DE19953339A1 - Secretinfragmente - Google Patents
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Abstract
Es werden bestimmte Secretinfragmente beschrieben, die sich besonders zur Diagnostik und Behandlung von Autismus eignen.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung bestimmter
Secretinfragmente bei der Diagnostik und Behandlung bzw.
Prävention von Autismus und autismusähnlichen Erscheinungen.
Sekretin ist ein Hormon, das durch die Mucosa des Duodenums
und Jejunums abgeschieden wird. Die Aminosäuresequenz des
Secretins ist bekannt und entspricht im Dreibuchstabencode
dem Folgenden:
Die stereochemische Konfiguration der nativen Version ist bei
jedem der optisch aktiven Aminosäurereste L.
Secretin stimuliert die pankreatische Sekretion von Wasser
und Bicarbonat. Im Magen stimuliert Secretin die Pepsinsekre
tion und inhibiert insbesondere die durch Nahrungsmittel
stimulierte Gastrinfreisetzung.
In jüngster Zeit ist verschiedentlich berichtet worden, dass
Secretin als Therapeutikum bei der Behandlung von Autismus
eingesetzt werden kann, wobei vorzugsweise an die intravenöse
Verabreichung von hohen Secretindosen gedacht wird (vgl.
insb. WO 98/52593).
Autismus ist eine relativ tiefgreifende Entwicklungsstörung,
der komplexe Störungen des zentralen Nervensystems zugrunde
liegen - insbesondere im Bereich der Wahrnehmungsverarbeitung
- und die bereits im Kindesalter beginnt. In ihrem Zentrum
steht eine schwere Beziehungs- und Kommunikationsstörung. Die
Auswirkungen der Störung behindern auf vielfältige Weise die
Beziehungen zur Umwelt, die Teilnahme am Leben in der Gemein
schaft und die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesell
schaft, da sowohl kognitive als auch sprachliche, motorische,
emotionale und interaktionale Funktionen betroffen sind.
Dazu kommen zahlreiche Verhaltensauffälligkeiten, die beson
ders für die Bezugsperson im alltäglichen Umgang mit den au
tistischen Menschen sehr belastend sein können. Autistische
Menschen sind in der Regel mehrfach behindert.
Nach der internationalen Klassifikation der Erkrankungen der
Weltgesundheitsorganisation werden, neben dem frühen Beginn,
folgende Kennzeichen als Defintionsmerkmale für insbesondere
frühkindlichen Autismus genannt:
- 1. Qualitative Beeinträchtigungen der zwischenmenschlichen Beziehungen;
- 2. Beeinträchtigungen in der Kommunikation und der Fantasie;
- 3. Ein deutlich eingeschränktes Repertoire von Aktivitäten und Interessen.
Beispielsweise beobachtet man bei Kindern mit Autismus, dass
diese zunächst keine Geste, kein Lächeln, kein Wort ver
stehen. Diese Kinder können zu anderen Personen, selbst zu
den eigenen Eltern, kein normales Verhältnis herstellen.
Anders ausgedrückt, diese Kinder ziehen sich in sich zurück
und kapseln sich "autistisch" ab. Andererseits kann aber jede
Veränderung in der Umwelt der Kinder zu starken Erregungen
führen. Kinder mit Autismus können insbesondere nicht
"normal" spielen und sie benutzen ihr Spielzeug oft in immer
gleicher zweckentfremdeter Art und Weise, wobei sie Stereo
typien entwickeln: z. B. Drehen und Kreiseln von Rädern,
Rieseln mit Sand, Wedeln mit Fäden oder Papier usw.
Die wichtigsten Symptome der autistischen Störung sind in
ihrem Ausprägungsgrad jeweils unterschiedlich. Menschen mit
Autismus haben häufig vom Säuglingsalter an Probleme beim
Essen und Schlafen und entwickeln selbststimulierende Ver
haltensweisen. Solche Verhaltensweisen können sogar zu Eigen
verletzungen führen. Insbesondere wird beobachtet, dass
Autisten zwanghaft auf ganz bestimmte Ordnungen bestehen.
Viele Autisten haben auch kein Gefahrenbewusstsein.
Die intellektuelle Begabung von Menschen mit Autismus ist
sehr unterschiedlich. Sie reicht von geistiger Behinderung
bis zu normaler Intelligenz, wobei einige Autisten erstaun
liche Teilleistungen im Rechnen, in technischen Disziplinen,
in der Musik und auf anderen Gebieten erbringen können.
Trotz umfangreicher Forschungen gibt es bislang noch kein
schlüssiges Erklärungsmodell, das vollständig und überzeugend
die Entstehungsursache der autistischen Störung belegen kann.
Nach dem heutigen Stand ist Autismus nicht wirklich heilbar.
Allerdings wird in der zuvor erwähnten WO 98/52593 berichtet,
dass die Behandlung autistischer Kinder mit Secretin viel
versprechend ist. Dieses Dokument behauptet insbesondere
einen Zusammenhang zwischen bestimmten gastrointenstinalen
Fehlfunktionen bei autistischen Kindern und dem Einfluss von
Secretin auf Hirnzellen.
So wird beispielsweise festgehalten, dass Secretin sowohl bei
der Behandlung gastrointenstinaler Fehlfunktion bestimmter
Autismusformen bei Kindern erfolgreich ist. Insbesondere
zeigt sich bei der Behandlung autistischer Kinder mit chroni
scher Diarrhö, dass es nach einer Injektion von Secretin zu
einer beträchtlichen Steigerung der Flüssigkeitsproduktion
durch den Pankreas kam. Bei weitergehenden klinischen Unter
suchungen wurden dann auffällige Verhaltensverbesserungen
festgestellt. Die Verabreichung des Secretins führte aber
nicht zu einer Steigerung der Eigenproduktion, sondern es
wurde eine vermehrte Serotoninproduktion festgestellt.
Neben diesen Befunden ist aber nicht bekannt, was die
Wirksamkeit des Secretins tatsächlich ausmacht, d. h. welche
Mechanismen involviert sind bzw. welche Wechselwirkungen oder
Sekundärwirkungen (beispielsweise Serotoninausschüttung) für
die beobachteten Wirkungen verantwortlich sind.
Herauszustellen ist in diesem Zusammenhang, daß im Stand der
Technik bei der Autismusbehandlung lediglich das Peptid mit
mindestens 27 Aminosäurebausteinen eingesetzt wurde. Die
Verwendung von Fragmenten gleich welcher Größe wird nicht
erwogen.
Es ist allgemein anerkannt, dass Fragmente eines größeren
Peptids mit pharmakologischen Wirkungen nicht zwangsläufig
wieder gleiche oder auch nur ähnliche pharmakologische Eigen
schaften haben. So wird in der DE 27 35 712 A1 berichtet,
dass ein bestimmtes Secretinfragment mit mindestens 14
Aminosäuren wertvolle pharmakologische Eigenschaften haben
soll, weshalb sich dieses Fragment beispielsweise als
gastrisches antisekretorisches Mittel eignen soll. Im
Zusammenhang mit der Darstellung dieses Fragments wurde aber
auch festgehalten, dass diese spezielle Wirksamkeit über
raschend sei, da man keinerlei biologische Wirksamkeit für
Fragmente des Secretins allgemein erwarten konnte.
Es wurde nun überraschend festgestellt, daß Fragmente des
Secretins, gleich welcher Herkunft (Mensch, Schwein, Huhn,
Affe), die 4-15 Aminosäurebausteine des aus 27 Aminosäuren
bestehenden nativen Secretins aufweisen, eine besondere
Eignung in einer Präparation zur Behandlung oder Prävention
des Autismus haben. Diese Beobachtung ist in mehrfacher
Hinsicht überraschend, da einerseits von den Fragmenten
generell keine pharmakologische Wirksamkeit zu erwarten war
und andererseits eine spezielle Wirksamkeit bei der
Behandlung des Autismus überraschend ist.
Bevorzugt werden insbesondere solche Fragmente des Secretins,
die 4-6 Aminosäurebausteine der nativen Aminosäuresequenz
aufweisen.
Ganz besonders bevorzugt werden bestimmte Fragmente des
Secretins, die im übrigen nicht mit den in der
DE 27 35 712 A1 beschriebenen Fragment übereinstimmen.
Diese Fragmente werden im Folgenden unter deren Abkürzungen
(A), (B), (C), (D), (E), (F) und (G) näher beschrieben.
Diese Peptidfragmente des Secretins haben jeweils die
folgende Aminosäuresequenz:
His-Ser-Asp-Gly-Thr-Phe (A)
His-Ser-Asp-Gly-Thr (B)
His-Ser-Asp-Gly (C)
Leu-Leu-Gln-Gly-Leu-Val (D)
Leu-Gln-Gly-Leu-Val (E)
Gln-Gly-Leu-Val (F) und
Thr-Ser-Glu-Leu-Ser-Arg-Leu-Arg-Glu-Gly-Ala-Arg-Leu-Gln- Arg (G)
His-Ser-Asp-Gly-Thr-Phe (A)
His-Ser-Asp-Gly-Thr (B)
His-Ser-Asp-Gly (C)
Leu-Leu-Gln-Gly-Leu-Val (D)
Leu-Gln-Gly-Leu-Val (E)
Gln-Gly-Leu-Val (F) und
Thr-Ser-Glu-Leu-Ser-Arg-Leu-Arg-Glu-Gly-Ala-Arg-Leu-Gln- Arg (G)
Die stereochemische Konfiguration von jedem der optisch
aktiven Aminosäurereste kann unabhängig voneinander D, L oder
DL sein, wobei bevorzugt wird, dass diese jeweils L ist.
Die Aminosäuresequenz ist von links nach rechts vom N-
Terminus zum C-Terminus hin angegeben.
Gegenstand der Erfindung ist somit eine pharmazeutische
Zusammensetzung, die mindestens ein Peptidfragment,
ausgewählt aus der Gruppe (A), (B), (C), (D), (E), (F), und
(G) umfasst. Selbstverständlich können aber auch Mischungen
der vorstehend genannten Peptide vorliegen, beispielsweise
Mischungen der Peptide (A), (B), (C), (D), (E), (F), und (G),
insbesondere die Mischungen (A), (B) oder (A), (C) oder (B),
(C) oder (A), (B), (C), (D) oder (B), (C), (D), (E) oder (C),
(D), (E), (F) usw..
Das aus 15 Aminosäureeinheiten bestehende Peptid (G) kann um
1-3 Aminosäuren am C-Terminus oder N-Terminus verkürzt
werden, ohne daß es zu einer wesentlichen Einschränkung der
Wirksamkeit kommt. Als ein erfindungsgemäßes Peptid wird
deshalb auch das folgende Fragment angesehen:
Thr-Ser-Glu-Leu-Ser-Arg-Leu-Arg-Glu-Gly-Ala-Arg-Leu.
Thr-Ser-Glu-Leu-Ser-Arg-Leu-Arg-Glu-Gly-Ala-Arg-Leu.
Gegenstand der Erfindung sind aber auch Peptidfragmente, die
sich aus der Aminosäuresequenz des Sekretins beim Schwein
ergeben. Diese Sequenz entspricht im Dreibuchstabencode dem
Folgenden:
Das Schweinesekretin unterscheidet sich vom menschlichen
Sektretin dadurch, daß in den Aminosäurepositionen 15 und 16
andere Aminosäuren vorliegen (Asp und Ser). Erfindungsgemäße
Peptidfragmente sich somit auch solche Peptide, die den
Aminosäurepositionen 1 bis 4, 1 bis 5 und 1 bis 6 bzw. 22 bis
27, 23 bis 27 und 24 bis 27, sowie 7 bis 21 der vorstehenden
Sequenz entsprechen.
Die erfindungsgemäßen Fragmente können in einfacher Weise aus
dem natürlich vorkommenden Secretin menschlicher oder
tierischer Herkunft gewonnen werden. Daneben bietet sich aber
auch der Aufbau der Peptidkette aus den einzelnen Bausteinen
an. Verfahren zum Aufbau von Peptiden sind allgemein
geläufig, beispielsweise mittels eines automatischen
Peptidsynthetisators. Verfahren zur Herstellung solcher
Peptide werden unter anderem in der DE 27 35 712 A1
offenbart.
Neben den Peptiden der vorstehend gezeigten Sequenzen (A) bis
(G) eignen sich für die erfindungsgemäßen pharmazeutischen
Zwecke selbstverständlich allgemein verträgliche
Säureadditionssalze. Diese Säureadditionssalze können sich
von einer Vielzahl von anorganischen und organischen Säuren
ableiten wie beispielsweise Schwefelsäure, Phosphorsäure,
Salzsäure, Bromwasserstoffsäure, Jodwasserstoffsäure,
Salpetersäure, Sulfaminsäure, Zitronensäure, Milchsäure,
Brenztraubensäure, Oxalsäure, Maleinsäure, Bernsteinsäure,
Weinsäure, Zimtsäure, Essigsäure, Trifluoressigsäure,
Benzoesäure, Salicylsäure, Gluconsäure, Ascorbinsäure und
verwandte Säuren, die zum Zwecke der Bildung pharmazeutisch
verträglicher Säureadditionssalze allgemein bekannt sind.
Die erfindungsgemäßen Präparationen können auf
verschiedenstem Weg verabreicht werden, beispielsweise
intravenös aber auch oral, intramuskular, intraartikular,
intradermal, subkutan, rektal sowie durch Inhalation oder
nasale Verabreichung.
Übliche Dosierungen der erfindungsgemäßen Verbindungen sind 1
bis 1000 µg/kg (Körpergewicht) pro Tag.
Es bietet sich auch an, die erfindungsgemäßen Verbindungen
mit anderen pharmazeutischen Trägerstoffen zu kombinieren,
beispielsweise mit solche Stoffen, die zu einer verzögerten
Freisetzung im Körper führen.
Claims (8)
1. Pharmazeutische Zusammensetzung enthaltend mindestens
ein 4-15 Aminosäuren umfassendes Peptidfragment des
Secretins.
2. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, daß das Peptid 4-6 Aminosäuren umfaßt.
3. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der
vorstehenden Ansprüche enthaltend mindestens ein Peptid der
folgenden Formel:
His-Ser-Asp-Gly-Thr-Phe (A)
His-Ser-Asp-Gly-Thr (B)
His-Ser-Asp-Gly (C)
Leu-Leu-Gln-Gly-Leu-Val (D)
Leu-Gln-Gly-Leu-Val (E)
Gln-Gly-Leu-Val (F) und
Thr-Ser-Glu-Leu-Ser-Arg-Leu-Arg-Glu-Gly-Ala-Arg-Leu-Gln- Arg (G)
His-Ser-Asp-Gly-Thr-Phe (A)
His-Ser-Asp-Gly-Thr (B)
His-Ser-Asp-Gly (C)
Leu-Leu-Gln-Gly-Leu-Val (D)
Leu-Gln-Gly-Leu-Val (E)
Gln-Gly-Leu-Val (F) und
Thr-Ser-Glu-Leu-Ser-Arg-Leu-Arg-Glu-Gly-Ala-Arg-Leu-Gln- Arg (G)
4. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 3, dadurch
gekennzeichnet, daß sie zumindestens ein Peptid der Peptide
(A), (B) und (C) enthält.
5. Zusammensetzung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet,
dass sie zumindest ein Peptid der Peptide (D), (E) und (F)
enthält.
6. Zusammensetzung nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die stereochemische
Konfiguration der Aminosäurereste der Peptide jeweils L ist.
7. Zusammensetzung nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß die oder das Peptide als
Säureadditionssalz vorliegen.
8. Verwendung zumindest eines Peptids wie in einem der
vorstehenden Ansprüche definiert zur Behandlung von Autismus.
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