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Durch Anlassen härtbare martensitische rostfreie Stahllegierung und
Verfahren zur Herstellung derselben Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf durch
Anlassen härtbare martensitische rostfreie Stahllegierungen und auf ein Verfahren
zur Herstellung derselben.
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Entsprechend den Anforderungen von Flugzeugherstellern, insbesondere
bei der Herstellung von Überschallflugzeugen, sind in letzter Zeit rostfreie Stähle
entwickelt worden, die bei guter Korrosionsbeständigkeit selbst bei Temperaturen
bis zu etwa 540°C, andererseits auch noch unterhalb von -73°C hinreichende Festigkeit
besitzen. Die auf Grund dieser Forderung entwickelte Gruppe rostfreier Stähle liegt
zwischen der üblichen AISI-Serie 300 und der AISI-Serie 400.
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Die meisten der augenblicklich verwendeten Stähle sind austenitische
rostfreie Stahllegierungen, die martensitisch gemacht werden können, wenn die bessere
Festigkeit der martensitischen Struktur ausgenutzt werden soll. Weiterhin sehen
einige Metallhersteller zusätzlich zum Martensitischmachen eine Anlaßhärtung vor,
um in den Stählen ein hohes Maß an Festigkeit zu erhalten. So sind unter den Handelsnamen
AM-350, AM-355, 17-7 PH und PH 15-7 Mo Legierungen mit folgender typischer Zusammensetzung
bekannt: AM-350: Kohlenstoff 0,080/(" Mangan 0,800/" Silizium 0,25 °/o, Chrom
16,50 °/o, Nickel 4,30 °/o, Molybdän 2,750/, und Stickstoff 0,100/" Rest
Eisen.
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AM-355: Kohlenstoff 0,130/,), Mangan 0,950/" Silizium 0,25()/" Chrom
15,50()/" Nickel 4,300/,), Molybdän 2,750/, und Stickstoff 0,10"/", Rest
Eisen.
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17-7 PH: Kohlenstoff 0,07°/a, Mangan 0,60°/o, Silizium 0,400/" Chrom
17,000/" Nickel 7,001)/" Schwefel 0,01"/", Phosphat 0,02()/" und Aluminium 1,15
°/o, Rest Eisen.
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PH 15-7 Mo: Kohlenstoff 0,07°/0, Mangan 0,60 °/a, Silizium 0,4011/0,
Chrom 15,00 °/o, Nickel 7,001)/" Molybdän 2,251)/" Aluminium 1,15 °/o, Rest Eisen.
Diese bekannten austenitischen Metalle zeigen bei Zimmertemperatur eine austenitische
Struktur, die die Stahllegierungen fürverschiedene Verarbeitungsformen geeignet
macht. Das so bearbeitete Legierungsteil kann danach wärmebehandelt werden, wobei
eine Abänderung der inneren chemischen Struktur des Stahls erzielt wird, so daß
nach Abkühlen auf Zimmertemperatur oder auf eine vorherbestimmte Temperatur unter
18°C der geformte Stahl in Martensit umgewandelt werden kann. Danach kann der Stahl
einer Wärmebehandlung bei niedriger Temperatur unterworfen werden, um so eine optimale
Festigkeit herzustellen. Bei diesen sogenannten austenitischen rostfreien Stählen
besteht jedoch die grundsätzliche Schwierigkeit, daß während scharfer Verformungsbedingungen
die Md-Temperatur überschritten werden kann, so daß sich der Stahl während der Verformungsstufe
teilweise in Martensit umwandelt, wodurch seine Verformbarkeit stark behindert wird.
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Es sind auch andere Materialien entwickelt worden, die eine doppelte
Mikrostruktur im ausgelassenen Zustand bei Zimmertemperatur haben, die aus Inseln
von Deltaferrit in einer martensitischen Matrix besteht. Diese Stähle zeigen zwar
eine gute Verformbarkeit, die erzielbaren Festigkeiten lassen aber viel zu wünschen
übrig. Weiterhin trägt die Anwesenheit von Deltaferrit innerhalb der Mikrostruktur
stark zur Richtungsabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften dieser Stähle bei,
wodurch ihre Verwendung ziemlich eingeschränkt wurde. - Ferner ist aus der USA.-Patent-
Schrift
2 848 323 eine martensitische Stahllegierung mit folgender Zusammensetzung bekannt:
Kohlenstoff 0,05 bis 0,300/0, Mangan 0,10 bis 4,000/0, Silizium 0,10 bis 1,00 0/0,
Chrom 9,00 bis 20,00 0/0, Wolfram und/oder Molybdän 0,50 bis 10,000/0, Niob und/oder
Tantal 0,00 bis 2,00 0/0, Vanadin 0,00 bis 2,00 0/0, Titan 0,00 bis 2,00 0/0, Stickstoff
0,05 bis 0,30 0/0, Aluminium 0,05 bis 2,00 0/0, Bor 0,00 bis 0,05 0/0, Nickel 0,00
bis 5,00 0/0, Kobalt 0,00 bis 15,00 0/0, Kupfer 0,00 bis 5,00 0/0, Eisen und zufällige
Verunreinigungen = Rest. Derartige Stahllegierungen besitzen mit Sicherheit nicht
die Eigenschaft, durch Anlassen härtbar zu sein, so daß also durch ein Anlassen
keine Steigerung der Festigkeitseigenschaften möglich ist. Die vorhandene Festigkeit
wird lediglich durch das Vorliegen der Martensitkomponente nach einer Wärmebehandlung
erreicht, die bei hoher Temperatur durchgeführt werden muß.
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Ziel der vorliegenden Erfindung ist die Schaffung einer martensitischen,
durch Anlassen härtbaren rostfreien Stahllegierung, die zur Verwendung bei Temperaturen
bis zu etwa 540°C, aber auch bei tiefen Temperaturen geeignet ist, eine hohe Festigkeit
zeigt und in völlig martensitischem Zustand, der durch Kaltverarbeitung oder Unterkühlung
auf eine Temperatur von höchstens -73°C erzielt werden kann, leicht verformt werden
kann.
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Die erfindungsgemäße, durch Anlassen härtbare, martensitische rostfreie
Stahllegierung besteht nun aus den in folgender Tabelle 1 angegebenen Elementen,
wobei der allgemeine und auch der bevorzugte Bereich genannt sind:
Tabelle 1 |
Chemische Zusammensetzung in Gewichtsprozent |
Element Allgemeiner Bereich Bevorzugter Bereich |
C Spuren bis etwa 0,05 Spuren bis 0,03 |
Mn Spuren bis etwa 0,25 Spuren bis 0,15 |
Si Spuren bis etwa 0,25 Spuren bis 0,15 |
Cr 10 bis 18 12 bis 15 |
Ni 0,1 bis 7 2 bis 7 |
Co 3 bis 16 10 bis 16 |
Mo 0,1 bis etwa 8 1 bis 6 |
Ti 0,1 bis 1,3 0,1 bis 1,0 |
Fe Rest Rest |
mit zufälligen Verunreinigungen |
Es ist nötig, im Stahl einen Ausgleich zwischen den austenitbildenden und den ferritbildenden
Elementen aufrechtzuerhalten.
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Die Gleichgewichtsbedingungen gehen aus dem modifizierten Schaeffler-Diagramm
(F i g. 1) hervor. Das eigentliche Schaeffler-Diagramm basiert auf gegossenen Schweißmaterialien,
während hier auf Schmiedematerialien bezogen wurde. Das Pseudo-Phasendiagramm zeigt
das Verhältnis zwischen den austenitbildenden, als Nickeläquivalente ausgedrückten
Elementen gegen die ferritbildenden, als Chromäquivalente ausgedrückten Elemente.
Es ist Nickeläquiv. = 30 (% C + % N) + 0/0 Ni + 0,5 % Mn +0,7% Co und-das. -Verhältnis
zwischen Chrom, und Chromäquivalenten als Chromäquiv. = "/o Cr -I-1,5 % Si + % Mo
+ 1,5 %Ti ausgedrückt. -Nur die Legierungen mit einer ausgeglichenen Zusammensetzung
von Nickeläquivalenten und Chromäquivalenten, die unter den mitAeBCDaA bezeichneten
Teil fallen, liefern eine praktisch völlig martensitische Struktur, die durch die
im folgenden noch genauer zu beschreibende Wärmebehandlung durch Anlassen gehärtet
werden kann, um einen Stahl mit einer optimalen Kombination von Verformbarkeit,
mechanischen Eigenschaften und Korrosionsbeständigkeit zu schaffen. Die in die
Fläche AcbaA in F i g. 1 fallenden Stähle wandeln sich nach Abkühlen auf
eine Temperatur über etwa -73'C in Martensit um. Die völlig martensitische Struktur
zeigt vor der Anlaßhärtung eine Härte unter etwa 35 Re.
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Stahllegierungen mit einer Zusammensetzung, die innerhalb der Fläche
BCDabcB liegt, erfordern eine Verminderung der Querschnittsfläche zwischen 25 und
50 0/0 durch eine Kaltverarbeitung, wenn man in diesen Stählen eine völlig martensitische
Struktur erhalten will. In diesem Fall wird die Md-Temperatur durchlaufen, wobei
eine völlig martensitische Struktur erhalten wird. Eine Dickenverminderung bis zu
500/0 durch Kaltwalzen reicht jedoch gewöhnlich zur Erzielung einer völlig martensitischen
Struktur aus. Da der erfindungsgemäße Stahl ein äußerst geringes Maß an Bearbeitungshärtung
besitzt, härtet eine solche Kaltverarbeitung den Stahl nicht unzulässig und beeinträchtigt
daher auch die Verformbarkeit nicht. Die Kaltverarbeitung erfolgt bei Zimmertemperatur,
die genügend unter der Md-Temperatur liegt. Danach kann der Stahl für praktisch
dieselbe Dauer derselben Anlaßbehandlung unterworfen werden, und der Stahl zeigt
ein praktisch gleiches Ansprechen auf die Anlaßhärtung wie die Stahllegierungen
mit einer so ausgeglichenen Zusammensetzung, daß sie unter die Fläche AcbaA in F
i g. 1 fällt.
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Gegebenenfalls ist es auch möglich, die Wirkung von Temperatur- und
Kaltverarbeitung gleichzeitig oder unabhängig zu kombinieren, wobei es lediglich
notwendig sein kann, den Stahl weniger als 25 % kalt zu walzen oder ihn auf eine
Temperatur beträchtlich über -73'C abzukühlen, um eine völlig martensitische Struktur
zu erhalten.
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Die erfindungsgemäße Stahllegierung wird in bekannter Weise hergestellt.
Sie kann in Blöcke gegossen und anschließend heiß zu einem halbfertigen Walzmaterial
gewalzt werden. Danach kann die Stahllegierung zum gewünschten Produkt kalt gewalzt
werden und jede Art von Wärmebehandlung erhalten.
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In der erfindungsgemäßen Legierung ist gegebenenfalls Kohlenstoff
in einer Menge bis zu 0,050/0 anwesend und stellt ein starkes, austenitbildendes
Element dar, beeinträchtigt aber die Verformbarkeitseigenschaften nicht. Die optimale
Verformbarkeit wird erzielt, wenn der Kohlenstoffgehalt auf maximal etwa 0,03 0/0
begrenzt ist. Im Gegensatz zu den bekannten Stählen, die Kohlenstoff zur Erzielung
der hohen Festigkeit in der martensitischen Phase verwenden, dient der Kohlenstoffgehalt
der erfindungsgemäßen Stahllegierung nicht zur Verbesserung ihrer mechanischen Eigenschaften.
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Die Korrosionsbeständigkeit wird der erfindungsgemäßen Stahllegierung
vor allem durch die Anwesenheit von Chrom verliehen. Chrom ist außerdem ein starkes
ferritbildendes Element und muß daher genau
gegenüber den austenitbildenden
Elementen ausgeglichen werden. Der Chromgehalt der erfindungsgemäßen Stahllegierung
beträgt 10 bis 180/,. Die optimale Kombination von Korrosionsbeständigkeit,
Stabilität der chemischen Zusammensetzung und Ansprechen auf Anlaßhärtung scheint
mit einem Chromgehalt zwischen etwa 12 und 15 °/o erzielt zu werden. Dieser Chromgehalt
vermindert auch die Ms-Temperatur dieser Stähle nicht unzulässig, wobei der Faktor
für Chrom etwa 28°C je Prozent des Elements beträgt. Der Kobalt ist in der erfindungsgemäßen
Stahllegierung ein sehr wichtiges Element. Es wird angenommen, daß eine komplexe
Kobalt-Nickel-Molybdän-Titan-Ausfällung, die mit der Grundgitterstruktur kohärent
ist, wodurch der Stahl mit einer außergewöhnlichen Kombination mechanischer Eigenschaften
erhalten wird. Die Wirkung des Kobalts bei der Verringerung der M,-Temperatur der
erfindungsgemäßen Stahllegierung beträgt jedoch nur 4,5°C pro Prozent Kobalt im
Vergleich mit etwa 39°C pro Prozent Nickel. Kobalt ist weiterhin geeignet, die Festigkeit
bei hohen Temperaturen der Legierung aufrechtzuerhalten, so daß der Stahl bei Temperaturen
bis zu etwa 540°C verwendet werden kann. Der optimale Kobaltgehalt liegt zwischen
etwa 10 und 16°/0; dabei zeigt der Stahl die richtige MS-Temperatur und ein Ansprechen
auf die Anlaßhärtung, ohne daß die Verformbarkeit des Stahls durch unnötige Härtung
desselben im geglühten Zustand nachteilig beeinflußt wird. Es wird darauf hingewiesen,
daß der erfindungsgemäße Stahl vorzugsweise einen Kobaltgehalt zwischen etwa 3 und
7°/o hat, wo es zweckmäßig scheint, einen Teil seiner Festigkeit für ein höheres
Maß an Beständigkeit gegen Belastungskorrosion zu opfern. Wird der Kobaltgehalt
in diesem niedrigen-Bereich gehalten, so muß der Stahl hinsichtlich der austenitbildenden
und ferritbildenden Elemente mit einer Erhöhung des Nickelgehaltes ausgeglichen
werden, um im erfindungsgemäßen Stahl eine praktisch vollständige martensitische
Struktur aufrechtzuerhalten. Dann zeigt jedoch der Stahl kein so starkes Ansprechen
auf die Anlaßhärtung durch Wärmebehandlung, seine Festigkeit ist jedoch für die
meisten Verwendungszwecke mehr als ausreichend. Diese geringen Kobaltmengen scheinen
notwendig, wo es erwünscht ist, die maximale Beständigkeit gegen Belastungskorrosion
auf Kosten der Festigkeit zu erhalten.
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Nickel ist in der erfindungsgemäßen Stahllegierung in einer Menge
zwischen 0,01 und etwa 7 °/o anwesend. Nickel ist ein austenitbildendes Element
und wird daher gegenüber den ferritbildenden Elementen ausgeglichen. Es ist zur
Regelung der Ms- und Md-Temperatur wichtig. Die optimalen Ergebnisse hinsichtlich
der MS- und Md-Temperaturen und dem Ausgleich der austenitischen Komponenten gegenüber
den ferritischen Komponenten scheinen mit einem Nickelgehalt zwischen etwa 2 und
7°/o erzielt zu werden. Innerhalb dieses Bereiches zeigt der Stahl die richtigen
Ms- und Ma-Temperaturen sowie ein optimales Ansprechen auf die Anlaßhärtung.
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Molybdän ist in der erfindungsgemäßen Stahllegierung in einer Menge
zwischen etwa 0,1 und 8 °/o anwesend. Mindestens 0,10/, Molybdän sind erforderlich,
um an der Ausfällung, die zur Erhöhung der mechanischen Stahleigenschaften gebildet
wird, beteiligt zu sein. Es muß beachtet werden, daß Molybdän sehr wirksam bei der
Bildung einer Überschußphase ist, die als Chi-Phase angenommen wird und die die
Eigenschaften des erfindungsgemäßen Stahls nachteilig beeinflussen kann. Wo der
Stahl für Zwecke, bei welchen er einer Wärmebehandlung unterworfen wird, verwendet
werden soll, wie z. B. beim Verschweißen oder Verlöten, kann eine solche Chi-Phase
gebildet werden, wenn der Molybdängehalt über 4 °/o liegt. So bestimmt die endgültige
Verwendung in gewissem Maß die optimale Höchstmenge des Molybdängehaltes. Molybdän
wirkt auch bei der Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit, insbesondere in halogenhaltigen
Atmosphären. Eine optimale Kombination zwischen Festigkeit, Ansprechen auf Anlaßhärtung,
Korrosionsbeständigkeit und ausgeglichener chemischer Zusammensetzung erhält die
erfindungsgemäße Stahllegierung mit einem Molybdängehalt zwischen etwa 1 und 6 °/o.
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In der erfindungsgemäßen Stahllegierung ist Titan enthalten, und zwar
zwischen 0,1 und 1,3 °/o, als Komponente der härtenden Ausfällung, zur Verringerung
des Kohlenstoffs bei der Chromcarbidbildung und zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit.
Titan verringert weiterhin die MS-Temperatur und muß daher begrenzt verwendet werden.
Die optimale Kombination von mechanischen Eigenschaften hinsichtlich Einfluß auf
die Anlaßhärtung, Ms- und Md-Temperatur und Deltaferritbildung wird mit einem Titangehalt
zwischen 0,1 und 1,00/, erzielt.
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Die erfindungsgemäße Legierung kann gegebenenfalls auch noch weitere
Elemente wie Calcium von Spuren bis zu 0,100/0, Bor von Spuren bis zu 0,100/0, oder
Zirkonium von Spuren bis zu 0,10 °/o enthalten. Der Rest der Legierung besteht praktisch
ganz aus Eisen mit zufälligen Verunreinigungen, wie sie in üblichen Stahlwerkschmelzverfahren
vorkommen.
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Wie oben angegeben, erhält die erfindungsgemäße Stahllegierung ihre
optimale Kombination mechanischer Eigenschaften durch das Anlassen. Es ist daher
wesentlich, alle Anlaßhärtungskomponenten in Lösung zu nehmen, um eine durch Anlassen
härtende Ausfällung zu bilden, die mit der Gitterstruktur der Matrix kohärent ist.
Dies erfolgt durch eine Glühbehandlung bei einer Temperatur zwischen etwa 815 und
1150°C. Der Stahl muß genügend lange auf einer solchen Temperatur gehalten werden,
um sicherzustellen, daß alle Anlaßhärtungskomponenten in Lösung sind. Wo der erfindungsgemäße
Stahl einen Molybdängehalt über 4 °/o hat, ist es gewöhnlich zweckmäßig, ihn auf
eine Temperatur im oberen Teil des Bereiches, d. h. über 1093'C, zu erhitzen, um
eine Lösung der gesamten Chi-Phase zu erreichen. Danach wird der Stahl auf höchstens
-73°C abgekühlt und gegebenenfalls bis zu 50 °/o kaltverarbeitet, wodurch sich ein
Stahl mit der ausgeglichenen Zusammensetzung innerhalb der Fläche AbeaA völlig in
Martensit umwandelt. Der völlig martensitische Stahl, dessen gesamte Anlaßhärtungskomponenten
in Lösung sind, kann dann zur Erzielung optimaler mechanischer Eigenschaften einer
Anlaßwärmebehandlung unterworfen werden. Diese Anlaßwärmebehandlung erfolgt vorzugsweise
durch Erhitzen des Stahls auf eine Temperatur zwischen etwa 315 und 593°C für die
Dauer von mindestens 4 Stunden. Die optimalen Ergebnisse werden erzielt, wenn der
Stahl bei einer Temperatur zwischen etwa 843 und etwa 927°C geglüht, in Martensit
umgewandelt und danach bei Temperaturen zwischen 482 und 565°C 4 bis 12 Stunden
angelassen wird.
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Zur Veranschaulichung einiger Eigenschaften des erfindungsgemäßen
Stahls wird in Tabelle 2 die chemische Zusammensetzung einer Reihe von Stahllegierungen
angegeben.
Tabelle 2 |
Chemische Analyse in Gewichtsprozent |
Legierung Cr Ni |
Co - Mo |
Ti |
319 0,019 0,010 0,02 15,50 3,37 15,13 2,11 0,50 |
365 0,008 0,006 0,02 15,41 - 15,86 2,05 0,39 |
367 0,008 0,006 0,02 15,46 3,42 15,39 2,07 0,41 |
368 0,008 0,008 0,02 15,32 3,36 9,99 2,11 0,41 |
369 0,008 0,009 0,02 15,50 3,34 6,99 2,09 0,39 |
370 0,007 0,010 0,01 12,08 3,42 15,19 2,07 0,39 |
371 0,006 0,006 0,02 18,01 3,41 15,48 2,07 0,39 |
373 0,004 0,006 0,01 15,55 6,98 15,53 2,11 0,41 |
452 0,019 0,007 0,02 14,09 3,46 15,50 2,03 0,48 |
454 0,006 0,005 0,02 14,27 3,46 15,57 - 0,49 |
456 0,005 0,005 0,03 13,04 3,50 15,51 2,94 0,47 |
467 0,005 0,002 0.01 12,04 3,46 15,86 4,12 0,47 |
Bei allen Legierungen bestand der Rest aus Fe. Die Wirkung der Elemente Kobalt,
Nickel, Chrom und Molybdän auf die Härte des erfindungsgemäßen Stahls ist aus Tabelle
3 zu ersehen.
Tabelle 3 |
Wirkung der legierenden Elemente |
Element Legierung Härte nach Glühen bei Härte nach Anlassen |
Nr. |
871'C, 10 Minuten LK*, -73 ° C bei 510'C |
Co 6,99 369 28 Re 41,2 Re |
Co 9,99 368 29 Re 45 Re |
Co 15,39 367 34,5 Re 51,8 Re |
Ni 0 365 28,3 Re 41,3 Re |
Ni 3,42 367 34,5 Re 51,8 Re |
Ni 6,98 373 91 Rb 92,5 Rb |
Cr 12,08 370 27,6 Re 43,6 Re |
Cr 15,46 367 34,5 Re 51,8 Re |
Cr 18,01 371 25,5 Re 22,8 Re |
Mo 2,03 452 32,4 Re 51,3 Re |
Mo 2,94 456 31,5 Re 50,6 Re |
Mo 4,12 467 32,4 Re 52,1 Re |
* = Luftkühlung. |
Aus den in Tabelle 3 angegebenen Härtewerten ist leicht ersichtlich, daß der erfindungsgemäße
Stahl einen Kobaltgehalt zwischen etwa 3,0 und 160/0 enthalten muß.
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In der erfindungsgemäßen Stahllegierung ist Nickel wirksam und reagiert
etwas ähnlich wie Kobalt hinsichtlich der Härte des Stahls. Wird jedoch der Nickelgehalt
über etwa 60/, erhöht, ist die anschließende Anlaßbehandlung für eine Erhöhung
der Härte unwirksam, jedoch wandelt sich die Stahllegierung durch Kaltverarbeitung
bis zu 50 °/e in Martensit um; durch anschließende Anlaßwärmebehandlung des Stahls
bildet sich die Anlaßausfällung, wodurch eine wesentliche Erhöhung der Härte erzielt
wird. Auch Chrom hat einen starken Einfluß auf die Stahllegierung. Die Erhöhung
des Chromgehaltes von etwa 12 auf etwa 18 °/o verringert die Härte, da hohe Chrommengen
die Bildung von Deltaferrit bewirken, der sich während eines anschließenden Abkühlens
oder Kaltwalzens nicht umwandelt, oder der Stahl genügend stabilisiert sein kann,
so daß er nach dem Abkühlen auf eine Temperatur über etwa -73'C noch Austenit enthält.
Obgleich bis zu 18 °/e Chrom im erfindungsgemäßen Stahl verwendet werden können,
ist es notwendig, die 18 °/o Chrom mit anderen austenitbildenden Elementen auszugleichen,
um eine von Deltaferrit praktisch freie Mikrostruktur zu erhalten, die sich nach
Abkühlen auf Zimmertemperatur oder bis
-73°C in Martensit umwandelt
oder die sich nach Kaltwalzen bis zu etwa 50 °/o und anschließendem Abkühlen über
etwa -73'C völlig in Martensit umwandelt.
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Auch der Molybdängehalt ist in der erfindungsgemäßen Stahllegierung
sehr wirksam. Durch Erhöhung des Molybdängehaltes von 2,03 auf 4,1211/0 zeigt sich
nur eine geringe Wirkung in der martensitischen Härte. Nach dem Anlassen dieser
Stähle wird jedoch im Ansprechen auf die Härtung eine wesentliche Erhöhung von 18
bis 20 RB-Einheiten festgestellt. Die Elemente müssen also so ausgeglichen sein,
daß eine praktisch völlig martensitische Struktur in diesen Stählen aufrechterhalten
wird. Die Anwesenheit von Deltaferrit ist nicht nur für die mechanischen Eigenschaften,
sondern auch für das Ansprechen auf die Anlaßwärmebehandlung sehr schädlich.
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In Tabelle 4 sind Testergebnisse von zwei in den erfindungsgemäßen
Bereich fallenden Stahllegierungen nach verschiedenen Wärmebehandlungen angegeben.
Tabelle 4 |
Festigkeitseigenschaften |
Streckgrenze Äußerste Dehnung Verhältnis |
Wärmebehandlung Harm (0,2°/o) Zugfestigkeit über Kerbzugfestigkeit |
Zentimeter zu äußerer |
kg/,M2 kg/cm2 gemessen Zugfestigkeit |
Legierung Nr. 452 |
1. 10 Minuten auf 870"C LK |
16 Stunden auf -73'C LW 32 7060 10190 8,5 - |
2. (1) -f- 4 Stunden auf 510°C LK 47,2 15000 15370
6 0,96 |
3. (1) -I- 8 Stunden auf 510°C LK 49,1 15300 15850 8
1,07 |
4. 10 Minuten auf 870°C LK |
250/, DK, 16 Stunden auf -73'C LW 34,7 11040
12750 6 - |
5. 10 Minuten auf 870°C LK |
25 % DK, 16 Stunden auf -73'C LW 36,8 11850
12390 5 - |
6. (4) + 1 Stunde auf 482"C, LK 47 16050 16050
4,0 - |
7. (4) + 4 Stunden auf 482°C, LK 48 16690 16690 3,5
- |
8. (4) -+- 8 Stunden auf 482°C, LK 50 20980 17500 4,0
- |
9. (4) -[- 1 Stunde auf 510°C, LK 48,7 16500 16510
4,0 - |
10. (4) -I- 4 Stunden auf 510°C, LK 50,2 16926 16980
4,5 - |
11. (4) -(- 8 Stunden auf 510°C, LK 50,5 16920 17180
5,5 - |
12. (5) -I- 4 Stunden auf 510'C, LK 51,1 1-1970 17970
3,5 1,05 |
Legierung Nr. 456 |
1. 10 Minuten auf 870°C, LK 31,4 6960 9950 ( 8,0 - |
16 Stunden auf -73'C, LW |
2. (1) + 4 Stunden auf 510°C, LK 48,2 14650 1530 7,5
1,03 |
3. (1) + 8 Stunden auf 510°C, LK 49,4 15330 15900 6,5
- |
4. 250/, DK, 16 Stunden auf -73'C, LW 35 11340
11960 6,0 - |
5. 501110 DK, 16 Stunden auf -73'C, LW 37,2
12050 12890 2,0 - |
6. (4) -f- 1 Stunde auf 482°C, LK 46,5 16320 16320 3,5
- |
7. (4) + 4 Stunden auf 482°C, LK 49,1 18500 17250 3,5
- |
8. (4) + 8 Stunden auf 482°C, LK 50,5 18040 18040 2,5 - |
9. (4) -[ 1 Stunde auf 510 ° C, LK 48,9 17500 17500
4,0 - |
10. (4) -t- 4 Stunden auf 510°C, LK 50,7 18160 18160 4,0 - |
11. (4) + 8 Stunden auf 510°C, LK 52 1857 18570 4,0
- |
LK = Luftkühlung. LW = Erwärmung an der Luft. DK = Dickenverminderung
durch Kaltwalzen. |
Es ist ofensichtlich, daß die erfindungsgemäße Stahllegierung eine große Kerbzähigkeit
und ein äußerst geringes Maß an Bearbeitungshärtung besitzt. Praktisch ähnliche
Ergebnisse werden nach einem 50°/oigen Kaltwalzen erhalten.
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Die in Tabelle 4 angegebene prozentuale Dehnung entspricht nicht der
tatsächlichen Duktilität, da die Messungen mit Plattenmaterialien durchgeführt wurden.
Die erfindungsgemäße Stahllegierung besitzt ein außergewöhnlich hohes Maß an Duktilität.
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In Tabelle 5 sind die Testergebnisse von Legierung 319 enthalten,
die bei Zimmertemperatur und bei -195°C durchgeführt worden sind.
Tabelle 5 |
Zimmertemperatur =195°C |
Streckgrenze äußerste Streckgrenze äußerste |
(0,20/0) Zugfestigkeit Dung (0,2111o) Zugfestigkeit,
Dung . |
30 Minuten auf 870°C, LK |
3 Stunden auf -73°C, LW 207,8 229,9 11 247,9 327,6 16 |
8 Stunden auf 510°C, LK |
50 % Kaltwalzen |
3 Stunden auf -73'C, LW 253 299,6 3,5 296,8 345 3 |
8 Stunden auf 510°C, LK ! |
Aus Tabelle 5 ist ersichtlich, daß die erfindungsgemäße Legierung eine außergewöhnliche
Kombination von Zugeigenschaften selbst bei cryogenen Temperaturen besitzt. Noch
wichtiger ist jedoch, daß die Stahllegierung auch bei tiefen Temperaturen nicht
spröde ist und praktisch die gleiche Duktilität wie bei Zimmertemperatur besitzt.
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In großtechnischem Maßstab wurde eine erfindungsgemäße Stahllegierung
mit der folgenden Zusammensetzung geschmolzen: 0,021% Kohlenstoff, 0,024% Mangan,
0,080/, Silizium, 14,250/, Chrom, 3,401/0 Nickel, 1,99% Molybdän, 0,35% Titan, 15,440/0
Kobalt; der Rest bestand praktisch aus Eisen mit zufälligen Verunreinigungen. Diese
Legierung wurde heiß zu Bändern einer Dicke von etwa 5,84 mm verwalzt. So heiß verwalzt
wurden Proben zum Testen von Härte und Zugeigenschaften entnommen und danach das
heiß gewalzte Band geglüht, gebeizt und auf etwa 3,28 mm Dicke kalt gewalzt. Bei
Proben des heiß gewalzten Bandes, die 25 Minuten bei 871'C geglüht und luftgekühlt
waren, ergaben Härtetests eine Härte von 30 Re. Die Zugtests bei Proben des heiß
gewalzten Bandes ergeben nach 25 Minuten langem Glühen bei 871'C und Luftkühlung
eine 0,020/,-Streckgrenze von 3612 kg/cm2, eine 0,2 0/ö Streckgrenze von 6608 kg/cm2
und eine Zugfestigkeit von 9940 kg/cm2. Die Dehnung über 5 cm Meßgerätlänge betrug
15,50%. Andere Proben des heiß gewalzten Bandes wurden nach dem Glühen 16 Stunden
auf -73'C abgekühlt, an der Luft erwärmt und dann 4 Stunden bei 510°C angelassen
und luftgekühlt. So zeigten sie eine Härte von 45,6 Re, was einer Erhöhung von 15,6
Re-Einheiten entspricht. Der angelassene Stahl zeigte eine 0,020/ö Streckgrenze
von 12 810 kg/ cm 2, eine 0,2 0/0-Streckgrenze von 14 875 kg/cm2, eine Zugfestigkeit
von 15 395 kg/cm2 und eine Dehnung von 140/0 (gemessen über 5 cm Meßgerätlänge).
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Weitere geglühte Proben des heiß gewalzten Bandes wurden ohne Schwierigkeit
durch Kaltwalzen um 45 0/0 ihrer Dicke vermindert. Dann wurden die Proben 16 Stunden
auf -73'C abgekühlt, an der Luft erwärmt, 4 Stunden bei 510°C angelassen und luftgekühlt.
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So kalt gewalzt und wärmebehandelt zeigte der Stahl eine Härte von
50,8 Re, was einer weiteren Erhöhung des Härtewertes entspricht. Zugtests ergaben
eine 0,02 0/0-Streckgrenze von 17 430 kg/cm2, 0,2 0/,-Streckgrenze von 18 410 kg/cm2,
äußerste Festigkeit von 18 620 kg/cm2 und eine Dehnung von 4,00/0, gemessen über
5 cm Meßgerätlänge. Während der Zugtests zeigten die Proben wiederum ein starkes
Einschnüren.
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Die erfindungsgemäße Stahllegierung besitzt auch ein außerordentliches
Maß an Verformbarkeit. Es wurden Biegetests mit Platten durchgeführt und der geglühte
Stahl 180° über eine Nadel mit einem der zweifachen Plattendicke entsprechenden
Durchmesser gebogen. Dabei wurde kein Reißen festgestellt. Weiterhin wurden runde
Platten mit 119 mm Durchmesser aus der handelsüblichen Legierung Nr. 23 932
geschnitten und ohne nachteilige Wirkung zu tassenartigen Formen verformt. Diese
»Tassen« hatten einen Durchmesser von 68,3 mm, was einer Dickenverminderung von
42,7 % entsprach. Da die erfindungsgemäße Stahllegierung in ihrem völlig martensitischen
Zustand ein sehr geringes Maß an Bearbeitungshärtung hat, geht auch daraus hervor,
daß sie kalt auf eine mehr als 50%ige Verminderung der Querschnittsfläche des Bandes
ohne nachteilige Wirkung verarbeitet werden konnte. Die erfindungsgemäße Stahllegierung
besitzt also eine für einen martensitischen Stahl ungewöhnliche Verformbarkeit.
Dennoch kann der erfindungsgemäße Stahl durch entsprechende Wärmebehandlung eine
außergewöhnliche Kombination mechanischer Eigenschaften erhalten.
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Der erfindungsgemäße Stahl besitzt auf Grund seines niedrigen Kohlenstoffgehaltes
eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit gegenüber verschiedenen Medien; und
er besitzt eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Belastungskorrosion. Er erreicht
allerdings dann nicht die besten mechanischen Eigenschaften, wenn der Kobaltgehalt
der Stahllegierung bei der unteren Grenze von etwa 3 % und der Nickelgehalt bei
der oberen Grenze von etwa 7 0/0 liegt. Wie aus den obigen Testdaten ersichtlich,
besitzt der Stahl eine sehr hohe Duktilität und ein äußerst günstiges Verhältnis
von Kerb-Zugfestigkeit zu äußerster Zugfestigkeit, wodurch er besonders zur Verwendung
in Flugzeugen für Überschallgeschwindigkeiten geeignet ist.
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Der Stahl kann leicht verschweißt werden, und da er martensitisch
ist, kann ihm durch einfache Anlaßwärmebehandlung ein hohes Maß mechanischer Eigenschaften
verliehen werden, ohne daß durch die Wärmebehandlung eine Verminderung des Werfens
eintritt.