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Berührungsspannungsschutzschaltung für Oberleitungsomnibusse Der Berührungsspannungsschutz
ist beim Obus besonders wichtig, da im Gegensatz zur Schienenbahn der Wagen durch
die Gummibereifung gegen Erde isoliert ist. Fehlerströme, die zur Karosserie des
Wagens gelangen, können durch ein- oder aussteigende Fahrgäste über den menschlichen
Körper zur Erde geleitet werden.
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In der Praxis kommt es jedoch sehr häufig vor, daß Fahrzeuge wegen
hoher Berührungsspannung aus dem Verkehr gezogen werden müssen, obwohl die Isolationswerte
die Mindestgrenze nicht unterschritten haben. Wenn z. B. fünf Leitungen parallel
am ungeerdetenPol angeschlossen sind und jede Leitung einen Übergangswiderstand
von 1 Megohm zur Karosserie hat, so ergibt sich bei dieser Parallelschaltung ein
Ersatzwiderstand von
Megohm, wobei R1 den Übergangswiderstand vom ungeerdeten Pol zur Karosserie, R2
den Übergangswiderstand von der Karosserie zum geerdeten Pol, R3 den Übergangswiderstand
eines Fahrgastes zwischen Karosserie und Erde sowie n die Anzahl der parallelen
Leitungen darstellt. Im günstigen Fall kann man annehmen, daß der geerdete Pol den
gleichen Übergangswiderstand zur Karosserie hat. Berührt nun ein Fahrgast mit angenommen
0,1 Megohm Übergangswiderstand die Karosserie, so ergibt sich aus der Parallelschaltung
von Karosseriegeerdeter Pol und Karosserie-Fahrgast ein Ersatzwiderstand von
In Serie mit dem Übergangswiderstand vom ungeerdeten Pol zur Karosserie ergibt sich
ein Gesamtwiderstand von Rg = Re, -f- Reg = 0,2 -I- 0,0666 = 0,2666 Megohm
= 266 600 Ohm. Bei einer Betriebsspannung von 600 V fließt hier ein Fehlerstrom
von
Die Berührungsspannung beträgt in diesem Fall Ub = I - Reg = 0,00224 - 66
600 = 150 V.
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Es sind bereits Schaltungen zur Ableitung bzw. Messung der Berührungsspannung
bekanntgeworden. Bei einer dieser Schutzschaltungen wird eine Relaiswicklung zwischen
Karosserie und den jeweils geerdeten Fahrdraht geschaltet. Die Wahl des geerdeten
Fahrdrahtes wird selbsttätig mittels den Strom nur in einer Richtung leitender Ventile,
die an beiden Stromabnehmern angeschlossen sind, vorgenommen. Überschreitet der
Fehlerstrom einen bestimmten Wert, so spricht das Relais an, und das Fahrzeug wird
vom Netz mittels Schalter getrennt. Der Nachteil dieser Schaltung besteht darin,
daß bei einem Kurzschluß des ungeerdeten Pols mit der Karosserie die volle Betriebsspannung
an der Relaiswicklung auftritt, was zur Zerstörung der Spule führen kann. Ferner
kann bei Schadhaftwerden eines Ventils eine gefährliche Berührungsspannung auftreten.
Es wurden schon Schaltungen zur Messung der Berührungsspannung bekannt. Diese Schaltungen
haben den Nachteil, daß schon bei sehr geringen Fehlerströmen infolge des hochohmigen
Meßkreises zwischen Karosserie und geerdetem Pol das Fahrzeug zu großer Berührungsspannung
aus dem Verkehr gezogen werden muß.
Besonders ungünstig wirkt sich
das bei älteren Fahrzeugen infolge Alterung des Materials sowie durch Feuchtigkeitseinflüsse
u. dgl. aus. Entsteht bei dieser Meßanordnung ein Kurzschluß zwischen urgeerdetem
Pol und der Karosserie, so tritt die volle Betriebsspannung als Berührungsspannung
an der Karosserie auf, wobei nur ein Meßgerät optisch von der Berührungsspannung
warnt.
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Es ist weiters eine Sicherheitsschaltung für Oberleitungsomnibusse
vorgeschlagen worden, bei welcher ein Differentialrelais verwendet wird, das aus
zwei gegeneinandergeschalteten Wicklungen mit Mittelanzapfung besteht. Die beiden
Enden der Spule werden hier mit je einem Netzpol verbunden und die Mittelanzapfung
mit der Karosserie des Fahrzeuges. Im normalen Betriebszustand ist die magnetische
Wirkung der gegeneinandergeschalteten Spulen gleich Null. Tritt nun aber ein Fehlerstrom
zwischen einem Netzpol und der Karosserie auf, so wird der Erregerstrom der Spule
geschwächt, deren Wicklungsanfang mit dem Netzpol verbunden ist, der den Fehlerstrom
verursacht. Der Erregerstrom der zweiten Spule wird jedoch verstärkt, was zum Ansprechen
des Relais führt und in weiterer Folge zur Trennung des Fahrzeuges von den Netzpolen
mittels Schaltschütz.
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Voraussetzung zur Anwendung dieser Schaltung ist aber, daß die Stromquelle
in ihrem elektrischen Mittelpunkt der Spannung geerdet sein muß. In den meisten
Städten mit Straßenbahnen wird jedoch das Gleichstrom-Zweileitersystem mit einem
geerdeten Netzpol verwendet und kann diese Schaltungsanordnung dann nicht verwendet
werden. Ein Nachteil dieser Einrichtung ist auch, daß bei Unterbrechung einer Spule
des Differentialrelais die Karosserie direkt über die Mittelanzapfung und die zweite
Spule mit einem Netzpol Verbindung hat. In diesem Fall tritt die halbe Betriebsspannung
als Berührungsspannung an der Karosserie auf. Es können bei dieser Schaltung auch
unkontrollierbare Fehlerströme auftreten, wenn sie von der Karosserie zu den Netzpolen
dieselbe Größenordnung aufweisen. Das magnetische Gleichgewicht des Differentialrelais
wird dadurch nicht beeinflußt, und es erfolgt keine Abschaltung.
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Die Erfindung geht von der bekannten Schaltung aus, bei der die beiden
Stromabnehmer unter Verwendung von in T-Schaltung gegen die Karosserie stromsperrend
geschalteten Dioden ohne Vorwiderstände, aber mit Sicherungen verbunden sind. Sie
besteht darin, daß zwischen den Dioden in T-Schaltung und der Karosserie zwei weitere
Dioden mit einer weiteren Schmelzsicherung zwischen diesen Dioden angeordnet sind,
deren Stromdurchlaßrichtung gleich der der Dioden in T-Schaltung ist.
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Sinn und Zweck dieser Schaltungsanordnung ist ein wirksamer Schutz
zur Unterdrückung sowie selbsttätigen Überwachung der Berührungsspannung, damit
eine Gefährdung der Fahrgäste durch die Berührungsspannung beim Ein- oder Aussteigen
unmöglich wird. Diese Schaltungsanordnung wurde mit einer Sicherheitseinrichtung
versehen, deren Funktion darin besteht, daß nach Ansprechen einer Sicherung durch
zu großen Fehlerstrom das Fahrzeug selbsttätig vom Netz getrennt wird. Die Wirksamkeit
der Schaltungsanordnung zur Unterdrückung der Berührungsspannung besteht darin,
daß der Fehlerstrom unabhängig von der Polung des Fahrzeuges niederohmig von der
Karosserie zum jeweils geerdeten Pol abgeleitet wird. Der innere Widerstand dieser
Schaltungsanordnung beträgt 10 Ohm. Dadurch wird erreicht, daß Fehlerströme in der
Größenordnung von 1 Ampere dauernd von der Karosserie zum geerdeten Pol abgeleitet
werden können, wobei die Karosserie im wesentlichen noch das Potential des geerdeten
Pols aufweist. Daraus kann man ersehen, daß das Fahrzeug auch bei größeren Fehlerströmen,
hervorgerufen durch Isolationsfehler zwischen urgeerdetem Pol und Karosserie, nicht
aus dem Verkehr gezogen werden muß. Die Betriebssicherheit des Fahrzeuges in bezug
auf Berührungsspannung wird dadurch enorm erhöht. Die Schaltungsanordnung arbeitet
völlig wartungsfrei und braucht nur nach dem Ansprechen einer Sicherung durch zu
großen Fehlerstrom bzw. durch Kurzschluß des urgeerdeten Pols mit Karosserie überprüft
zu werden.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt.
Darin bedeuten 1 die Karosserie, 2, 5, 6, 10, 14, 21 Dioden,
4 einen Schalter; 3, 7, 11 sind Sicherungen, 8, 12 ein Hauptschalter;
9, 13 sind die Stromabnehmer; 15 ist ein Meßgerät, 16 die Batterie,
17, 18,19 ein Relais; 20 ist ein Summer, 22 eine Kontrollampe,
23 ein Schalter.
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Die Betriebsspannung sei 600 V, der Übergangswiderstand vom urgeerdeten
Pol 13 zur Karosserie 1
werde mit R1 = 990 Ohm angenommen. Der Widerstand
der Schaltungsanordnung von der Karosserie 1
zum geerdeten Pol 9 sei
R2 = 10 Ohm. Der Gesamtwiderstand vom urgeerdeten Pol 13 über Karosserie
1
zum geerdeten Pol 9 beträgt somit Rg = R1 + R2 = 990 + 10 = 1000
Ohm, was einem Fehlerstrom von
entspricht. Die Berührungsspannung erreicht hier einen Wert von Ub = I -
R2 = 0,6- 10= 6V. Ohne diese Einrichtung würde fast die volle Betriebsspannung
als Berührungsspannung an der Karosserie auftreten.
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Erfindungsgemäß wird der Fehlerstrom von der Karosserie
1 in T-Schaltung über drei stromsperrende, gegen die Karosserie geschaltete
Dioden 2, 5, 6, zwei Sicherungen 3, 7, einen Schalter 4 und einen
Hauptschalter 8 zum geerdeten Pol 9 abgeleitet.
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Als Halbleitermaterial wird Silizium auf p-n-Basis verwendet. Diese
Dioden besitzen einen hohen Sperrwiderstand und einen sehr kleinen Durchlaßwiderstand.
Die Nennsperrspannung der zur Verwendung gelangenden Dioden beträgt 1000 V, die
Spitzenspannung 1500 V, der Nennstrom beträgt 2,5 A. Die Dioden 2, 5, 6 bzw.
10 in F i g. 1 sind in Durchlaßrichtung selektiv durch die Sicherung 3 gegen
Überlastung und Kurzschluß geschützt. Der Nennstrom der Sicherung beträgt 1 A und
schmilzt bei 2,5 A sicher durch. Die Nenngleichspannung der Sicherungen muß 750
V betragen und flinker Ausführung sein. Schmilzt die Sicherung 3 durch zu großen
Fehlerstrom oder durch Kurzschluß des urgeerdeten Pols 13 mit der Karosserie
i durch, so wird der Steuerstromkreis von Relais 17 unterbrochen,
welcher von der Batterie 16
gespeist wird. Relais 17 ist mit einem Arbeitskontakt
und einem Ruhekontakt ausgestattet. Durch das Abfallen des Relais 17 beim
Durchschmelzen der Sicherung 3 wird der Arbeitskontakt geöffnet und der Ruhekontakt
geschlossen. Mit dem Arbeitskontakt wird jedoch Relais 18 gesteuert, durch
die Unterbrechung des Arbeitskontaktes fällt die Steuerspannung von Relais
18 aus, und die Hauptschalter 8,
12 werden ausgeschaltet, womit
das Fahrzeug spannungslos wird. Mit der Schließung des Ruhekontaktes
von
Relais 17 wird ein optisches und akustisches Warnsystem eingeschaltet. Die rote
Kontrollampe 22 und der Summer 20 geben jetzt bekannt, daß die Schaltungsanordnung
wirkungslos ist und das Fahrzeug daher ungeschützt; es muß aus dem Verkehr gezogen
und überprüft werden. Durch diese Sicherheitseinrichtung wäre ein Fahren mit dem
ungeschützten Fahrzeug nicht möglich, da ja die Hauptschalter geöffnet sind. Man
kann jedoch unter bestimmten Sicherheitsmaßnahmen das ungeschützte Fahrzeug mit
eigener Kraft in die Werkstätte fahren. Mit dem Schalter 23 kann man die Hauptschalter
wieder einschalten, es ist jedoch darauf zu achten, daß der Schalter 23 nach Beendigung
der Fahrt sofort wieder ausgeschaltet wird. Während dieser Zeit kann man am Instrument
15 die vorhandene Berührungsspannung ablesen. Will man jedoch diesbezüglich kein
Risiko eingehen, so muß man das Fahrzeug abschleppen.
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Mit dem Schalter 4 kann man die Schaltungsanordnung unterbrechen;
während dieser Zeit wird der Fehlerstrom über das Instrument 15 abgeleitet und gemessen,
wobei man einen Überblick über den Isolationszustand zwischen dem ungeerdeten Pol
13
und der Karosserie 1 erhält. Der Schalter wird vorzugsweise mit einer Rückstellfeder
ausgestattet. Das Instrument 15 kann in Ohm bzw. Volt geeicht sein.
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Die Dioden 6, 10 sind über die Sicherungen 7, 11 am Netz angeschlossen.
Der Stromkreis mit den Sicherungen 7, 11 dient ferner zur akustischen Netzspannungskontrolle
mittels des Relais 19; schmilzt in diesem Stromkreis eine Sicherung durch, oder
fällt die Netzspannung aus, so ertönt ein Signal 20. Die Diode 21 sperrt die Batteriespannung,
damit diese nicht zur Signallampe 22 gelangen kann. Die Signallampe leuchtet bekanntlich
nur beim Durchschmelzen der Sicherung 3 auf. Der Nennstrom der Sicherung 7, 11 beträgt
2 A und ist somit höher als der von Sicherung 3. Das hat den Vorteil, daß bei Fehlerströmen
die Sicherung 3 anspricht und bei Durchschlagen der Dioden 6, 10 die Sicherungen
7, 11 ansprechen. Die Diode 2 sperrt die Batteriespannung des Steuerstromkreises
von Relais 17, diese wird über die Sicherung 3 und die Diode 14 zur Batterie
16 zurückgeleitet. Die Diode 5 hält die Netzspannung bei defekten Dioden
6, 10 von der Karosserie fern.
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Zusammenfassend kann gesagt werden, daß mit dieser Einrichtung ein
Berührungsspannungsschutz geschaffen wird, der mit seinen Sicherheitseinrichtungen
allen Anforderungen gerecht wird. Auch bei großen Isolationsfehlern des ungeerdeten
Pols gegenüber der Karosserie, behält diese das Potential des geerdeten Fahrdrahtes.