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Siedereaktor Die Erfindung bezieht sich auf einen mit flüssigem oder
festem Brennstoff und flüssigem Moderator betriebenen Siedereaktor, der im unteren
Teil eines Kessels ein Reaktionsgefäß in Form einer Glocke angeordnet enthält, während
der obere Teil des Kessels als Kondensationsgefäß mit Wärmetauscher ausgebildet
ist, wobei der Ringraum zwischen dem Kessel und dem Reaktionsgefäß eine Verbindung
zwischen dem Kondensationsgefäß und dem Reaktionsgefäß herstellt, und bei dem der
Oberteil der Glocke des Reaktionsgefäßes über eine Leitung mit dem oberen Teil des
Kessels in Verbindung steht.
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Ein bekanntes Verfahren zur Regelung eines Kernreaktors besteht darin,
die Stellung von neutronenabsorbierenden Regelstäben zu verändern. Diese Regelstäbe
erfordern jedoch zur Bedienung komplizierte und leistungsverbrauchende Apparaturen,
die wegen der Neutronenstahlung oft nur schwer zugänglich sind. Die für die Regelstäbe
nötigen Führungen und Abdichtungen können bei den schweren Betriebsbedingungen leicht
schadhaft werden und zu Leckverlusten führen. Bei Siedereaktoren mit flüssigen Kernbrennstoffen
muß die einmal gewählte Brennstoffkonzentration beibehalten werden, da ansonsten
entweder die Aalzahl der Regelstäbe oder das kritische Volumen des Reaktorgefäßes
nicht mehr ausreicht. Das Reaktorgefäß wird durch die Regelstäbe stark unterteilt.
Das führt leicht zu Zirkulationsstörungen und Wärmestauungen und verkompliziert
die übrigen Konstruktionsteile.
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Es ist bereits bekanntgeworden, Kernreaktoren, die mit festen Kernbrennstoffen
und flüssigen Moderatoren arbeiten, durch ein Heben und Absenken des Moderatorspiegels
zu steuern. Das Heben und Absenken des Moderatorspiegels geschieht entweder direkt
mittels Förderpumpen oder indirekt mit Hilfe eines besonderen Reservetanks bzw.
hydraulischen Akkumulators, der durch eine Rohrleitung mit dem Reaktorgefäß in Verbindung
steht: Die bisherigen Ausführungsformen haben aber den Nachteil, daß die Rohrleitung
einen großen Durchmesser haben muß, um bei Gefahr den flüssigen Moderator schnell
und sicher ableiten zu können. Das vergrößert die gesamte Steuerungsanlage und die
damit verbundenen Wärmeverluste. Außerdem kann dabei der flüssige Moderator leicht
in Pendelschwingungen geraten und so die Stabilität des Reaktors gefährdet werdin.
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Um die Schwankungen des Moderatorspiegels zu vermeiden, ist bereits
ein Schwerwasser-Reaktor mit pneumatischer Regelung bekanntgeworden, bei dem die
Regelung des Moderatorspiegels durch Einstellung des Gasüberdruckes in einem unterhalb
oder seitlich des Reaktors angebrachten Zusatzbehälter erfolgt, dessen Spiegel unterhalb
des Moderatorspiegels liegt und in dessen Gas- und Flüssigkeitsraum das Wasser aus
dem Moderatorraum abläuft. Der Reaktor wird durch einen schnellen Druckausgleich
zwischen dem Gasraum des Zusatzbehälters und dem Gasraum des Moderatorraumes mit
Hilfe einer absperrbaren Kurzschlußleitung. abgeschaltet. Der Gasdruck im Reaktor
wird durch Gasgebläse mit regulierbarem Umlauf erzeugt. Derartige pneumatische Steuerungen
haben den Nachteil, daß die gasförmigen radioaktiven Spaltprodukte mit in Umlauf
gebracht werden und damit die Gefahrenzone vergrößert wird. Dieser Reaktor ist auf
die Verwendung stabförmiger Brennstoffelemente und flüssiger Moderatoren beschränkt.
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Weiterhin ist bereits ein Kernreaktor bekannt, der sowohl mit flüssigem
als auch mit festem Kernbrennstoff und flüssigem Moderator betrieben werden kann,
der aus einem unteren Gefäß besteht, dessen unterer Teil über eine Leitung mit einem
senkrecht über diesem Gefäß angeordnete Kondensationsgefäß in Verbindung steht,
bei dem der obere Teil des unteren Gefäßes über eine Leitung mit dem oberen Teil
des Kondensationsgefäßes in Verbindung steht, bei dem das untere Gefäß dem Kernbrennstoff
eine überkritische Verteilung ermöglicht und bei dem im Kondensationsgefäß Mittel
angeordnet sind, um den in das Kondensationsgefäß während des stationären Betriebes
strömenden Dampf der Brennstoffflüssigkeit bzw. des Moderators zu kondensieren.
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Bei den bisher bekanntgewordenen Kernreaktoren wird die zur Reaktorsteuerung
und die zur Erzeugung eines Kühlkreislaufes nötige Antriebsenergie über den verlustreichen
Weg Dampfkessel-Turbine-Generator gewonnen. Dazu müssen noch dementsprechend starke
Notstromaggregate bereitstehen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, derartige Mittel zur Steuerung
und Druckerzeugung zu vermeiden und den zum Heben und Senken des Kernbrennstoffspiegels
bzw. Moderatorspiegels nötigen
Druck auf einfache Weise selbsttätig
und ohne zusätzliche Hilfsmittel zu erzeugen.
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Diese der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird bei dem eingangs
genannten Siedereaktor dadurch gelöst, daß erfindungsgemäß der Flüssigkeitsspiegel
im Kessel höher als ini Reaktionsgefäß steht und daß in die Verbindungsleitung zwischen
dem Oberteil der Glocke und dem oberen Teil des Kessels ein automatisch einstellbares
Druckreduzierventil eingeschaltet ist, mit dessen Hilfe der Flüssigkeitsspiegel
im Reaktionsgefäß den Betriebsbedingungen angepaßt gehalten wird.
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Durch diese gesteuerte Kurzschließung zwischen dem Reaktionsgefäß
und dem Kessel werden verschiedene im Reaktorbau bisher übliche Hilfseinrichtungen,
wie z. B. Regelstäbe, Steuergestänge, Antriebsmechanismen, Druckerzeuger, Gasgebläse,
Kreislaufpumpen, Moderator-Reservetanks und hydraulische Akkumulatoren, eingespart.
Die Korrosionsprobleme sind auf den eigentlichen Reaktorkern beschränkt. Die benötigte
flüssige Kernbrennstoffmenge ist im Verhältnis zu den bekannten-Kernreaktoren gering.
Bei Verwendung kugel- oder pillenförmiger Kernbrennstoffelemente in Verbindung mit
einem flüssigen Moderator ist ein perforierter Zwischenboden nicht nötig. Der Reaktor
enthält außer dem automatischen Druckreduzierventil keine beweglichen Teile. Das
vereinfacht und verbilligt die Herstellung und den Betrieb des Reaktors. Die zur
Reaktorsteuerung nötige Energie wird mit geringstem Aufwand und bestmöglichem Wirkungsgrad
im Reaktor selbst erzeugt und angewendet. Damit können auch kleine Siedereaktoren
mit gutem Wirkungsgrad gebaut werden.
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Die Veränderbarkeit des Kernbrennstoffspiegels durch die einfache
Steuerung erlaubt es, drei in der Reaktortechnik wichtige Faktoren einzeln oder
gleichzeitig in weiten Grenzen zu ändern, nämlich die Konzentration und Reinheit
des flüssigen Kernbrennstoffes, die gewünschte Temperatur mit dem zugehörigen Druck
und den Kühlmitteldurchfluß. Hinzu kommt noch, daß auch Änderungen in der Turbinenbelastung
und Änderungen in der Einstellung des Turbinendrosselventils sich sofort zum automatischen
Druckreduzierventil hin fortpflanzen und dasselbe dementsprechend beeinflussen.
Eine Verschwendung von Dampf durch eine zu starke Benutzung des vor der Turbine
angeordneten Nebenschlußventils wird hierdurch auf ein Mindestmaß beschränkt. Das
ergibt eine große Anpassungsfähigkeit des Reaktors, besonders dann, wenn der Reaktor
für längere Zeit abgeschaltet wird.
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Zum klaren Verständnis der Erfindung werden nunmehr zwei Ausführungsbeispiele
(A b b. 1 und 2) des Siedereaktors gemäß der Erfindung unter Hinweis auf die Zeichnungen
beschrieben, die in hohem Maße schematisch sind. Jede Abbildung stellt einen senkrechten
Schnitt durch einen Siedereaktor dar, wobei aus Gründen der Einfachheit in den Abbildungen
gleichen Teilen die gleichen Bezugsziffern zugeteilt wurden.
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Der Siedereaktor besteht aus einem vorzugsweise zylindrischen, senkrecht
stehenden Kessel 1. In der unteren Hälfte des Kessels 1 ist ein taucherglockenähnliches
Reaktionsgefäß 2 so angeordnet, daß es wie ein thermischer Schild wirkt und allseitig
vom flüssigen Kernbrennstoff bzw. vom flüssigen Mode= rator umspült werden kann.
Das Volumen des Reaktionsgefäßes 2 ist überkritisch bemessen. Das Reaktionsgefäß
2 ist aus einer Kühlrohrschlange hergestellt bzw. mit einer Kühlrohrschlange ausgekleidet;
diese Kühlrohrschlange ist in den Abbildungen weggelassen. Von der höbhsten Stelle
des Pe`dktionsgefäßes 2 führt eine Verbindungsleitung 3, die mit einem automatischen
Druckregelventil 4 versehen ist, nach oben in den Kessel 1. Die obere Hälfte des
Kessels 1 dient als Wärmetauscher 5 und ist derart dicht mit einer Kühlrohrschlange
durchsetzt, daß die verbleibenden Zwischenräume in bezug auf den flüssigen Kernbrennstoff
unterkritisch sind.
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Die Siedereaktor arbeitet folgendermaßen: Es sei angenommen, daß die
untere Hälfte des Kessels 1 einschließlich Reaktionsgefäß 2 mit flüssigem Kernbrennstoff
gefüllt ist und das Druckreduzierventil 4 geschlossen ist. Das Volumen des in dem
Reaktionsgefäß 2 befindlichen. flüssigen Kernbrennstoffes ist unterkritisch. Durch
die einsetzende Kernspaltung entsteht Wärme, und ein geringer Prozentsatz des Kernbrennstoff-Lösungsmittels
verdampft. Dieser Lösungsmitteldampf sammelt sich an der höchsten Stelle des Reaktionsgefäßes
2 an und drückt so viel flüssigen Kernbrennstoff aus dem Reaktionsgefäß
2
heraus und in den Kessel 1 hinein, bis die Kernspaltung aussetzt und ein
Gleichgewichtszustand erreicht ist. Das automatische Druckreduzierventil 4 kann
nun so eingestellt werden, daß es in einem gleichmäßigen Strom so viel Lösungsmitteldampf
bzw. Moderatordampf aus dein Reaktionsgefäß 2 über die Verbindungsleitung 3 nach
oben in den Kessel 1 entweichen läßt, wie dort bei der gewünschten Temperatur und
dem zugehörigen Druck mit einem entsprechenden Kühlmitteldurchfluß durch den Wärmeaustauscher
5 kondensiert werden kann. Das Kondensat sammelt sich in der unteren Hälfte des
Kessels 1 und verteilt sich wieder im flüssigen Kernbrennstoff. Das automatische
Druckreduzierventil 4
kann mechanisch so ausgelegt werden, daß die elektrischen
Regelgeräte nur zur Überwachung desselben dienen. Ist das automatische Druckreduzierventil
4 erst einmal auf einen bestimmten Druck eingestellt, dann gleicht sich der Reaktor
mit seiner Leistungsabgabe automatisch dem jeweiligen Kühlmitteldurchfluß und der
jeweiligen Turbinenbelastung an. Die regeltechnische Verbindung von Reaktorsteuerung,
Kühlmitteldurchfluß und Turbinenbelastung ist äußerst einfach. Der Reaktor kann
also auch vom Verbraucher aus gesteuert werden.
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Muß ein Kernreaktor wegen irgendeiner Störung schnell abgeschaltet
werden, dann bleibt gewöhnlich der Kühlmittelkreislauf, sofern er intakt ist, als
zusätzliche Sicherung noch einige Zeit in Betrieb. Umgekehrt wird beim Wiedereinschalten
eines vorübergehend abgeschalteten Kernreaktors zuerst der Kühlmittelkreislauf in
Gang gesetzt. Das überschüssige Kühlmittel kann ohne weiteres durch geeignete Abscheider
von den Turbinen ferngehalten werden. Beim Erfindungsgegenstand kondensiert bei
geschlossenen Druckreduzierventil4 das überschüssige Kühlmittel den über dem Reaktionsgefäß
2 im Kessel 1 eingeschlossenen Dampf. Als Folge davon expandiert der in dem Reaktionsgefäß
2 eingeschlossene Dampf und treibt den flüssigen Kernbrennstoff aus dem Reaktionsgefäß
2 heraus und in den Kessel 1 hinein. Hinzu kommt eine vermehrte Blasenbildung im
flüssigen Kernbrennstoff, die im wesentlichen von dem Reaktionsgefäß 2 aufgefangen
wird.
Dieselbe Wirkung tritt auch ein, wenn ein an der höchsten Stelle des Kessels 1 angeordnetes
Sicherheitsventil geöffnet wird. Es kann nun der Fall eintreten, daß der gesamte
flüssige Kernbrennstoff aus dem Reaktionsgefäß 2 herausgepreßt wird und im Kessel
1 hochsteigt. Um dem vorzubeugen, ist der Wärmetauscher 5 derart im Kessel 1 angeordnet,
daß eine unterkritische Verteilung des flüssigen Kernbrennstoffes gewährleistet
wird.
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Da es mitunter auch vorkommt, daß der Wärmetauscher 5 vom Reaktorkessel
räumlich getrennt wird, ist beim Ausführungsbeispiel nach A b b. 2 im Kessel 1 über
dem Reaktionsgefäß 2 ein perforierter Neutronenabsorber 6 angeordnet. Der Neutronenabsorber
6 kann aus einem oder mehreren Lochplatten bestehen oder aus Stäben und Lamellen
zusammengefügt sein. Die Hohlräume im Neutronenabsorber 6 sind in bezug auf den
flüssigen Kernbrennstoff unterkritisch.
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Die Herstellung des taucherglockenähnlichen Reaktionsgefäßes 2 aus
einer dichtgeschweißten Kühlrohrschlange bzw. die Auskleidung derselben mit einer
Kühlrohrschlange bietet folgenden Vorteil: Der flüssige Kernbrennstoff kühlt sich
an dem Reaktionsgefäß 2 ab, zieht zu Boden und erzeugt so einen natürlichen Kreislauf,
der für eine gleichmäßige Konzentration des flüssigen Kernbrennstoffes sehr günstig
ist. Damit können die für die Lösung dieses Problems schon öfters vorgeschlagenen
mechanischen Rührwerke, Hydrozyklone usw. gespart werden. Ein derart gekühltes Reaktionsgefäß
2 wirkt wie ein thermischer Schild, bremst im flüssigen Kernbrennstoff die Dampfblasenbildung
und vergrößert somit die Volumenleistung des Siedereaktors. Als Sicherung kann in
der Verbindungsleitung 3 ein zusätzliches Absperrventil und an der tiefsten Stelle
des Reaktors ein Sicherheitsventil eingebaut werden. Vom Sicherheitsventil gelangt
der flüssige Kernbrennstoff bzw. der flüssige Moderator in ein oder mehrere Gefäße
mit unterkritischem Volumen.