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Vorrichtung zur Kompensation der durch Temperaturdifferenzen bedingten
Verschiebung zwischen relativ zueinander beweglichen Teilen an einer Werkzeugmaschine
Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zur Kompensation der durch Temperaturdifferenzen
bedingten Verschiebung zwischen relativ zueinander beweglichen Teilen an einer Werkzeugmaschine,
bei der der gemessene Wert der Verschiebung als Führungsgröße in einem elektrischen
Nachlaufregelkreis zur Korrektur der Verschiebung dient.
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Um Werkstücke mit sehr genauen Abmessungen maschinell herzustellen,
ist es erforderlich, die auf Temperaturdifferenzenzurückzuf ührendenDimensionsänderungen
zu kompensieren. Eine bekannte Vorrichtung für Werkzeugmaschinen verwendet zur Kompensation
der durch Temperaturdifferenzen erzeugten Verschiebung zwischen dem das Werkstück
aufnehmenden Koordinatentisch und dem Träger des Werkzeugs zwei Stäbe geringer Wärmeausdehnung,
von denen der eine am Werkzeugträger und der andere am Tisch abgestützt ist. Die
freien Enden der Stäbe dienen hierbei zur Anzeige der gegenseitigen Lageänderungen
des Tisches und Werkzeugträgers, und sie steuern über Anzeigemittel eine Nachlaufeinrichtung,
die bei Temperaturdifferenzen den Tisch oder den Werkzeugträger nachstellt. Eine
solche Vorrichtung berücksichtigt jedoch nur die thermische Ausdehnung der betreffenden
Teile der Werkzeugmaschine, nicht jedoch die thermische Ausdehnung zwischen dem
Werkstück und dem Werkstückaufnahmetisch. Dieser thermischen Ausdehnung zwischen
dem Werkstück und dem Werkstückaufnahmetisch muß jedoch in vielen Fällen Beachtung
geschenkt werden, denn die Sollstellung eines Werkstücks wird häufig nicht allein
dadurch erreicht, daß der Tisch in die Sollstellung hineinbewegt wird.
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Weitere bekannte Vorrichtungen zur Kompensierung der thermischen Ausdehnung
verschiedener Werkzeugmaschinenteile halten . z. B. die Spitzenhöhe einer Drehbank
auf einem konstanten Wert oder korrigieren die Ausdehnung des Schleifkopfes einer
Schleifmaschine.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Temperatur-Kompensationsvorrichtung
für eine Werkzeugmaschine mit einer Istwertmeßvorrichtung zu schaffen, die eine
genaue Einstellung eines Werkstücks in seine Sollstellung auch bei relativ erheblichen
Temperaturdifferenzen zwischen Werkstück und Werkstückaufnahmetisch ermöglicht.
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Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die relativ
zueinander beweglichen Teile das Werkstück und die Istwertmeßvorrichtung eines Lagerregelkreises
zur Positionierung des Werkstücks sind, an denen je ein Temperaturfühler angebracht
ist, dessen elektrisches Ausgangssignal der Werkstückstemperatur bzw. der Temperatur
der Istwertmeßvorrichtung entspricht, so daß die dem Nachlaufregelkreis zugeführte
Führungsgröße der durch die Temperaturunterschiede zwischen Werkstück und Istwertmeßvorrichtung
bedingten Abweichungen zwischen dem wahren und dem angezeigten Istwert des Lagerregelkreises
entspricht. Durch diese Anordnung läßt sich exakt jegliche Differenz zwischen der
Soll-und Istwerteinstellung des Werkstücks ermitteln, so daß der Nachlaufregelkreis
diese Differenz berücksichtigen und das Werkstück in die genaue Soll-Lage f ühren
kann.
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Die Kompensationsvorrichtung gemäß der Erfindung ist besonders in
den Fällen vorteilhaft, bei denen die Temperatur des Werkstücks während der Bearbeitung
in einer kurzen Zeitspanne erheblich ansteigt.
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Die Erfindung wird anschließend an Hand der Zeichnung eines Ausführungsbeispiels
näher erläutert. In der Zeichnung ist die Kompensationsvorrichtung gemäß der Erfindung
in Verbindung mit einer Werkzeugmaschine schematisch dargestellt.
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Das in der Zeichnung dargestellte Steuersystem dient zur Bewegung
oder Verschiebung von Material, z. B. einem Werkstück 8, längs einer Achse relativ
zu einem Werkzeug 10, welches im Ausführungsbeispiel ein Bohrwerkzeug ist. Das Werkstück
8 ist
auf einem Hauptti, ch 12 b:fastigt, der entlang der Bewegungsbahn
14 durch einen Servoantrieb oder Stellmotor 16 verschoben @Nerden kann. Das
Werkzeug 10 steht in bezug auf die Bewegungsbahn 14 ortsfest, kann jedoch nach oben
und zur Bearbeitung des Werkstücks 8 nach unten bewegt werden. Der Servoantrieb
16 verschiebt den Haupttisch 12 in Abhängigkeit von den Signalen, die von
einem Servosystem 18 ausgehen. Das System 18 vergleicht ein Befehlssignal, das die
Solleinstellung des Werkstücks 8 anzeigt, mit einem Istwertsignal, das die tatsächliche
Lage des Werkstücks 8 anzeigt. Das Istwertsignal wird von einem Drehfeldgeber 20
geliefert, der in bezug auf die Bewegungsbahn 14 ortsfest angeordnet ist.
Der Geber 20 wird durch ein Ritzel 22 angetrieben, das mit den Zähnen einer Zahnstange
24 im Eingriff steht. Die Zahnstange 24 ist auf einem Tisch 26 befestigt,
der seinerseits auf dem Haupttisch 12 fest angebracht ist. Das Steuersystem verschiebt
den Haupttisch 12, das Werkstück 8 und die anderen Einrichtungen zur Sollwertstelle
und setzt dann so lange seinen Betrieb aus, bis eine andere Sollwerteinstellung
aufgegeben wird. Zur Erläuterung der Kompensationsvorrichtung gemäß der Erfindung
ist ein einfaches numerisches Steuersystem ausgewählt. Es wird jedoch bemerkt, daß
die Kompensationsvorrichtung gemäß der Erfindung auch in Verbindung mit anderen
numerischen Steuersystemen, z. B. mit solchen für zwei oder mehr Bewegungsrichtungen,
benutzt werden kann.
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Die Zahnstange 24 ist mit ihrem einen Ende 28 fest an dem Tisch 26
angebracht und kann ferner in einer entsprechenden Nut auf dem Tisch 26 ruhen. Die
Zahnstange 24 bewegt sich zusammen mit dem Tisch 26, der seinerseits zusammen
mit dem Haupttisch 12 verschoben wird. Das andere Ende 30 der Zahnstange
24 ist an einer Verbindungsstange 32 befestigt. Die Stange 32 ist mit einer
Längeneinstellvorrichtung 34 fest verbunden, die an dem Tisch 26 befestigt ist.
Die Längeneinstellvorrichtung 34 kann z. B. aus einem Hydraulik- oder Elektromotor
bestehen, der die Verbindungsstange 32 in Abhängigkeit von einem Signal zurück und
vorwärts bewegt, das der Längeneinstellvorrichtung 34 zugeführt wird. Es wird hervorgehoben,
daß die Längeneinstellvorrichtung 34 eine ausreichend große Leistung besitzt, um
die Zahnstange 24 tatsächlich zu verlängern oder zusammenzudrücken und somit
ihre Längenabmessung zu ändern. Da diese Zahnstange 24
effektiv verlängert
oder zusammengedrückt werden kann, sollen ihre Lager ein so kleines Spiel wie möglich
besitzen. Entlang der Zahnstange 24 ist eine Temperaturregeleinrichtung 36
angeordnet, die die Zahnstange 24 in Abhängigkeit von einem Signal erwärmt oder
abkühlt, das der Temperaturregeleinrichtung 36 zugeführt wird. In der Praxis ergibt
es sich, daß die Temperaturregeleinrichtung 36 die Zahnstange 24
leichter
erwärmen als abkühlen kann. Wenn jedoch ein Abkühlen gewünscht wird, so kann die
Temperaturregeleinrichtung 36 dies in an sich bekannter Weise durchführen.
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Mit der Zahnstange 24 ist ein Istwerttemperaturfühler 38 bekannter
Ausführung, z.B. ein thermoelektrisches Element, verbunden. Der Temperaturfühler
38 liefert ein Gleichstromsignal TFB, das vorzugsweise positiv ist und dessen Größe
proportional der Temperatur der Zahnstange 24 ist. Ein Istwert-Dehnungsmesser
40 ist ebenfalls mit der Zahnstange 24 verbunden. Der Dehnungsmesser 40 kann aus
einer bekannten Ausführung, z. B. einem Komplementärdehnungsmesser, bestehen, der
gegenüber mechanischen Spannungen. die auf Temperaturänderungen zurückzuführen sind,
verhältnismäßig unempfindlich ist. Ein solcher Dehnungsmesser ist in der Literaturstelle
»Industrial Electronics Handbook« von C o c k r e 11, 1. Auflage, McCraw-Hill Book
Company Inc., New York, 1958, in den F i g. 6e bis 22 gezeigt und auf den Seiten
6 bis 55 beschrieben. Der Dehnungsmesser 40 liefert ein Gleichstromsignal
SFB, das im Fall von Zugspannungen vorzugsweise positiv und bei Druckspannungen
negativ ist. Die Größe des Signals ist proportional der Größe der Längenänderung
bzw. der mechanischen Spannung in der Zahnstange 24.
Ein Temperaturfühler
42 bekannter Art ist mit dem Werkstück 8 verbunden. Der Temperaturfühler
42
erzeugt ein Gleichstromsignal TwP, das vorzugsweise negativ ist und dessen
Größe proportional der Temperatur des Werkstücks 8 ist.
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Es ist ferner eine Vergleichsschaltung 50 bekannter Ausführung vorgesehen,
der die oben beschriebenen verschiedenen Signale zugeführt werden und die diese
Signale in bekannter Weise verarbeitet.
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Die Ausgangssignale der Vergleichsschaltung 50 werden der Längeneinstellvorrichtung
34 und der Temperaturregeleinrichtung 36 zugeführt. Die Längeneinstellvorrichtung
34 drückt die Zahnstange 24 zusammen, und die Temperaturregeleinrichtung 36 kühlt
die Zahnstange 24 ab, wenn positive Ausgangssignale eingehen. Bei negativen
Ausgangssignalen verlängert oder streckt die Längeneinstellvorrichtung 34 die Zahnstange
24, und die Temperaturregeleinrichtung 36
erwärmt die Zahnstange
24.
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Die Arbeitsweise der Kompensationsvorrichtung gemäß der Erfindung
läßt sich in folgender Formel zusammenfassen: (TFB - TREF) CFB T SFR
= (TWP - TREF) CWP.
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Hierin bedeutet TREF eine Größe für den Unterschied in den Bezugstemperaturen
des Werkstücks 8 und der Zahnstange 24,
CFB einen Wert für den linearen Ausdehnungskoeffizienten
der Zahnstange 24,
C1yP einen Wert für den linearen Ausdehnungskoeffizienten
des Werkstücks. Wenn auch die Kompensationsvorrichtung mit einem Temperaturfühler
38 und einem Dehnungsmesser 40 versehen ist und die Vergleichsschaltung 50 die Längeneinstellvorrichtung
34 und die Temperaturregeleinrichtung 36 steuert, sei darauf hingewiesen, daß nicht
sämtliche dieser Elemente erforderlich sind; wenn z. B. die Längeneinstellvorrichtung
34 entfernt ist und lediglich die Temperaturregeleinrichtung 36 mit der Zahnstange
24 benutzt wird, so ist der Dehnungsmesser 40 überflüssig. Wenn die Temperaturregeleinrichtung
36 fehlt und nur die Längeneinstellvorrichtung 34 mit der Zahnstange 24 benutzt
wird, so ist der Temperaturfühler 38 nicht erforderlich. Wenn jedoch die Längeneinstellvorrichtung
34 verwendet wird, so ist der Dehnungsmesser 40 erforderlich oder zumindest erwünscht,
damit die Kompensationsvorrichtung eine geschlossene Schleife bildet. Ähnlich ist
es bei Anwendung der Temperaturregeleinrichtung 36, daß der Temperaturfühler 38
erforderlich
oder zumindest erwünscht ist, um ebenfalls eine geschlossene
Schleife zu schaffen. Es sei ferner erwähnt, daß das Verhältnis der der Längeneinstellvorrichtung
34 und der Temperaturregeleinrichtung 36 zugeführten Signale gegenseitig verändert
werden kann. So kann z. B. die Längeneinstellvorrichtung 34 eine verhältnismäßig
niedrige Verstärkung und die Temperaturregeleinrichtung 36 eine verhältnismäßig
hohe Verstärkung aufweisen. Unter diesem Umstand ist die Längeneinstellvorrichtung
34 nur so lange in Betrieb, als beträchtliche Korrekturen »verlangt« werden. Hat
die Zahnstange 24 einmal die gewünschte Länge, so wird die Längeneinstellvorrichtung
34 auf Grund ihrer reduzierten Verstärkung überbrückt oder umgangen. Es sind lediglich
kleine Korrekturen erforderlich, die durch die Temperaturregeleinrichtung36 vorgenommen
werden können.
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Das folgende Beispiel möge die Vorteile und Zweckmäßigkeit der Vorrichtung
gemäß der Erfindung aufzeigen. Es wird angenommen, daß ein Werkstück aus einer Aluminiumlegierung
mit einer Länge von 254 cm und einem linearen Ausdehnungskoeffizienten von 21,78
cm/cm/°C bearbeitet werden soll. Es wird ferner angenommen, daß während der Bearbeitung
die Temperatur des Werkstücks von der Bezugstemperatur von 20°C um 56°C auf eine
Temperatur von 76°C ansteigt. Die Zahnstange 24 soll ferner 254 cm lang und
aus einer rostfreien Stahllegierung hergestellt sein, die einen linearen Ausdehnungskoeffizienten
von 9,9 cm,fcm/°C besitzt. Bei seiner erhöhten Temperatur hat das Werkstück eine
zusätzliche Länge von 254 cm - 56°C - 21,78 cm/cm,I°F oder 0,307 cm. Wenn die Zahnstange
ausschließlich durch Temperaturänderung kompensiert werden soll, so muß ihre Temperatur
um
oder 122°C erhöht werden. Unter Berücksichtigung der Bezugstemperatur wird die Temperatur
der Zahnstange auf 142°C erhöht. Dieses Ausmaß einer Erwärmung kann in bestimmten
Anwendungsfällen unerwünscht oder unpraktisch sein. In diesen Fällen kann dann die
Zahnstange verlängert oder gestreckt werden.
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Es sei angenommen, daß sich während des Bearbeitungsvorganges die
Temperatur der Zahnstange um 4'C auf 24°C erhöht. Dies ergibt eine zusätzliche Länge
von 254 # 4°C - 9,9 # 10-8 cm,7cm/°F oder 0,00978 cm. Die erforderliche zusätzliche
Länge oder Verlängerung S beträgt daher 0,307-0,00978 oder 0,29722 cm. Die Zahnstange
soll ferner einen Querschnittsbereich A von 6,45 cm' und einen Elastizitätsmodul
M von 1,98 - 108 kg/cm2 besitzen. Die zur Erzeugung der zusätzlichen Länge oder
Verlängerung von 0,29722 cm erforderliche Kraft
oder 14,950 kg.
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Diese Kraft ist nicht ungewöhnlich groß und kann ohne Schwierigkeiten
erzeugt werden. Wenn die maximale Verlängerung oder Verkürzung (Zusammendrücken),
die mit dem System erreicht werden kann, 0,50 cm beträgt und wenn diese Verlängerung
oder Verkürzung in 0,1 Sekunde erreicht werden soll, so ist eine Leistung von 3,72
kW erforderlich.
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Dieser Wert kann mit einem Längeneinstellmotor von 5 PS erreicht werden,
was eine zweckmäßige Größe darstellt. Tatsächlich kann die Leistung beträchtlich
reduziert werden, wenn für die Verlängerung oder für das Zusammendrücken mehr Zeit
zur Verfügung steht. Eine Zeitspanne von 0,1 Sekunde ist verhältnismäßig kurz und
könnte bei den meisten Bearbeitungsvorgängen länger sein.
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Die Vorrichtung gemäß der Erfindung kann für viele Anwendungsfälle
benutzt und in Verbindung mit Einstelleinrichtungen in einer, zwei oder mehr Bewegungsrichtungen
eingesetzt werden. Die Kompensationsvorrichtung kann entweder erwärmen oder abkühlen
oder verlängern oder zusammendrücken oder auch in einer Kombination aufheizen, abkühlen,
verlängern und zusammendrücken. Die Kompensationsvorrichtung kann ferner auf der
gezeigten Lageeinstelleinrichtung oder auf andere Arten von linearen Lageeinstelleinrichtungen
arbeiten. Die Kompensationsvorrichtung kann schließlich mit jeder gewünschten Bezugstemperatur
oder auch mit unterschiedlichen Bezugstemperaturen für die Lageeinstelleinrichtung
und für das Werkstück benutzt werden. In jedem Fall verbessert die Vorrichtung gemäß
der Erfindung die Genauigkeit bei der Bearbeitung eines Werkstücks.