DE19518268A1 - Verfahren zur Koordinatenmessung an Werkstücken - Google Patents
Verfahren zur Koordinatenmessung an WerkstückenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Koordinatenmessung an
Werkstücken mit einem KMG (Koordinatenmeßgerät) bei dem die
ermittelten Meßwerte mit gespeicherten Korrekturwerten
verrechnet werden.
Zur Erhöhung der Meßgenauigkeit von KMG werden bereits seit
geraumer Zeit die Meßergebnisse, d. h. die Koordinatenmeßwerte,
die von den Maßstäben in den Meßachsen der Maschine geliefert
werden, mit rechnerischen Korrekturen versehen. In der Regel
werden Korrekturen berücksichtigt, die sich aus den nach dem
sogenannten "starren Modell" abgeleiteten statischen
Abweichungen der Führungen der Meßschlitten des KMG von einem
geradlinigen und rechtwinkligen Koordinatensystem ergeben.
Derartige Korrekturverfahren sind beispielsweise beschrieben
in dem Artikel "Numerical Error Correction of a Coordinate
Measuring Machine" von K. Busch, H. Kunzmann und F. Wäldele in
den Proceedings of the International Symposium on Metrology
for Quality Control in Production, Tokyo 1984, Seite 284-288
sowie in der US-PS 48 19 195.
Des weiteren ist es bekannt, bei berührend antastenden
Koordinatenmeßgeräten die Biegung des Taststifts während des
Kontakts mit dem zu vermessenden Werkstück größenmäßig zu
erfassen und bei der anschließenden Auswertung der Meßwerte
mit zu berücksichtigen. Ein solches Verfahren ist
beispielsweise beschrieben in dem Artikel "Korrektur der
Taststiftbiegung bei Messungen mit Mehrkoordinaten-Meßgeräten"
von A. Weckenmann, G. Goch und H.D. Springborn, in
Feinwerktechnik und Meßtechnik 87 (1979) 1, Seite 5-9 sowie
in dem Artikel "Messende Taster mit mehreren Freiheitsgraden"
von W. Lotze in Technische Rundschau Heft 50 (1992) Seite 20-25.
Bei diesem Verfahren wird der Biegetensor für den jeweiligen
Taststift durch mehrfaches Antasten einer Kalibrierkugel mit
unterschiedlichen Meßkräften bestimmt. Hieraus werden dann
Korrekturwerte für die verschiedenen bei der Messung an einem
Werkstück benutzten Taststifte berechnet und gespeichert und
im Zuge der Auswertung der Meßergebnisse bei der Vermessung
von unbekannten Werkstücken dann mit berücksichtigt.
Es ist des weiteren bekannt, die dynamischen Abweichungen der
Meßschlitten eines KMG zu korrigieren, d. h. die Fehler die
auftreten, weil der am Ende des Meßarms angebrachte Tastkopf
des KMG nicht in Ruhe ist sondern durch Störeinflüsse wie z. B.
die Beschleunigung der Antriebe etc. um seine Ruhelage
schwingt. Ein solches Korrekturverfahren ist beispielsweise in
der US-PS 43 33 238 beschrieben. Derartige dynamische
Korrekturverfahren verwenden Sensoren, die in der Nähe des
schwingenden Tastkopfs angeordnet sind und Signale abgeben,
die den Verlauf der Störschwingung zum Antastzeitpunkt
repräsentieren.
Schließlich sind in den beiden Dissertationen der Universität
Eindhoven von J.W.U.C. Teeuwsen vom 27. Januar 1989, siehe
dort Kapitel 3, und von H. Soons vom 16. Juni 1993, siehe dort
Seite 85-91, Fehlereinflüsse in einem als elastisch nachgiebig
modellierten Koordinatenmeßgerät untersucht worden. Die
Autoren betrachten jedoch nur die Masseverlagerungen aufgrund
der bewegten Meßschlitten als Fehlerursache und lassen den
Einfluß der zwischen Werkstück und Meßgerät auftretenden Meß- bzw.
Antastkraft außer Betracht.
Da nun aber KMG zur Erzielung von immer höheren
Meßgeschwindigkeiten zunehmend leichter gebaut werden,
gewinnen die elastischen Deformationen der Meßschlitten
aufgrund der Antastkraft zwischen Taster und Werkstück
zunehmende Bedeutung. Diese Deformationen hängen von der
Ausfahrlänge der Meßschlitten des KMG ab und verursachen
deshalb abhängig von der Stellung des Tastkopfs im Meßbereich
der Maschine unterschiedlich große Abweichungen der
Koordinatenmeßwerte.
Es ist die Aufgabe der Erfindung die Meßfehler von
Koordinatenmeßgeräten weiter zu reduzieren und damit die
Meßgenauigkeit derartiger Instrumente zu erhöhen. Diese
Aufgabe wird mit den im Anspruch 1 angegebenen Maßnahmen
gelöst.
Das neue Verfahren berücksichtigt also erstmalig die
Nachgiebigkeit und das elastische Verhalten der Aufbauten und
Meßschlitten des KMG bzw. deren Nachgiebigkeit aufgrund der
beim Antastvorgang vom Werkstück auf den Tastkopf des KMG
ausgeübten Kräfte. Diese sind zwar relativ klein und obwohl
auch die dadurch hervorgerufenen Deformationen des
Maschinenaufbaus nur gering sind, können sie doch als
Meßfehler in Erscheinung treten, wenn die Meßunsicherheit des
KMG im Bereich weniger µm spezifiziert ist.
Mit dem Korrekturverfahren gemäß der Erfindung wird das
elastische Biegeverhalten des KMG′s für mehrere Stellungen des
Tasters im Meßbereich des KMG bestimmt. Aus den Meßwerten für
das Biegeverhalten werden dann Korrekturwerte berechnet,
gespeichert und von der Meßsoftware des Gerätes anschließend
bei der Vermessung unbekannter Werkstücke mit den z. B. von den
Maßstäben des KMG gelieferten Koordinatenmeßwerten der
Antastpunkte und der eingestellten Meßkraft verrechnet. Auf
diese Weise läßt sich nicht nur die Meßunsicherheit von
bereits existierenden KMG verringern. Die neue Art der
Korrektur erlaubt es außerdem, KMG zukünftig leichter zu
bauen, da die mit der Leichtbauweise einhergehende höhere
elastische Verformung der Maschine rechnerisch kompensiert
werden kann.
Es ist zweckmäßig, die das Biegeverhalten charakterisierten
Korrekturwerte als mehrdimensionale Korrekturtabelle zu
erstellen und abzuspeichern, wobei dann bei der eigentlichen
Korrektur der Meßwerte des Werkstück auch zwischen den
gespeicherten Korrekturwerten interpoliert werden kann. Die
Interpolation erlaubt es, die Anzahl der zu speichernden
Korrekturwerte der Tabelle gering zu halten.
Es ist jedoch auch möglich, die Ortsabhängigkeit der das
Biegeverhalten charakterisierenden Korrekturwerte durch
mathematische Funktionen, beispielsweise Polynome anzunäheren.
In diesem Falle ist es lediglich erforderlich, die
Koeffizienten dieser Näherungsfunktionen abzuspeichern.
Da die Biegung des Maschinenaufbaus eines KMG ebenso wie die
Biegung des Taststifts durch einen Biegetensor beschrieben
werden kann und der Biegetensor für die Taststiftdurchbiegung
bei genauen KMG heutzutage ohnehin bestimmt wird, läßt sich
das ortsabhängige Biegeverhalten des KMG′s sehr einfach
ermitteln, indem der Biegetensor durch Antasten eines
Prüfkörpers an verschiedenen Stellen im Meßbereich der
Maschine bestimmt wird. Es hat sich nun als sehr zweckmäßig
erwiesen, zur Bestimmung dieses Biegetensors einen Prüfkörper
beispielsweise in Form einer Würfelecke zu verwenden, der an
verschiedenen Stellen im Meßbereich des KMG angetastet wird,
wobei dann die vom Taster auf den Prüfkörper ausgeübte
Meßkraft nach Betrag und Richtung variiert wird. Auf diese
Weise lassen sich die Elemente des Biegetensors sehr viel
besser und genauer bestimmen als bei Antastung einer
Kalibrierkugel.
Vom besonderen Vorteil ist es, wenn das neue
Korrekturverfahren zusammen mit den bereits bekannten
Korrekturverfahren zur Korrektur der statischen
Führungsabweichungen der Meßschlitten nach dem "starren
Modell" eingesetzt wird. Der andernfalls in die Qualität der
Führungen zu investierende Aufwand beim Bau von KMG läßt sich
dann nämlich weiter verringern.
Höchste Genauigkeiten lassen sich erzielen, wenn darüberhinaus
auch die dynamischen Fehler des KMG kompensiert werden, also
die Fehler, die aufgrund von permanenten Schwingungen
einzelner Maschinenteile auftreten und dafür sorgen, daß die
Position des z. B. an einem langen schlanken Meßarm angesetzten
Tastkopfes zum Antastzeitpunkt nicht genau definiert ist.
Diese Positionsabweichungen lassen sich mit Hilfe von Sensoren
zweckmäßig in einem Zeitintervall beginnend vor dem Zeitpunkt
der Antastung und Meßwerterfassung ermitteln und aus den
Signalen dieser Sensoren lassen sich Dynamik-Korrekturwerte
berechnen, die zur weiteren Genauigkeitssteigerung des KMG
beitragen, wie das in der früheren Patentanmeldung P 43 42
312.4 der Anmelderin vom 11.12.1993 mit dem Titel "Verfahren
zur Korrektur von schwingungsbedingten Meßfehlern bei
Koordinatenmeßgeräten" und der eingangs genannten US-PS
4 333 238 beschrieben ist. Die Kombination des neuen
Korrekturverfahrens für die elastischen Abweichungen mit dem
Verfahren zur Korrektur der dynamischen Abweichungen ist ganz
besonders von Vorteil bei Ständermeßgeräten, die mit einem
sogenannten schaltenden Tastkopf ausgerüstet sind. Denn bei
diesem Maschinentyp treten in besonderem Maße elastische
Deformationen abhängig von der Stellung der Meßschlitten auf,
zusätzlich ist wegen des nur kurzzeitigen Kontakts des
schaltenden Tasters mit dem Werkstück die durch
Maschinenschwingungen bedingte Positionsunsicherheit zum
Antastzeitpunkt besonders hoch.
Mit der Kombination der genannten drei Korrekturverfahren,
d. h. des neuen Verfahrens zur Korrektur der
Maschinenbiegungen, der bekannten statischen
Führungsfehlerkorrektur nach dem "starren Modell" und der
ebenfalls bekannten Korrektur dynamischer Fehler lassen sich
sehr geringe, bisher nicht erreichte Meßunsicherheiten für KMG
erzielen.
Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der
nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand
der Figuren der beigefügten Zeichnungen.
Fig. 1 skizziert den prinzipiellen Aufbau eines KMG vom
Ständertyp;
Fig. 2 ist eine vereinfachte Darstellung der kinematischen
Kette des KMG′s nach Fig. 1;
Fig. 3 ist eine Prinzipskizze, die das aufgrund der Stellung
der Pinole (4) verzerrte Koordinatensystem des KMG
aus Fig. 1 veranschaulicht;
Fig. 4 zeigt die Pinole (4) des KMG aus Fig. 1 in
vergrößertem Maßstabe;
Fig. 5-8 sind Prinzipskizzen, die mögliche elastische
Deformationen eines Balkens veranschaulichen;
Fig. 9 veranschaulicht die am Ständer (2) des KMG nach Fig.
1 angreifenden Kräfte und Momente;
Fig. 10 skizziert den prinzipiellen Aufbau eines KMG vom
Portaltyp;
Fig. 11a und b zeigen Prüfkörper nach Art eines Kugeltripels
(Fig. 11a) und Walzentripels (Fig. 11b);
Fig. 12 ist ein Diagramm, in dem die Änderung des am
Prüfkörper nach Fig. 11b gemessenen
Koordinatenmeßwertes als Funktion der Antastkräfte in
den drei Koordinatenrichtungen (x,y,z) dargestellt
ist;
Fig. 13a und b sind Diagramme, in denen die Streuung der aus
mehreren Meßwerten bestimmten Elemente des
Biegetensors NT dargestellt sind;
Fig. 14 ist ein Diagramm, in dem die Steifigkeit der X- und
Y-Achse des KMG nach Fig. 10 abhängig von der Z-Position
der Pinole (24) dargestellt ist;
Fig. 15 und 16 sind Diagramme, in denen die an einem Stufen
endmaß ermittelten Längenmeßunsicherheiten des KMG
nach Fig. 10 für verschiedene Meßwerte mit und ohne
Korrektur der elastischen Fehler gegenübergestellt
sind.
Bevor nun im Detail auf die Korrektur von elastischen
Meßabweichungen eines KMG eingegangen wird, sollen die
elastischen Abweichungen definiert werden um sie von den
Führungsfehlern, die bereits bekanntermaßen nach dem
sogenannten "starren Modell" entsprechend dem in der
Einleitung genannten Stand der Technik korrigiert werden, zu
unterscheiden. Die bekannten Führungsfehler des "starren
Modells" sind eine Funktion der Position des Tastkopfs bzw.
des betreffenden Meßschlittens in der betreffenden
Bewegungsachse. Entsprechend werden beispielsweise
translatorische und rotatorische Fehler durch Angabe der Art
des Fehlers und der beiden Achsen, der Bewegungsachse und der
Fehlerachse, bezeichnet. Beispielsweise wird üblicherweise
eine seitliche Verlagerung (Translation) in Y-Richtung bei
Verschiebung des "X"-Meßschlittens entlang der Meßachse X als
xTy und eine Rotation wie beispielsweise eine Nickbewegung um
die Y-Achse bei Verlagerung in X-Richtung als xRy geschrieben,
wobei es korrekterweise in beiden Fällen heißen müßte xTy(x)
und xRy(x), damit die Schreibweise mathematisch eindeutig die
Abhängigkeit von der Translationskoordinate wiedergibt. Der
erste Buchstabe spezifiziert also das korrigierte Glied der
kinematischen Kette, d. h. die jeweilige Führungsrichtung, der
zweite unterscheidet zwischen rotatorischen und
translatorischen Fehlerkomponenten und der dritte gibt die
Verschieberichtung bzw. die Rotationsachse an.
Elastisch bedingte Meßabweichungen von KMG sind hingegen die
Folge von Deformationen einzelner Komponenten eines Gliedes
der kinematischen Kette, wobei diese Deformationen nicht
alleine Funktion der Position in der betreffenden
Bewegungsachse selbst sind. Sie hängen vielmehr von weiteren
Variablen ab, so z. B. von der Antastkraft F, der
Beschleunigung a und der Stellung anderer Meßschlitten
senkrecht zur eigentlichen zu korrigierenden Führungsrichtung.
Entsprechend läßt sich beispielsweise für die Rollbewegung des
in X-Richtung geführten Meßschlitten um seine eigene Achse
nach dem elastischen Modell schreiben
xRx (x, z, y, F, a) = . . .,
wodurch die funktionale Abhängigkeit dieser Fehlerkomponente
von zusätzlichen Einflüssen wie der Antastkraft F, der
Beschleunigung a und der momentanen Stellung der Meßschlitten
in Z- und Y-Richtung angegeben ist.
Im Folgenden werden unter Bezugnahme auf die Fig. 1-9 die
theoretischen Grundlagen beschrieben, auf deren Basis die
Korrektur von elastisch bedingten Geometrieabweichungen von
Koordinatenmeßgeräten erfolgen kann. Zur Verdeutlichung des
Sachverhaltes orientiert sich die Beschreibung an einem KMG in
Ständerbauweise. Darüberhinaus werden jedoch zusätzliche
Ansätze für elastische Abweichungen beschrieben, die zwar bei
einem KMG vom Ständertyp nicht auftreten, aber bei anderen KMG
Bauformen durchaus Bedeutung haben können.
Fig. 1 skizziert den prinzipiellen Aufbau eines KMG vom
Ständertyp. Es besteht aus einem Maschinentisch (1) mit der
Führung (1′) für den in x-Richtung verschiebbaren Ständer (2),
an dem seinerseits in y-Richtung an der Führung (2′) der
vertikal verschiebbare Kreuzschieber (3) gelagert ist. In den
Lagern (3′) des Kreuzschiebers (3) gleitet die Pinole (4) mit
ihren Führungen (4′) in Richtung des Pfeils z. Sie trägt am
vorderen Ende den Tastkopf (5) mit dem darin nachgiebig
gehaltenen Taststift (6). Die Lagerspalte zwischen den vier
Bestandteilen der kinematischen Kette, nämlich Tisch (1),
Ständer (2), Querschieber (3) und Pinole (4) sind mit den
Bezugszeichen (1′′, 2′′ und 3′′) bezeichnet.
Will man die Verformung jeden Gliedes dieser kinematischen
Kette allgemein ansetzen so kann man schreiben:
Mit:
Der Einleitungsort für die Kräfte und Momente, die auf die
einzelnen Bestandteile des KMG wirken, wird jeweils dort
angenommen, wo zwei aufeinanderfolgende Glieder der
kinematischen Kette miteinander verbunden sind, d. h. in den
Lagerspalten (1′′, 2′′ und 3′′). Denn da definitionsgemäß
"elastische" Fehler in einem bestimmten Glied der
kinematischen Kette des KMG stets durch Lasten verursacht
werden, die in einem höheren oder niederen Glied der Kette
auftreten, ist diese Darstellung allgemeingültig und
vollständig. Als Beispiel sei die Pinole (4) angeführt. In
Folge der Nachgiebigkeit verformt sie sich unter ihrem
Eigengewicht. Dies ist aber keine "elastische" Abweichung im
Sinne der genannten Definition, da diese Verformung lediglich
von der Auskragung der Pinole (4) in z-Richtung abhängt.
Allerdings überträgt sich die gleiche Gewichtsverlagerung in
Form eines von der Stellung der Pinole (4) abhängigen Momentes
auch auf den Ständer (2). Da sowohl das Drehmoment als auch
der Angriffspunkt am Ständer unabhängig voneinander variieren
können, entsteht in der vertikalen Bewegungsachse, der y-Achse,
ein "elastischer" Fehler, der das Koordinatensystem des
KMG verzerrt wie das in Fig. 3 dargestellt ist. Anhand der
Fig. 3 wird deutlich, daß die Krümmung der Bewegungsachsen in
Richtung der Koordinaten y und z von der Position der Pinole
(4) in z-Richtung abhängt.
Wie man anhand von Gleichung (1) erkennt, besteht das Ergebnis
dieser allgemeinen Beschreibung aus den Vektoren der
translatorischen und rotatorischen Abweichungen T i und R i.
Dadurch wird es möglich, die elastisch bedingten Fehler in
einer Form zu beschreiben, die zu bereits bestehenden
Korrekturverfahren für die Führungsfehler nach dem Starren
Modell (Vergleiche den in der Beschreibungseinleitung
genannten Stand der Technik) kompatibel ist, nämlich durch
sechs Fehlerfreiheitsgrade für jede Bewegungsachse. Fig. 2
verdeutlicht diese Vorgehensweise. Die strukturellen
Deformationen innerhalb der Verbindungselemente der
kinematischen Kette zwischen Maschinentisch (1) und Taststift
(6) werden in die Entstehungsorte der "klassischen", d. h. nach
dem "Starren Modell" berücksichtigten Komponentenfehler,
nämlich in die Lagerspalte (1′′, 2′′, 3′′) der Bewegungsachsen
transformiert.
Durch diese Methode beschränkt sich die Erstellung der
Korrekturalgorithmen für die elastischen Abweichungen eines
KMG auf die Analyse der funktionalen Zusammenhänge, die durch
die Differenzialquotienten der Deformationsmatrix A i nach
Gleichung (6) repräsentiert werden.
Die quantitative Bestimmung der Elemente der
Deformationsmatrix A. kann prinzipiell auf unterschiedliche
Weise durchgeführt werden: z. B.
- a) durch analytische numerische Verfahren aus den Konstruktionsdaten der jeweiligen Bauelemente des KMG,
- b) rein meßtechnisch, indem das Biegungsverhalten der Maschine gemessen und durch Polynomansätze approximiert wird. Dieses Verfahren wird später noch anhand der Fig. 10-16 für den Fall eines KMG vom Portaltyp beschrieben,
- c) durch analytische Ansätze, die das physikalische Verhalten der Bauteile des KMG berücksichtigen. Aufgrund dieser Ansätze können mit relativ geringem meßtechnischen Aufwand die Koeffizienten der Deformationsmatrix A i mit den zuvor aufgestellten Ansatzfunktionen berechnet werden. Nach dieser Methode geht man wie folgt vor:
Hierbei wird in mehreren Schritten vorgegangen:
- 1. Wird für das entsprechende Bauelement, beispielsweise für die Pinole (4), die in ganz allgemeiner Form geschriebene Deformationsmatrix A i nach Gleichung (6) erstellt, indem die Zusammenhänge zwischen Belastung und translatorischer bzw. rotatorischer Deformation des Bauelements erarbeitet werden. Hierbei gilt, daß dann, wenn unter der angenommenen Belastung eine der Deformationen nicht erfolgt, das entsprechende Element der Matrix A i zu null gesetzt wird.
- 2. Sind dann geeignete Meßverfahren auszuarbeiten, um die Koeffizienten der Matrix A i z. B. durch Polynomapproximation der Meßergebnisse quantitativ zu bestimmen.
Beispielsweise läßt sich für einen einseitig elastisch
gelagerten Biegebalken, wie ihn die Pinole (4) des KMG nach
Fig. 1 darstellt, ein Deformationskatalog erstellen, mit
dessen Hilfe eine einfache Zuweisung für die Terme der
mechanischen Deformation erfolgen kann. In diesem Katalog,
dessen Bestandteile in den Fig. 5-8 skizziert sind, sind
die vier Hauptbelastungsarten eines Biegebalkens
berücksichtigt nämlich:
- a) Krafteinleitung senkrecht zur Balkenachse
- b) Krafteinleitung parallel zur Balkenachse
- c) Momenteneinleitung senkrecht zur Balkenachse
- d) Momenteneinleitung parallel zur Balkenachse.
Es ergeben sich folgende Terme:
- a) bei Krafteinleitung senkrecht zur Balkenachse:
- Parallelversatz ty = Kpy · F₁ (Fig. 5a) - Drehung rx = KLy · F₁ · z (Fig. 5b) - Scherung ty = KSy · F₁ · z (Fig. 5c) - Biegung rx = KSx · F₁ · z²/2 und ty = KSx · F₁ · z³/3 (Fig. 5d) - b) bei Krafteinleitung parallel zur Balkenachse:
- Parallelversatz tz = KPz · F₂ (Fig. 6a) - Dehnung tz = Kz · F₂ (Fig. 6b) - c) bei Momenteneinleitung senkrecht zur Balkenachse:
- Drehung rx = KLy · M₁ (Fig. 7a) - Biegung rx = KSx · M₁ · z und ty = KSx · M₁ · z²/2 (Fig. 7b) - d) für das achsiale Moment:
- Drehung rz = KLz · M₂ (Fig. 8a) - Torsion rz = KT · M₂ · z (Fig. 8b)
In den mechanischen Termen ist mit r jeweils eine Rotation und
mit t eine Translation um bzw. entlang der mit dem Index
bezeichneten Achse gemeint. Mit K sind die für die jeweilige
Verformung maßgeblichen Koeffizienten bezeichnet, F sind die
eingeleiteten Kräfte und M die eingeleiteten Momente. Die
Herleitung der einzelnen Terme für den Biegebalken ergibt sich
aus den Formeln der klassischen Mechanik, wie sie in Standard
werken für den Maschinenbauer, z. B. in Dubbels Handbuch für
den Maschinenbauer, in Band I, Abschnitt "Festigkeitslehre",
Kap. III "Biegung" beschrieben sind.
Fig. 4 zeigt die geometrischen Verhältnisse, die an einer
Pinole eines KMG in Ständerbauweise vorzufinden sind.
Die Erstellung der allgemeinen Deformationsmatrix für Pinolen
berücksichtigt neben der Pinolenposition auch Antastkräfte,
Antastrichtungen, variierende Taststiftlängen und -richtungen.
Die Antastkräfte werden jeweils in einen Bezugspunkt ver
schoben. Dieser Punkt ist der Schnittpunkt der neutralen
Faser, d. h. der Symmetrieachse der Pinole und der Mittelachse
des Tastkopfes. Die Belastung des Balkens greift im Bezugs
punkt an und besteht aus der Antastkraft und einem Moment, das
sich durch die Verschiebung der Antastkraft in den Bezugspunkt
ergibt.
Zur Beschreibung der Durchbiegung der Pinole infolge der
Antastkräfte werden die translatorischen und rotatorischen
Anteile für den Bezugspunkt berechnet, auf den sich auch alle
"klassischen" Fehlerkomponenten beziehen.
Die Durchbiegung der Pinole infolge der Antastkräfte wird den
entsprechenden translatorischen Anteilen zugeordnet.
Im folgenden sind zwei Beispiele angegeben, die sich anhand
von Fig. 4 nachvollziehen lassen.
- 1) Es greift eine Kraft an Taststift (14) in x-Richtung an. Durch diese Kraft wird die Pinole unter anderem in der Lagerung gedreht. Um die Tastkugelauslenkung, die sich durch die Drehung ergibt, berechnen zu können, ist der Drehwinkel mit der Strecke z+zt zu multiplizieren. In diesem Fall ist eine Zuordnung zu einem translatorischen Fehler erforderlich. Würde die Drehung, was von der Systematik her möglich ist, als ZRY deklariert, könnte die Tastkugelauslenkung nicht exakt berechnet werden, da die rotatorischen Fehler der Pinole nur mit den Taststiftlängen multipliziert werden.
- 2) Es greift eine Kraft an Taststift (13) in Z-Richtung an. Dadurch wird die Pinole auch durch ein Moment belastet. Dieses Moment bewirkt unter anderem eine Biegung der Pinole. Dadurch verdreht sich der Tastkopf um einem bestimmten Winkel. Um die Auslenkung der Tastkugel infolge der Verdrehung berechnen zu können, muß der Winkel nur mit der Taststiftlänge multipliziert werden. Dieser Fehler kann somit als ZRY behandelt werden.
Die allgemeine Deformationsmatrix ergibt sich somit wie folgt:
Die Elemente dieser Matrix müssen nun anhand des
Deformationskatalogs für Biegebalken nach Fig. 5-8 mit den
entsprechenden Termen gefüllt werden. Die Terme für die
Differentialquotienten lauten im einzelnen:
Die Berechnung der einzelnen Elemente erfolgt stets mit
positivem Vorzeichen (alle Konstanten sind Beträge). Da bei
der Antastung eine Meßverfälschung stets in Antastrichtung
stattfindet, müssen die Korrekturwerte ein der Antastrichtung
entgegengesetztes Vorzeichen erhalten.
Bei der Lastannahme des Ständers wurde genauso verfahren wie
bei der Pinole. Die Kräfte und Momente, die an der Pinole (4)
angreifen (also auch die Eigengewichtskraft der Pinole),
werden in einen Bezugspunkt transformiert. Dieser liegt beim
Ständer (2) in der Mitte des Kreuzschiebers (3). Die Belastung
des Ständers (2) nach der Transformation ist in Fig. 9 zu
sehen.
Diese Kräfte und Momente ergeben sich als Summe der auf die
Pinole wirkenden Belastungen (Antastkräfte) und durch die
Eigengewichtsverlagerung der Pinole. Es wurde zur
Unterscheidung der Belastungen des Ständer von der Pinole der
hochgestellte Stern (*) eingeführt.
Da die Struktur des Ständers und die Anlenkung des
Kreuzschiebers am Ständer relativ kompliziert sind, kommt es
zu einer geringfügigen Torsion des Ständers, die von der
Position der Pinole (Z-Position) und der Position des
Kreuzschiebers (Y-Position) abhängt. Es handelt sich also um
ein von Z abhängiges Rollen der Y-Achse. Aus diesem Grunde
wurde das Matrixelement δry/δM*x vorgesehen. Dieses
Torsionsverhalten läßt sich physikalisch nur schwer
modellieren und muß deshalb durch eine aus entsprechenden
Messungen empirisch abzuleitenden Funktion approximiert
werden.
Somit lautet die allgemeine Deformationsmatrix des Ständers:
Die Terme für den Ständer lauten:
Die Nomenklatur der Matrixelemente ist so angelegt, daß
jeweils durch Austauschen des "δ" im Zähler gegen ein "Y" die
Bezeichnung für die "klassische" Fehlerkomponente entsteht,
welcher der elastische Einfluß überlagert ist.
Bei der Aufführung der einzelnen Therme sind die Effekte der
Lagernachgiebigkeit des Ständers noch nicht erfaßt worden. Der
Grund dafür ist, daß diese "elastischen" Fehler auf einfache
Weise den rotatorischen und translatorischen Fehlern der X-Führungsbahn
zugeordnet werden können. Diese Zuordnung ist
sinnvoll, da sich die Nachgiebigkeit der Lager des Ständers
auf alle nachfolgenden Glieder der kinematischen Kette
auswirkt, geradeso wie es die rotatorischen Fehler der X-Achse
tun.
Die allgemeine Deformationsmatrix des Tisches ergibt sich wie
folgt:
Die einzelnen Terme für diese Fehler ergeben sich aus den
Konstanten für die jeweilige Lagernachgiebigkeit und lauten:
Auch die Vorzeichen der Fehler des Tisches ergeben sich so,
wie es für die 18(+3) Fehler des "starren" Modells festgelegt
wurde.
Mit dem bis hierher beschriebenen Ansatz lassen sich die
elastischen Effekte des Tisches, des Ständers und der Pinole,
die einen signifikanten Einfluß auf die Meßunsicherheit haben,
gut korrigieren.
Ist die Geräteführung der ersten Achse (meistens die X-Achse)
besonders biegeweich, kann die beim Ausfahren der Pinole
verursachte Rotation um die X-Achse zusätzlich noch von der X-Position
abhängig sein. Dieser Fehler tritt z. B. bei großen
Ständergeräten mit gegossenem Fundament-Bett und vor allem bei
Brückengeräten auf. Geht man davon aus, daß dieses elastisch
bedingte Rollen in der X-Führung durch ein von der Z-Position
abhängiges Moment verursacht wird und die X-Führung einen
Nachgiebigkeitsverlauf N′(x) aufweist, so ergibt sich mit A≡
Gewichtskraft der Pinole:
Um den Nachgiebigkeitskoeffizienten in Gleichung (12)
bestimmen zu können, muß der Rollwinkelverlauf an zwei
voneinander verschiedenen Z-Positionen gemessen werden.
Anschließend wird mit der Differenz aus beiden
Rollwinkelmessungen der Koeffizient NRx bestimmt.
Bei dieser Berechnung ist vorausgesetzt, daß der Drehpunkt
dieser Rollbewegung fest ist. Ist dies nicht der Fall, muß
noch eine von X und Z abhängige translatorische Verschiebung
abgesetzt werden. Es gilt:
Mit Hilfe der Gleichungen 12, 13 und 14 ist es nunmehr
möglich, auch einen Rollverlauf zu korrigieren, der entlang der X-Führung durch elastische Effekte von der Position der
Pinole abhängt.
Die in den vorstehenden Gleichungen enthaltenen Konstanten
lassen sich dadurch bestimmen, daß die unterschiedlichen
elastischen Deformationen des KMG in Abhängigkeit von den
entsprechenden Achspositionen meßtechnisch erfaßt werden. Die
Konstanten lassen sich anschließend rechnerisch durch
Approximation aus den Meßergebnissen bestimmen. Beispielsweise
können die Deformationen der Pinole (4) über Messungen an
einer Präzisionskugel bestimmt werden wobei man dabei so
vorgeht, daß man den Kugeldurchmesser einmal allein durch
Antastung mit in X-Richtung auskragenden Taststift in Y-Richtung
bestimmt. In ähnlicher Weise geht man vor und
bestimmt den Kugeldurchmesser mit einem in Y-Richtung in einem
in Z-Richtung auskragendem Taststift. Auf diese Weise lassen
sich dann die durch die Antastkraft zwischen Werkstück und
Tastkugel bedingten unterschiedlichen Nachgiebigkeiten
separieren. Hierbei kann es zweckmäßig sein, die Taststifte zu
verlängern, um die Wirkung der Hebelarme zu verstärken.
Die nachstehende Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen der
Antastrichtung, dem Taststift, der zur Antastung ausgewählt
wurde, und den daraus resultierenden elastischen Deformationen
der Pinole (4) des KMG. Die oben beschriebenen Messungen an
einem Kugelnormal reichen aus, um alle Koeffizienten, die in
der Deformationsmatrix der Pinole nach Gleichung (7) enthalten
sind, zu bestimmen. Dabei kann die Approximation der Meßwerte
nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate erfolgen.
Die Ständerbiegung kann am einfachsten über eine Messung des
Neigungswinkels mit einem Neigungsinterferometer erfaßt
werden. Hierbei muß durch einen geeigneten Meßaufbau
sichergestellt werden, daß die Biegung des Ständers (2) und
die Nachgiebigkeit der Lager getrennt voneinander erfaßt
werden. Man kann so vorgehen, daß die Ständerbiegung in
verschiedenen Z-Positionen entlang der Y-Achse gemessen wird,
um die Ständerbiegung zu erfassen. Dagegen genügt es, zur
Ermittlung der Nachgiebigkeit der Lager die Neigung des
Ständers einmal beim Verfahren in Z-Richtung zu messen, wenn
der Kreuzschieber die unterste Position einnimmt. Diese
Meßlinie ist ausreichend, da in der unteren Y-Position der
Pinole der Einfluß der Ständerbiegung noch sehr gering ist.
In der Regel läßt sich aufgrund von Kenntnissen der wirksamen
Kräfte und Momente auch schon ohne Messungen entscheiden,
welche Parameter für eine Biegungskorrektur sinnvollerweise
berücksichtigt werden sollten und welche nicht. Beispielsweise
kann davon ausgegangen werden, daß parallele
Lagerverschiebungen vernachlässigbar sind und Dehnungen,
Stauchungen und Scheerungen im allgemeinen ebenfalls nur einen
sehr geringen Beitrag zur Maschinendeformation leisten. Für
ein KMG vom Ständertyp wie vorstehend beschrieben sind
folgende Effekte in der Regel korrekturwürdig:
Es hat sich erwiesen, daß eine Korrektur der elastischen
Effekte bei Antastung in Richtung der X- und der Z-Achse
sinnvoll ist. Hierbei tritt eine Deformation der Pinole auf,
und zwar als Biegung sowie als Torsion auf, was aufgrund der
schlanken Bauweise dieses Meßschlittens auch erwartet werden
kann. Des weiteren ist die Biegung des Ständers zu
berücksichtigen, die auftritt, wenn der Kreuzschieber (3) bei
mehr oder weniger stark ausgefahrener Pinole (4) in der Höhe
d. h. in Y-Richtung verfahren wird.
Nachdem die einzelnen Nachgiebigkeitskoeffizienten für die
vorstehend genannten wesentlichen elastischen Effekte bestimmt
wurden, können sie als Korrekturwerte einem entsprechend
aufbereiteten Programmodul zugeführt werden, das die Korrektur
der elastisch bedingten Maschinenabweichungen durchführt.
Hierbei ist es zweckmäßig, wenn dieses Modul zur Korrektur der
elastischen Maschinenabweichungen grundsätzlich dem
klassischen geometrischen Korrekturmodul vorgeschaltet wird,
das die Führungsfehler nach dem an sich bekannten "starren
Modell" der Führungsfehlerkorrektur behebt, damit sich das
"elastisch" korrigierte KMG anschließend wie ein steifes
(starres) KMG verhält. Die Berechnung der elastischen
Abweichungen mit Hilfe der Deformationsmatrixen ist dann bei
jedem Antastvorgang durchzuführen, wenn ein unbekanntes
Werkstück vermessen wird, da sich die Nachgiebigkeit des
Maschinenaufbaus mit jeder Achsbewegung des KMG ändert. Wenn
man also die elastischen Abweichungen eines KMG vom Ständertyp
wie vorstehend beschrieben korrigieren will und gleichzeitig
eine Korrektur der "klassischen" Fehler entsprechend dem
"starren Modell" vornehmen will, wird zweckmäßig in folgender
Reihenfolge vorgegangen:
- 1. Auslesen der Maßstäbe und Übergeben von Zusatzinformationen (Antastkraft, Taststiftlängen);
- 2. Berechnen der Deformationen der Pinole;
- 3. Berechnen der Abweichungen, die durch die Deformationen der Pinole bedingt sind;
- 4. Berechnen der Deformationen des Ständers;
- 5. Berechnen der Deformationen der X-Führungsbahn (Lagernachgiebigkeit);
- 6. Berechnung der Gesamtabweichungen, die durch elastische Effekte bedingt sind;
- 7. Ermittlung der Abweichungen, die durch die geometrischen Fehler des KMG nach dem "starren Modell" verursacht werden;
- 8. Geometrisch und elastisch bedingte Abweichungen aufsummieren.
Mit dem vorstehend beschriebenen Vorgehen lassen sich
elastische Abweichungen des Ständers des KMG, die zuvor bei
ca. 4,5 µm gelegen haben, auf weniger als 1,5 µm reduzieren.
Gleichzeitig lassen sich Fehler in der Position des Tastkopfs
an der Pinole aufgrund von Antastkräften, die bisher in der
Größenordnung von bis zu 6 µm gelegen haben, durch die
beschriebene Korrekturmethode auf weniger als 2 µm reduzieren,
unter sonst gleichen Bedingungen. Mit dem vorstehend
beschriebenen Fehlermodell wurde ein Ständermeßgerät der
Anmelderin vom Typ USMC 120810 vollständig in Bezug auf die
elastischen Abweichungen und gleichzeitig in Bezug auf die
klassischen Führungsfehler nach dem "starren" Fehlermodell
korrigiert. Im Ergebnis zeigten die danach durchgeführten
Messungen, daß die systematischen elastischen Fehler im
Meßvolumen von (760 mm)³ bis zur Größenordnung der zufälligen
Fehler reduziert werden konnten. Die systematischen
elastischen Restfehler trugen mit 1,5 µm zur Meßunsicherheit
bei, was gegenüber der Antastunsicherheit von 3 µm für
systematische und zufällige Anteile vernachlässigbar ist. Eine
weitere Reduzierung der Fehleranteile des KMG vom Ständertyp
läßt sich mithin nur noch dadurch erreichen, daß auch die
dynamischen Fehleranteile aufgrund von Schwingungen des
Maschinenaufbaus erfaßt und korrigiert werden, beispielsweise
durch Sensoren in der Nähe des Tastkopfs (6), deren Signale
die momentane Beschleunigung und damit den Bewegungszustand
des mit wenigen µm Amplitude oszillierenden Tastkopfs
erfassen.
Im folgenden wird anhand der Fig. 10-16 erläutert, wie
sich die wesentlichen elastischen Deformationen bei einem KMG
vom Portal-Typ korrigieren lassen. Hierbei wird allerdings
nicht der analytische Ansatz zur quantitativen Bestimmung der
Elemente der Deformationsmatrix benutzt, der für das
Ständermeßgerät anhand der Fig. 1-9 gewählt worden war,
sondern ein rein meßtechnisches Verfahren, bei dem die
Meßergebnisse durch Polynomansätze approximiert werden.
Außerdem wird angenommen, daß elastische Deformationen des KMG
im wesentlichen nur durch die Antastkraft verursacht werden.
Schließlich lassen sich unter Berücksichtigung des
prinzipiellen Aufbaus eines KMG vom Portaltyp noch zusätzliche
Annahmen über die elastischen Verbiegungen treffen, die den
größten Beitrag zu den Meßabweichungen liefern. In Fig. 10
ist ein solches KMG vom Portaltyp skizziert. Es besteht aus
dem Maschinentisch (21), dem waagerecht darauf in Y-Richtung
verfahrbaren Portal (22), das den auf dem Portalbogen (22a) in
X-Richtung geführten sogenannten Querschlitten (23) trägt und
der im Querschlitten (23) vertikal in Z-Richtung geführten
Pinole (24), an der der Tastkopf (25) mit dem Taststift (26)
hängt.
Die Steuerung des KMG ist mit (27) und der Rechner mit (28)
bezeichnet.
Bei der Antastung eines Werkstücks (29) treten in erster Linie
folgende elastische Deformationen auf:
- 1. Die relativ schlanke und leicht gebaute Pinole (24) biegt sich abhängig von ihrer Ausfahrstellung in Z-Richtung entgegen der Antastrichtung durch. Diese ergibt zwei Fehleranteile xTx(z,F) und yTy(z,F).
- 2. Außerdem biegt sich der Querträger (22a) und verkippt um die Lagerung der Seitenführung im Portalfluß (22) . Das Ausmaß dieser Bewegung hängt ab vom Hebelarm, d. h. von der Stellung des Querschlittens (23) in X-Richtung. Das ergibt einen Fehleranteil yty(x,F).
Gegenüber diesen Fehlern sind die anderen elastischen
Abweichungen des Portalgerätes vernachlässigbar.
Da bei der vorstehenden Betrachtung nur elastische Biegungen
aufgrund der Meßkraft zwischen Taster (26) und Werkstück (29)
berücksichtigt werden, läßt sich der Einfluß der
Maschinenbiegung auf die gleiche Weise bestimmen und
rechnerisch berücksichtigen wie die Durchbiegung des
Taststifts (16). Diese wird üblicherweise ermittelt, indem für
den jeweiligen Taststift ein Biegetensor bestimmt wird, der
die Meßabweichung aufgrund der Tasterbiegung gemäß folgendem
Zusammenhang beschreibt:
Hier ist s′ die Auslenkung der Tastkugel beim
Antastvorgang, s die Auslenkung, die von den Meßsystemen im
Tastkopf (25) gemessen wird, NT der Biegetensor und die
zwischen Tastkugel und Werkstück aufgebaute Meßkraft, NT läßt
sich allgemein schreiben als
Die Elemente dieses Biegetensors werden für jeden Taststift
üblicherweise durch Antastung einer Kalibrierkugel bestimmt.
Da jedoch bei der Bestimmung dieses Biegetensors nicht nur die
Durchbiegung des Taststiftes selbst, sondern auch die
elastische Verbiegung der Pinole (24) und des Querträgers
(22a) "mitgemessen" wird, können die vorstehend genannten drei
Fehlereinflüsse ermittelt werden, indem der Biegetensor NT für
einen beliebigen Taststift an verschiedenen Punkten im
Meßvolumen der Maschine, d. h. primär bei verschiedenen
Stellungen der Pinole (24) und des Querschlittens (23)
bestimmt wird. Bei der anschließenden Auswertung muß dann
lediglich noch der ortsunabhängige Anteil des Biegetensors,
der die Taststiftbiegung beschreibt, separiert werden und dann
lassen sich aus den ortsabhängigen Anteilen des Biegetensors
die elastischen Maschinenfehler berechnen. Bei dieser Methode
wird die Kalibrierung der Taststiftbiegung vom Ort der
Kalibrierung unabhängig.
Voraussetzung ist jedoch, daß der Biegetensor möglichst genau
bestimmt wird, damit die Ortsabhängigkeit und damit die
Maschinenbiegung verläßlich berechnet werden kann. Hierzu
wurde ein sehr einfaches Verfahren entwickelt. Danach wird der
Biegetensor nicht mehr durch Antasten einer Kalibrierkugel
ermittelt. Statt dessen wird ein Kugeltripel (Fig. 11a) oder
Walzentripel (Fig. 11b) nach Art einer konkaven Würfelecke an
verschiedenen Stellen im Meßbereich des KMG befestigt und dort
selbstzentrierend angetastet. Während des Antastvorgangs wird
außerdem die Meßkraft variiert und die Veränderung des
Meßwertes als Funktion der Meßkraft ermittelt. Im Diagramm
nach Fig. 12 ist für einen schrägen Taststift die Änderung
des Meßwertes in Richtung der drei Koordinaten x, Y und Z
durch das Aufschalten von neun verschiedenen Meßkräften in X-Richtung
dargestellt. Die Steigung der drei Ausgleichsgeraden
ergibt direkt die drei Elemente der ersten Spalte des
Biegetensors. Durch Aufschalten von Meßkräften in Y- bzw. Z-Richtung
erhält man ähnliche Geradentripel, die dann die
Elemente der zweiten und dritten Spalte des Biegetensors
ergeben. Dieses Verfahren hat verschiedene Vorteile: Zum einen
können die Antriebe der Meßmaschine bei der Bestimmung des
Biegetensors still stehen, so daß die Meßwerterfassung relativ
schnell erfolgt und dynamische Fehler aufgrund der
Maschinenantriebe ausgeschlossen sind. Außerdem ist die
Ermittlung der Tensorelemente mathematisch einfach und stabil
wegen der direkten Zuordnung der Ausgleichsgeraden zu den
Tensorelementen. Eine Iteration ist somit nicht nötig.
Schließlich wird über mehrere Meßkräfte gemittelt, wodurch die
Genauigkeit der Bestimmung der Tensorelemente zusätzlich
erhöht wird. In Fig. 13 ist die Streuung der einzelnen
Tensorelemente dargestellt und zwar einmal für das Verfahren
der Bestimmung durch Antastung an einer Kalibrierkugel, und
einmal nach dem beschriebenen Verfahren der Eintastung in das
Walzentripel nach Fig. 11b und Variieren der Meßkraft (Fig.
13b). Aufgetragen ist jeweils der Wert der Abweichung vom
gemessenen Wert für das Tensorelement der neun Tensorelemente
des Biegetensors in µm/N bei jeweils zehn durchgeführten
Tensorbestimmungen. Man erkennt, daß die Streuung nach dem
neuen Verfahren um 50% geringer ausfällt.
Aus den gemessenen Tensorelementen läßt sich nun die
elastische Abweichung des KMG in Y-Richtung in Folge einer in
Y-Richtung wirkenden Meßkraft und abhängig von der X-Position
des Querschlittens (23) aus der Änderung des Tensorelementes
a₂₂ über der X-Position bestimmen. Entsprechend ergibt sich
die elastische Abweichung in Y-Richtung infolge einer
ebenfalls in Y-Richtung wirkenden Meßkraft Fy in Abhängigkeit
von der Z-Position der Pinole aus der Änderung des
Tensorelements a₂₂ über der Z-Position und die elastische
Abweichung in X-Richtung infolge einer ebenfalls in X-Richtung
wirkenden Meßkraft Fx in Abhängigkeit von der Z-Position aus
der Änderung des Tensorelements a₁₁ über der Z-Position der
Pinole (24) bestimmen. In Fig. 14 ist beispielhaft als
Ergebnis einer solchen Messung die Steifigkeit der X- und der
Y-Achse in µm pro Newton abhängig von der Z-Position der
Pinole (24) dargestellt.
Es hat sich gezeigt, daß der Verlauf der Maschinenbiegung sehr
gut durch ein Polynom zweiter Ordnung angenähert werden kann.
Die Koeffizienten A0, A1 und A2 dieser drei Polynome Y = f(x),
X = f(z) und Y = f(z) werden durch eine Besteinpassung
ermittelt und als Korrekturwerte in der
Mikroprozessorsteuerung (19) des KMG gespeichert.
Bei der Korrektur von Koordinatenmeßwerten an unbekannten
Werkstücken werden dann für jeden gemessenen Koordinatenwert
entsprechend seiner Lage im Meßvolumen des KMG die Werte der
Polynomfunktionen aus den gespeicherten Koeffizienten
berechnet, mit der jeweiligen bei der Antastung gemessenen
Meßkraft multipliziert und das Produkt mit dem Meßwert zur
Korrektur verrechnet.
Der Erfolg dieser Korrektur bei einem KMG der Anmelderin vom
Portaltyp mit der Bezeichnung UPMC ist aus den Fig. 15a-d
und 16a-d ersichtlich. Dort ist jeweils die
Längenmeßunsicherheit des KMG ermittelt an einem Stufenendmaß
bei unterschiedlichen Meßorten dargestellt, und zwar sind die
Endmaßabweichungskurven in den Extrempositionen X oben (Fig.
15) und Y links oben (Fig. 16) jeweils bei 0,2 Newton Meßkraft
und bei 1 Newton Meßkraft jeweils mit und ohne Korrektur der
"elastischen" Fehler einander gegenübergestellt. Diese
Endmaßabweichungskurven werden mit einem Zerodurstufenendmaß
ermittelt, das in die genannten Meßrichtungen X bzw. Y
ausgerichtet wurde.
Die Wirksamkeit der beschriebenen Korrektur der elastischen
Fehler des KMG wird deutlich am Versatz der Abweichungskurven,
die ohne Biegekorrektur ermittelt wurden, zu denen, bei denen
die Korrektur der elastischen Fehler im Auswerteprogramm mit
berücksichtigt wurde.
In der Darstellung der Fig. 15 und 16 geben die
ansteigenden Geraden die Grenzen des für die Meßunsicherheit
des Gerätes spezifizierten Bereiches an. Es ist klar, daß mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren korrigierten Geräte deutlich
besser spezifiziert werden können.
Claims (14)
1. Verfahren zur Koordinatenmessung an Werkstücken mit einem
KMG, bei dem die ermittelten Meßwerte mit gespeicherten
Korrekturwerten verrechnet werden, wobei die
Korrekturwerte das elastische Biegeverhalten des KMG
beschreiben, indem
- - die das Biegeverhalten charakterisierenden Größen für mehrere Stellungen des Tasters im Meßbereich der Maschine bestimmt werden,
- - die taststiftunabhängigen Anteile dieser Größen ermittelt und in Form von Korrekturwerten abgespeichert werden, die das von der Position der Meßschlitten und zumindest von der auf das Werkstück ausgeübten Meßkraft abhängige Biegeverhalten des KMG beschreiben,
- - die Korrekturwerte bei der anschließenden Koordinatenmessung an Werkstücken mit den Meßwerten des KMG verrechnet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die das Biegeverhalten
charakterisierenden Korrekturwerte als mehr-dimensionale
Korrekturtabelle erstellt und abgespeichert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei bei der Korrekturrechnung
Zwischenwerte zwischen den in der Tabelle gespeicherten
Korrekturwerten interpoliert werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Positionsabhängigkeit
der das Biegeverhalten charakterisierenden Meßwerte durch
mathematische Funktionen angenähert wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3, wobei die Näherungsfunktionen
Polynome sind und deren Koeffizienten für die rechnerische
Korrektur der Meßwerte gespeichert werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1-5, wobei die
gespeicherten Tabellen bzw. Funktionen abhängig vom
Parameter Meßkraft sind und die Meßkraft bei der
Korrekturrechnung mit einbezogen wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1-6, wobei die
Korrekturwerte Elemente eines Biegetensors sind und diese
Elemente vorab bestimmt werden, indem ein Prüfkörper
nacheinander in unterschiedlichen Positionen im Meßbereich
des KMG fixiert wird und in den Positionen angetastet
wird, wobei die auf den Prüfkörper ausgeübte Meßkraft nach
Betrag und Richtung variiert wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei der Prüfkörper ein
konkaves Element nach Art einer Würfelecke ist, in das die
Tastkugel des KMG eingefahren wird.
9. Verfahren nach Anspruch 1, wobei zusätzlich die statischen
Abweichung der Führungen der Meßschlitten des KMG von
einem geradlinigen und rechtwinkligen Koordinatensystem
ermittelt und daraus weitere Korrekturwerte berechnet und
gespeichert werden und diese weiteren Korrekturwerte bei
der anschließenden Vermessung von Werkstücken ebenfalls
mit den Koordinatenmeßwerten verrechnet werden.
10. Verfahren nach Anspruch 9, wobei die folgenden
Verfahrensschritte, jedoch nicht notwendigerweise in der
genannten Reihenfolge, durchgeführt werden:
- - Die elastischen Verbiegungen des Koordinatenmeßgerätes werden im Zuge eines ersten Kalibrierverfahrens abhängig von denen auf das KMG ausgeübten Kräften ermittelt und aus den ermittelten Werten wird ein erster Satz von Korrekturwerten errechnet und abgespeichert, der abhängig von der Stellung des Tasters im Meßbereich des KMG und zusätzlich abhängig von den Meßkräften ist, die z. B. das Werkstück während des Antastens auf das KMG ausübt,
- - die statischen Abweichungen der Führungen der Meßschlitten werden im Zuge eines zweiten Kalibrierverfahrens ermittelt und aus diesem ermittelten Führungsabweichungen wird ein zweiter Satz meßkraftunabhängiger Korrekturwerte errechnet und abgespeichert, die ebenfalls abhängig von der Stellung des Tasters im Meßbereich des KMG′s sind. Bei der Vermessung von Werkstücken werden beide Sätze von Korrekturwerten mit den von dem Meßsystem des KMG gelieferten Koordinatenmeßwerten verrechnet.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1-10, wobei
zusätzlich die dynamischen Abweichungen der Meßschlitten
des KMG zum Zeitpunkt der Koordinatenmessung mit Hilfe von
Sensoren bestimmt und hieraus ein dritter Satz von
Korrekturwerten berechnet wird, der ebenfalls zur
Errechnung des korrekten Koordinatenmeßwerts herangezogen
wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, wobei die dynamischen
Abweichungen der Meßschlitten des KMG in einem
Zeitintervall beginnend vor dem Zeitpunkt der Berührung
des Werkstücks durch Sensoren aufgenommen werden, die
Signale der Sensoren in diesem Zeitintervall ausgewertet
werden und daraus auf den Zeitpunkt der Antastung des
Werkstücks bezogene Dynamik-Korrekturwerte berechnet
werden.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1-12, wobei die
tasterunabhängigen Anteile der Korrekturwerte, die das
elastische Biegeverhalten des KMG beschreiben, nur für
ausgewählte Kombinationen von Kraftrichtungen und
Meßrichtungen bestimmt und gespeichert werden.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 1-13, wobei die
Korrekturwerte, die das elastische Biegeverhalten des
Meßgeräts beschreiben, zusätzlich abhängig von den
aufgrund der Beschleunigung von den Antrieben auf das KMG
ausgeübten Kräfte bestimmt, gespeichert und bei der
anschließenden Koordinatenmessung an Werkstücken mit
berücksichtigt werden.
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