DE19703892A1 - Verfahren und Vorrichtung zur Bestimmung von Stoffeigenschaften mittels thermischer Analyse - Google Patents
Verfahren und Vorrichtung zur Bestimmung von Stoffeigenschaften mittels thermischer AnalyseInfo
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Description
Für die Analyse und Reaktionsverfolgung von chemischen Reaktionen und
physikalischen Vorgängen stehen heute mehrere Laborverfahren zur Verfügung. Die
wichtigsten thermoanalytischen Verfahren sind die Thermogravimetrie, die
Differenzthermoanalyse, die dynamische Differenzkaloriemetrie, die thermomechanische
Analyse, die thermooptische Analyse sowie die Thermomikroskopie.
Die Hauptanwendungen dieser Methoden ist die Bestimmung spezifischer Wärmen,
thermischer Effekte, Reinheit, Polymorphie, Glasumwandlung, Phasenumwandlungen,
Oxidationsstabilität, chemischer Reaktionen, Reaktionskinetik, des Schmelzverhaltens
und des Kristallisationsverhaltens.
Allen Methoden gemeinsam ist, daß eine kleine Probe der zu untersuchenden Substanz
entweder mit einem Temperaturprogramm, d. h. einer steigenden oder fallenden
Temperaturbehandlung, oder bei einer konstanten Temperatur behandelt wird. Dazu wird
die Probe in einen Tiegel gefüllt und in einem Ofenraum des entsprechenden Apparates
untergebracht. Durch gezieltes Beheizen (oder Kühlen) des Ofenraumes erfolgt die
gewünschte Temperaturbehandlung der Probe. Gemessen wird der Temperaturgang in
der Probe, gegebenenfalls in Kombination mit weiteren chemischen und/oder
physikalischen Erscheinungen. (siehe z. B. Widmann G., Riesen R.: "Thermoanalyse",
Hüthig Verlag, 1984, ISBN 3-7785-1519-5).
Nachteilig bei den bekannten Methoden ist die lange Analysenzeit, die meist im Bereich
von einigen zehn Minuten bis zu einigen Stunden liegen kann. Die Ursache für diese
langen Zeiten ist in der üblichen Gerätekonstruktion zu finden. Bei Apparaturen, die nach
dem Stand der Technik gebaut werden, erfolgt die Erwärmung der Probe immer durch
einen Ofen, der seine Wärme durch die Tiegelwand von außen an die Probe weitergibt.
Durch die schlechte Wärmeübertragung durch diese in Reihe liegenden
Wärmewiderstände ist die Temperatur der Probe bei hohen Heizgeschwindigkeiten stets
wesentlich geringer als bei langsamen Heizgeschwindigkeiten, d. h. die Meßergebnisse
hängen vom Anstieg der Temperaturrampe ab. Damit wird eine mit üblichen Verfahren
gemessene charakteristische Temperatur immer als eine Systemgröße bestimmt. Hinzu
kommt, daß die üblicherweise verwendeten Thermoelemente nicht unmittelbar in die
Probe eintauchen, sondern außerhalb des Probentiegels angeordnet sind. Aus diesen
Gründen liegen die Heizgeschwindigkeiten üblicher Geräte im Bereich von ca. 1°C/min
bis zu ca. 100°C/min.
Wünschenswert wäre die kugelförmige Anordnung der Probe um eine möglichst
trägheitsarme, d. h. kleine Heizung. Gleichzeitig wäre es günstig, wenn die
Temperaturmeßstelle ebenfalls sehr klein wäre und unmittelbar in die Probe eintauchen
würde. Dabei sollte nach Möglichkeit kein störender Tiegel gebraucht werden.
Gleichzeitig sollte die Probenmenge sehr klein sein, was aus sicherheitstechnischen
Gründen anzustreben ist, bzw. dann von Vorteil ist, wenn nur kleine Mengen überhaupt
zur Verfügung stehen. Bisher ist diese Wunschvorstellung durch übliche Geräte nach
dem Stand der Technik noch nicht erfüllt.
Eine Lösung wird mit der hier vorgestellten Apparatur geboten.
Wie bei den nach dem Stand der Technik bekannten Methoden wird auch bei dem
neuartigen Verfahren zur Temperaturmessung ein Thermoelement verwendet. Neu ist,
daß dieses Thermoelement gleichzeitig als Heizung für die Probe dient. Normalerweise
ist die gleichzeitige Nutzung eines Thermoelementes zur Temperaturmessung und
Heizung nicht möglich. Die Heizspannungen und -ströme sind im Vergleich zu den als
Meßeffekt auftretenden Thermospannungen und -strömen sehr groß und können nicht
voneinander getrennt erfaßt werden.
In dem hier beschriebenen neuartigen Gerät wird die Trennung des Heizstromkreises
vom Meßstromkreis dadurch erreicht, daß für die Heizung des Thermoelementes ein
Wechselstrom benutzt wird, der durch geeignete als Sperrkreise oder Saugkreise für die
Heizwechselspannung wirkende Filter am Eindringen in den gleichspannungsführenden
Meßstromkreis gehindert wird. Zusätzlich kann der Eingang des
Thermospannungmeßverstärkers noch mit Abblockkondensatoren ausgestattet sein, die
für die eventuell noch hinter den Sperrkreisen vorhandenen Reste von Heizströmen einen
geringen Widerstand aufweisen, für die Thermogleichspannung aber einen sehr hohen
Widerstand haben.
Bringt man nun eine Probe, z. B. einen Tropfen auf das Thermoelement, so ist es möglich
diesen am Thermoelement hängenden Tropfen von innen heraus durch das als Heizdraht
wirkende Thermoelement kontrolliert zu beheizen. Durch die Verwendung eines
Wechselstromes zur Beheizung, welcher seine Polarität viele Male in der Sekunde
ändert, werden Peltier- und Seebeck-Effekt im zeitlichen Mittel auf Null ausgeglichen.
Vorteilhaft beim hier vorgestellten neuen Verfahren ist es, daß die Heizleistung
gegenüber den bisher üblichen Methoden sehr gering ist, da lediglich die geringe Masse
des Thermoelementes sowie die Probe geheizt werden müssen und nicht eine
konventionelle, massereiche Heizung. Gleichzeitig kann durch das Thermoelement der
Temperaturverlauf in dieser Probe gemessen werden. Treten thermische Effekte der oben
genannten Art auf, so können sie mit dieser Anordnung erfaßt werden. Ein Tiegel für die
Probe kann entfallen, da die Probe durch Adhäsionskräfte am Thermoelement haftet. Auch
auf eine Wärmeisolierung der Heizung, wie sie bei nach dem Stand der Technik gebauten
Geräten unvermeidlich ist, kann entfallen. Denn durch die nahezu trägheitslose
Wechselstromheizung des Thermoelementes sind Heizraten möglich, die bis zu einigen
Hundert Grad Celsius pro Sekunde gehen können. Solch hohe Heizraten sind bisher mit
üblichen Geräten nicht möglich. Durch diese hohen Heizraten lassen sich die
Analysenzeiten bei wesentlich vereinfachter Gerätekonstruktion erheblich verkürzen.
Neben der meßtechnischen Erfassung von thermischen Effekten in der Probe ist
selbstverständlich auch die Kombination mit anderen Meßverfahren möglich. Als Beispiel
sei hier genannt die mikroskopische Beobachtung der Probe (gegebenenfalls mit einer
rechnergestützten Bildverarbeitung), z. B. zur Bestimmung von Trübungspunkten oder
zur Bestimmung der aktuellen Masse der Probe. Auch die Kombination mit einem
gaschromatographischen Analysensystem mit Massenspektrometer ist möglich.
Neben der Hauptanwendung thermische Analyse von Proben, kann ein Apparat nach
diesem Funktionsprinzip auch als ein Mikroreaktor z. B. für Gas/Flüssig-, Gas/Feststoff-
oder Flüssig/Feststoff-Reaktionen verwendet werden. Wärmetönungen, die durch die
Reaktion eines in den Probentropfen eindringenden Gases mit dem Tropfen entstehen,
lassen sich messen. Ein Anwendungsfeld ist z. B. die Reaktionsverfolgung von Tropfen in
einem Sprühreaktor. Das Problem, die Vorgänge in einem einzelnen Tropfen eines
Sprühreaktors zu verfolgen, kann mit diesem neuartigen Apparat gelöst werden.
Handelt es sich bei den am Thermoelement angebrachten Proben um Feststoffe, so ist es
möglich im Falle von Adsorbentien Adsorptionswärmen bzw. Desorptionswärmen zu
messen. Sind die Feststoffproben Katalysatoren, so ist die Bestimmung von
Reaktionswärmen sowie die Reaktionsverfolgung im Katalysator möglich. Dabei kann je
nach Anordnung des oder der Thermoelemente in der Probe der interesierende Effekt an
verschiedenen Stellen innerhalb der Probe untersucht werden.
Die Ausgestaltung der Meßkammer, in der sich das Thermoelement befindet, kann in
weiten Grenzen erfolgen. Je nach Anwendungsfall kann eine Ausführung vorteilhaft sein,
welche Untersuchungen im Ultrahochvakuum (bis herab zu 10-13 mbar) oder unter
Überdruck (bis zu 1000 bar) zuläßt. Die Meßkammer kann auch mit Sichtfenstern
ausgestattet sein, welches eine Messung der Vorgänge in der Probe mittels
spektroskopischer Methoden, z. B. Infrarot- oder UV-Spektrometern zuläßt.
In Abb. 2 ist eine mögliche Ausführungsform eines Apparates nach dem
beschriebenen neuartigen Verfahren in zwei Varianten skizziert. Zur Beheizung des
Thermoelementes dient ein Wechselstromgenerator 1 üblicher Bauart. Die feste
Arbeitsfrequenz dieses Generators ist in weiten Grenzen wählbar. Geeignet ist ein
Bereich von ca. 10 Hz bis 500 MHz, dabei wird ein Bereich von 50 Hz bis 200 MHz
bevorzugt, da sich in diesem Bereich die notwendigen Filter zur Abtrennung der
Heizwechselströme vom Meßsignal leicht herstellen lassen. Die aus dem
Wechselstromgenerator über eine Leitung ausgekoppelte Frequenz gelangt auf das
Thermoelement 2, welches sich in einer Meßkammer 4 befindet. Unter Umständen kann
als Heizwechselstrom auch die Netzfrequenz von 50 oder 60 Hz genutzt werden. In einer
besonders einfachen Ausführung besteht das Thermoelement aus zwei miteinander
gekreuzten, punktverschweißten Drahten eines geeigneten Thermopaares. Durch diese
Anordnung können zwei der vier Anschlüsse für die Zufuhr des Heizstromes dienen,
während die anderen beiden Anschlüsse zur Ableitung der Thermospannung genutzt
werden können. Die Durchführungen zur Einspeisung der Heizströme sowie zur
Ableitung der Thermospannungen werden elektrisch isoliert durch die Wand der
Meßkammer geführt.
Selbstverständlich sind auch andere Ausführungen des oder der Thermoelemente
realisierbar, im einfachsten Fall auch eine zweischenklige Ausführung. Die mechanische
Ausführung der Thermoelemente kann in weiten Grenzen erfolgen. So sind
Ausführungsformen möglich, die sich für den Einbau in Sonden eignen oder Versionen,
bei denen die Thermopaardrähte auf einer Trägerplatte montiert sind. Solche
vormontierten Thermoelemente können schon außerhalb der eigentlichen Apparatur mit
Probe beladen werden und z. B. mit Schnellmontageeinrichtungen in die Meßkammer
eingesetzt werden. Bei der Wahl der Thermopaardrähte (Durchmesser, Material) sollten
die spezifischen ohmschen Widerstände und Wärmeleitfähigkeiten berücksichtigt werden,
um eine gleichförmige Erwärmung der Probe sicherzustellen. An diesem Thermoelement
befindet sich eine Probe 3, Die an den Meßanschlüssen des Thermoelementes bei der
Variante a angeschlossenen Sperrkreise 5 und 6, welche auf die Frequenz des
Wechselstromgenerators abgestimmt sind, verhindern ein Ableiten der Heizfrequenz in
die Meßanordnung. Diese besteht aus einem handelsüblichen Thermoelementverstärker 7
und einem Registriergerät für die gemessenen Temperaturen. Dies kann z. B. ein
Computer 9 sein. Zum Schutz des Meßverstärkers sowie zur Ableitung von
Heizstromresten, die die Sperrkreise doch noch passiert haben, dienen bei der Variante a
die Kondensatoren 10 und 11.
Bei der Variante b werden über einen Vorwiderstand 5 angeschlossene steilflankige Filter
6 (Notchfilter) zur Abblockung der Heizwechselstrome vom Meßstromkreis des
Thermoelementverstärkers benutzt. Die Probe 3 befindet sich z. B. als Tropfen auf dem
Thermoelement. Eine Beobachtung der Probe während der Messung kann z,B, durch ein
mit dem Computer 9 gekoppeltes zusätzliches Meßverfahren 8, z. B. einem optischen
Verfahren, einem Gaschromatographen oder einem Massenspektrometer erfolgen. Auch
die Kombination mehrerer dieser Verfahren ist möglich.
In einer einfachen Ausführung können anstelle der auf die Resonanzfrequenz des
Heizgenerators abgestimmten Sperrkreise auch Drosselspulen eingesetzt werden.
Neben dieser Grundversion des Apparates sind auch andere Ausführungsformen
realisierbar, z. B. eine Ausgestaltung mit zwei oder mehr Thermoelementen, um
Differenzmessungen durchführen zu können oder um mehrere Proben gleichzeitig zu
erwärmen. Dabei können die Thermoelemente in Reihe oder nebeneinander geschaltet
sein.
Die Aufzeichnung der durch den Thermoelementverstärker verstärkten
Temperatursignale kann vorteilhafterweise mit einem Computer erfolgen. Durch diesen
kann, wie in Abb. 2 angedeutet, auch die Ansteuerung des
Wechselstromheizgenerators erfolgen, z. B. um definierte Heizraten oder Temperaturen
einzustellen. Mit diesem Computer kann auch die weitere Auswertung der Signale mit
den in der thermischen Analyse üblichen Verfahren sowie eine Auswertung des oder der
zusätzlichen Meßverfahren erfolgen.
Es soll noch erwähnt werden, daß es prinzipiell auch möglich ist, einen Probentropfen an
einem als Heizdraht ausgebildeten einfachen Draht zu erwärmen, und thermische Effekte
z. B. durch direkte oder indirekte Widerstandsmessung dieses Drahtes zu erfassen.
Allerdings hat diese Methode nicht den Vorteil des hier beschriebenen neuartigen
Verfahrens. Bei dem Heizdrahtverfahren wird durch die Widerstandsmessung immer der
gesamte Draht erfaßt, d. h. sowohl freier wie auch durch Probe benetzter Draht. Man
erhält also einen Mittelwert, der eine Aussage über die eigentlich interessierende
Probentemperatur nicht leicht zuläßt. Bei Einsatz eines Thermoelementes ist die
Meßstelle nicht der ganze Draht auf voller Länge, sondern nur die probenbenetzte
Schweißstelle des Thermopaares. Durch diese punktuelle Anordnung der Meßstelle ist
eine direkte Temperaturverfolgung der Probe über den Zeitraum der gesamten
Untersuchung möglich. Dies soll aber nicht heißen, daß es für einfache Messungen nicht
auch möglich wäre, einen einfachen Draht z. B. elektrisch zu beheizen und an diesem eine
Probe anzubringen. Auch mit einer solchen Anordnung sind prinzipiell thermische
Effekte in der Probe zu messen.
In Abb. 3 wird der Temperaturverlauf des leeren Thermoelementes in einem
entsprechend Abb. 2 gebauten Apparates gezeigt. Zu erkennen ist, daß mit dem
erfindungsgemäßen Verfahren eine hohe Heizgeschwindigkeit bei gleichzeitiger
Temperaturmessung in der Probe erreicht wird. Die Heizrate beträgt bei diesem Beispiel
ca. 200°C/s. Dies ist wesentlich höher als bei nach dem Stand der Technik gebauten
Apparaturen.
In Abb. 4 wird die Beheizung des Thermoelementes mit einer langsameren
Temperaturrampe gezeigt. Durch entsprechende Ansteuerung des Heizgenerators sind
nahezu beliebige Formen von Aufheizkurven zu verwirklichen, und das sowohl bei sehr
hohen als auch bei geringen Heizraten.
In Abb. 5 wurde als Probe ein Tropfen Wasser auf das Thermoelement gebracht.
Dann wurde mit der in Abb. 3 gezeigten Heizrate kontrolliert aufgeheizt. Man
erkennt zunächst eine etwas langsamere Temperatursteigerung mit der Zeit, bedingt
durch die zusätzliche Aufheizung des Wassers. Bei einer Temperatur von 100°C kommt
es zu einem waagerechten Temperaturverlauf. Bei dieser Temperatur siedet das Wasser,
jede weitere zugeführte Wärme wird zum Verdampfen von Wasser gebraucht. Ist alles
Wasser verdampft, so geht die Temperatur schnell nach oben und erreicht den Wert der
Basislinie. Nach Abschalten des Wechselstromheizgenerators wird die Abkühlkurve des
Thermoelementes aufgezeichnet. Auch die Abkühlgeschwindigkeit ist sehr hoch, durch
eine geeignete Ansteuerung des Wechselstromheizgenerators läßt sich diese ebenfalls in
weiten Grenzen beliebig steuern. Innerhalb von nur ca. 20 Sekunden wurde mit diesem
Experiment die Siedetemperatur eines Stoffes (in diesem Fall Wasser) bestimmt. Dies hat
nur beispielhaften Charakter und ist auf andere Stoffsysteme analog übertragbar.
In Abb. 6 wird der prinzipiell gleiche Versuch wiedergegeben, allerdings mit einer
geringeren Heizrate. Auch hier sind wieder die eben beschriebenen Phänomene zu
beobachten. Am Knickpunkt der Kurve ist wieder die Siedetemperatur des untersuchten
Stoffes (hier Wasser) abzulesen. Auch bei diesem Versuch wird der Zeitvorteil
gegenüber bisher bekannten Verfahren deutlich. Aus dem geringeren Anstieg der Kurve
bis zur Siedetemperatur ist bei Kenntnis der Masse der Probe die Wärmekapazität des
untersuchten Stoffes berechenbar. Eine Massenbestimmung kann z. B. durch ein
zusätzlich angewendetes optisches Verfahren auf indirektem Wege erfolgen.
In Abb. 7 ist die Untersuchung einer Kohlenwasserstofffraktion wiedergegeben.
Anders als beim Aufheizen eines reinen Stoffes (wie z. B. Wasser, siehe oben und
Abb. 5) beobachtet man nicht einen Temperaturanstieg auf eine definierte
Siedetemperatur, sondern man erhält eine Siedeverlaufskurve. Diese ist von der
Zusammensetzung der Probe abhängig. Die untere Kurve in dieser Abbildung zeigt eine
solche charakteristische Siedelinie, welche durch Subtraktion der Basislinie des leeren
Thermoelementes von der Meßkurve des probenbeladenen Thermoelementes erhalten
werden kann. Das beschriebene neuartige Verfahren erlaubt eine schnelle und damit
arbeitszeitsparende Ermittlung solcher Siedekurven. Ein Anwendungsfeld ist die
Raffinerietechnik, wo Kohlenwasserstofffraktionen rationell charakterisiert werden
müssen. Das hier vorgestellte Verfahren erlaubt die Ermittlung charakteristischer
Siedelinien innerhalb kurzer Zeit, Bisherige Methoden wie z. B. die simulierte Destillation
sind apparativ wesentlich aufwendiger und dauern erheblich länger. Außerdem verlangen
sie detaillierte Modellvorstellungen sowie die Anwendung aufwendiger mathematischer
Methoden zur Auswertung, während beim hier vorgestellten Verfahren die
interessierenden Größen wie z. B. Siedetemperatur und Molmasse (durch ein gekoppeltes
Massenspektrometer) direkt gemessen werden können.
In Abb. 8 wird gezeigt, wie ein Apparat nach dem hier beschriebenen Verfahren
vorteilhaft für die Ermittlung von Zündtemperaturen oder Zersetzungstemperaturen von
Explosivstoffen oder Treibladungspulvern eingesetzt werden kann. Eine nur wenige
Milligramm schwere Probe eines Nitropulvers auf der Basis Nitrozellulose/Nitroglycerin
wurde gezielt auf dem Thermoelement erwärmt. Bei Erreichen der Zündtemperatur
zündet die Probe und brennt ab. Dies zeigt sich am steilen Anstieg der Meßkurve.
Untersuchungen dieser Art sind völlig gefahrlos durchzuführen, da die benötigte
Probenmenge sehr gering ist. Besondere Sicherheitsmaßnahmen sind nicht erforderlich.
Dies zeigt sich auch bei der Untersuchung eines Initialsprengstoffes. In Abb. 9
wurde eine Probe Bleipikrat am Thermoelement als Aufschlämmung in einer Flüssigkeit
angebracht. Beim gezielten Erwärmen trocknet die Probe, um dann bei Erreichen der
Zündtemperatur zu Verpuffen. Die linken beiden Kurven wurden mit der gleichen
Aufheizgeschwindigkeit ermittelt, die rechte Kurve mit einer langsameren Aufheizrate.
Man erkennt, daß unabhängig von der Aufheizgeschwindigkeit die gleiche
Zündtemperatur von ca. 270°C für diese Probe ermittelt wird. In Abb. 10 wurde
ebenfalls eine Probe Bleipikrat untersucht, diese war aber mit einem
Zersetzungskatalysator versetzt. Für diese Probe wurde eine durch den Katalysator
erniedrigte Zündtemperatur von ca. 200°C ermittelt. Auch diese Experimente können
trotz der Brisanz der Probe gefahrlos durchgeführt werden, da die Probenmenge nur
wenige Milligramm betragen braucht. Neben dem sicherheitstechnischen Vorteil gibt das
hier vorgestellte Heizverfahren mit einem Thermoelement sehr gut die technischen
Verhaltnisse wieder, wie sie z. B. beim Zünden eines Initialsprengstoffes am Zünddraht
einer Sprengkapsel vorliegen.
In Abb. 11 ist neben der Basislinie des leeren Thermoelementes der bei der
Erwärmung von Palmitinsäureproben gemessene Temperaturverlauf zu sehen. Beim
Erwärmen wird die Kurve beim Schmelzen der Probe flacher, und das, je größer die
Probenmenge ist. Beim Versuch mit der größeren Probenmenge (untere Kurve) fiel ein
Teil der schon geschmolzenen Probe vom Thermoelement ab. Diese Verringerung der
Probenmenge (physikalischer Effekt) ist im Kurvenverlauf gut zu erkennen. Die
Auslenkung der Kurve nach unten ist dadurch zu erklären, daß der geschmolzene Teil
der Probe durch das Abtropfen vom Thermoelement entfernt wurde während der noch
feste Teil haften blieb. Dieser muß erst aufgeschmolzen werden (=Wärmeverbrauch),
Danach steigt die Kurve schnell bis zum nächsten Knickpunkt. In diesem Bereich erfolgt
das Verdampfen der Probe. Die auf einen exothermen Vorgang hindeutende Auslenkung
am weiteren Kurvenverlauf beruht auf dem Zünden der in Luft aufgeheizten Probe. Nach
Verbrennung der Probe mündet die Aufheizkurve wieder in die Basislinie des leeren
Thermoelementes. Bei einem zweiten Versuch mit einer geringeren Probenmenge blieb
das Abtropfen aus, die Probe war schon bei relativ niedriger Temperatur verdampft, so
daß bei Erreichen der Zündtemperatur nichts mehr zu verbrennen war. Deshalb wird
keine Kurvenauslenkung nach oben (exothermer Peak) beobachtet.
In Abb. 12 werden drei Abkühlkurven von Palmitinsäureproben gezeigt. Bei allen
Proben ist bei 52°C ein Knick mit anschließendem waagerechten Kurvenverlauf in der
Abkühlkurve zu erkennen, der den Kristallisations- bzw. den Schmelzpunkt dieser Probe
darstellt. Die verschiedenen Steigungen der Abkühlkurven für die noch geschmolzene
Probe und den kristallisierten Feststoff sind durch die unterschiedlich schnellen
Wärmeaustauschvorgänge des jeweiligen Aggregatzustandes der Probe zu erklären. Der
Wärmeaustausch der flüssigen Probe mit der Umgebung ist schneller als der
Wärmeaustausch des Feststoffes mit der Umgebung.
Weiter läßt sich eine Apparatur nach dem hier beschriebenen Verfahren auch zur
Strömungsmessung von Fluiden verwenden. Dabei hängt die Temperaturerniedrigung
des beheizten Thermoelementes von der Strömungsgeschwindigkeit und der
Wärmekapazität des Fluids ab. Da letztere von der Zusammensetzung abhängt, kann mit
dieser Methode bei stofflich bekannten Fluidmischungen auch das Mischungsverhältnis
ermittelt werden. Bei Untersuchungen von Gasgemischen ist von besonderen Vorteil,
daß bei Verwendung des hier dargestellten Verfahrens sowohl die Temperatur des Gases
(bei ausgeschalteter Heizung des Thermoelementes), als auch die Zusammensetzung (bei
eingeschalteter Heizung des Thermoelementes) erfaßt werden kann. Innerhalb von
wenigen Sekunden kann die Umschaltung auf die jeweils gewünschte Betriebsart
erfolgen. Durch diese Anwendung des patentgemäßen Verfahrens kann die Dichte oder
chemische Zusammensetzung einer Gasmischung schnell ermittelt werden.
Die vorgestellten Beispiele stellen nur eine geringe Auswahl aus einer großen Anzahl von
möglichen Anwendungen dar.
Claims (17)
1. Verfahren und Apparatur zur Verfolgung chemischer Umsetzungen und/oder
physikalischer Effekte von Stoffen, dadurch gekennzeichnet, daß ein durch
Wechselströme beheiztes Thermoelement gleichzeitig zur Probenbeheizung und als
Thermometer eingesetzt wird, welches dadurch simultan zur Probenerwärmung und als
Meßwertaufnehmer für thermische Erscheinungen in der Probe genutzt wird; die zu
untersuchende Probe befindet sich hierbei auf dem Thermoelement oder umströmt dieses.
2. Verfahren und Apparatur nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere
Thermoelemente eingesetzt werden, welche parallel oder in Serie geschaltet werden.
3. Verfahren und Apparatur nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die
Beheizung des Thermoelementes und damit der mit diesem in Kontakt stehenden Probe
durch einen Wechselstrom erfolgt, der durch geeignete Sperrkreise oder Filter vom
Gleichspannungsanteil des Meßsignals getrennt wird.
4. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß die Proben Feststoffe, Suspensionen, Emulsionen oder auch Flüssigkeiten bzw.
Flüssigkeitsgemische sind, welche als Einzeltropfen oder Teilchen am Thermoelement in
geeigneter Weise angebracht werden.
5. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß die zu untersuchenden Stoffe Gase oder Gasgemische sind.
6. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß zusätzlich ein weiteres oder mehrere analytische Verfahren zum Einsatz kommen wie
z. B. Gaschromatographie, Massenspektrometrie und/oder mikroskopische Analyse.
7. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Ermittlung von
Siedeverläufen von Kohlenwasserstofffraktionen eingesetzt wird.
8. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Ermittlung von
sicherheitstechnischen Kenndaten der untersuchten Proben eingesetzt wird wie z. B. die
Ermittlung von Zündtemperaturen thermisch instabiler Stoffe (Sprengmittel,
Zwischenprodukte von chemischen Produktionsverfahren).
9. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Ermittlung von Kenndaten
für die Qualitätskontrolle eingesetzt wird.
10. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Ermittlung
von Reaktionsverläufen von Gas/Flüssigkeit-Reaktionen eingesetzt wird.
11. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Ermittlung
von Reaktionsverläufen von Gas/Feststoff-Reaktionen eingesetzt wird.
12. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Ermittlung
von Reaktionsverläufen von Flüssigkeit/Feststoff-Reaktionen eingesetzt wird.
13. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß ein Apparat nach dem beschriebenen Verfahren für die Verfolgung
chemischer Reaktionen mit simultaner Trocknung eingesetzt wird.
14. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß in der Meßkammer Drücke von 10-13 mbar bis 1000 bar eingestellt
werden, wobei ein Bereich von 10-8 mbar bis 100 bar bevorzugt wird.
15. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß die am Thermoelement angebrachten Feststoffproben Adsorbentien,
Katalysatoren sowie keramische Massen oder Gläser sind.
16. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß die zu untersuchende Reaktion die Umsetzung von Diisocyanaten
mit Alkoholen bzw. deren Rückreaktion ist.
17. Verfahren und Apparatur nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß die zu untersuchende Reaktion die Umsetzung von Boranderivaten,
z. B. Trichlorosilyl-Amino-Dichloroboran mit Aminen, z,B. Methylamin ist.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE1997103892 DE19703892A1 (de) | 1997-02-03 | 1997-02-03 | Verfahren und Vorrichtung zur Bestimmung von Stoffeigenschaften mittels thermischer Analyse |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
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Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE19703892A1 true DE19703892A1 (de) | 1998-08-06 |
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ID=7819097
Family Applications (1)
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---|---|---|---|
DE1997103892 Withdrawn DE19703892A1 (de) | 1997-02-03 | 1997-02-03 | Verfahren und Vorrichtung zur Bestimmung von Stoffeigenschaften mittels thermischer Analyse |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE19703892A1 (de) |
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