DE19622564A1 - Verfahren zur Steuerung einer Streckliege mit Rückkopplung der Muskelaktivität - Google Patents
Verfahren zur Steuerung einer Streckliege mit Rückkopplung der MuskelaktivitätInfo
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Description
Der Einsatz von Streckliegen zur lumbaren Extraction ist eine anerkannte Therapieform in der
Behandlung von diversen akuten Rückenleiden. Eine Streckliege besteht im Prinzip aus zwei
Liegeflächen, wo die zweite auf Rollen gelagert und entlang der Längsachse der Liege verschoben werden
kann. Der Patient wird mit einem Gurt um die Brust auf der feststehenden Liegefläche fixiert. Ein zweites
Gurt auf der beweglichen Liegefläche wird um die Hüfte des Patients befestigt. Dieser Gurt ist mit einem
Seil verbunden, das am anderen Ende an einer Zugvorrichtung (motorbetriebener Seiltrommel) befestigt
ist. Nach dem Einschalten des Motors, wird das Seil langsam aufgewickelt und übt dadurch eine Zugkraft
auf das Gurt und dadurch auf die Wirbelsäule des Patients aus.
Um die Zugkraft zu steuern, werden elektronische Steuerungen (DE-OS 28 31 405 und DE-PS 31 34 999)
eingesetzt, die die Behandlungsmodi "konstanter Zugkraft", "stetig steigender Zugkraft" und
"intermittierender Zugkraft" unterstützt und je nach Modus die Einstellung von minimaler und maximaler
Zugkraft, Intervalzeit und Gesamtzeit ermöglicht. Der Behandler stellt diese Parameter gemäß seiner
Einschätzung über Alter, Gewicht und Schmerzintensität des Patients ein, bevor er den Motor einschaltet.
Durch diese Einstellungen ist die Soll-Zugkraft für die Behandlungsdauer vorprogrammiert. Während der
Behandlung wird mit Hilfe eines z. B. im Seil angebrachten Druckwandlers die Ist-Kraft gemessen und der
Motor im Soll-Ist-Vergleichsverfahren geregelt.
Als Sicherheitsvorkehrung kann die Seiltrommel mit einer mechanischen Notkupplung versehen werden,
die vom Patient ausgelöst werden kann (DE-OS 27 44 275).
Der im Patentanspruch 1 angegebenen Erfindung liegt das Problem zugrunde, die Kooperation des
Patients mit der Behandlung zu sichern. In viele Fällen kontrahiert der Patient reflektorisch oder aus
Angst vor der Behandlung sein Rückenmuskulatur und "kämpft" gegen die Zugvorrichtung, was zu einer
lumbaren Kontraktion anstatt die angestrebte Extraktion führt und letztendlich zu verstärkten Schmerzen
und zum Scheitern der Behandlung.
Dieses Problem wird durch die im Anspruch 1 angeführte automatische negative Rückkopplung der
Muskelaktivität und die damit verbundene Senkung der Zugkraft gelöst, indem die physikalische
Entlastung sowie die spürbare Nachgiebigkeit des Motors dem Patient zur Beruhigung und Entspannung
verhilft. Sobald die Muskelaktivität nachläßt wird die Behandlung gemäß dem gewählten
Behandlungsmodus und den eingestellten Parameter fortgeführt.
Die mit dieser Erfindung erzielte Vorteile bestehen darin, daß die lumbare Extraktion in mehr Fällen und
unter weniger Schmerzen gelingen wird; daß weniger Behandlungen unterbrochen werden müssen und
daß die Behandlungsakzeptanz und die Kooperation des Patients im Allgemeinen gesteigert werden,
wodurch diese preisgünstige und risikoarme Behandlungsmethode vermehrt eingesetzt werden kann.
Die in Patentanspruch 2 angegebenen Erfindung stellt eine Alternative oder Ergänzung zu der im
Anspruch 1 genannte Erfindung da. Dieser Erfindung liegt das triviale aber in Praxis oft auftretende
Problem zu Grunde, daß die Behandlung wegen erhöhten Schmerzen des Patients vorzeitig abgebrochen
werden muß.
Dieses Problem wird durch die im Anspruch 2 aufgeführte Anpassung der Zugkraft nach unten (negative
Rückkopplung) und/oder Anpassung des zeitlichen Ablaufs gelöst, wie z. B. Bremsen oder Hinauszögern
eines Kraftanstiegs oder Verkürzung der Haltezeit der Maximalkraft bei intermittierende Zugkraft, so daß
eine Schmerzlindernde Entlastung bzw. Pause sich ergibt.
Die mit dieser Erfindung erzielte Vorteile bestehen neben der bereits oben genannten Vorteile der ersten
Erfindung darin, daß der Patient durch seine Eingaben eine gewisse Kontrolle über dem
Behandlungsverlauf erhielt und dadurch eine bessere Sicherheitsgefühl empfindet, die schließlich die
Motivation und die Kooperation des Patients nochmals erhöht.
Eine vorteilhafte Ergänzung der Erfindungen ist im Patentanspruch 3 angegeben. Die Anzeige der
Muskelaktivität sichert, daß der Patient auf diese oft unbewußte Aktivität erst aufmerksam gemacht wird.
Außerdem dient die umfassende Patienteninformation nach Patentanspruch 3 nochmals zur Erhöhung der
Motivation und der Akzeptanz des Patients.
Eine weitere Ergänzung der Erfindung ist im Patentanspruch 4 angegeben. In der rechnerbasierten
Steuerung können die erfaßten Zugkraftwerte zusammen mit den erfaßten Werten der Muskelaktivität und
der Schmerzintensität in äquidistante Zeitabschnitte während des gesamten Behandlungsverlauf
gespeichert werden. Nach Abschluß der Behandlung können diese Daten in tabellarischer oder grafischer
Form (z. B. als Kurvendiagramme) dargestellt oder ausgedruckt werden.
Diese Erfindung ermöglicht die Dokumentation der Behandlungsverläufe und schafft somit eine solide
Grundlage für die Planung weitere Behandlungen. Ferner können die angesammelten Daten die Grundlage
für Statistiken bilden, die Tendenz oder Zusammenhänge zwischen Patientenmerkmale,
Schmerzempfinden, Zugkraft und weitere Behandlungsparameter aufklären sollen.
Der im Patentanspruch 5 angegebenen Erfindung liegt das Problem der Ermittlung einer optimale
Rückkopplungsstrategie für die Erfindungen gemäß Anspruch 1 und 2 zur Grunde. Mit der Integration
eines neuralen Netzes wie im Patentanspruch 5 angegeben ist eine selbstoptimierende Steuerung
geschaffen und das Problem gelöst.
Ein Ausführungsbeispiel einer digitalen Implementierung der Erfindung ist in Fig. 2 dargestellt und wird
im folgenden näher beschrieben. Die hierin enthaltene Rückkopplungsstrategie soll nur das Prinzip der
Rückkopplung anschaulich machen. Je nach Rechnerkapazität können beliebig komplizierte Strategien in
der Steueralgorithme implementiert werden.
Die Rückkopplung der Muskelaktivität erfolgt mit Hilfe einer Vierkanal-EMG (ElektroMyoGraphie). Es
werden vier Oberfläche-Elektroden, die Spannungen (ca. 1 mV) von Musculus Glutaeus Maximus und
Musculus Erector Spinae messen, werden links und rechts in der Höhe von L4 angebracht. Die analoge
Signalbehandlung erfolgt in einem EMG-Verstärker wo die Signale gefiltert und verstärkt werden.
Die Verstärkte Signale werden über A/D-Wandlern im Steuerrechner eingelesen. Im Steuerrechner
werden die digitalisierte Spannungswerte als Maße für die Muskelaktivität in der vier Regionen vom
Steuerprogramm zyklisch (z. B. in 10 msek. Takt) abgefragt. Es können dann vom Programm die
Muskelaktivitäten überwacht werden. Überschreitet eine individuelle oder die gesamte Aktivität den vom
Arzt vorgegebene Schwellwerten (Elimit), berechnet das Programm einen von der Größe der
Überschreitung (z. B. proportional) abhängigen Abschlag (dFEMG) auf dem theoretischen Sollwert der
Zugkraft.
Als Eingabemedium für die vom Patient gefühlte Schmerzintensität werden zwei Drucktaster verwendet,
die der Patient im linken und rechten Hand währende der Behandlung hält und mit den Daumen bedient.
Hiermit kann er durch Betätigung der rechten (Inkrement) bzw. linken (Dekrement) Taster die gefühlte
Schmerzintensität vor und während der Behandlung im Rechner inkremential eingeben.
Die Schmerzinkremente des Patients werden ebenfalls vom Programm und im gleichen Zyklischen
Verfahren abgefragt und aufsummiert. Überschreitet die Schmerzintensität eine einstellbare Schwellwert
(Slimit), dann berechnet das Programm ein von der Größe der Überschreitung (z. B. proportional)
abhängigen Abschlag (dFSchmerz) auf dem theoretischen Sollwert der Zugkraft.
Der theoretische Sollwert der Zugkraft (Ftheoretisch) wird in jedem Zyklus in Abhängigkeit der gewählten
Behandlungsmodus (konstante, steigende oder intermittierende Kraft) sowie der eingestellten Parameter
(Minimal- und Maximalkraft, Intervalzeit und Gesamtzeit) berechnet. Danach werden die aktuell
berechnete Abschläge abgezogen und es ergibt sich der aktuelle Sollwert der Zugkraft. Eine
konventionelle Reglerschleife steuert die Motorenergie auf Basis des berechneten Sollwertes und des mit
Hilfe eines Kraftwandlers gemessenen Istwertes der Zugkraft.
Der Patient bekommt auf einem Bildschirm folgende Informationen angezeigt:
- - Graphische Darstellung (Säulendiagramm) der Muskelaktivität für alle vier Kanäle,
- - Darstellung der Schmerzintensität auf einem VAS (Visual Analog Scale) von 0 bis 10, wo 0 Schmerzfreiheit und 10 Schmerzmaximum entspricht,
- - Darstellung der Behandlungsparameter (Patientendaten, Behandlungsmodus, Maximalkraft, usw.),
- - Darstellung des Behandlungsverlaufs (aktuelle Zugkraft (in Kg), aktuelle Zeit, verbleibende Zeit, usw.).
Das Programm speichert z. B. alle 100 Takten alle erfaßten und berechneten Werte in eine hierfür
aufgebaute Datenbank.
Mit Hinblick auf das Trainieren eines neuralen Netzwerk kann der Steuerrechner in einer Pilotphase mit
einem Modem ausgerüstet werden um die Übertragung der Daten zu einem Zentralrechner zu
ermöglichen. Auf diesem Zentralrechner können die Daten dann als Trainingssätze für ein neurales
Netzwerk dienen.
Das Steuerprogramm selbst soll so modular aufgebaut werden, daß die Datenverarbeitung der
Rückkopplungssignale in der Kernfunktionalität (siehe Fig. 2) mit einem neuralen Netzwerk ausgetauscht
werden kann, sobald auf dem Zentralrechner ein zufriedenstellendes neurales Netzwerk auftrainiert
werden wird.
Claims (5)
1. Verfahren zur Steuerung des Motorantriebs einer Streckliege für die lumbare Extraktion, womit die
Zugkraft und der zeitlichen Ablauf in Übereinstimmung mit dem ausgewählten Behandlungsmodus
und der eingestellten Parametern gesteuert werden und
dadurch gekennzeichnet,
daß die Muskelaktivität im Rücken des Patients laufend erfaßt wird und die Erfassung dazu genutzt
wird, den Zugkraft-Sollwert nach voreinstellbaren Kriterien an der Muskelaktivität dynamisch und
automatisch anzupassen, so daß eine augenblickliche vorübergehende Senkung der Zugkraft bei
starker Muskelaktivität erfolgt (negative Rückkopplung).
2. Verfahren zur Steuerung des Motorantriebs einer Streckliege für die lumbare Extraktion, womit die
Zugkraft und der zeitlichen Ablauf in Übereinstimmung mit dem ausgewählten Behandlungsmodus
und der eingestellten Parametern gesteuert werden und
dadurch gekennzeichnet,
daß die Steuerung eine Eingabegerät umfaßt, worüber der Patient vor und während der Behandlung
seine subjektiv gefühlte Schmerzintensität eingeben kann. Die Eingabe dient in der Steuerung dazu,
den Zugkraft-Sollwert und/oder die Zugzeit nach voreinstellbaren Kriterien an der Schmerzintensität
dynamisch und automatisch anzupassen. Die Anpassung besteht je nach Behandlungsmodus in a) der
Senkung der Zugkraft, b) das Hinauszögern und/oder c) Bremsen des weiteren Kraftanstiegs oder in
d) die Verkürzung der Haltezeit der Maximalkraft bei intermittierender Zugkraft.
3. Steuerung nach Patentanspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß sie eine Schnittstelle zum Patient umfaßt, womit der Patient über seine Muskelaktivität und
eingegebene Schmerzintensität sowie über dem Verlauf der Behandlung laufend informiert wird.
Hierzu zählt die angezielte sowie die aktuelle Zugkraft, die verlaufene sowie die verbleibende
Behandlungszeit.
4. Steuerung nach Patentanspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß sie auf einem Rechner basiert, der die gesamte Daten einer Behandlung (Voreinstellungen sowie
laufende Zugkraft und Rückkopplungsdaten) tabellarisch und grafisch darstellen kann sowie auf
Papier für die Behandlungsdokumentation ausdrucken kann. Weiter erfolgt die datentechnische
Archivierung der Daten, mit Hinblick auf dem Heranziehen zur Unterstützung bei der
Behandlungsplanung bei späteren Behandlungen oder für die statistische Auswertung von
Behandlungsverläufe.
5. Steuerung nach Patentanspruch 1, 2 und 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß sie ein selbstlernendes künstliches neurales Netz umfaßt, das die Zugkraft-Sollwerte auf Basis
voreingestellter Patientendaten, Daten aus eventuellen früheren Behandlungen des Patient und der
laufenden Rückkopplungen ermittelt. Das neurale Netz erkennt verschiedene Muster in den
Rückkopplungen und ist in der Lage die Zugkraft frühzeitig und immer besser anzupassen.
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