DE19708461A1 - Verwendung aminerg wirkender Substanzen zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung viraler Infektionen des zentralen Nervensystems - Google Patents
Verwendung aminerg wirkender Substanzen zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung viraler Infektionen des zentralen NervensystemsInfo
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Description
Die Erfindung betrifft eine neue Verwendung einer aminerg
wirkenden Substanz aus der Gruppe "dopaminerge Neurophar
maka, MAO-B-Inhibitoren, D-Methyl-Selegilin, dopaminerge
Antagonisten und Agonisten, Adamantine, Neuroleptika, Psy
chopharmaka" oder Mischungen daraus zur Herstellung eines
Arzneimittels für die Behandlung von Erkrankungen des zen
tralen Nervensystems.
Aminerge Substanzen sind Substanzen, die in die neurale
Steuerung von Organen durch biogene Amine eingreifen. De
mentsprechend greifen beispielsweise dopaminerge Substan
zen in die durch Dopamin, ein biogenes Amin, gesteuerte
Neurotransmission ein. MAO-B ist eine Form der Monoamin-Oxi
dase, die überwiegend in den sogenannten Neuroglia-Zellen
des zentralen Nervensystems vorkommt. Neuroglia-Zellen
bilden das Stütz- und Hüllgewebe für die das
eigentliche Nervensystem bildenden Neuronen. Zur Gruppe
der Neuroglia gehören die Mikroglia (auch Hortega-Zellen
genannt), die mobile, kleinere Zellen mit der Befähigung
zur Phagozytose sind. Insofern können Mikroglia dem Immun
system im weiteren Sinne zugeordnet werden. Agonisten sind
Liganden, oft Proteine oder Steroide, die an einem für den
Agonisten spezifischen Rezeptor bzw. Transporter gebunden
werden können und damit die für den Rezeptor-Ligand-Komplex
normale biologische Folgereaktion auslösen. Ago
nisten können natürliche oder künstliche Liganden sein.
Demgegenüber binden Antagonisten ebenfalls an für die An
tagonisten spezifischen Rezeptoren bzw. Transportern,
wobei jedoch durch den Rezeptor-Ligand-Komplex die normale
biologische Folgereaktion nicht ausgelöst wird. Insofern
wirken Antagonisten als Inhibitoren für die betreffende
normale biologische Folgereaktion. Adamantine sind Sub
stanzen, die in höheren Konzentrationen die Freisetzung
von Aminen, speziell Dopamin, fördern bzw. durch Hemmung
glutamaterger NMDA-Rezeptoren den dopaminergen Tonus indi
rekt steigern. Psychopharmaka sind Substanzen, die die
Funktion des zentralen Nervensystems beeinflussen. Hierzu
gehören Antidepressiva, Tranquilizer, Schlafmittel und
insbesondere Neuroleptika. Neuroleptika sind Mittel mit
antipsychotischer, sedierender und/oder psychomotorisch
dämpfender Wirkung. Zur Gruppe der Neuroleptika gehören
beispielsweise tricyclische Verbindungen aus den Gruppen
der Phenothiazine oder Thioxanthene wie Promazin, Thiori
dazin, Levomepromazin, Chlorpromazin, Trifluopromazin,
Perphenazin, Trifluoperazin, Chlorprothixen und
Clopenthixol.
Zu Erkrankungen des zentralen Nervensystems zählen virale
und insbesondere retrovirale Infektionen von Zielzellen
des zentralen Nervensystems, insbesondere der Mikroglia.
Retroviren sind kugelförmige umhüllte RNA-Viren. Bei
retroviralen Infektionen des zentralen Nervensystems
spielen insbesondere die Lentiviren HIV (Human Immunodefi
ciency Virus), SIV (Simian Immunodeficiency Virus) und das
feline Immundefizienzvirus sowie neurovirulente murine
Retroviren eine besondere Rolle. Letztere rufen in emp
fänglichen Mäusen und Ratten eine spongiforme Enzephalo
pathie ohne entzündliche Komponente hervor. Retrovirale
Infektionen von Zielzellen im Gehirn können in Abhängig
keit von der Replikationskinetik des Virus einen akuten,
subakuten oder persistierenden Verlauf nehmen. Das
klinische Bild der retroviralen Infektion spiegelt häufig
die Dynamik der Erregervermehrung und -ausbreitung und die
durch die Infektion bedingten Schädigungen wider. Aus pa
thologischer Sicht werden die retroviralen Infektionen als
entzündlich, degenerativ oder als apathogen eingestuft.
Als zur Gruppe der durch virale Infektionen hervor
gerufenen Krankheiten zählen gemäß der hier bestimmten
Definitionen auch Krankheiten, die durch sogenannte
Prionen hervorgerufen werden. Dabei handelt es sich um
atypische, langsam wirkende Erreger, deren Zugehörigkeit
zur Gruppe der Viren derzeit diskutiert wird. Zu den
Prionen gehören Erreger, die zu übertragbaren spongiformen
Enzephalopathien führen (beispielsweise
Creutzfeld-Jacob-Erkrankung).
Bei Virusinfektionen kommt es regelmäßig zu einer Ver
mehrung des betreffenden Virus nach der Expression viraler
Gene in der Zielzelle. Die Regulation der viralen Genex
pression folgt dabei festliegenden, molekularbiologischen
Prinzipien, wobei in Abhängigkeit vom Virustyp und Art der
infizierten Zelle besondere Gesetzmäßigkeiten bei der Ex
pression viraler Gene gelten. Grundsätzlich kann die vi
rale Genexpression durch Gabe geeigneter Substanzen
beeinflußt werden, und zwar in Hinblick auf die Kinetik
sowohl steigernd als auch supprimierend.
Nach einer viralen Infektion von Zielzellen des zentralen
Nervensystems, insbesondere mit Retroviren bzw. Erregern
der vorstehend genannten Art, kommt es zur Aktivierung der
Mikroglia, welche im Gegensatz zu den Neuronen noch pro
liferationsfähig sind. Die Folgen sind histopathologische
Schäden unterschiedlichen Ausmaßes im Gehirn sowie neu
rologische Ausfälle. Von besonderer Bedeutung ist dabei,
daß die im Zuge der Aktivierung der Mikroglia geschädigten
Neurone oder Neurone, die in geschädigten Gehirnarealen
liegen, selbst keine Hinweise auf (retro-) virale Expres
sionsprodukte aufweisen. Daher gelten die geschädigten
Neurone als nicht infiziert. Insofern sind die neurolo
gischen Ausfälle eine lediglich indirekte Folge der
(retro-) viralen Infektion der Mikroglia. Die Beteiligung
von Zytokinen (kurzlebige Polypeptide, welche die Funktion
von Immunzellen modulieren), Neurotransmittern und freier
Radikale kann nicht ausgeschlossen werden.
Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, eine Substanz
namens Selegilin, ein MAO-B-Inhibitor, als Psychophar
makum, insbesondere als Antidepressivum, einzusetzen (J.
Knoll et al., Arch. Int. Pharmacodyn. Ther., 1965, 155, S.
154 ff.). Selegilin ist der internationale Freiname für
(R)-(-)-N-Methyl-N-(1-phenyl-2-propyl)-2-propinylamin.
Beispielsweise in der Literaturstelle E. Koutsilieri et
al., Europ. J. Pharmacol., 1996, 306, S. 181 ff., ist
beschrieben, daß Selegilin seit einiger Zeit weiterhin als
Mittel zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit verwen
det wird. Beispielsweise aus der Literaturstelle W.G. Tat
ton et al., Neurology, 1996, 47 (Suppl. 3), S. 171 ff., ist
es schließlich bekannt, daß Selegilin seit einiger Zeit
auch zur Behandlung der Alzheimerschen Krankheit Anwendung
findet. In den beiden letztgenannten Literaturstellen sind
Ergebnisse präsentiert worden, die zeigen, daß Selegilin
eine neuroprotektive Wirkung aufweisen kann, d. h., daß die
Gabe von Selegilin die Apoptose (Zelltod) von Neuronen -
jedenfalls in Modellen der genannten Krankheiten - zumind
est verzögert. Diese Untersuchungen betreffen allerdings
nicht neurale Schäden, die durch virale Infektionen direkt
oder indirekt bedingt sind. Aus der Literaturstelle W.G.
Tatton et al., Neurology, 1996, 47 (Suppl. 3), S. 171 ff.,
ist es weiterhin bekannt, daß Selegenin die Expression von
zelleigenen Genen beeinflussen kann, wobei der Einfluß in
Abhängigkeit des untersuchten Gens (bzw. des dadurch ge
bildeten Proteins) allerdings ambivalent ist. Einige Pro
teine werden verstärkt gebildet, andere werden in
subnormalem Maße gebildet und die Bildung noch anderer
Proteine ist unbeeinflußt.
Der Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein
Arzneimittel zur Behandlung viraler Infektionen von Ziel
zellen des zentralen Nervensystems zur Verfügung zu
stellen.
Dieses technische Problem wird erfindungsgemäß gelöst
durch die Verwendung einer aminerg wirkenden Substanz aus
der Gruppe "dopaminerge Neuropharmaka, MAO-B-Inhibitoren,
D-Methyl-Selegilin, dopaminerge Agonisten und Antagonis
ten, Adamantine, Psychopharmaka, Neuroleptika" oder
Mischungen daraus zur Herstellung eines Arzneimittels für
die Behandlung viraler Infektionen von Zielzellen des zen
tralen Nervensystems, wobei die Menge der aminerg wirk
enden Substanz in dem Arzneimittel mit der Maßgabe
eingestellt ist, daß die sich in Zielzellen einstellende
Konzentration der Substanz unterhalb einer durch un
veränderte virale Genexpression definierten Grenzkonzen
tration liegt. - Die entsprechende Einstellung der
Konzentration der Substanz läßt sich unschwer unter
Berücksichtigung der gewählten galenischen Dar
reichungsform über die Dosis vornehmen. Mit der
Grenzkonzentration in den Zielzellen ist nämlich stets
eine entsprechende Grenzdosis der verabreichten Substanz
korreliert. Die Grenzdosis und folglich die Grenzkonzen
tration ist - mit anderen Worten ausgedrückt - dadurch
definiert, daß die Kinetik der viralen Genexpression bei
Gabe der Substanz in der Grenzdosis mit der viralen Genex
pression ohne Gabe der Substanz etwa gleich ist. Die einer
jeweiligen Substanz zugeordnete Grenzdosis für eine bes
timmte virale Infektion läßt sich leicht durch Versuche,
beispielsweise in Tierversuchmodellen oder in Zellkulturen
wie neuralen oder glialen Zellkulturen, ermitteln.
Die Erfindung beruht zunächst auf der Erkenntnis, daß
aminerg wirkenden Substanzen auch einen Einfluß auf die
Expression viraler Gene in den Zielzellen haben und somit
die Vermehrung der Viren steuern können. Es kommt also zu
einer pharmako-virologischen Interaktion in den Zielzel
len. Dies ist an sich bereits überraschend, weil die aus
der Literaturstelle W.G. Tatton et al., Neurology, 1996,
47 (Suppl. 3), S. 171 ff., bekannte Tatsache, daß die Ex
pression einiger zelleigener Gene in nicht infizierten
Zielzellen beeinflußt werden kann, nicht den Schluß
zuläßt, daß auch die Expression viraler Gene in einer
Zielzelle durch die betreffenden Substanzen beinflußbar
ist. Durch die Infektion einer Zielzelle mit einem Virus
wird nämlich die normale Genexpression in der Zielzelle in
beachtlichem Maße verändert bzw. gestört zugunsten der
Expression viraler Gene. Von besonderer Bedeutung für die
Erfindung ist jedoch die überraschende Erkenntnis, daß die
Wirkung der betreffenden Substanz auf die virale Genex
pression von der Dosis der Substanz abhängt. Es wurde näm
lich bei den untersuchten Substanzen gefunden, daß hohe
Dosen zu keiner Verminderung der viralen Genexpression
sondern zu einer Erhöhung der viralen Genexpression
führen, während vergleichsweise niedrige Dosen die virale
Genexpression vermindern, was letztlich therapeutisch
gewünscht ist. Es kann allerdings auch nicht aus
geschlossen werden, daß diese dosisabhängigen pharmako
virologischen Wechselwirkungen bei bestimmten Substanzen
auch umgekehrt gelagert sein können.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die
aminerge Substanz ein MAO-B-Inhibitor, insbesondere Sele
gilin. Die erfindungsgemäße Verwendung ist besonders
geeignet zur Behandlung retroviraler Infektionen von Ziel
zellen des zentralen Nervensystems, beispielsweise der
Mikroglia, mit Retroviren aus der Gruppe "Lentiviren wie
HIV und SIV, felines Immundefizienzvirus, neurovirulente
murine Retroviren".
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das
Arzneimittel galenisch zur intraperitonealen oder subcu
tanen Injektion hergerichtet. Dies ist insbesondere im
Falle von Selegilin zweckmäßig, da Selegilin im Gastroin
testinaltrakt recht schnell absorbiert und u. a. zu Am
phetamin metabolisiert wird. Folglich wäre bei oraler Gabe
des Arzneimittels die Einstellung der Selegilin-Kon
zentration in den Zielzellen über die Dosis schwieriger
und zudem möglicherweise abhängig von individuellen
Schwankungen der Metabolisierung im Bereich des Gastroin
testinaltrakts. Sofern die Metabolisierung im Bereich des
Gastrointestinaltrakts berücksichtigt und eine ausreichend
große Distanz zur Grenzdosis bzw. Grenzkonzentration an
Selegilin gewählt wird, ist jedoch auch eine orale Dar
reichungsform realisierbar.
Eine besonders bevorzugte Ausführungsform der Erfindung
ist dadurch gekennzeichnet, daß die aminerg wirkende Sub
stanz Selegilin ist und die Menge an Selegilin in dem Ar
zneimittel mit der Maßgabe eingestellt ist, daß die Dosis
der aminerg wirkenden Substanz unterhalb von 0,5 mg/kg,
vorzugsweise unterhalb 0,1 mg/kg, höchstvorzugsweise
unterhalb 0,05 mg/kg oder sogar unterhalb 0,01 mg/kg,
liegt. Mit diesen Werten korrespondierende Konzentrationen
in den Zielzellen liegen in den Bereichen unterhalb ca.
10-9M, vorzugsweise unterhalb 10-10M, höchstvorzugsweise
10-11M.
Im folgenden wird die Erfindung anhand von Beispielen
näher erläutert.
In allen Beispielen wurden ein Rattenmodell verwendet.
Hierzu wurden Ratten neonatal mit neurovirulenten
Retroviren infiziert. Die verwendeten Viren waren hochgra
dig mikrogliatrope murine Retroviren (MuLV). Zielzellen
sind also die Mikroglia. In diesem Tiermodell bildet sich
nach einer definierten Inkubationszeit eine spongiforme
Enzephalopathie aus, deren Ausprägung einem anatomisch
festgelegten Prinzip folgt. Untersucht wurde das zeitliche
Auftreten von klinischen Symptomen einer neurologischen
Erkrankung in Abwesenheit und in Anwesenheit eines
MAO-B-Inhibitors sowie in Abhängigkeit von dessen Dosis.
In Fig. 1 sind Daten dargestellt, die den prozentualen An
teil an spongiformer Enzephalopathie erkrankter Ratten in
jeweiligen Gruppen in Abhängigkeit von der Zeitdauer nach
der Infektion darstellt. Die massiven Rauten stehen für
eine Gruppe von 73 Ratten, die nicht behandelt wurde.
Diese Gruppe stellt somit die Kontrollgruppe dar. Die mas
siven Quadrate stehen für eine Gruppe von 25 Ratten, denen
am 13. Tag nach der Infektion 1,0 mg Selegilin/kg Körper
gewicht intraperitoneal injiziert wurde. Die offenen Quad
rate stehen für eine Gruppe von 6 Ratten, welchen 3 mal
0,05 mg Selegilin/kg Körpergewicht (15., 22. und 30. Tag
nach der Infektion) intraperitoneal injiziert wurde. Die
offenen Dreiecke stehen für eine Gruppe von 7 Ratten,
welchen am 14. Tag nach der Infektion 1 mal 0,05 mg
Selegilin/kg Körpergewicht intraperitoneal injiziert
wurde.
Durch vergleichende Betrachtung der Kurven mit massiven
Symbolen erkennt man, daß die Grenzdosis an Selegilin bei
ca. 1,0 mg Selegilin/kg Körpergewicht liegt, da die dieser
Selegilin-Dosis zugeordnete Kurve nahezu deckungsgleich
ist mit der Kurve der Kontrollgruppe und folglich diese
Selegilin-Dosis keinen deutlichen Einfluß auf die Inkuba
tionszeit hat. Demgegenüber liegen die beiden Kurven,
welche Selegilin-Dosen unterhalb von 1,0 mg Selegilin/kg
Körpergewicht zugeordnet sind, deutlich unterhalb der
Kurve für die Kontrollgruppe, was die Verlängerung der
Inkubationszeit und somit die gewünschte Verzögerung der
Erkrankung belegt. Außerdem ist der Prozentsatz der er
krankten Tiere in den mit niederer Dosierung behandelten
Gruppen stark reduziert.
In Fig. 2 sind Daten in entsprechender Weise wie in
Beispiel 1 darstellt. Die massiven Kreise stehen für die
Gruppe von 73 Ratten, die nicht behandelt wurde. Die
offenen Dreiecke stehen für eine Gruppe von 25 Ratten,
welchen 1,0 mg Selegilin/kg Körpergewicht intraperitoneal
injiziert wurde, allerdings erst am 17. Tag nach der
Infektion.
Durch vergleichende Betrachtung der beiden Kurven erkennt
man, daß die gegenüber Beispiel 1 später verabreichte
Grenzdosis an Selegilin sogar zu einer Verkürzung der
Inkubationszeit geführt hat. Hierdurch wird einerseits
belegt, daß nur eine Verabreichung einer Dosis deutlich
unterhalb der Grenzdosis zu der gewünschten Verlängerung
der Inkubationszeit führt und andererseits, daß der in
Beispiel 1 dargestellte Effekt nicht lediglich daraus re
sultiert, daß die Gabe der niedrigen Selegilin-Dosen 1
bzw. 2 Tage später als die Gabe der Selegilin-Grenzdosis
erfolgte.
In weiteren orientierenden Versuchen mit anderen Substan
zen anstelle von Selegilin wurde entsprechend Beispiel 2
gearbeitet. Hierbei handelte es sich um MAO-B-Inhibitoren,
die jedoch nicht zu Amphetamin metabolisiert werden. Die
(nicht dargestellten) Ergebnisse entsprachen qualitativ
jenen aus der Fig. 2. Damit ist zunächst belegt, daß auch
nicht zu Amphetamin metabolisierbare MAO-B-Inhibitoren
eine entsprechende pharmako-virologische Interaktion bei
Infektionen der Mikroglia mit MuLV bzw. NT40 aufweist.
Weiterhin liegt die Grenzdosis bei solchen nicht zu Am
phetamin metabolisierbaren MAO-B-Inhibitoren vermutlich
ebenfalls im Bereich von 1 mg/kg Körpergewicht oder darun
ter. Dieser Versuch belegt aber auch, daß der mit Sele
gilin sich einstellende pharmako-virologische Effekt nicht
lediglich auf sich möglicherweise bildendem Amphetamin
beruht.
In begleitenden Versuchen wurde schließlich verifiziert,
daß die Länge der Inkubationszeit tatsächlich vom Virus
titer und der Anzahl der infizierten Mikrogliazellen im
Gehirn abhängt. Dies geschah mit Hilfe der in situ Hybrid
isierung. Es zeigte sich, daß eine Veränderung der Inkuba
tionszeit mit einer Erhöhung bzw. Erniedrigung des
Gehaltes an viralen Transkripten in den betreffenden Ziel
zellen korreliert ist. Hierdurch ist belegt, daß mit Sele
gilin tatsächlich eine Beeinflussung der viralen
Genexpression stattfindet.
Die vorstehend wiedergegebenen Ergebnisse lassen sich hin
sichtlich der Grenzdosis bzw. Grenzkonzentration in den
Zielzellen auch auf humanmedizinische Zwecke übertragen,
wenn durch Vergleich mit bereits (zu anderen Zwecken)
angewandten Substanzen auf fachübliche Weise berück
sichtigt wird, inwiefern sich die artspezifische Aufnahme
und Transport des Wirkstoffes beim Menschen von dem ent
sprechenden Verhalten des Wirkstoffes im Tiermodell unter
scheidet. Im Falle des Menschen dürfte die der
Grenzkonzentration zugeordnete Grenzdosis daher jedenfalls
oberhalb 0,1 mg/kg Körpergewicht liegen, da beim Menschen
gegenüber Ratten in der Regel vergleichsweise etwas gerin
gere Dosen für vergleichbare physiologische Effekte
benötigt werden. Dies ist eine Dosis, die mit einer
Konzentration des Selegilins korrespondiert, welche deut
lich unterhalb (Größenordnung ca. 1/100) einer
Grenzkonzentration für die MAO-B-Inhibierung liegt. Grund
sätzlich eignet sich ein erfindungsgemäß hergestelltes
Arzneimittel natürlich sowohl für humanmedizinische als
auch für veterinärmedizinische Zwecke, wobei dann jeweils
auf angegegebene Weise angepaßte Grenzdosen zu berück
sichtigen sind.
Hinsichtlich der Funktionsweise der aminergen Substanzen,
insbesondere des Seligilins, wird vermutet, daß die
pharmako-virologische Wirkung entweder direkt über eine
Interferenz mit der viralen Transkription oder aber durch
eine Beeinflussung der Zielzellen über bislang unbekannte
Mechanismen, die zu einer verminderten Empfänglichkeit
dieser Zielzellen für die Virusinfektion führt, erfolgt.
Claims (6)
1. Verwendung einer aminerg wirkenden Substanz aus der
Gruppe "dopaminerge Neuropharmaka, MAO-B-Inhibitoren,
D-Methyl-Selegilin, dopaminerge Agonisten und Antago
nisten, Adamantine, Psychopharmaka, Neuroleptika" oder
Mischungen daraus zur Herstellung eines Arzneimittels
für die Behandlung viraler Infektionen von Zielzellen
des zentralen Nervensystems, wobei die Menge der amin
erg wirkenden Substanz in dem Arzneimittel mit der
Maßgabe eingestellt ist, daß die sich in Zielzellen
einstellende Konzentration der Substanz unterhalb einer
durch unveränderte virale Genexpression definierten
Grenzkonzentration liegt.
2. Verwendung nach Anspruch 1, wobei die aminerg wirkende
Substanz ein MAO-B-Inhibitor, vorzugsweise Selegilin,
ist.
3. Verwendung nach Anspruch 1 oder 2, für die Behandlung
retroviraler Infektionen von Zielzellen des zentralen
Nervensystems mit Retroviren aus der Gruppe "Lentiviren
wie HIV und SIV, felines Immundefizienzvirus,
neurovirulente murine Retroviren".
4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, für die
Behandlung viraler Infektionen der Mikroglia.
5. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei das
Arzneimittel galenisch zur intraperitonealen oder sub
cutanen Injektion hergerichtet ist.
6. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die
aminerg wirkende Substanz Selegilin ist und die Menge
an Selegilin in dem Arzneimittel mit der Maßgabe
eingestellt ist, daß die Dosis der aminerg wirkenden
Substanz unterhalb von 0,5 mg/kg, vorzugsweise unter
halb 0,05 mg/kg, höchstvorzugsweise unterhalb 0,01
mg/kg, liegt.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19708461A DE19708461A1 (de) | 1997-02-18 | 1997-02-18 | Verwendung aminerg wirkender Substanzen zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung viraler Infektionen des zentralen Nervensystems |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19708461A DE19708461A1 (de) | 1997-02-18 | 1997-02-18 | Verwendung aminerg wirkender Substanzen zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung viraler Infektionen des zentralen Nervensystems |
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
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DE19708461A1 true DE19708461A1 (de) | 1998-08-27 |
Family
ID=7822005
Family Applications (1)
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DE19708461A Ceased DE19708461A1 (de) | 1997-02-18 | 1997-02-18 | Verwendung aminerg wirkender Substanzen zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung viraler Infektionen des zentralen Nervensystems |
Country Status (1)
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DE (1) | DE19708461A1 (de) |
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