 erfolgen. In den übrigen Fällen kann der Bremsenübersetzungsfaktor τB z. B. aus einem Speicher übernommen werden, in dem der zuletzt und/oder mehrere zuvor ermittelte Bremsenübersetzungsfaktoren τB gespeichert sind. Die angeführten Zusammenhänge gelten insbesondere für die Geradeausfahrt des Fahrzeugs. Bei eingelenkten Rädern können die Bremsenübersetzungsfaktoren z. B. auch aus einem Speicher übernommen werden.
-
In 4 ist ein Flußdiagramm einer erfindungsgemäßen Ausführungsform am Beispiel eines heckangetriebenen Fahrzeuges gezeigt. Dort werden zunächst im Schritt 18 die Geschwindigkeit des Fahrzeugs vKfz, die Fahrzeuglängsbeschleunigung ẍA sowie die Spannkraft FSP und die Radwinkelgeschwindigkeit ωR eines oder mehrerer Räder 1 ermittelt. Daran anschließend wird im Schritt 19 die Radaufstandskraft eines oder mehrerer Räder 1 ermittelt. Danach wird im Schritt 20 abgefragt, ob das Fahrzeug angetrieben oder gebremst wird. Dieses kann z. B. durch Auswerten der Fahrzeuggeschwindigkeit vKfz erfolgen Wird das Fahrzeug weder angetrieben noch gebremst (nicht gezeigt), so kann eine Möglichkeit vorgesehen sein, daß das Verfahren für die aktuelle Reglerschleife beendet wird.
-
Wird das Fahrzeug angetrieben, so werden im Schritt 21 das Motorantriebsmoment MAR und die Radhorizontalkraft in Längsrichtung Fx ermittelt. Daran anschließend werden im Schritt 22 der Antriebsschlupf der angetriebenen Räder λTx,HA und die entsprechende Längssteife kHA ermittelt. Danach wird im Schritt 23 abgefragt, ob der Antriebsschlupf der angetriebenen Räder λTx,HA im gültigen Bereich liegt, also, z. B. kleiner als 0,03 ist. Ist dieses der Fall, wird sein Wert abgespeichert. Wird die Frage im Schritt 23 verneint, ist das Verfahren beendet.
-
Ergibt sich im Schritt 20, daß das Fahrzeug gebremst wird, werden im Schritt 25 der Bremsschlupf der nicht angetriebenen Räder λBx,VA sowie die entsprechende Längssteife kVA ermittelt. Daran anschließend wird im Schritt 26 abgefragt, ob der Bremsschlupf der nicht angetriebenen Räder λBx,VA kleiner als 0,03 ist. Ist dieses der Fall, wird im Schritt 27 der Bremsenübersetzungsfaktor τB eines oder mehrerer Räder 1 ermittelt, dessen Wert im Schritt 28 abgespeichert wird. Im nachfolgenden Schritt 29 wird die Bremskraft FB eines oder mehrerer Räder 1 ermittelt. Wird die Abfrage im Schritt 26 verneint, wird sofort zum Schritt 29 übergegangen.
-
Im Schritt 25 kann z. B. außerdem der Bremsschlupf der angetriebenen Räder λBx,HA ermittelt werden. Dieser kann dann in einem weiteren Schritt ebenfalls daraufhin überprüft werden, ob er kleiner als z. B. 0,03 ist. Dementsprechend kann dann z. B. der jeweilige Bremsenübersetzungsfaktor τB der angetriebenen Räder und/oder der nicht angetriebenen Räder ermittelt werden, wenn die Bedingung erfüllt ist.
-
Zur Verdeutlichung der Genauigkeit der Erfindung zeigt 5 einen Vergleich von Ergebnissen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren (geschätzt) mit Vergleichsmessungen (gemessen) für den Bremsenübersetzungsfaktor des linken Vorderrades τB,vl (a) und das rechte Vorderrad τB,vr (b). Die dargestellten Bremsenübersetzungsfaktoren wurden mit einem RLS-Verfahren mit einem Vergessensfaktor von 0,9999 geschätzt. Es zeigt sich eine sehr gute Übereinstimmung der geschätzten mit den gemessenen Werten. Die sich innerhalb von etwa 300 s einstellenden Werte der Schätzung für τB,vl ≈ 0,089 und τB,vr ≈ 0,083 liegen nahe an den vom Herstellern angegebenen Werten von τB = 2 μB·rB ≈ 0,088. Die gemessenen Bremsenübersetzungsfaktoren wurden dabei aus den gemessenen Spannkräften FSP und den durch Verwendung von Momentenmeßfelgen gemessenen Bremsmomenten MB ermittelt, wobei der Zusammenhang zwischen Bremsmoment MB und Bremskraft FB gegeben sein kann durch MB = FB·rdyn. (15)
-
Die Merkmale der erfindungsgemäßen Vorrichtung bzw. des erfindungsgemäßen Verfahrens bieten die Möglichkeit, die die Fahrzeugdynamik beeinflussenden Bremskräfte an den einzelnen Rädern eines Kraftfahrzeuges zu ermitteln. Dieses kann über die Ermittlung von Spannkräften und entsprechenden Proportionalitätsfaktoren, d. h. Bremsenübersetzungsfaktoren geschehen. Dabei wird berücksichtigt, daß sich die Bremsenübersetzungsfaktoren während des Fahrbetriebs ändern, wobei diese Änderung langsam geschieht. Die Bremsenübersetzungsfaktoren können während des Fahrbetriebs jeweils neu adaptiert werden, wodurch eine Bremskraftermittlung mit hoher Genauigkeit ermöglicht wird.