DE19704910A1 - Flüssigphasengesinterter elektrisch leitfähiger und oxidationsresistenter keramischer Werkstoff, ein Verfahren zu seiner Herstellung und dessen Verwendung - Google Patents
Flüssigphasengesinterter elektrisch leitfähiger und oxidationsresistenter keramischer Werkstoff, ein Verfahren zu seiner Herstellung und dessen VerwendungInfo
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Description
Die Erfindung betrifft einen flüssigphasengesinterten elektrisch leitfähigen und oxida
tionsresistenten keramischen Werkstoff, ein Verfahren zu seiner Herstellung und
dessen Verwendung.
Für viele Anwendungen in der Technik besteht ein Bedarf an elektrisch leitfähiger Ke
ramik mit gleichzeitig hoher abrasiver und korrosiver Beständigkeit, guten
mechanischen Eigenschaften bis zu hohen Temperaturen und geringem Gewicht (im
Vergleich zu metallischen Werkstoffen). Hinsichtlich der letztgenannten Eigenschaften
weisen Si3N4-Werkstoffe eine besonders günstige Kombination auf, weshalb sie in
vielen Bereichen als mechanisch, thermisch, chemisch und/oder abrasiv hochbelastbare
Bauteile Anwendung finden. Si3N4-Werkstoffe sind jedoch im allgemeinen elektrische
Isolatoren und sie weisen eine schwierige Bearbeitbarkeit im dichten Zustand auf.
Unter diesem Aspekt wurden vielfältige Arbeiten durchgeführt, durch Zusatz von
elektrisch leitfähigen Sekundärphasen, wie TiN, TiC, Ti(C,N) und/oder TiB2 zu
Si3N4-Basiswerkstoffen eine elektrische Leitfähigkeit zu erreichen. Diese Art von
Compositen haben den Vorteil, daß bei ausreichender elektrischer Leitfähigkeit eine
elektroerosive Bearbeitung erfolgen kann, mit der sehr komplexe Formen und Profile
gefertigt werden können. Die Materialien können aber auch direkt als massive
Hochtemperaturheizer Verwendung finden. Somit ist die thermische Stabilität dieser
Composite von größter Bedeutung, da sie bei der Bearbeitung oder im Einsatz hohen
Temperaturen in oxidativer Umgebung ausgesetzt sind.
Bisher verfügbare Werkstoffe dieser Art lassen diesbezüglich noch ein starkes Defizit
erkennen, so daß eine Verbesserung des Werkstoffverhaltens für die angesprochenen
Anwendungsfälle unabdingbar ist. Dies wird beispielsweise in Materials Science and
Engineering, A127 (1990), S. 115-122, beschrieben. Hierbei wurden Mischungen aus
Si3N4 mit Y2O3 und Al2O3 als Sinteradditiv mit zunehmenden Mengen an TiN-Pul
vern versetzt, durch Heißpressen verdichtet und relevante mechanische und
elektrische Eigenschaften sowie das Oxidationsverhalten zwischen 700 und 1350°C an
Luft bestimmt. Bei Zusatz von ≧ 30 Vol-% TiN wird eine elektrische Leitfähigkeit von
≧ 1 S/m erreicht, was für eine elektroerosive Bearbeitung ausreichend ist. Nach 10 h
Oxidationsbehandlung bei 1000°C an Luft weist das Material mit 30 Vol-% TiN
jedoch bereits eine Gewichtszunahme von ca. 0,7 mg/cm2 auf, mit zunehmendem
TiN-Gehalt wird die Oxidationsbeständigkeit noch geringer. Dies ist für Elektroero
siv-Bearbeitungen als auch für Anwendungen bei höheren Temperaturen eine unak
zeptable Instabilität.
Ein weiterer wesentlicher Nachteil dieser Werkstoffgruppe ist bisher, daß durch den
Zusatz der genannten Sekundärphasen die Sinterbarkeit zu einem dichten Werkstoff
sehr beeinträchtigt wird, so daß deren Herstellung meist nur durch Heißpreß- oder
HIP-Verfahren möglich ist.
Aus EP-A-322 745 ist ein elektrisch leitfähiger, gesinterter Keramikkörper mit einer
Si3N4- oder SiAlON-Matrix bekannt, der als erstes leitfähiges Material ein Carbid,
Nitrid, Oxid oder deren Compositverbindungen mit Übergangsmetallen der Gruppe
IVa-VIa des Periodensystems und als zweites leitfähiges Material SiC enthält. Sinter
additive und Zusätze zur Ausbildung der SiAlON-Mischkristallstruktur sind Al2O3,
AlN, Oxide der Gruppe IIIa des Periodensystems inkl. der Seltenen Erden und MgO.
Jedoch ist auch bei diesen Werkstoffen entweder die Oxidationsbeständigkeit,
gemessen in mg/cm2 Gewichtszunahme nach Glühen an Luft bei 1100°C mit Werten
um 0,05 mg/cm2 oder die elektrische Leitfähigkeit unbefriedigend.
So weist ein Werkstoff aus 50 Vol-% SiAlON, 30 Vol-% TiN und 20 Vol-% SiC
zwar die gewünschte Leitfähigkeit auf, verfügt jedoch andererseits über ein völlig
unbefriedigendes Oxidationsverhalten.
Durch Sintern herstellbare leitfähige Werkstoffe, die ein gutes Eigenschaftsspektrum
bezüglich der mechanischen Werkstoffkennwerte als auch der Oxidationsbeständigkeit
aufweisen und die einen Einsatz als hochbelastetes Bauteil auch bei hohen Tempe
raturen unter oxidativer Atmosphäre ermöglichen, sind bislang nicht bekannt.
Aufgabe der Erfindung war daher die Bereitstellung von Werkstoffen mit diesem
Eigenschaftsprofil.
Es wurde nun gefunden, daß flüssigphasengesinterte elektrisch leitfähige und oxida
tionsresistente keramische Werkstoffe der allgemeinen Formel
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b
mit a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 und Sinterhilfen aus der Gruppe
Y2O3, Seltene Erdoxide, Al2O3, Sc2O3, TiO2 und ZrO2 über das gewünschte Eigen
schaftsprofil verfügen.
Gegenstand der Erfindung ist daher ein flüssigphasengesinterter elektrisch leitfähiger
und oxidationsresistenter keramischer Werkstoff auf der Basis der allgemeinen Zu
sammensetzung
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b,
wobei a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 ist und Sinterhilfsmittel aus der
Gruppe Y2O3, Seltene Erdoxide, Al2O3, Sc2O3, TiO2 und ZrO2, der eine spezifische
elektrische Leitfähigkeit bei Raumtemperatur von ≧ 0,1 S/m und eine Oxidations
resistenz aufweist, charakterisiert wird durch die Gewichtszunahme nach 100 h
Auslagerung an Luft bei 1000°C, von ≦ 0,05 mg/cm2.
In einer Ausführungsform der Erfindung kann der Werkstoff noch bis zu 10 Gew.-%
TiC enthalten.
Die Gewichtszunahme des erfindungsgemäßen Werkstoffes nach 100 h Auslagerung
an Luft bei 1300°C ist vorzugsweise ≦ 0,8 mg/cm2.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beträgt das Volumen
der Sinteradditive zusammen mit dem Volumen des SiO2, resultierend aus dem
Sauerstoffgehalt des eingesetzten Si3N4-Pulvers und/oder des SiC-Pulvers und dem
TiO2, resultierend aus dem Sauerstoffgehalt des eingesetzten TiN-Pulvers, in der
Summe ≦ 15 Vol-% des gesinterten Werkstoffes, wobei der Werkstoff bei
Raumtemperatur eine mittlere Biegefestigkeit von ≧ 800 MPa, eine Bruchzähigkeit
von ≧ 6 MPa.m1/2 und eine Härte HV 10 von ≧ 15 GPa aufweist.
SiC wirkt in diesem Werkstoff vorzugsweise als Agens zur Steigerung der Oxida
tionsresistens in Werkstoffen, so daß damit der Werkstoff in oxidativer Atmosphäre
bei über 1000°C eingesetzt werden kann.
Der erfindungsgemäße Werkstoff ist dabei elektroerosiv bearbeitbar.
Gegenstand der Erfindung ist zudem ein Verfahren zur Herstellung des erfindungs
gemäßen Werkstoffs, wonach entsprechend der allgemeinen Zusammensetzung
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b,
mit a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 ist, entsprechende Mengen an
Ausgangskomponenten Si3N4 und/oder SiC, die jeweils eine Feinheit von 98%
Vol.-% < 2 µm aufweisen, und/oder TiN, welches eine Feinheit von 98 Vol-% < 5 µm
aufweist, und die Sinteradditive intensiv gemischt, geformt und durch Sintern in
Stickstoff-Atmosphäre bei ≦ 100 bar zu dichten Werkstoffen mit Restporositäten von
≦ 1 Vol.-% überführt werden.
Vorzugsweise werden die Werkstoffe entweder bei Temperaturen ≦ 1780°C unter
1 bar N2 oder bei T ≦ 2000°C unter erhöhtem N2-Druck zu dichten Werkstoffen
gesintert.
In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird vorzugsweise die TiN-Ausgangskompo
nente als nanofeines TiN mit einer Partikelgröße von 98 Vol.-% < 100 nm und/oder
als ein amorpher Ti(C)N-Precursor mit einem maximalen C-Gehalt von 20 Gew.-%
eingesetzt.
Gegenstand der Erfindung ist zudem die Verwendung des erfindungsgemäßen Werk
stoffes für Bearbeitungswerkzeuge und Vorrichtungen, insbesondere Metall-Strang
preßdüsen mit komplexen Profilen, Preßwerkzeugen sowie für Glühstifte, Niveau
sensoren, Heizstäbe und Zündeinrichtungen.
Die nachfolgenden Beispiele dienen der Erläuterung der Erfindung, ohne dabei limi
tierend zu wirken.
Die genauen Einsatzmengen der jeweiligen Komponenten sowie die Eigenschaften der
Werkstoffe sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Ein gut sinternder Referenzansatz (#1, Tab. 1) auf Basis Si3N4 (BAYSINID-ST,
erhältlich bei der Fa. Bayer AG, Deutschland, spezifische Oberfläche = 11 m2/g,
O-Gehalt = 1,4 Gew.-%, d-98 < 2 µm), feindispersem Y2O3, erhältlich unter dem
Namen Grade C bei der Firma H.C. Starck, Deutschland, und Al2O3, erhältlich unter
dem Namen CT 3000 SG bei der Firma Alcoa, Deutschland, wurde mit einer
Planetenmühle unter Verwendung von Si3N4-Mahlgefäßen und Mahlkugeln von
4 mm Durchmesser aufbereitet. Das Feststoff-/Mahlkugel-/Flüssigkeitsverhältnis
betrug 1 : 1 : 2,5, als Mahlflüssigkeit wurde n-Propanol verwendet, die Mahldauer bei
150 UpM betrug 15 h. Die Mahlsuspension wurde eingedampft, < 400 µm gesiebt, zu
Proben verpreßt und diese in inerter Atmosphäre bei 1780°C, 1 bar N2, 2 h gesintert.
Die Bestimmung des Sauerstoff-Gesamtgehaltes der aufbereiteten Ansätze erfolgte
mittels eines NO-Analysators der Firma Heraeus, Deutschland, der Sauerstoffgehalt
der Sinteradditive (in Tab. 1 = "O-Geh. Adds") ist ein Rechenwert, basierend auf der
Stöchiometrie der eingesetzten Oxide. Die Differenz aus den beiden Werten stellt den
O-Gehalt dar, der über die Nichtoxide mit eingebracht wird, als integraler Bestandteil
der Rohstoffe und durch Sauerstoffaufnahme während der Aufbereitung. Dieser
wurde auf Gewichtsanteile SiO2 (im weiteren auch TiO2) umgerechnet und den
oxidischen Additiven zugeschlagen. Durch Division durch die individuellen Dichten
der Nichtoxid- als auch der Oxidkomponenten wurden die Volumina der beiden
Stoffgruppen und daraus der Volumenanteil in Prozent (in Tab. 1 =
"Sek.-Pha.-Volumen", Vol-%) berechnet.
Aus den gesinterten Proben wurden Normbiegeprüfkörper präpariert und die Biege
festigkeit unter 4-Punktbelastung mit Stützabständen 40/20 mm nach DIN 51 110
bestimmt. Die Bruchzähigkeit wurde an polierten Anschliffen der Proben nach dem
Verfahren der Rißlängenbestimmung und der Auswerteformel nach Niihara ermittelt.
Die Härte wurde ebenfalls an polierten Anschliffen nach dem Vickers-Verfahren nach
DIN 50 133 bestimmt. Das Oxidationsverhalten wurde an scheibenförmigen Plättchen
mit Durchmesser 50 mm und 5 mm Dicke (= 47 cm2 Oberfläche) ermittelt, indem die
Proben in Laboratmosphäre bei 1000°C sowie 1300°C bis 100 h geglüht wurden.
Nach Abkühlung auf Raumtemperatur wurde die Gewichtsänderung in mg ermittelt
und auf die Probenfläche bezogen, d. h. in mg/cm2 angegeben.
Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit erfolgte an den gleichen scheibenför
migen Plättchen im gesinterten und überschliffenen Zustand und Aufbringen der
Pt-Elektroden mit Schutzring durch Sputtern nach DIN 53 842 als Wechselstrom
messung mit einer Meßbrücke der Firma Wayne Kerr, GB.
Die erhaltenen Werte dieses Basisansatzes sind in Tab. 1 aufgeführt, sie liegen im übli
cherweise mit diesem Werkstoff und Verfahren erreichbaren Eigenschaftsspektrum.
Um eine elektrische Leitfähigkeit zu erreichen, wurde der Si3N4-Anteil des Referenz
ansatzes vermindert und TiN, erhältlich unter dem Namen Grade C bei der Firma H.C.
Starck, Deutschland; spezifische Oberfläche = 4 m2/g, O-Gehalt = 1,6 Gew.-%, d-98
< 5 µm) zugesetzt. Die Aufbereitung erfolgte wie oben beschrieben von zunächst nur
Si3N4 und den oxidischen Sinteradditiven. Nach 10 h Mahldauer wurde das TiN
zugesetzt und weitere 5 h gemahlen. Die weitere Verarbeitung und Prüfung erfolgte
wie oben ausgeführt. Die TiN-Konzentrationen wurden von 20 Gew.-% (#2, Tab. 1)
über 30 Gew.-% (#3 Tab. 1) bis 40 Gew.-% (#4, Tab. 1) gesteigert. Die erzielten
Ergebnisse sind in Tab. 1 zusammengestellt.
Es ist ersichtlich, daß in dem SiC-freien Werkstoff der TiN-Zusatz von markantem
Einfluß auf mechanische Eigenschaften ist. Mit 40 Gew.-% TiN wurde das Ziel
erreicht, einen elektrisch leitfähigen, erodierbaren Werkstoff zur Verfügung zu stellen
(ELF) ≧ 1 S/m). Allerdings zeigen die TiN-enthaltenden Werkstoffe mit steigendem
TiN-Gehalt zunehmende Oxidationsinstabilitäten.
Im Bestreben, die Oxidationsbeständigkeit unter Beibehaltung der erwünschten Höhe
der elektrischen Leitfähigkeit zu verbessern, wurde im Ansatz #4 20 Gew.-% TiN
durch SiC, erhältlich unter dem Namen UF 25 bei der Firma H.C. Starck,
Deutschland: spezifische Oberfläche = 25 m2/g, O-Gehalt = 1,8 Gew.-%, d-98 < 2 µm
ersetzt. Die Prozeßbedingungen wurden identisch denen in Beispiel 1 ausgeführten
gewählt. Dieses Material #5 wies nur eine geringe elektrische Leitfähigkeit auf, die
Oxidationsbeständigkeit zeigte jedoch überraschenderweise einen um Größenord
nungen besseren Wert und gelangt damit in den angestrebten Bereich. Um auch die
Leitfähigkeit wieder auf das für die Elektroerosiv-Bearbeitung nötige Niveau anzu
heben, wurde der TiN-Gehalt erneut gesteigert unter simultaner Reduktion des
SiC-Zusatzes, um Si3N4 als gefügedominierende Phase zu erhalten. Die Ergebnisse
für diesen Ansatz #6 zeigen, daß mit 30 Gew.-% TiN und 15 Gew.-% SiC die
zielgemäße Leitfähigkeit von ≧ 0 1 S/m erreicht wird, eine weitere Steigerung des
TiN-Gehaltes führt zu einer weiter verbesserten Leitfähigkeit.
Dieser erzielte Erfolg bezüglich verbesserter Oxidationsbeständigkeit der erfindungs
gemäßen, auf Si3N4 basierenden Keramik zeigte sich durch die Aufnahme der Ge
wichtsänderung von Material #6 über die Zeit mittels Thermowaage. Als
Vergleichsmaterial zur erfindungsgemäßen Variante #6 wurde das elektrisch leitfähige
SYAlON 501 der britischen Firma Lucas-Cooksen eingesetzt (Fig. 1a und 1b). Diese
Figuren zeigen die Gewichtsänderung ΔM in % in Abhängigkeit der Temperatur T in
°C über der Zeit t in h. Fig. 1a gibt das Verhalten der Proben bei einer konstanten
Glühtemperatur nach der Aufheizphase von 1000°C, Fig. 1b entsprechend bei
1400°C, jeweils an Luft, wieder. Die Kurve 1 zeigt jeweils den Temperaturverlauf des
Versuches über der Zeit, die Kurve 2 die Masseänderung (ΔM in %) der Vergleichs
materials und die Kurve 3 die Masseänderung (ΔM in %) des erfindungsgemäßen
Materials #6. Es ist ersichtlich, daß das erfindungsgemäße Material bei 1000°C
praktisch keine Gewichtszunahme durch Oxidation über die 10 h Versuchsdauer zeigt.
Die Auslenkung der Massenänderungskurve zu Beginn des Versuches ist ein
Auftriebseffekt in der Thermowaage, bedingt durch das rasche Aufheizen. Der
identische Versuch bei 1300°C ergab eine Gewichtszunahme durch Oxidation von
0,45 Gew.-%, was, bezogen auf die eingesetzte Probe von 3 × 4 × 15 mm, einen
flächenbezogenen Gewichtszuwachs von 0,2 mg/cm2 bedeutet. Der entsprechende
Glühversuch über 100 h mit scheibenförmigen Proben ergab einen Wert von
0,5 mg/cm2, was deutlich besser als die bisher berichteten Werte ist und die Erfin
dungshöhe unterstreicht.
Im Bestreben, die elektrische Leitfähigkeit noch zu verbessern, wurde der TiN-Gehalt
weiter gesteigert und der SiC (und Si3N4)-Gehalt abgesenkt (Ansätze #7 und #8).
Überraschenderweise zeigte sich dabei, daß trotz des erhöhten TiN-Gehaltes, der zu
der erwünschten Steigerung der elektrischen Leitfähigkeit führte, die Oxidation auf
einem sehr niedrigen Niveau verblieb. Es zeigte sich dabei, daß bereits 10 Gew.-%
SiC-Zusatz ausreichten, um die Oxidation auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten,
d. h. selbst das Material #8 wies bei 1300°C noch eine überraschend gute
Oxidationsbeständigkeit auf. Auch die sonstigen mechanischen Eigenschaften wiesen
ein Niveau auf, das den zielgemäßen Einsatz ermöglicht, wobei die Ansätze weiterhin
durch Sintern verdichtbar waren.
Diese Variationen wurden ausgeführt, um den Einfluß von Prozeßparametern und
Rohstoffqualitäten auf das Herstellungsverfahren und die Eigenschaften zu überprü
fen, wobei die Prozeßbedingungen identisch mit denen aus Beispiel 1 gewählt wurden,
mit Ausnahme der jeweils beschriebenen spezifischen Änderungen. So wurde der
Ansatz #8 bei 1900°C unter 100 bar N2 gesintert und der resultierende Werkstoff Nr.
#9 analysiert. Aus Tab. 1 ist ersichtlich, daß die mechanischen Eigenschaften und die
elektrische Leitfähigkeit dadurch noch verbessert wurde und die Oxidationsbestän
digkeit auf dem erfindungsgemäß niedrigen Niveau verblieb.
Im Versuch #10 wurde eine gröbere TiN-Komponente eingesetzt, erhältlich unter
dem Namen Grade B bei der Firma H.C. Starck, Deutschland: spezifische Oberfläche
= 1,5 m2/g, O-Gehalt = 1,2 Gew.-%, d-98-Kennwert < 8 µm. Dieser Ansatz ließ sich
auch mit dem in Versuch #9 angewandten wesentlich intensiveren Sinterbedingungen
nicht mehr vollständig verdichten und erreichte demzufolge nicht die erfindungsge
mäßen Kriterien. Daraus läßt sich ableiten, daß für eine vollständige Verdichtung der
Ansätze die Si3N4- und SiC-Rohstoffe d-98-Kennwerte < 2 µm und die TiN-Kom
ponente < 5 µm aufweisen muß.
Im Versuch #11 wurde versucht, den Basisansatz #10 durch einen höheren Sinter
additiv-Zusatz dicht zu sintern. Dies war zwar erfolgreich, die mechanischen Eigen
schaften und insbesondere die Oxidationsbeständigkeit fielen dabei jedoch auf ein
deutlich unter den Ansprüchen liegendes Niveau ab. Dies begründet die Forderung
nach einem Volumenanteil der Sekundärphase von ≦ 15 Vol.-%, um die erfindungsge
mäßen Eigenschaften zu realisieren.
Um den Einfluß der Charakteristik des TiN-Zusatzes näher zu analysieren, wurde im
Ansatz #6 das TiN durch ein nanofeines TiN-Pulver mit einer Teilchengröße von
100% < 100 nm und einem O-Gehalt von 2,5 Gew.-% ersetzt (Ansatz #12). Die
weitere Aufbereitung erfolgte wie in Beispiel 1 beschrieben. Dieser Ansatz wies ein
exzellentes Sinterverhalten unter 1 bar N2 auf und überschritt deutlich die erfindungs
gemäß definierten Mindesteigenschaften.
In einem weiteren Versuch wurde der Ansatz #6 durch Einsatz eines amorphen TiCN-Precursors
mit einem Kohlenstoffgehalt von 6 Gew.-% und einem Sauerstoffgehalt
von 0,8 Gew.-% modifiziert. Die Spezifizierung einer Partikelgröße dieses amorphen
Materials war infolge des amorphen Charakters physikalisch nicht sinnvoll. Auch
dieses Material (Ansatz #13) war durch Sintern unter 1 bar N2 vollständig
verdichtbar, wenn eine langsamere Aufheizgeschwindigkeit zwischen ca. 1250°C und
der Sintertemperatur 1780°C gewählt wurde. Die Werkstoffeigenschaften überschrit
ten die erfindungsgemäß definierten Mindestwerte. Die Ansätze #12 und #13 zeich
neten sich durch eine äußerst homogene Verteilung der TiN-Phase aus, Ansatz #13
enthielt daneben noch eine geringe Konzentration an TiC.
Um zu überprüfen, inwieweit auf den Zusatz von TiN ganz verzichtet werden kann
und die erforderliche elektrische Leitfähigkeit auch durch erhöhte SiC-Zusatzkonzen
trationen erzielt werden kann, wurde beim Ansatz #14 unter Beibehaltung der in
Beispiel 1 beschriebenen Prozeßbedingungen der SiC-Zusatz auf 30 Gew.-%
gesteigert. Das Material war zwar sinterbar, erreichte aber nicht die erfindungsgemäß
spezifizierte elektrische Leitfähigkeit. Die weitere Steigerung des SiC-Gehaltes auf 40
Gew.-% (Ansatz #15) erfüllte dann auch dieses Kriterium, so daß reine
Si3N4-SiC-Ansätze mit den spezifizierten Sinteradditiven erfindungsgemäß sind.
Aufgrund dieses positiven Ergebnisses bot sich die Prüfung eines reinen flüssigpha
sengesinterten SiC-Werkstoffes an (Ansatz #16). Wie die Ergebnisse in Tab. 1 zeigen,
erfüllte auch dieser die spezifizierten Kriterien.
Claims (6)
1. Flüssigphasengesinterter elektrisch leitfähiger und oxidationsresistenter kera
mischer Werkstoff auf der Basis der allgemeinen Zusammensetzung
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b,
wobei a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 ist, und Sinterhilfsmittel aus der Gruppe Y2O3, Seltene Erdoxide, Al2O3, Sc2O3, TiO2 und ZrO2, dadurch gekennzeichnet, daß er eine spezifische elektrische Leitfähigkeit bei Raumtemperatur von ≧ 0,1 S/m und eine Oxidationsresistenz, charakterisiert durch die Gewichtszunahme nach 100 h Auslagerung an Luft bei 1000°C, von ≦ 0,05 mg/cm2 aufweist.
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b,
wobei a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 ist, und Sinterhilfsmittel aus der Gruppe Y2O3, Seltene Erdoxide, Al2O3, Sc2O3, TiO2 und ZrO2, dadurch gekennzeichnet, daß er eine spezifische elektrische Leitfähigkeit bei Raumtemperatur von ≧ 0,1 S/m und eine Oxidationsresistenz, charakterisiert durch die Gewichtszunahme nach 100 h Auslagerung an Luft bei 1000°C, von ≦ 0,05 mg/cm2 aufweist.
2. Werkstoff gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Gewichts
zunahme nach 100 h Auslagerung an Luft bei 1300°C ≧ 0 8 mg/cm2 beträgt.
3. Werkstoff gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß
das Volumen der Sinteradditive zusammen mit dem Volumen des SiO2,
resultierend aus dem Sauerstoffgehalt des eingesetzten Si3N4-Pulvers
und/oder des SiC-Pulvers und dem TiO2, resultierend aus dem Sauerstoff
gehalt des eingesetzten TiN-Pulvers in der Summe ≦ 15 Vol.-% des gesinterten
Werkstoffes ergeben und der Werkstoff bei Raumtemperatur eine mittlere
Biegefestigkeit von ≧ 800 MPa, eine Bruchzähigkeit von ≧ 6 MPa.m1/2 und
eine Härte HV 10 von ≧ 15 GPa aufweist.
4. Verfahren zur Herstellung eines keramischen Werkstoffes gemäß einem oder
mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die der allge
meinen Zusammensetzung
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b,
wobei a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 ist, entsprechenden Mengen an Ausgangskomponenten Si3N4 und/oder SiC, die jeweils eine Feinheit von 98% Vol.-% < 2 µm aufweisen, und/oder TiN, welches eine Feinheit von 98 Vol-% < 5 µm aufweist, und die Sinteradditive intensiv gemischt, geformt und durch Sintern in Stickstoff-Atmosphäre bei ≦ 100 bar zu dichten Werkstoffen mit Restporositäten von ≦ 1 Vol.-% überführt werden.
[Si3N4]1-a-b.[SiC]a.[TiN]b,
wobei a = 0,1 bis 1, b = 0 bis 0,5 und (a + b) ≧ 0,4 ist, entsprechenden Mengen an Ausgangskomponenten Si3N4 und/oder SiC, die jeweils eine Feinheit von 98% Vol.-% < 2 µm aufweisen, und/oder TiN, welches eine Feinheit von 98 Vol-% < 5 µm aufweist, und die Sinteradditive intensiv gemischt, geformt und durch Sintern in Stickstoff-Atmosphäre bei ≦ 100 bar zu dichten Werkstoffen mit Restporositäten von ≦ 1 Vol.-% überführt werden.
5. Verfahren gemäß Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die TiN-Aus
gangskomponente als nanofeines TiN mit einer Partikelgröße von 98 Vol.-%
< 100 nm und/oder als ein amorpher Ti(C)N-Precursor mit einem maximalen
C-Gehalt von 20 Gew.-% eingesetzt wird.
5. Verwendung des Werkstoffes gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1
bis 5 für Bearbeitungswerkzeuge und Vorrichtungen, insbesondere Metall-
Strangpreßdüsen mit komplexen Profilen, Preßwerkzeugen sowie für
Glühstifte, Niveausensoren, Heizstäbe und Zündeinrichtungen.
Priority Applications (5)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
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