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Verfahren zum Herstellen eines Supraleiterdrahtes Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zum Herstellen eines insbesondere zum Wickeln der Spulen sehr starker
Elektromagnete geeigneten Supraleiterdrahtes mit vorgegebenen Eigenschaften, vorzugsweise
von Drahtbündeln.
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In einigen Gebieten von Wissenschaft und Technik werden Magnetfelder
einer Feldstärke von 100 kG darüber benötigt, so z. B. bei thermonuklearen Reaktoren,
aber auch bei großen Motoren und Generatoren, deren Leistungsfähigkeit auf diese
Weise beträchtlich erhöht werden kann. Derart starke Magnetfelder lassen sich, wenn
sie nicht nur impulsmäßig angelegt werden sollen, wirtschaftlich nur mit Elektromagneten
erzeugen, deren Spulen mit supraleitenden, also verlustfreien Drähten gewickelt
sind. Es hat sich nun herausgestellt, daß diejenigen Supraleitermaterialien, die
bei derart hohen magnetischen Feldstärken noch nicht in den normalleitenden Zustand
übergehen, z. B. Niobium-Zinn, infolge ihrer Sprödigkeit nicht zu Drähten oder Bändern
verarbeitet werden können und leicht duktile Supraleitermaterialien, z. B. Molybdän-Rhenium,
schon bei Feldstärken unterhalb 9.5 kG ihre Supraleitfähigkeit verlieren.
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Ein Verfahren zum Herstellen eines Supraleiterdrahtes mit vorbestimmten
Eigenschaften ist schon durch den Aufsatz von J. E. K u n z 1 e r et a1. in der
Zeitschrift »Journal of Applied Physics 33« bekanntgeworden. Hier wird insbesondere
auf S. 325, letzter Abschnitt, bis S. 326, erster Abschnitt, ein Verfahren beschrieben,
nach dem ein Supraleiterdraht mit einer nichtsupraleitenden Hülle versehen wird,
zum Zweck des Ziehens des Drahtes auf ein Vielfaches seiner Länge. Der Supraleiterdraht
wird dabei bis zu einem Durchmesser heruntergezogen, der in der Größenordnung der
Eindringtiefe eines Magnetfeldes in den Supraleiterdraht liegt.
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Das bekanntgewordene Verfahren zeigt jedoch keine Möglichkeit zum
Herstellen von Drahtbündeln, insbesondere zum Herstellen von feindrähtigen Litzen.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Herstellen eines Supraleiterdrahtes
der eingangs genannten Art, bei welchem die Empfindlichkeit eines leicht duktilen
Supraleitermaterials, z. B. Blei oder Blei-Wismut, gegenüber Magnetfeldern um Größenordnungen
verringert wird. Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß ein Bündel isolierten
Supraleiterdrahtes in an sich bekannter Weise mit einer gemeinsamen Hülle versehen
und durch Ziehen auf ein Vielfaches seiner Länge gestreckt wird und daß dieser Vorgang
jeweils mit einem Bündel des so erhaltenen Litzendrahtes wiederholt wird, bis der
Durchmesser der einzelnen Supraleiterfäden in der Größenordnung der Eindringtiefe
eines Magnetfeldes in das Supraleitermaterial liegt.
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Die Isolierung des Ausgangsmaterials soll eine geringe mittlere freie
Elektronenweglänge aufweisen. Sie kann aus einem guten Isolator, z. B. Silberchlorid,
bestehen.
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Nach einem Merkmal einer Weiterbildung der Erfindung besteht die Isolierung
jedoch aus einem ständig normalleitenden Material oder aus einem weiteren Supraleitermaterial,
z. B. Aluminium oder Aluminium-Zink, das eine niedrigere übergangstemperatur vom
normalleitenden in den supraleitenden Zustand besitzt. Dann ist nämlich die Möglichkeit
gegeben, durch geeignete Wahl des Verhältnisses von »Isolier-« zu Supraleitermaterial
die übergangstemperatur auf einen Wert zwischen den Übergangstemperaturen der beiden
Ausgangsmaterialien einzustellen.
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Im folgenden wird die Erfindung an Hand einiger Ausführungsbeispiele
und der Zeichnungen näher beschrieben.
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F i g. 1 zeigt einen Stab 10, dessen Kern 12 von einer Außenhülle
14 umgeben ist. Der Kern 12
besteht aus Supraleitermetall, z. B.
aus Blei, und die Außenhülle 14 aus einem Normalleitermetall, d. h. einem Metall,
das bei seiner Betriebstemperatur nicht im supraleitenden, sondern im normalleitenden
Zustand ist. Dabei kann es sich um Aluminium handeln, wenn der Supraleiterdraht
bei einer Temperatur verwendet werden soll, die unter der übergangstemperatur von
Blei (7,2° K), aber über derjenigen von Aluminium (1,1° K) liegt. Der Querschnitt
des Kernes 12 und der Außenhülle 14 ist vorzugsweise kreisförmig und der Innendurchmesser
der Außenhülle 14 etwa gleich dem Durchmesser des Kernes 12.
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In F i g. 2 ist der Stab 10 von F i g. 1 in gestreckter Form dargestellt
und mit dem Bezugszeichen 10' versehen. Der Stab 10 kann durch beliebige bekannte
Mittel zu der in F i g. 2 gezeigten Form 10' gestreckt oder ausgezogen worden sein,
und zwar so, daß der Kern 12 und die Außenhülle 14 gleichzeitig gestreckt wurden.
Nach dem Strecken - auf die gewünschte -Länge wird der Stab 10' in mehrere Abschnitte
16, 18, 20, 22, 24, 26 und 28 oder eine beliebige andere Anzahl von Abschnitten
geteilt. Dann werden die Abschnitte 16 bis 28 in einer gemeinsamen Hülle 30, die
vorzugsweise ebenfalls aus Aluminium besteht, zu einem Bündel 32 zusammengefaßt,
wie es F i g. 3 zeigt, in der ein Querschnitt durch das Bündel 32 zu sehen ist.
In F i g. 4 ist das Bündel 32 von F i g. 3 von der Seite dargestellt.
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F i g. 5 zeigt das Bündel 32 von F i g. 4, nachdem es auf eine bestimmte
Länge gestreckt worden ist. In dieser Form trägt es das Bezugszeichen 32'. Das Bündel
32' wird dann in die Abschnitte 34, 36, 38, 40, 42, 44 und 46 oder eine andere
Anzahl von Abschnitten geteilt. Diese Abschnitte 34 bis 46 werden dann in einer
zweiten gemeinsamen Hülle 48 zu einem zweiten Bündel 50 zusammengefaßt, wie es F
i g. 6 im Querschnitt darstellt. In F i g. 7 ist das zweite Bündel 50 von
der Seite dargestellt.
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Das zweite Bündel 50 von F i g. 7 wird wieder auf eine bestimmte Länge
gestreckt und bildet dann das in F i g. 8 gezeigte längere Bündel 50'. Das Bündel
50' wird dann wieder in die Abschnitte 52, 54, 56,
58, 60, 62 und 64 oder
eine beliebig andere Anzahl von Abschnitten geteilt. Die Abschnitte 52 bis 64 werden
dann in einer dritten gemeinsamen Hülle 66 zu einem dritten Bündel 68 zusammengefaßt.
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Dieser Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden, um einen zusammengesetzten
oder litzenförmigen Draht zu bilden, in dem Millionen oder sogar Milliarden von
Supraleiterfäden enthalten sind, die einen Durchmesser von nur wenigen Angströmeinheiten
haben.
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Das Ausgangsmaterial, der Kern 12 und seine Außenhülle 14, hatten
zunächst etwa kreisförmigen Querschnitt. Beim Dehnen der Bündel in ihrer gemeinsamen
Hülle werden nun die einzelnen Stäbe
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derart verformt, daß alle Zwischenräume,
die zunächst zwischen ihnen bestanden, beseitigt werden. Diese Verzerrung der einzelnen
Ouerschnittte ist deutlich im Mikroskop zu beobachten. Weiterhin i haben die einzelnen
Stäbe beim immer weiter fortgesetzten Strecken die Neigung, aneinanderzuhaften und
auf diese Weise einen einzigen, zusammenhängenden Draht zu bilden. Der Außendurchmesser
dieses litzenförmigen Drahtes kann dabei 0,5 mm t oder weniger und der Durchmesser
der einzelnen Supraleiterfäden etwa 100 Angströmeinheiten oder weniger betragen.
Die in den Zeichnungen gezeigten Abmessungen der Stäbe oder Fäden und der Hüllen
sollen nur die starke Verringerung des Durchmessers des ursprünglichen Stabes 12
von F i g. 1 auf den der Supraleiterfäden in F i g. 9 nach nur drei Streckungen
verdeutlichen. Der tatsächliche Durchmesser eines Fadens nach den einzelnen Streckungen
und die Anzahl der Fäden in einem Bündel sind in Tabelle I angegeben. Die beiden
Teile Ia und 1b beziehen sich dabei auf zwei Stäbe mit verschiedenem Verhältnis
von Blei zu Aluminium.
Aus Tabelle I a ist ersichtlich, daß nach der fünften Streckung der litzenförmige
Draht eine Struktur aufweist, die aus 270 Millionen Fäden mit einem Durchmesser
von nur 40 Angströmeinheiten besteht.
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Wie aus den Tabellen hervorgeht, macht das Blei nach der letzten Streckung
nur noch wenige Prozent der Probe aus. Durch Verwendung verschiedener Verhältnisse
von Blei zu Aluminium und eines bestimmten Streckungsprogramms kann jedoch erreicht
werden, daß die Probe nach der letzten Streckung 50% Blei oder mehr enthält.
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Die kritische magnetische Feldstärke,- -I._ h. jenige Feldstärke,
bei der ein Supraleiter vom supräleitenden in den normalleitenden Zustand übergeht,
beträgt bei 4,2° K 550 G. Blei ist jedoch äußerst empfindlich gegenüber mechanischen
Beanspruchungen und extrem geringen Verunreinigungen, so daß der übergang in den
widerstandsbehafteten Zustand häufig bei magnetischen Feldstärken bis zu 800 G auftritt,
wenn die Stromdichte gering ist. Bereits nach nur zwei Streckungen der ersten Aluminium-Blei-Probe
hat es sich gezeigt, daß trotz starker Verformungen der Probe das kritische Magnetfeld
550 G betrug. Nach der dritten Streckung begann Widerstand bereits bei 410 G aufzutreten,
was beträchtlich unter der kritischen Feldstärke für massives Blei liegt, und war
erst bei 1450 G vollständig vorhanden. Es begannen also schon Bleifäden von einem
Durchmesser von 7000 Angströmeinheiten Supraleitfähigkeit in Gegenwart eines starken
Magnetfeldes aufzuweisen. Diese Zunahme der kritischen Feldstärke ist beträchtlich
größer als die theoretisch zu erwartende. Nach der vierten Streckung hatten die
Bleifäden einen Durchmesser von 700 Angströmeinheiten. Bei 4,2° K beginnt die Probe
bereits bei einem Magnetfeld 0 normalleitend zu werden, sie ist jedoch bei Erhöhung
des Magnetfeldes auf 1000 G noch nicht vollständig normalleitend. Nach der fünften
Streckung besitzt der Bleifaden einen Durchmesser von 40 Angströmeinheiten, und
die Probe hat bei 4,2° K etwa 78%
ihres normalen Widerstandes. Der
Widerstand nimmt mit sinkender Temperatur ab, bis bei 3,4° K die Probe vollständig
supraleitend ist. Durch das Verfahren nach der Erfindung können also zwei Metalle,
die ineinander nicht löslich sind, derart miteinander kombiniert werden, daß ein
drittes Metall bzw. eine Legierung entsteht, deren Eigenschaften in keinem der beiden
ursprünglichen Metalle anzutreffen sind. Der nach der fünften Streckung entstandene
litzenförmige Draht wurde bei 3,4° K supraleitend, während Blei bei 7,2° K und Aluminium
bei 1,1° K supraleitend werden.
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Die Wechselwirkung zwischen dem Aluminium und dem Blei, die den Legierungseffekt
erzeugt, wurde durch Magnetisierungsmessungen bestätigt, die zeigten, daß ein beträchtlicher
Teil des Aluminiums bei einer weit über 1,1° K liegende Temperatur supraleitend
ist.
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Die in der Supraleitertechnik verwendeten Kälteflüssigkeiten, wie
flüssiges Helium und flüssiger Stickstoff, erzeugen ganz bestimmte feste Temperaturen.
Weiterhin werden die bisher verwendeten Supraleiter bei ganz bestimmten anderen
Temperaturen supraleitend. Nur bei ganz wenigen Supraleitern ergibt sich bei Verwendung
einer der Kälteflüssigkeiten automatisch der richtige Arbeitspunkt. Die nach dem
Verfahren gemäß der Erfindung hergestellten Supraleiterdrähte können bei jeder beliebigen
Tiefentemperatur betrieben werden, da sie im allgemeinen so eingestellt werden können,
daß sie bei einer Temperatur supraleitend sind, die gerade unter der Temperatur
der gewünschten Kälteflüssigkeit liegt.
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Die Bleifäden treten in Wechselwirkung mit dem Aluminium und bringen
dadurch die Supraleitereigenschaften der synthetischen Mischung mehr oder weniger
auf einen Mittelwert. Röntgenuntersuchungen haben gezeigt, daß sowohl das Blei als
auch das Aluminium in ihren eigenen Gitterstrukturen vorliegen und in keinem der
beiden Materialien irgendein Anzeichen für gegenseitige atomare Eindringung besteht.
Daraus kann geschlossen werden, daß die Wechselwirkung vor allem elektronischer
Art ist, d. h., daß nur Elektronen von einem Gitter zum andern wandern. Weiterhin
kann geschlossen werden, daß die elektronische Wechselwirkung mit gegenseitiger
Durchdringung und relativ freiem Austausch der Elektronen zwischen den beiden Gittern
in Zusammenhang gebracht werden kann. Da die mittlere freie Weglänge von Elektronen
sowohl in reinem Blei als auch in reinem Aluminium wesentlich größer ist als der
Durchmesser der Fäden und die paarbildende Wechselwirkung zwischen Elektronen, welche
die Supraleitfähigkeit verursacht, ebenfalls in reinen Materialien über Entfernungen
von 1000 bis 10 000 Angströmeinheiten stattfindet, kann sich die Supraleitfähigkeit
von dem Blei in das Aluminium hinein ausbreiten und umgekehrt sich die Normalleitfähigkeit
in die Bleifäden hinein erstrecken. Hierdurch wird die kritische Temperatur der
Bleifäden durch die Nähe des Aluminiums gesenkt und diejenige des Aluminiums in
ähnlicher Weise auf einen Wert erhöht, der anomal über der kritischen Temperatur
von massivem Aluminium liegt.
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Zur Herstellung einer synthetischen Legierung gemäß der Erfindung,
die ein höheres kritisches Magnetfeld als das zur Bildung der Fäden verwendete Supraleitermaterial
aufweist, ist es erforderlich, den freien Austausch von Elektronen zwischen dem
supraleitenden Faden und der normalleitenden Hülle zu verhindern oder zumindest
zu verringern. Ein Verfahren zur Verminderung des freien Austausches von Elektronen
besteht darin, die mittlere freie Weglänge der Elektronen sowohl in dem Material
der Hülle als auch in demjenigen der Fäden zu verkürzen. Dabei vergrößert sich bekanntlich
auch die Eindringtiefe eines Magnetfeldes. Es stehen daher noch höhere kritische
Magnetfelder zur Verfügung, wenn die mittlere freie Weglänge der Elektronen sowohl
in dem Material der Hüllen als auch in demjenigen der Fäden herabgesetzt wird.
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Einen Grenzfall bildet die Verwendung von Hüllen aus einem guten Isolator,
da dann die mittlere freie Weglänge der Elektronen unendlich kurz ist. In diesem
Fall ähnelt das Herstellungsverfahren dem oben in Verbindung mit den F i g. 1 bis
9 beschriebenen. Es unterscheidet sich lediglich dadurch, daß die in diesen Figuren
gezeigten Hüllen 14, 30, 48 und 66 aus einem Isoliermaterial bestehen, wie das in
F i g. 10 durch eine andere Schraffur angedeutet ist.
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Die folgende Tabelle II stellt die Daten eines Supraleiterdrahtes
nach der Erfindung zusammen, bei welchem als Supraleitermaterial wiederum Blei und
als Material für die Hüllen der Isolator Silberchlorid verwendet wird.
Nach drei Streckungen, wenn der Bleifaden einen Durchmesser von etwa 1 @L aufweist,
ist das kritische Magnetfeld etwa gleich demjenigen von Blei, wie es für solche
dicken Fäden zu erwarten ist. Die gemessene Empfindlichkeit differiert etwa um 5
0/0 von dem für das darin enthaltene Blei zu erwartenden Wert. Nach vier Streckungen
haben die Bleifäden einen Durchmesser von 350 Angströmeinheiten, und das kritische
Magnetfeld überschreitet 1400 G. Die Empfindlichkeit liegt in dem Faktor 105 unter
derjenigen für Blei, so daß das kritische Magnetfeld gegenüber demjenigen für Blei
um den Faktor höher ist.
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Obwohl bei der Verwendung von Hüllen aus einem guten Isolator sich
Supraleiterdrähte mit sehr hohem kritischem Magnetfeld ergeben, kann es vorzuziehen
sein, die Hüllen aus einem Metall herzustellen, um die Kontaktgabe an den Enden
des Supraleiterdrahtes zu erleichtern.
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Neben den reinen Materialien Blei und Aluminium sind übrigens auch
die Legierungen Blei-Wismut für die Supraleiterfäden und Aluminium-Zink für die
Hüllen gut geeignet.